| Titel: | Ueber die physikalischen Eigenschaften und die Heißkraft des Petroleums und der Mineralöle; von H. Sainte-Claire Deville. (Zweite Abhandlung.) | 
| Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LIII., S. 204 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LIII.
                        Ueber die physikalischen Eigenschaften und die
                           								Heißkraft des Petroleums und der Mineralöle; von H. Sainte-Claire Deville. (Zweite
                           								Abhandlung.)
                        Aus den Comptes rendus, t. LXVIII p. 349; Februar
                              									1869.
                        Deville, über die Heizkraft des Petroleums und der Mineralöle und
                           								deren Anwendung zur Locomotiven-Heizung.
                        
                     
                        
                           In der früher erschienenen AbhandlungPolytechn. Journal Bd. CLXXXIX S. 50. theilte ich die ersten Ergebnisse der in Auftrag und aus Kosten des Kaisers
                              										Napoleon von mir ausgeführten theoretischen und
                              									praktischen Untersuchungen über das Petroleum mit, und schließe nun diese
                              									Mittheilungen im Nachstehenden mit einer gedrängten Auseinandersetzung der von mir
                              									abgeführten Versuche zur ökonomischen und gefahrlosen Verbrennung der dick-
                              									und zähflüssigen Petroleumsorten und Mineralöle, welche als Brennmaterial die besten
                              									sind.
                           I. Verbrennung des Petroleums und
                                 										der Mineralöle in den Herden von Locomotiven.
                           Die Verwendung von Petroleum und Mineralölen als Heizmaterial in aus Ziegelsteinen
                              									construirten Herden ist eine Aufgabe, deren Lösung mit Hülfe der Apparate gelungen
                              									ist, welche ich in meiner ersten Abhandlung besprach und die Paul Audouin kürzlich in den Annales de
                                 										Chimie et de Physique nach beigegebenen Abbildungen beschrieben hatPolytechn. Journal Bd. CXCI S. 28; erstes
                                    											Januarheft 1869. Das Verfahren besteht darin, das Oel in dünnen, durch Hähne zu regulirenden
                              									Strahlen auf eine aus Ziegelsteinen gemauerte Herdsohle fallen zu lassen. Diese
                              									letztere liegt hinter einer mit Löchern versehenen Platte aus gebranntem Thone;
                              									durch die Löcher dringt die zur Verbrennung erforderliche Luft zu. Die einzige
                              									wichtige Veränderung, welche ich an dem Apparate angebracht habe, besteht in der
                              									Anwendung eines einfachen gußeisernen Rostes von gewöhnlicher Form, aber größerer
                              									Dicke, anstatt der Thonplatte; ein solcher Rost verleiht dem Apparate größere
                              									Festigkeit, und gewährt auch vielleicht größere Bequemlichkeit, ohne daß das Princip
                              									geändert wird, auf welches Audouin sich bei der
                              									Construction seiner Apparate stützte.
                           Einen solchen Rost haben Dupuy de Lôme und ich, mit
                              									Beihülfe des Hrn. Feugère, auf der kaiserlichen Yacht
                              										„Puebla“ mit  günstigem Erfolge in einem Röhrenkessel angewandt,
                              									welcher den für eine Maschine von ungefähr sechzig Pferdekräften erforderlichen
                              									Dampf liefern konnte. Diese Versuche, bei denen wir uns auch der Unterstützung der
                              									HHrn. Audouin und Battarel zu
                              									erfreuen hatten, überzeugten uns, daß das Steinkohlnöl als das am leichtesten zu
                              									handhabende und sogar in einer Stadt wie Paris, wo die Steinkohle sehr theuer ist,
                              									als das wohlfeilste Brennmaterial betrachtet werden kann.
                           Die von Feugère im Verlaufe dieser Probefahrt
                              									aufgenommenen Zahlenresultate, welche ich nachträglich veröffentlichen werde,
                              									bestätigen vollkommen die in meinem Laboratorium in der École
                                 										normale über die Heizkraft dieser Substanzen ausgeführten theoretischen
                              									Bestimmungen.
                           Diese Versuche wurden im März und April 1868 ausgeführt. Bald nachher stellte mir Hr.
                              										Sauvage, Director der französischen Ostbahnen, eine
                              									Locomotive zur Verfügung, welche ich mit den nöthigen Umänderungen des Heizapparates
                              									versehen ließ und dann zur. Heizung mit Mineralölen benutzte. Hr. Sauvage unterstützte mich dabei mit seiner großen
                              									Erfahrung; er übertrug die ganze Arbeit und die praktische Ausführung meiner
                              									Entwürfe einem ausgezeichneten Ingenieur, Hrn. Dieudonné,
                              									früheren Zögling der polytechnischen Schule, welchem ich für den vollständigen und
                              									raschen Erfolg, der unsere gemeinsamen Bemühungen krönte, zu größtem Danke
                              									verpflichtet bin.
                           Die Aufgabe, welche ich zu lösen hatte, um eine Locomotive mit Mineralöl zu heizen,
                              									bot Schwierigkeiten ganz anderer Art dar, als die Probleme mit denen ich mich bisher
                              									beschäftigt hatte. Um einen vollständigen Erfolg erzielen zu können, mußte nämlich
                              									der Verbrennungsapparat einfach seyn, wenig Raum einnehmen und auch mit Ausschluß
                              									der Ziegelsteine aus seiner Construction functioniren können. Die Steinsconstruction
                              									und namentlich die von mir bei dem Dampfkessel der „Puebla“
                              									angewendeten gemauerten Gewölbe konnten nämlich bei einer Locomotive Gefahren
                              									verursachen, in Folge der heftigen Erschütterungen, denen alle Theile der Maschine
                              									ausgesetzt sind. Ferner sind die Oelmengen, welche in einer 300 pferdekräftigen
                              									Locomotive per Stunde verbrannt werden müssen, im
                              									Verhältnisse zu der verfügbaren Fläche so bedeutend, daß die Bedingungen des
                              									Versuches sich als absolut verschieden von denen herausstellen, welchen bei den
                              									Herden eines Ofens oder selbst eines Dampfkessels entsprochen werden muß. Ich griff
                              									diese Aufgabe in nachstehender Weise an.
                           1) Zunächst experimentirte ich in meinem Laboratorium in der École normale mit einem verticalen Roste, dessen Oeffnungen so berechnet
                              										 waren, daß hinter
                              									demselben eine bestimmte Quantität Mineralöl ohne Rauchbildung und ohne Verbrauch
                              									eines merklichen Luftüberschusses verbrennen konnte. Diese letztere Bedingung ist
                              									eine wichtige; ich habe, wie man sich erinnern wird, nachgewiesen, daß einer der
                              									größten Vortheile der Mineralöle in ökonomischer Beziehung darin besteht, daß man
                              									bei gehörig regulirter Verbrennung derselben der ganzen, dem Brennstoffe zugeführten
                              									Luftmenge ihren Sauerstoff entziehen kann.
                           2) Je tiefer in den Herd hinein ein solcher Rost aufgestellt wird, desto mehr wird
                              									derselbe der abkühlenden Einwirkung der Luft entzogen, oder, was auf dasselbe
                              									hinausläuft, je stärker. (dicker) er ist, ohne über die Herdwände hinauszugehen,
                              									desto stärker wird er während der Verbrennung der Mineralöle erhitzt. Läßt man das
                              									Oel in eine zwischen den Roststäben ausgesparte tiefe innere Rinne laufen, so kann
                              									man durch Versuche die Stärke bestimmen, welche man dem Gußeisen des Rostes geben
                              									muß, damit sich das Oel, indem es sich auf der inneren Rostfläche verbreitet,
                              									vollständig verflüchtigen kann, ohne daß ein irgend bedeutender Antheil des
                              									Brennmateriales in anderem als dampfförmigem Zustande auf die Herdsohle gelangen
                              									könnte.
                           Aus diese Weise stellt der Rost eine Reihe von Lampen dar; die Roststäbe bilden die
                              									Dochte derselben, indem sie das Oel durch ihre innere Rinne verdampfen. Die Luft,
                              									welche durch den zwischen den Stäben befindlichen freien Raum in den Herd einströmt,
                              									erzeugt eine sehr lebhafte und sehr kurze Flamme von ungefähr 25 Centimet. Länge.
                              									Außerhalb dieser Flamme sind die Verbrennungsproducte unsichtbar; wenn man aber in
                              									diesen dunklen Theil einen starken Platindraht einführt, so wird das Metall sofort
                              									glühend — ein Beweis, daß die Flamme hier bloß deßhalb unsichtbar ist, weil
                              									sie ihres Kohlenstoffes beraubt ist, wie in der äußeren (Oxydations-) Flamme
                              									des Löthrohres, mit welchem mein Apparat sich auch vergleichen läßt.
                           3) Will man die Oelverdampfungsfläche ohne Vergrößerung der äußeren Dimensionen des
                              									Rostes beträchtlich vergrößern, so braucht man nur die hintere Wand dieses Rostes
                              									nach einem geeigneten Winkel zu neigen. In diesem Falle durchlauft das Oel einen
                              									längeren Weg, die in einer gegebenen Zeit verdampfte Menge ist bedeutender und
                              									folglich muß der Zug der Esse in einem solchen Verhältniß verstärkt werden, daß die
                              									Menge der in den Herd einströmenden Luft zur vollständigen Verbrennung des
                              									Brennstoffes hinreicht.
                           Man begreift demnach, daß der zum Heizen einer Locomotive bestimmte Apparat in nichts
                              									Weiterem besteht, als in einem Roste, welcher in dem Herde in solcher Weise
                              									angebracht ist, daß man die möglich  größte Heizfläche erhält. Hierzu genügt es, diesen Rost
                              									an der Mündung des Aschenfalles einer Locomotive (oder irgend eines Heizapparates)
                              									anzubringen.
                           Man kann folglich die Herdsohle aus Kupfer anfertigen, und zwar so, daß sie innerlich
                              									von Wasser bespült wird und einen Theil des Kessels selbst bildet. Für eine
                              									ausschließlich zur Heizung mit Mineralöl bestimmte Locomotive ist demnach eine
                              									Einrichtung zu empfehlen, bei welcher der Herd und alle anderen Flächen ganz
                              									cylindrisch sindIn diesem Falle müßte der Rost kreisförmig hergestellt werden und mehrere
                                    											Etagen erhalten, welche sämmtlich wie der von mir angewendete rechteckige
                                    											Rost construirt sind., alle ebenen Theile der Feuerbüchse wegfallen und die Stehbolzen vermieden
                              									sind.
                           An seinem oberen Theile ist der Rost mit einer Reihe von Löchern versehen, durch
                              									welche das Oel eintreten kann; dasselbe fließt über die vollen Theile dieses Rostes,
                              									welcher am unteren Theile auf einer innen und außen vorstehenden gußeisernen
                              									Unterlage ruht, um zu verhindern daß das Oel durch die Erschütterungen der Maschine
                              									aus dem Herde herausgeschleudert wird oder auf die Sohle fällt.
                           Die Locomotive Nr. 291, welche zu meinen Heizversuchen mit Mineralölen benutzt wurde,
                              									erhielt keinen so vollkommenen Apparat. Man mußte nämlich den Rost vor den
                              									Aschenfall legen, letzteren mittelst einer Blechplatte verschließen, welche nicht
                              									durch das Kesselwasser, sondern durch eine thönerne Fließe geschützt wurde. Außerdem
                              									mußte der eiserne Rahmen, auf welchem der Druck am unteren Ende der Feuerbrücke
                              									lastet, selbst vor der Wirkung des Feuers mittelst eines aus Ziegelsteinen
                              									hergestellten Mantels geschützt werden, welcher innen durch ein Gewölbe aus
                              									feuerfestem Thon gestützt wurde. Indessen lehrte die Erfahrung, baß die Hitze des
                              									Herdes und die Erschütterungen der Maschine, ungeachtet der mittelmäßigen Qualität
                              									dieses Thones und einer Geschwindigkeit der Locomotive von 60 bis 70 Kilometer per Stunde, diesen provisorischen Apparat nur wenig
                              										benachtheiligten.Die Umänderung des Locomotive für den Betrieb mit Mineralöl kostete bloß 900
                                    											Francs.
                           Die Vertheilung des Oeles auf dem Roste wird durch einen einzigen graduirten Hahn
                              									bewerkstelligt. Hr. Brisse, zweiter Director der
                              									Eisenbahnwerkstätten in Epernay, hat diesen Hahn durch einen außerordentlich
                              									einfachen Apparat ersetzt, dessen Beschreibung hier nicht gegeben werden darf. Der
                              									Maschinist kann nämlich mittelst einer im Bereiche seiner Hand angebrachten, an
                              									einem getheilten Kopfe sich bewegenden  Schraube nach Belieben die Quantitäten Oel zufließen
                              									lassen, welche der zu erzeugenden Dampfmenge entsprechen.
                           Der Zug der Esse wird wie bei einer gewöhnlichen, mit Steinkohle geheizten Locomotive
                              									durch das Blasrohr erzeugt.
                           Bei richtiger Verwendung der Mineralöle hat man weder Rauch, noch Schlacken zu
                              									befürchten. Bei bedeutender Geschwindigkeit der Locomotive ist der durch das
                              									Dampfauslassen hervorgebrachte Zug so stark, daß man den Oelverbrauch und somit die
                              									Dampferzeugung beliebig steigern kann, ohne Rauchbildung befürchten zu müssen.
                           Die Leitung des Feuers mittelst eines einfachen Hahnes nach dem Ansehen der aus der
                              									Esse abziehenden Gase, welche eine sehr schwache gelbliche Färbung zeigen müssen
                              									(was anzeigt, daß man keinen Luftüberschuß hat), ist eine so leichte Arbeit, daß man
                              									sie dem Locomotivführer neben seinen gewöhnlichen Functionen übertragen kann.
                           Bei Unfällen oder Stößen kann der Oelzuleitungshahn durch einen selbstwirkenden
                              									Apparat geschlossen werden, worauf das Feuer im Herde plötzlich erlischt und somit
                              									nicht jene Brände veranlassen kann, durch welche öfter so entsetzliches Unglück
                              									herbeigeführt wurde.
                           Ich muß noch bemerken, daß die als Brennstoff mit Vortheil verwendbaren
                              									Mineral- und Petroleumöle stets schwere und zähflüssige Oele sind, welche
                              									sich nur schwierig entflammen lassen. Man probirt sie, indem man sie bis auf
                              									100° C. erhitzt und dann eine gut brennende Pechfackel in die Flüssigkeit
                              									taucht, wodurch die Fackel erlöschen muß.
                           Unter Hrn. Dieudonné's Leitung wurden auf der Ostlinie
                              									zahlreiche Versuche abgeführt. Im Nachstehenden gebe ich einen kurzen Auszug der von
                              									ihm mir zugestellten Tabellen und der sie begleitenden Bemerkungen.
                           
                              
                                 Datum.
                                 Anzahl der Wagen
                                 Mittlere Steigung des Weges,
                                 Mittlere Geschwindigkeit.
                                 Zurückgelegter Weg.
                                 
                              
                                 19. Juli
                                 8
                                 Eben.
                                 60
                                 18 Kilomet.
                                 
                              
                                 30. Juli
                                 8
                                 Eben.
                                 60
                                 18 Kilomet.
                                 
                              
                                 30. Juli
                                 11
                                 Eben.
                                 60
                                 18 Kilomet.
                                 
                              
                                 26. November
                                 4
                                    3,5 Millim.
                                 60
                                 55 Kilomet
                                 
                              
                           
                              
                                 Oelverbrauch per
                                    											Kilomet.
                                 Gewicht der Wagen.
                                 Bemerkungen.
                                 
                              
                                 4,70 Kilogr.
                                 50000 Kilogr.
                                 Gewöhnliches Wetter.
                                 
                              
                                 4,58 Kilogr.
                                 50000 Kilogr.
                                 Ebenso.
                                 
                              
                                 4,71 Kilogr.
                                 90000 Kilogr.
                                 Schönes Wetter.
                                 
                              
                                 4,70 Kilogr.
                                 30000 Kilogr
                                 Sehr schlechtes Wettcr.
                                 
                              
                           Die (erwähnte) Locomotive Nr. 291 ist unser kleines Modell (mit einer einzigen
                              									Treibachse; Gesammtgewicht 20,000 Kilogrm; Gewicht auf  der Treibachse 8,400 Kilogrm.;
                              									Heizfläche 60 Quadratmeter). Bei dem gelungensten Versuche vom 30. Juli (90,000
                              									Kilogrm. Last; 60 Kilomet. Geschwindigkeit) stieg die entwickelte Leistung auf
                              									ungefähr 250 Pferdekräfte, entsprechend 4 1/5 Pferdekräften per Quadratmeter Heizfläche. Dieß ist sicherlich ein sehr befriedigendes
                              									Resultat.
                           
                              „Das Anzünden des Feuers beansprucht mit dem Blasrohre einer benachbarten
                                 										Maschine fünf Viertelstunden; soll die Maschine durch den gewöhnlichen Zug ihrer
                                 										Esse angeheizt werden, so sind dazu dritthalb Stunden erforderlich. Die mit
                                 										Kohlen geheizten Maschinen erfordern zum Anfeuern dritthalb bis drei
                                 										Stunden.“
                              
                           Diese Beobachtungen eines erfahrenen Ingenieurs flößen mir das größte Vertrauen zur
                              									Locomotiven-Heizung mit Mineralölen ein, sofern diese Oele auf dem
                              									Brennmaterialmarkt auftreten konnen.
                           II. Heizkraft
                                 										des Petroleums und der Mineralöle.
                           In einem ungefähr 540 Kilogrm. Wasser fassenden Röhrenkessel ließ ich einen gänzlich
                              									von Wasser umgebenen Herd aus Ziegelsteinen anbringen, an dessen Vorderseite eine
                              									mit Löchern versehene Gußeisenplatte gleichzeitig das Oel und die Luft zuführte. Das
                              									Oel verbreitete sich auf der Sohle, verflüchtigte sich und verbrannte in Berührung
                              									mit der durch die Löcher einziehenden Luft ohne Rauch.
                           Das Mineralöl befand sich in einem aus Blech angefertigten Mariotte'schen Gefäße, welches mit einem langen, in Millimeter getheilten
                              									Glasrohre versehen war. Das Volum des cylindrischen Schnittes, welches im Gefäße
                              									jedem Millimeter Höhe. der äußeren Röhre entsprach, hatte ich vorher mit der größten
                              									Sorgfalt bestimmt.
                           Die zur Verbrennung erforderliche Luft wurde durch einen von einer kleinen
                              									Dampfmaschine getriebenen Ventilator zugeführt und mittelst eines, in der
                              									eindringenden Luft entgegengesetzter Richtung eingespritzten feinen Regens mit
                              									Feuchtigkeit gesättigt. Die durch ein Thermometer angezeigte Temperatur dieser Luft
                              									konnte mittelst zwei Bunsen'scher Brenner, welche das
                              									Verbindungsrohr zwischen Herd und Ventilator erhitzten, beliebig erhöht werden.
                           Der schon in einem mehrfachen Mantel eingemauerte Kessel wurde von der umgebenden
                              									Luft noch vollständiger durch eine continuirliche Umfassung mit Bleiröhren isolirt,
                              									welche das zur Speisung bestimmte kalte Wasser durchlief. Auf diese Weise wurde der
                              									Wärmeverlust auf Null herabgedrückt, mit Ausnahme einer einzigen Stelle, wo der sehr
                              									geringe Einfluß dieses Verlustes auf experimentellem Wege bestimmt wurde.
                           
                           Die im Inneren des Herdes entwickelte Wärme erzeugte im Locomotivkessel Wasserdampf,
                              									welcher mittelst eines Schlangenrohres condensirt wurde. Das condensirte Wasser
                              									wurde in graduirte und geschlossene eisenblecherne Behälter geleitet, und aus diesen
                              									mittelst (durch die Maschine selbst) comprimirter Luft in die den Kessel umgebende
                              									Bleiröhrenleitung getrieben, von welcher aus es ohne Verlust und mit einer bekannten
                              									Temperatur in den Kessel zurückkehrte.
                           Man hatte so die im Generator erzeugte Wärme. Es blieb noch die mit dem Rauche oder
                              									vielmehr mit den ungefärbten Verbrennungsproducten entweichende Wärme zu bestimmen.
                              									Diese Gase wurden in ein horizontales, mit einem doppelten Mantel versehenes Rohr
                              									geleitet, traten aus diesem in einen Kasten oder Condensator, dessen Flächen, wie
                              									das horizontale Rohr, abgekühlt werden konnten, und entwichen nach zahlreichen
                              									Umgängen in diesem Condensator in die Esse, in welcher ein Thermometer angebracht
                              									war.
                           Eine aus einem Compteur abfließende bekannte Wassermenge bespülte zwischen zwei
                              									Metallblechen alle vom Rauche beleckten Flächen, trat zwischen die beiden Mäntel des
                              									horizontalen Rohres und floß endlich nach außen ab. Die Temperatur des Wassers bei
                              									seinem Eintritte in den Kühlapparat, sowie bei seinem Austritte aus demselben, wurde
                              									mittelst zweier sehr empfindlicher Thermometer gemessen.
                           Die Verbrennungsgase besaßen bei ihrem Entweichen eine Temperatur, welche um 2 bis 3
                              									Grade höher war als die umgebende Temperatur, und die zur Speisung des Herdes
                              									dienende Luft wurde in der Weise erhitzt, daß sie genau dieselbe Temperatur wie die
                              									Verbrennungsgase bei ihrem Austritte aus dem Apparate besaß. Somit war die durch die
                              									umgebende Luft dem Herde zugeführte Wärmemenge der durch die Verbrennungsgase aus
                              									dem Apparate abgeführten Wärmemenge vollkommen gleich. In diesen Gasen ist zwar ein
                              									Theil des Sauerstoffes durch ein gleiches Volum Kohlensäure ersetzt; da aber die
                              									specifische Wärme der beiden Gase bei gleichem Volum dieselbe ist, so wurde dem
                              									Apparate durch die Kohlensäure nicht mehr Wärme entzogen, als durch den Sauerstoff
                              									zugeführt. Was den Stickstoff und den Wasserdampf anbelangt, so traten dieselben mit
                              									derselben Temperatur und in derselben Menge aus, wie sie eintraten. Dieses System
                              									besaß den großen Vortheil, daß wenn mehr Luft eingeblasen wurde, als zur Verbrennung
                              									erforderlich war (vorausgesetzt daß das Abkühlen der Verbrennungsgase in
                              									zweckentsprechender Weise geschah), dieser Luftüberschuß die Genauigkeit des
                              									Verfahrens nicht beeinträchtigte.
                           
                           Die zur Bestimmung der Verbrennungswärme erforderlichen Berechnungen sind übrigens
                              									ziemlich einfach. Diese Wärmemenge ergibt sich durch die Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 192, S. 211
                              
                           in welcher bezeichnet:
                           Q die Verbrennungswärme;
                           P das Gewicht des im Generator erzeugten Dampfes;
                           T die Temperatur des Speisewassers;
                           K das Gewicht des den Rauch abkühlenden Wassers;
                           t′ die Temperatur des Wassers bei seinem Eintritte
                              									in den Rauch-Abkühler;
                           t die Temperatur dieses Wassers bei seinem Austritte;
                           M das Gewicht des angewendeten Oeles.
                           Nachdem der Apparat in Thätigkeit gesetzt worden, fuhr ich mit dem Heizen fort, bis
                              									die Werthe t — t′,P und M
                              									absolut constant wurden. Dann bestimmte ich sie während zwei bis etwa drei Stunden,
                              									und ermittelte so die Verbrennungswärme mit großer Genauigkeit.
                           Im Allgemeinen ist diese Wärmemenge geringer als sie sich aus der Rechnung nach dem
                              										Dulong'schen Gesetze und nach der von Fabre und Silbermann
                              									bestimmten Verbrennungswärme des Wasserstoffes und des Kohlenstoffes ergibt, wenn
                              									man mit sauerstofffreien Oelen arbeitet.
                           Für sehr sauerstoffreiche Oele, wie Steinkohlenöl, findet
                              									man hingegen eine größere Verbrennungswärme als die mit Zugrundlegung des Dulong'schen Gesetzes berechnete. Derartige Oele würden
                              									demnach zur Classe der explosiven Körper gehören, welche mehr Wärme enthalten, als
                              									die sie constituirenden Elemente im isolirten Zustande besitzen. —
                           Ich muß schließlich der Verwaltung der Pariser Gasgesellschaft für ihre Unterstützung
                              									meiner Arbeit, deren Durchführung ohne ihre Hülfe sehr schwierig und kostspielig
                              									gewesen wäre, meinen Dank aussprechen; diese Gesellschaft überließ mir zwei
                              									Dampfmaschinen, lieferte mir alles zu meinen Versuchen erforderliche Steinkohlenöl,
                              									und stellte einen ausgezeichneten Maschinenarbeiter zu meiner Verfügung, und dieß
                              									Alles unentgeltlich.
                           Herrn Rolland, dem Generaldirector der Staatsfabriken,
                              									verdanke ich den Vortheil, über eine Belleville'sche
                              									Maschine zu verfügen 
                              									welche es mir ermöglicht, die durch das im Vorstehenden beschriebene Verfahren
                              									erhaltenen experimentellen Daten mit denen der Praxis vergleichen zu können