| Titel: | Dampframme mit directer Wirkung von I. Chrétien, Constructeur in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XCIV., S. 347 | 
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                        XCIV.
                        Dampframme mit directer Wirkung von I. Chrétien, Constructeur in
                           								Paris.
                        Nach dem Génie industriel, Januar 1869, S. 1 mit
                           								Figuren aus Armengaud's Progrés de
                                 										l'industrie, vol. I, Tafeln 101 und 102.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Chrétien's Dampframme.
                        
                     
                        
                           Es ist nicht lange her, daß zum Einrammen von Pfählen Kunstrammen mit Dampfbetrieb,
                              									sogenannte Dampframmen verwendet werden, namentlich dort,
                              									wo starke Piloten 10, 12 und zuweilen selbst 15 Meter tief einzutreiben sind.
                           Die Rammarbeit besteht bekanntlich darin, den Rammklotz bis auf eine gewisse Höhe zu
                              									heben und dann frei fallen zu lassen, damit die lebendige Kraft der fallenden Masse
                              									im Moment des Stoßes auf den einzutreibenden Pfahl sich übertrage.
                           Hierbei müssen gewisse Bedingungen erfüllt werden, wenn ein befriedigendes Resultat,
                              									ein möglichst schnelles und ökonomisches Eintreiben der Pfähle erzielt werden soll.
                              									Diese Bedingungen beziehen sich 1) auf die Anzahl der in der
                                 										Zeiteinheit ausgeführten Schläge, 2) auf das Gewicht
                                 										des Rammklotzes und 3) auf die Fallhöhe
                              									desselben.
                           Was den ersten Punkt betrifft, so könnte man der Ansicht seyn, daß das durch eine
                              									gewisse Zahl von Schlägen hervorgebrachte Resultat dasselbe sey, wenn nur das Gewicht und die Fallhöhe des Rammklotzes
                              									unverändert bleiben, einerlei ob die Schläge in kürzeren oder in längeren
                              									Intervallen erfolgen.
                           Die Erfahrung lehrt jedoch das Gegentheil. So mußten, um nur ein Beispiel anzuführen,
                              									unter gewissen Umständen 100 Schläge auf einen Pfahl ausgeübt werden, um denselben
                              									bis zu einer gewissen Tiefe einzutreiben, wenn 4 bis 5 Schläge auf die Minute kamen;
                              									dagegen war das Eindringen des Pfahles unter sonst gleichen Umständen bei 15 bis 20
                              									Schlägen pro Minute viel bedeutender, d. h. im letzteren Falle waren weniger Schläge erforderlich, um ihn auf die gleiche Tiefe zu treiben. Es gehen in dieser Hinsicht bei gewissen
                              									Bodenarten die Unterschiede sehr weit und die Resultate weichen zuweilen vom
                              									Einfachen zum Doppelten ab.
                           Man begreift auch in der That, daß, wenn ein Pfahl, der bereits nach einer Reihe von
                              									Schlägen bis auf eine gewisse Tiefe eingedrungen ist, eine Zeit lang vielleicht nur
                              									einige Minuten in Ruhe verbleibt, der  durch den eindringenden Pfahl zusammengedrückte Boden
                              									sich wiederum ausdehnt, gegen den Pfahl drückt und durch die so vermehrte Reibung
                              									das weitere Eindringen erschwert.
                           Erfolgen aber die Schläge schnell nach einander, so bleibt
                              									dem durch jeden Schlag weiter zusammengepreßten Boden nicht die Zeit zum Ausdehnen
                              									und Anpressen an den Pfahl; Es steckt der Pfahl im Boden so zu sagen ringsum frei,
                              									so daß bei dem weiteren Einschlagen fast nur der Widerstand zu überwinden ist,
                              									welcher dem Eindringen der Pfahlspitze entgegensteht. Dieser Umstand macht sich
                              									namentlich bei Arbeiten im weichen Boden, im Sand oder unter Wasser sehr
                              									bemerkbar.
                           Wenn somit bis jetzt nur die Fallhöhe, das Gewicht und die Zahl der
                              									Schläge eines Rammklotzes angegeben wurden, nach welchen der Pfahl festsaß, so
                              									dürfte fernerhin auch die Zeit zu notiren seyn, innerhalb
                              									welcher die Schläge bis zum Aufsitzen desselben erfolgten.
                           Uebergehend zum Gewichte des Rammbäres, so ist Es
                              									selbstverständlich, daß mit dessen Vergrößerung die Wirkung der Ramme verstärkt
                              									wird. Indeß ist man in dieser Beziehung auf bestimmte Grenzen angewiesen, well die
                              									Erhöhung des Fallgewichtes über eine gewisse Grenze die Wirkung nicht proportional
                              									erhöht und dann der Uebelstand eintreten kann, daß die Pfähle zersplittert werden.
                              									Man geht somit selten über 800, höchstens 1000 Kilogramme.
                           Was endlich die Fallhöhe anbelangt, so variirt diese am
                              									meisten. Die beste Rammmaschine ist jene, bei welcher man schwächere wie stärkere Schläge schnell nach einander geben kann. Gewöhnlich beginnt man
                              									mit sanften Schlägen und steigert allmählich deren Wucht, jedoch nur bis zu dem
                              									Maaße, daß keine Beschädigung der Pfähle eintritt. Es dürfte deßhalb eine Fallhöhe
                              									von 5 höchstens 6 Meter als äußerste Grenze anzunehmen seyn, um so mehr, wenn der
                              									Erfolg schnell auf einander folgender Schläge
                              									berücksichtigt bleibt, bei welchen die Rammarbeit in kürzerer Zeit beendet wird.
                           Wo der Umfang der Arbeiten und die Aufstellungskosten Es gestatten, wird eine Ramme
                              									durch Dampfkraft vortheilhafter betrieben als durch Menschenhand.
                           Die von Chrétien aufgestellte Dampframme, in Fig. 5
                              									perspectivisch dargestellt, entspricht den im Obigen entwickelten Grundsätzen. Die
                              									Dampframme ist nach demselben System construirt wie dessen Dampfkrahne, von welchen
                              									in diesem Journal Bd. CLXXII S. 189 eingehende Beschreibungen nach beigegebenen
                              									Abbildungen geliefert wurden.
                           Die Construction dieser Dampframme ist so einfach, daß eine Beschädigung der Maschine
                              									fast unmöglich und ihre Unterhaltung sehr ökonomisch  ist. Man kann mit derselben bis
                              									60 ganz sanfte Schläge pro Minute geben; der Arbeiter,
                              									welcher sie dirigirt, bewegt den Steuerhebel entsprechend der Zahl der auszuübenden
                              									Schläge und läßt nach Maaßgabe des Eindringens des Pfahles ein wenig Kette von der
                              									Trommel der Winde ablaufen, damit der Rammbär stets bis zur Tiefe des Pfahlkopfes
                              									falle. Eben so leicht verstellt er die Ausrückvorrichtung, von deren Höhe die
                              									Fallhöhe abhängt, alles dieses ohne Zeitverlust.
                           Die Rammarbeit erfolgt nämlich mit dieser Maschine auf zweierlei Art, entweder ohne Loslösung des Rammklotzes, so daß dieser mit dem
                              									Haken und der Zugkette auf und ab geht, wenn sehr schnelle aber sanfte Schläge, wie
                              									z. B. im Beginne, gegeben werden, oder der Rammklotz wird hoch gehoben, löst sich in der Höhe selbstständig los und fällt frei
                              									herab. Wenn der Haken an der sofort nach abwärts gehenden Kette den Klotz wieder
                              									faßt, erfolgt ein neuer Hub desselben.
                           Die nähere Einrichtung dieser interessanten und von Sachverständigen sehr günstig
                              									beurtheilten Dampframme ist nach den in den Progrés de
                                 										l'industrie enthaltenen Zeichnungen aus Fig. 6 – 10 zu
                              									entnehmen.
                           Fig. 6 ist ein
                              									verticaler Schnitt, Fig. 7 die vordere Ansicht von Chrétien's
                              									Dampframme in 1/50 der wirklichen Größe.
                           Fig. 8 bis 10 sind die
                              									Details der Ausrückvorrichtung in 1/25 wirklicher Größe.
                           Auf dem Schiffe A liegen die Traversen a, b, c und d, verbunden mit
                              									Längsbalken, als Grundgerüst der Ramme. Auf dem Balken b
                              									ruht das Lager p, in welchem die Drehachse des
                              									Dampfcylinders C gelagert ist, dessen Neigung von der
                              									Höhe des Rammgerüstes abhängt.
                           Der Dampf gelangt von dem transportablen Dampfkessel, welcher in Fig. 5 zu sehen ist, durch
                              									das Leitungsrohr t in den Dampfkessel T und entweicht nach verrichteter Arbeit durch das
                              									Ausblasrohr t′. Die Dampfvertheilung erfolgt mit
                              									dem Hebel L von freier Hand oder automatisch mittelst
                              									des Steuerungsgestänges f und f′, das durch den zweiarmigen Hebel 1, 1 verbunden ist. An der
                              									Stange f′ sitzt nämlich der verstellbare Baken
                              										e; an diesen und an den am unteren Ende befindlichen
                              									Knopf stößt der mit der Kolbenstange S (Fig. 6) auf- und
                              									abgehende Ausrückhebel g, je nachdem der Dampf unter
                              									oder ober dem Kolben drückend wirkt und der ausgenutzte Dampf abbläst.
                           Die Kolbenstange S endet mit der Rolle P, um welche die über die Rollen P′ und P″ laufende Zugkette
                              									geschlungen ist. Das eine Ende derselben geht zur Winde H, das andere (mit dem Kuppelungshaken G
                              									versehene) zum Rammklotz M. Dieser erhält seine Führung
                              									wie gewöhnlich zwischen zwei Laufruthen L,L, und Es wird
                              									derselbe durch den ein 
                              									fachen Rollenzug P′, P, P" um das Zweifache des
                              									Kolbenhubes gehoben werden.
                           Zwischen den beiden Säulen D hängt an dem Gleitstück F der Ausrückbügel E,
                              									welcher mittelst der um die Rollen i und j laufenden Schnur h,h vom
                              									Arbeiter in eine beliebige Höhe gehoben werden kann. Der Ausrückhebel q des Hakens G schiebt
                              									zunächst beim Heben des Klotzes M den Bügel E zur Seite, der weiterhin in die verticale Lage
                              									zurückkehrt und nach dem durch das Umsteuern erfolgten Rückgang des Kolbens resp.
                              									des Rammklotzes M den Hebel q zurückhält, somit den Haken G ausrückt, so
                              									daß M frei herabfällt. Diese Auslösung ist deutlich aus
                              										Fig. 8 zu
                              									ersehen. Gleiche Buchstaben bedeuten in allen Figuren gleiche Theile, q′, E′ und G′ bezeichnen in Fig. 8 die Lage der
                              									Auskuppelungstheile im Momente der Auslösung und M′ den Fallklotz.
                           Der Zweck der Winde H besteht, wie oben bereits
                              									angedeutet wurde, darin die Zugkette allmählich nachzulassen, je nachdem die Pilote
                              										O in Folge der Schläge tiefer in das Erdreich
                              									dringt.
                           Johann Zeman.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
