| Titel: | Mittheilungen über die neuesten Fortschritte bezüglich der Dampf-, Gas- und Heißluftmaschinen; von Conrector G. Delabar in St. Gallen. | 
| Autor: | Gangolf Delabar [GND] | 
| Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. I., S. 1 | 
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                        Mittheilungen über die neuesten Fortschritte
                           								bezüglich der Dampf-, Gas- und Heißluftmaschinen; von Conrector G. Delabar in St. Gallen.
                        Delabar, über die neuesten Fortschritte bezüglich der
                           								Dampf-, Gas- und Heißluftmaschinen.
                        
                     
                        
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                           Die Dampfmaschinen, wie sie sich bei der letzten
                              									Welt-Ausstellung zu Paris kundgegeben, haben bei diesem Anlasse nicht gerade
                              									sehr bedeutende, epochemachende Fortschritte an den Tag gelegt.
                           Dieselben haben schon seit Jahren, wie ich an einem anderen OrteSiehe den „Allgemeinen Bericht über die Pariser
                                       												Welt-Ausstellung von 1867,“ welchen der Verfasser zur
                                    											Zeit an die hohe Regierung des Cantons St. Gallen erstattet hat und der
                                    											seitdem im Drucke (Verlag von Huber und Comp. in St. Gallen) erschienen ist. näher nachgewiesen, einen solchen Grad der mechanischen Vollkommenheit
                              									erlangt, daß es selbst für hervorragende Talente eine schwierige Aufgabe geworden
                              									ist, an denselben Neues und zugleich Besseres anzubringen. Diese Thatsache trat
                              									schon auf der Londoner Ausstellung von 1862 und noch mehr bei dem letzten
                              									internationalen Wettkampf in Paris i. J. 1867 zu Tage. Denn eigentlich neue
                              									Erfindungen und Verbesserungen sind bei demselben auf dem Gebiete der Dampfmaschinen
                              									nur sehr wenige aufgetreten. Gleichwohl zeigt eine eingehendere Prüfung des
                              									Gegenstandes, daß hier noch immer ein weites Feld des ökonomischen Fortschrittes vor
                              									uns liegt. Denn ungeachtet der gewaltigen Kraft dieser Motoren steht deren
                              									Nutzleistung oder, besser ausgedrückt, deren Wirkungsgrad noch immer weit hinter
                              									jenem zurück, den unsere besseren hydraulischen Motoren, die Wasserräder und
                              									Turbinen, ergeben. Indessen haben Theorie und Praxis auch hier bereits die Mittel
                              									und Wege angedeutet, welche Angeschlagen werden müssen, wenn bei den Dampfmaschinen
                              									weitere Fortschritte erzielt werden sollen. Die Bestrebungen sind jetzt meistens
                              									darauf gerichtet,Siehe den Bericht von Prof. Carl Jenny über die
                                    											Motoren im österreichischen officiellen Ausstellungsbericht über die
                                    											Welt-Ausstellung zu Paris i. J. 1867. hochgespannten Dampf im gesteigertsten Maaße zu expandiren und hierauf wieder zu
                              									condensiren; sodann die von der Maschine abziehenden Dämpfe, wie auch die vom Kessel
                              									abziehenden Heizgase zum Vorwärmen des Speisewassers und zu anderen industriellen
                              									Zwecken zu verwenden; ferner alle nachtheiligen Abkühlungen durch Umhüllung der
                              									Dampfleitungen und des Dampfcylinders mit schlechten Wärmeleitern möglichst zu
                              									vermeiden, die schädlichen Räume zu verringern und durch geeignete Compression in
                              									der sogenannten Compressionsperiode weniger schädlich zu machen, überhaupt durch die
                              									Steuermechanismen eine richtige Dampfvertheilung hervorzubringen und endlich auch
                              									alle Maschinentheile dahin zu vervollkommnen, daß der während der Bewegung der
                              									Maschine entstehende Reibungswiderstand, wie die dadurch verursachte Abnutzung
                              									möglichst verringert, die Arbeitsleistung hingegen möglichst gesteigert werde. Ob es
                              									künftig möglich werden wird, auch jenen Effectverlust zu beseitigen, welcher aus der
                              									Unvollkommenheit des Kreisprocesses hinsichtlich der Umwandlung der Wärme in
                              									mechanische Arbeit bei unseren jetzigen Dampfmaschinen hervorgeht und bekanntlich
                              									sehr bedeutend ist, steht sehr in Frage. Jedenfalls dürfte dieß kaum möglich seyn,
                              									ohne das Grundprincip dieser Maschinen in der Wirkungsweise oder in der Verwendung
                              									der erzeugten Dampfkraft gänzlich umzuändern. Fortschritte in dieser Richtung müssen
                              									vorerst noch ganz der Zukunft überlassen bleiben.
                           Was die in Paris ausgestellten Dampfmaschinen im
                              									Besonderen betrifft, so haben dieselben gleichwohl den Beweis geliefert, daß die
                              									Maschinenbauer aller industriellen Länder die Vervollkommnung dieses Motors mit
                              									großer Anstrengung und Beharrlichkeit betreiben. Namentlich haben sich bei diesem
                              									Wettkampf ganz besonders die Franzosen und Belgier, die Deutschen und Amerikaner
                              									hervorgethan. Die meisten dieser Maschinen, wenigstens unter den stationären und Schiffsmaschinen, waren nach dem Woolf'schen
                              										Systeme, mit zwei oder mehreren Cylindern, gebaut und
                              									wohl aus keinem anderen Grunde, als weil bei denselben durch Benutzung der
                              									gesteigerten Expansion und der nachherigen Condensation das ökonomisch günstigste
                              									Resultat sich erzielen läßt. Diese wie die übrigen Dampfmaschinen werden jetzt
                              									sowohl in liegender und geneigter Anordnung, als in aufrechter,
                                 										verticaler Stellung gebaut. Die verticale
                              									Aufstellung ist die ursprüngliche und erfordert ein Säulen- und Balkengestell
                              									mit Balancier. Bei dieser Anordnung befinden sich die Cylinder gewöhnlich neben
                              									einander auf derselben Seite und zwar so, daß der kleinere nach innen und der
                              									größere nach außen zu stehen kommt. Die Kolben und Kolbenstangen beider Cylinder
                              									haben dann gleichzeitige Bewegung im selben Sinne, wie dieß auch bei der Woolf'schen Maschine im Anfange immer der Fall war. Zwei
                              									hübsche Maschinen dieser
                              									Art hatten Sigl in Wien und Carels in Gent (Belgien) ausgestellt. Seltener ist die verticale
                              									Aufstellung mit einander entgegengestellten Cylindern und
                              										entgegengesetzter Kolbenbewegung, wie sie zuerst von
                              										Legavrian und Farinaux
                              									Armengaud'sPublication industrielle vol. VII, pl. 27. ausgeführt Horden war, weil hierbei das Dampfleitungsrohr zu lang ausfällt
                              									und der Dampf zu sehr der Abkühlung ausgesetzt ist.
                           Die häufigste und mit Recht die beliebteste Anordnung ist die horizontale, bei welcher hinsichtlich der Cylinder und Kolben wieder drei
                              									Untertypen zu unterscheiden sind, nämlich:
                           1) die beiden Cylinder liegen neben einander und die
                              									beiden Kolben wirken, wie bei der ersten verticalen Aufstellung, gleichzeitig und im gleichen Sinne, so daß beide ihren
                              									Hub im gleichen Moment nach derselben Seite hin beginnen und vollenden;
                           2) die beiden Cylinder liegen wieder neben einander, aber
                              									die beiden Kolben haben entgegengesetzte Bewegung und
                              									wirken unabhängig von einander, d.h. jeder ist mit einer besonderen Kolbenstange
                              									versehen, welche an den gegenüberstehenden, um 180° verdrehten Kurbeln der
                              									Schwungradwelle angreifen, so daß, wenn der eine Kolben sich an dem vorderen Ende
                              									des Cylinders befindet, der andere seine Stellung am hinteren Cylinderende hat;
                              									und
                           3) die beiden Cylinder liegen achsial hinter einander,
                              									d.h. ihre Mittelachsen fallen in eine und dieselbe Horizontale, und zwar liegt der
                              									kleine Cylinder zunächst der Kurbelwelle.
                           Von diesen dreierlei Anordnungen der horizontalen Woolf'schen Maschinen waren namentlich die zweite und dritte durch einige
                              									sehr hübsche Maschinen vertreten. Unter denen der zweiten Kategorie waren es ganz
                              									besonders die Maschinen von Prosper Vandenkerchove aus
                              									Gent und von H. D. Schmid in Simmering bei Wien, welche
                              									sich vortheilhaft auszeichneten, und unter den Maschinen der dritten Kategorie, wie
                              									dieselben auch in England von Donkin und Comp. u.a. in den letzten Jahren vielfältig gebaut
                              									werden, die Maschinen von Rens und Colson in Gent, die die Aufmerksamkeit besonders auf sich zogen und hier
                              									erwähnt zu werden verdienen.
                           Was endlich die dritte Hauptanordnung mit schiefen oder geneigten
                              									Cylindern betrifft, so hat man wieder darauf zu sehen, ob die Maschine eine einfache oder doppelte ist,
                              									d.h. ob sie zwei oder vier
                                 										gekuppelte Cylinder hat. Eine Maschine mit zwei zusammenarbeitenden, unter
                              									einem ziemlich spitzen Winkel gegen einander geneigten Cylindern war z.B. von Berendorff, Vater und Sohn, in
                              									Paris ausgestellt. Bei derselben tritt der Kesseldampf zunächst in den einerseits
                              									angebrachten kleineren Cylinder, und nachdem er in demselben seine Arbeit
                              									verrichtet, in den auf der anderen Seite angebrachten großen Cylinder – eine
                              									Anordnung, die in Bezug auf die Kraftübertragung zwar vortheilhaft, hinsichtlich der
                              									leichten Abkühlung des Dampfes im Leitrohr vom kleinen zum großen Cylinder aber
                              									keineswegs günstig ist. Eine hübsche Maschine mit vier, zu je zwei unter 45°
                              									gegen einander geneigten Cylindern hatten dagegen Corbran
                              									und Lemarchand in Petit Quevilly (Seine inférieure) ausgestellt. Dieses System scheint überhaupt bei
                              									den französischen Constructeuren eine günstige Aufnahme gefunden zu haben. Dabei
                              									befinden sich je zwei zusammenarbeitende Cylinder auf derselben Seite und damit ist
                              									auch der Grund der bei dem vorigen System gerügten nachtheiligen Abkühlung des
                              									Dampfes beseitigt.
                           Uebrigens zeigten auch die nicht Woolf'schen Maschinen,
                              									die meist ebenfalls mit Expansion arbeiten, sowohl hinsichtlich der darauf
                              									bezüglichen Steuerungsvorrichtungen, als in Hinsicht der
                              										übrigen Einrichtungen mitunter sehr sinnreiche und
                              									zweckmäßige Neuerungen. Besonders bemerkenswerth waren die auf eine vollkommene Expansionswirkung abzielenden Einrichtungen. Sie
                              									zeichneten sich gegen früher durch größere Genauigkeit und Einfachheit aus. In
                              									dieser Beziehung verdienen namentlich die neueren Steuerungseinrichtungen, wie sie
                              									an den schon von früher her bekannten Maschinen von Corliß und Allen in wesentlich verbesserter
                              									Anordnung zu sehen waren, besonderer Erwähnung. Sie erfüllen die Anforderungen,
                              									welche man an eine vollkommene Steuerung zu stellen berechtigt ist, wie namentlich
                              									jene, daß die Dampfeintritts- und Austrittscanäle möglichst rasch geöffnet
                              									und geschlossen werden, in hohem Grade. Die Corliß-Steuerung, wie sie an
                              									einer Maschine der Corliss-Steam-Engine-Company aus den Vereinigten
                              									Staaten von Nordamerika und an einer anderen von Hick,
                                 										Hargreaves und Comp. aus Bolton in England
                              									vorhanden war, zeichnet sich besonders auch dadurch aus, daß bei ihr die schädlichen
                              									Räume auf ein Minimum herabgebracht sind und die Abnutzung zudem eine äußerst
                              									geringe ist, während hingegen die Maschine von Allen, wie
                              									sie von C. F. Porter, resp. von der Whitworth-Company in Manchester,
                              									ausgestellt worden war, neben der sehr sinnreichen Steuerungsvorrichtung sich durch
                              									eine verhältnißmäßig sehr große Kolbengeschwindigkeit von 400 bis 600 Fuß per Minute auszeichnet.
                           Unter den übrigen in Gang gesetzten Dampfmaschinen erregten namentlich die von Farcot und Söhne in St. Ouen
                              									und Paris ausgestellten, und darunter ganz besonders eine horizontal gekuppelte Maschine von 160
                              									Pferdekräften durch ihre außerordentlich ruhige und gleichförmige Bewegung, wie
                              									durch ihren geringen Brennmaterialverbrauch allgemeine Bewunderung. Diese Maschinen,
                              									welche natürlich mit den neuesten, dem Hause patentirten Steuerungs- und
                              									Regulirungsvorrichtungen versehen waren, wurden darum auch mit dem ersten Preise
                              									beehrt. Ihnen würdig zur Seite standen aber auch die ebenfalls horizontal
                              									angeordneten Maschinen von J. Dingler in Zweibrücken und
                              										Gebrüder Sulzer in Winterthur. Bei der ersteren sind
                              									der Dampfcylinder und die Luftpumpe des Condensators achsial und beide Kolbenstangen
                              									direct mit einander verbunden, eine Anordnung, die nur eine einfache, leicht
                              									herzustellende Fundamentirung benöthigt und zugleich den wichtigen Vortheil bietet,
                              									daß alle umständlichen Zwischenmechanismen für die Uebertragung der ohnehin
                              									gleichartigen Bewegung des Dampfkolbens auf den Pumpenkolben ganz wegfallen. Die Sulzer'sche Maschine hingegen war mit einer neuen cylindrischen Geradführung der Kolbenstange und einer
                              									besonderen Ventilsteuerung versehen und gehörte ebenfalls, wie die Dingler'sche, zu den schönsten und besten Dampfmaschinen
                              									der Ausstellung.
                           Das Neueste und Originellste im Dampfmaschinenfach hatten jedoch die Nordamerikaner
                              									gebracht. Dahin gehört zumal die viercylindrige
                              									Dampfmaschine von Hicks in New-York.Beschrieben im polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXVIII S. 356. Dieselbe besteht aus vier zu je zwei auf jeder Seite der Betriebswelle
                              									conachsial angeordneten Cylindern mit vier einfach wirkenden Kolben, von denen jeder
                              									in der Art gebildet ist, daß er, mit der entsprechenden Formgebung der Cylinder und
                              									ihrer Canäle seinem conachsialen Nachbar als Steuerungsschieber dient und mit dem
                              									gegenüberliegenden achsialen Kolben denselben Hub macht, also sich mit ihm
                              									gleichzeitig und stets nach derselben Richtung bewegt. Dahin ist aber auch die
                              									rotirende Dampfmaschine von Behrens
                              									Man vergl. über dieselbe polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 444. zu zählen, welche von dem New-Yorker Hause H. C. Dart und Comp. ausgestellt
                              									war, und das Problem der rotirenden Maschinen unter den bis jetzt bekannt gewordenen
                              									Maschinen dieser Art jedenfalls am vollkommensten löste. Dieselbe besteht der
                              									Hauptsache nach aus zwei eigenthümlich geformten rotirenden Kolben, die in einem
                              									Gehäuse mittelst runder Scheiben an die beiden parallelen Wellen befestigt sind,
                              									welche durch zwei in dem Gehäuse angebrachte unbewegliche, concentrische Kerne gehen
                              									und außerhalb mit zwei ganz gleichen, in entgegengesetzter Richtung sich umdrehenden Zahnrädern
                              									verbunden sind. Dabei sind die Kolben und Kerne so ausgeschnitten, daß sich erstere
                              									wie zwei Kapselräder ohne Störung in der Kapsel oder dem Gehäuse bewegen können und
                              									doch der wirksame Druck vom unwirksamen stets getrennt bleibt.
                           Einer besonderen Erwähnung verdienen auch noch die neueren Dampfkessel von Field, Howard, Galloway,
                                 										Schmitz, Belleville und Comp. etc. Der Field'sche KesselDer Röhrenkessel von Field in London (dessen
                                    											Adresse: Chandos Chambers, Buckingham street,
                                       												Adelphi) ist beschrieben im polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXVII
                                    											S. 258. ist ein Röhrenkessel mit vielen doppelwandigen Röhren und nimmt unter allen
                              									Röhrenkesseln wohl den ersten Rang ein. Derselbe bietet bei geringem Kohlenaufwand
                              									eine überraschend schnelle Dampfentwickelung dar. Damit verwandt ist der neue Howard'sche Kessel, sowie der Galloway'sche,Galloway's Kessel mit conischen Wasserröhren ist
                                    											beschrieben im polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXVII S. 368 und Bd.
                                    											CLXXXVIII S. 178. welche in England ebenfalls schon eine außerordentliche Verbreitung gefunden
                              									haben.
                           Als eine der neuesten und interessantesten Kesselconstructionen hat sich ferner der
                              										Schmitz'sche Kessel ausgewiesen, bei welchem mittelst
                              									eines etwas excentrisch eingesetzten Halbcylinders eine Strömung nach der Krümmung
                              									des Kessels (Circularströmung) erzeugt wird, was sowohl für die Dampferzeugung, als
                              									auch für die Erhaltung des Kessels von sehr günstigem Einfluß ist. Ein anderer neuer
                              									und höchst raffinirt ausgedachter Röhrenapparat ist auch der sogenannte nicht
                              									explodirbare Dampfkessel von J. Belleville und Comp. in ParisBeschrieben im polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 383. mit mehrfacher Circulation und Ueberhitzung, dessen Haupteigenthümlichkeit
                              									darin besteht, daß der Hauptkörper der Heizfläche in mehrere kleinere Theile
                              									getheilt ist, so daß höchstens gleichzeitig ein solcher
                              									kleiner Theil ohne große Gefahr explodiren könnte. Endlich verdienen auch noch die
                              									von E. Imbert und Comp. in St.
                              									Thamond (Loire) auf die Ausstellung gebrachten geschweißten
                                 										Dampfkessel ohne Vernietungen und verschiedene Dampfkessel-Armaturen, wie namentlich das Manometer von Ducomet, das Sicherheitsventil von Swan,
                              									der Speiserufer und der Condensationswasserableiter von Schäffer und
                              										Budenberg, die Injectoren
                              									oder Dampfstrahlpumpen von denselben, sowie von Krauß und C. Schau, als Novitäten oder wesentliche Verbesserungen
                              									erwähnt zu werden.
                           Hier mögen auch die neueren Bestrebungen bezüglich der Erzeugung und Verwendung des
                              									Dampfes einer kurzen Besprechung unterzogen werden.
                           In dieser Beziehung sind zunächst Daelen's neue Dampferzeugungsmethode
                              									und Ewbank's neue Dampftheorie anzuführen, über
                              									welche beide Gegenstände wir schon früher berichtet haben.Ueber Daelen's Dampferzeugungsmethode im
                                    											polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIII S. 100. – Ueber Ewbank's Dampftheorie im polytechn. Journal,
                                    											1866, Bd. CLXXXII S. 433.
                              								
                           
                        
                           Die neue Dampferzeugungsmethode von
                                 										Daelen.
                           Die Dampferzeugungsmethode des rühmlichst bekannten Ingenieurs Daelen unterscheidet sich von der gewöhnlichen Methode der Dampfbildung
                              									dadurch, daß bei ihr die Wärme der Heizgase dem verdampfenden Wasser nicht mittelbar
                              									durch die Metallwand des Kessels zugeführt wird, sondern daß sie mit dem Wasser
                              									unmittelbar in Berührung kommt, indem die Verbrennungsgase über dessen Oberfläche
                              									hinstreichen oder dasselbe durchströmen. Und eben auf der Weglassung der
                              									Metallwände, welche nach Daelen dem Uebergange der Wärme
                              									einen beträchtlichen Widerstand entgegensetzen sollen, beruhe der Vortheil dieser
                              									neuen Methode. Nun hat aber inzwischen Dr. Th. Weiß, Professor am Polytechnicum in Dresden, über
                              									dieselbe eine theoretisch-praktische Untersuchung angestellt,Civilingenieur, 1867, Bd. XIII S. 193. welche diesen Vortheil keineswegs bestätigt. Nach ihm sehen die Metallwände
                              									dem Uebergange der Wärme allerdings einen Widerstand entgegen, aber derselbe sey
                              									nicht von solcher Beschaffenheit, „daß er eine vollständige Verwerthung
                                 										der Verbrennungswärme zur Verdampfung mehr verhindere, als der Widerstand
                                 										welcher beim Uebergang der Wärme direct aus den Verbrennungsproducten in das von
                                 										denselben berührte zu verdampfende Wasser auftrete.“ Dabei zerlegte
                              									er den Gesammtwiderstand in drei ihrer Natur nach verschiedene Einzelwiderstände,
                              									nämlich in den Uebergangswiderstand vom heißen Körper in die äußere Oberfläche der
                              									Platte, in den Leitungswiderstand innerhalb des Plattenmateriales und in den
                              									Uebergangswiderstand von der anderen, inneren Oberfläche in den kalten zu
                              									erhitzenden Körper. Diese drei Widerstände suchte nun Weiß durch Erfahrungscoefficienten (k₁,
                              										k₂, k₃) zu
                              									bestimmen. Unter der Annahme, daß k₃ = k₁ und daß die Metalldicke gering, die
                              									Leitungsfähigkeit dagegen bedeutend sey, findet er die Gesammtwärme pro Quadratmeter, pro Stunde
                              									und pro Grad = 1/2 k₁. Bei directem Uebergang der Heizgase in das von denselben berührte
                              									Wasser ist dieselbe dagegen = k₁. Darnach würde
                              									also im ersten Falle unter sonst gleichen Umständen die übertretende Wärme halb so
                              									klein, der Widerstand also doppelt so groß als im zweiten Falle seyn. Allein dieß
                              									sey nicht als Hinderniß für die vollständige Ausnutzung der Wärme zu betrachten, was schon aus einer
                              									allgemeinen Betrachtung des Princips der Gegenströmung sich ergebe. Bei einem
                              									Apparat mit Gegenstromheizflächen könne man es dahin bringen, daß die Gase bis zu
                              									der Temperatur sich abkühlen, welche das eintretende Speisewasser hat; bei der
                              									directen Ueberströmung der Heizgase über und durch das Wasser könne aber die
                              									Abkühlung nie so weit, sondern höchstens nur bis zur Temperatur des zu erzeugenden
                              									Dampfes getrieben werden. Um daher den Wirkungsgrad der Metallfläche demjenigen der
                              									Wasserfläche gleich zu machen, brauche erstere gar nicht größer als letztere
                              									hergestellt zu werden.
                           Handelt es sich also nur um die wirkliche Ausnutzung der in den Verbrennungsproducten
                              									enthaltenen Wärme, so gelangt man mit Weiß zu dem
                              									Schluß:
                           
                              „1) daß allerdings, wie Daelen meint, dem
                                 										Uebertritte der Wärme vom heißen Gase in die kältere Flüssigkeit durch eine
                                 										Metallwand ein beträchtlicher Widerstand entgegensteht, daß es aber noch
                                 										fraglich ist, ob dieser Widerstand größer sich herausstellt, als derjenige
                                 										welcher auch dem Uebergange der Wärme vom Heizgase in die von demselben berührte
                                 										Flüssigkeitsoberfläche entgegentritt, und daß jedenfalls dieser Widerstand, er
                                 										mag so groß seyn als er wolle, kein Hinderniß ist, die Ausnutzung der
                                 										Verbrennungswärme ebenso weit mit einer Metallfläche, als bei directer Berührung
                                 										der Verbrennungsproducte mit der Flüssigkeitsfläche zu treiben; und
                              
                           
                              2) daß, gerade entgegengesetzt der Daelen'schen
                                 										Ansicht, bei Anwendung einer directen Berührung eine Abkühlung der
                                 										Verbrennungsgase nur bis zur Temperatur des zu erzeugenden Dampfes möglich ist,
                                 										während sie bei Anwendung von Metallflächen beliebig weit getrieben werden
                                 										kann.“
                              
                           Mit Rücksicht auf die Zugwirkung läßt man gewöhnlich die Verbrennungsproducte
                              									allerdings mit einer gewissen höheren Temperatur in den Schornstein treten, als es
                              									die ökonomische Ausnutzung der Wärme derselben bedingt, und in Folge dessen kann
                              									alsdann die Abkühlung der Verbrennungsgase freilich nicht beliebig weit, sondern
                              									bloß bis zu jener Temperatur getrieben werden, welche wegen der Zugwirkung nöthig
                              									ist. Gleichwohl könne aber diese Temperatur geringer als die Dampftemperatur werden
                              									und sowohl durch Verminderung der Widerstände in der Feuerungsanlage, als durch
                              									Erhöhung des Schornsteines beträchtlich verringert werden. Unter der Anwendung von
                              									Ventilatoren oder sonstigen mechanischen Vorrichtungen behalte aber der obige
                              									allgemeine Ausspruch seine Gültigkeit und jedenfalls bleibe das Ergebniß übrig,
                              										„daß die vollkommene Ausnutzung der Verbrennungswärme durch die
                                 										Methode directer Berührung principiell unmöglich, durch die
                                 										gewöhnliche Methode mit Metallplatten aber es nicht ist.“
                              								
                           Indem wir unseren Lesern dieses negative und keineswegs günstige Resultat bezüglich
                              									der neuen Dampferzeugungsmethode mittheilen, müssen wir es Hrn. Daelen selbst überlassen, dasselbe durch weitere
                              									praktische Versuche wenn möglich zu widerlegen.
                           
                        
                           Die neue Dampftheorie von
                                 									Ewbank.
                           Was im Weiteren die neue Dampftheorie von Thomas Ewbank in
                              									New-York betrifft, durch welche bei richtiger Anwendung die doppelte Kraft
                              									unserer gegenwärtigen Dampfmaschine oder, was auf dasselbe herauskommt, die
                              									Ersparniß der halben Brennmaterialmenge (bei geringerem Verlust von Leben und
                              									Eigenthum durch Explosionen) erreicht werden soll, so meint ihr Urheber, verlange
                              									sie zum Beweise keine complicirten Apparate; ihre Evidenz folge aus den einfachsten
                              									Principien der Physik und Mechanik, und sie beruhe einzig auf der Anwendung des
                              									gewöhnlichen natürlichen Dampfes, wobei zugleich die Hypothese des überhitzten,
                              									hochgespannten Dampfes, als unnatürlich, gefährlich und unvortheilhaft bekämpft
                              									wird.
                           Ohne dem Verfasser in der Entwicklung derselben hier wörtlich folgen zu können,
                              									wollen wir es versuchen, unseren Lesern wenigstens den Hauptinhalt seines neuesten
                              										ElaboratsNew-York Daily Tribune vom 27. März
                                    											1869. vor Augen zu führen. Dabei geht er von folgenden Sätzen aus, deren
                              									Richtigkeit er für unbestreitbar hält:
                           1) Die Dampfkraft sey eine natürliche Eigenschaft, die sowohl in dem Dampf, der in
                              									offenen Gefäßen, als in jenem, der in geschlossenen Hochdruckkesseln erzeugt wird,
                              									existirt. Letzterer sey zu betrachten als eine Anhäufung gewöhnlichen Dampfes, wie
                              									verdichtete Luft als eine Anhäufung gewöhnlicher Luft zu betrachten sey.
                           2) Die natürliche und berechtigte Art und Weise, wie die Dampfkraft vermehrt werden
                              									könne, sey ganz derjenigen gleich, wie Luft, Wasser etc. ihrer Menge nach vermehrt
                              									werden. Menge und Druck seyen einander aequivalent. Wenn der Druck verdoppelt werde,
                              									so verdoppele sich auch die Dampfmenge, und umgekehrt, wenn sich die Dampfmenge
                              									verdoppele, so verdoppele sich auch der Druck derselben.
                           3) Die Kraft, welche in einer Richtung die Expansion oder Ausdehnung hervorruft,
                              									erzeuge nach der anderen eine entsprechende Contraction oder Zusammenziehung.
                           Auf diese Weise haben in dem Dampf zwei Kräfte ihren Sitz, welche, nach dem Gesetz der Action und
                              									Reaction, der Richtung nach einander entgegengesetzt und der Größe nach einander
                              									gleich seyen.
                           Die praktische Frage sey nun aber die, zu wissen welche dieser Kraftäußerungen für
                              									die Anwendung die vortheilhafteste und daher empfehlenswerthefte sey: die directe
                              									Anwendung der Expansivkraft auf einen kleineren Kolben, oder die indirecte Benutzung
                              									der Contraction oder Condensation des Dampfes zur Hervorbringung eines leeren oder
                              									verdünnten Raumes und der gleichzeitigen Wirkung des atmosphärischen Druckes auf
                              									einen größeren Kolben?
                           Die rationellste Antwort aus diese Frage würde natürlich darin bestehen, zu zeigen,
                              									in welchem dieser beiden Fälle der Dampf beim kleinsten Brennmaterialverbrauch die
                              									meiste Arbeit verrichte.
                           Wenn es wahr ist, wie behauptet wird, daß die Verwandlung eines gegebenen Gewichtes
                              									Wasser in Dampf dieselbe Wärmemenge bedürfe, unter welchem Druck und welcher
                              									Temperatur das Wasser verdampft werden möge, so könne der Vortheil in dieser
                              									Hinsicht für keinen Fall besonders in Anspruch genommen werden. Auf welcher Seite
                              									immer der Vortheil liegen möge, so bestehe er nicht sowohl in den Kosten der
                              									Dampferzeugung als vielmehr in der Art der Dampfbenutzung. Und in dieser Beziehung
                              									werde nach der neuen Theorie mehr Triebkraft aus der Contraction einer gewissen
                              									Dampfmenge erlangt, als aus ihrer Expansivkraft. Diese Anomalie entspringe, wie im
                              									Vorigen bereits angedeutet worden ist, aus dem Druck der Atmosphäre, der bekanntlich
                              									in englischem Maaß 15 Pfd. per Quadratzoll beträgt und
                              									natürlich der Expansion entgegenwirkt, während er der Wirkung der Contraction zu
                              									Hülfe kömmt. Es sey dieß eine Wahrheit, die sich praktische Männer besonders merken
                              									mögen.
                           Nehmen wir nun an, ein Kolben von 144 Quadratzoll Querschnittsfläche werde durch
                              									Dampf von 60 Pfd. Druck oder 4 Atmosphären Spannung gepreßt, so beträgt der gesammte
                              									Dampfdruck auf diesen Kolben 144 . 60 = 8640 Pfd. Bei gewöhnlichem Dampf oder bei
                              									dem Druck der gewöhnlichen atmosphärischen Luft würde dieß einen Dampfcylinder von
                              									viermal größerem Raume, also auch einen Kolben von viermal größerem Querschnitt
                              									verlangen; denn dann hätte man ebenfalls einen Kolbendruck von 144 . 4 . 15 = 8640
                              									Pfd. Soweit wäre das Resultat in beiden Fällen gleich. Allein da im ersten Fall der
                              									Expansionswirkung fortwährend die Wirkung des äußeren atmosphärischen Druckes im
                              									Betrage von 144 . 15 = 2160 Pfd. entgegensteht, so betrage die nutzbare Kraft
                              									eigentlich nur 6480 Pfd., statt 8640 Pfd. Dieses Beispiel könne auch noch anders
                              									aufgefaßt werden: Dampf, welcher unter dem Sicherheitsventil einen Druck von 60 Pfd. per Quadratzoll zeigt, besitze 5 Atmosphären Spannung
                              									gewöhnlichen Dampfes und seine Contraction würde einem Druck von 144 . 5 . 15 =
                              									10800 Pfd. entsprechen, während der Expansion desselben bloß ein Druck von 144 . 60
                              									= 8640 Pfd. entspräche.
                           Hieraus folge nun aber, daß beim Berechnen der Expansionswirkung in allen Fällen der
                              									Druck einer Atmosphäre, d. i. 15 Pfd. per 1 Quadratzoll
                              									Kolbenfläche, zur Ueberwindung oder Neutralisirung des Widerstandes der äußeren
                              									Atmosphäre vom gesammten Druck abgezogen werden müsse, um den eigentlich wirksamen
                              									Druck zu erhalten. Demnach betrage die Expansionskraft des Dampfes z.B. von 6
                              									Atmosphären Spannung oder 90 Pfd. per Quadratzoll bloß
                              									144 . 75 = 10800 Pfd., während die Contraction desselben einen Druck von 144 . 6 .
                              									15 = 12960 Pfd., also 1/5 mehr als bei der Expansion möglich macht. Ebenso beträgt
                              									dieser Druck bei Dampf von 5 Atmosphären für die Expansionswirkung 144 . 60 = 8640
                              									Pfd. und für die Contractionswirkung 144 . 5 . 15 = 10800 Pfd., also 1/4 mehr;
                           bei Dampf von 4 Atmosphären für die Expansionswirkung 144 . 45 = 6480 Pfd. und für
                              									die Contractionswirkung 144 . 4 . 15 = 8640 Pfd., also 1/3 mehr;
                           bei Dampf von 3 Atmosphären hingegen für die Expansionswirkung 144 . 30 = 4320 Pfd.
                              									und für die Contractionswirkung 144 . 3 . 15 = 6480 Pfd., also um die Hälfte
                              									mehr;
                           bei Dampf von 2 Atmosphären für die Expansionswirkung nur 144 . 15 = 2160 Pfd., für
                              									die Contractionswirkung aber 144 . 2 . 15 = 4320 Pfd., also das Doppelte oder noch
                              									einmal so viel als bei der Expansion;
                           endlich bei Dampf von 1 Atmosphäre Spannung beträgt derselbe für die
                              									Expansionswirkung sogar Null Pfd., und für die Contraction 144 . 15 = 2160 Pfd.,
                              									also den ganzen Betrag mehr.
                           Daraus lasse sich nun der Vortheil deutlich erkennen, welcher sich aus der Benutzung
                              									der Contraction oder völligen Condensation gegen die Expansion des Dampfes ergebe.
                              									Der Grund, warum derselbe bisher gänzlich übersehen worden sey, rühre von der
                              									Thatsache her, daß die atmosphärische Dampfmaschine bald nach ihrer Einführung
                              									wieder verlassen und nie ernstlich versucht und geprüft worden sey. Würde auf
                              									dieselbe nur halb so viel Anstrengung und geistige Kraft wie auf die
                              									Expansionsmaschinen verwendet worden seyn, so würde sie sich gleichwohl in Gunst
                              									erhalten haben und nicht, wie es jetzt der Fall ist, fast ganz in Vergessenheit
                              									gerathen seyn. Von Newcomen bis James Watt
                              									 und von diesem bis
                              									Oliver Evans wurden zwar einzelne Schritte zu ihrer
                              									Einführung gethan, aber ohne daß dieselben ernstlich überlegt und untersucht worden
                              									waren. Die Mängel der Newcomen'schen Maschine hätten sich
                              									durch einen separaten Condensator wohl verbessern lassen; allein Watt erklärte, daß bei derselben 4/5 des Dampfes (also
                              									auch ebenso viel an Brennmaterial) nutzlos verschwendet würden, und im Glauben, daß
                              									nichts Gutes daran sey, wäre sie mit allgemeiner Zustimmung wieder verlassen und
                              									vergessen worden.
                           Wenn das Vorige nicht genügen sollte, den Vortheil der indirecten, atmosphärischen
                              									Wirkung des Dampfes zu constatiren, so möge man noch, meint Ewbank, folgende zwei weitere Thatsachen in Erwägung ziehen: 1) daß in den
                              									Hochdruckmaschinen mit jedem Hub ein Cylinder voll gewöhnlicher Dampf verloren gehe,
                              									und 2) daß der bei solchen Maschinen ausströmende verbrauchte Dampf noch mehr Kraft
                              									in sich enthalte, als er dem Kolben mitgetheilt habe. Mehr als die Hälfte des
                              									verwendeten Brennmaterials werde auf diese Weise verschwendet, ohne irgend welche
                              									mechanische Arbeit zu liefern. Die großartige Dampfverschwendung, welche auf diese
                              									Weise in unseren Fabriken und industriellen Etablissements stattfinde, erklärt Ewbank nicht bloß für einen großen Fehler, sondern für
                              									ein wahres Laster. Dieselbe gleiche den Schöpfeimern eines Brunnens, die voll
                              									hinabsteigen und bloß halb gefüllt wieder in die Höhe kommen!
                           Auch die combinirte Wirkung der Expansion und Condensation, wie sie in unseren
                              									Condensationsmaschinen vorkomme, sey noch immer verschwenderisch, weil dabei in der
                              									Regel die Kraft von 2 oder 3 Atmosphären verloren gehe und bloß die von 1 Atmosphäre
                              									nutzbar gemacht werde.
                           Würden atmosphärische Niederdruckmaschinen statt Hochdruckmaschinen angewendet, so
                              									würden sich auch die Gefahren der Explosionen von selbst heben, welche jetzt zu
                              									ihrer Beseitigung so viele Anstrengungen in Erstellung von Sicherheitsventilen und
                              									anderen Apparaten verursachen.
                           Ziehe man die Eigenschaften des unter dem gewöhnlichen Siedepunkt gebildeten Dampfes
                              									mit in Betracht, so öffne sich der Untersuchung ein ganz neues Feld: das Volumen
                              									desselben nimmt dann rasch zu, wie die Spannung abnimmt. Bei der Temperatur von
                              									102° F. (39° C.) ist das Volumen des Dampfes über 20'000mal größer als
                              									das des Wassers, woraus er sich gebildet, während es bei 212° F. (100°
                              									C.) bloß 1669mal größer und bei 250° F. (121° C.), oder bei 2
                              									Atmosphären Spannung sogar nur 883mal größer ist, wie folgende Tabelle näher
                              									ausweist:
                           
                           
                              
                                 Druck in Pfd.per 1
                                    											Quadratzoll engl.
                                 Temperatur in Gradennach
                                 Specif. Volumen desDampfes zu Wasser
                                 
                              
                                 
                                 Fahrenheit
                                 Celsius
                                 
                                 
                              
                                   1
                                 102
                                 39
                                 20'868
                                 
                              
                                   2
                                 126
                                 52
                                 10'874
                                 
                              
                                   3
                                 141
                                 61
                                   7'437
                                 
                              
                                   4
                                 152
                                 67
                                   5'685
                                 
                              
                                   5
                                 161
                                 72
                                   4'617
                                 
                              
                                 10
                                 192
                                 89
                                   2'426
                                 
                              
                                 15
                                 212
                                 100
                                   1'669
                                 
                              
                                 30
                                 250
                                 121 
                                     883
                                 
                              
                           Je näher der Dampf dem Zustande der Kondensation, desto wohlfeiler und schneller
                              									würde also seine Verwandlung in Triebkraft. Deßhalb sollte auch – meint Ewbank – der Dampf bei der niedersten statt bei
                              									der höchsten Temperatur angewendet werden.
                           Im Winter wären diese atmosphärischen Niederdruckmaschinen ganz besonders
                              									vortheilhaft, weil dann Eis und Schnee vorhanden sind, welche Stoffe zur
                              									Condensation des Dampfes viel wirksamer sind als das kälteste Wasser. Ein Pfund
                              									eiskaltes Wasser zu einem Pfund siedendem Wasser von 212° F (100° C)
                              									gemischt, reducirte die Temperatur beider auf 108° F. (42° C.),
                              									während ein Pfund Schnee oder Eis dieselbe auf 36° F. (2° C.)
                              									herabbringe.
                           Ewbank glaubt deßhalb, daß alle diese Vorzüge einstens
                              									ihre Würdigung finden und nur noch atmosphärische Dampfmaschinen werden angewendet
                              									werden. Man brauche dann keinen Dampf mehr, der über die gewöhnliche Siedehitze von
                              									212° F. oder 100° C. erhitzt und über 1 Atmosphäre gespannt werde. Es
                              									ist jedoch zu befürchten, daß seine Hoffnung sich nicht so bald realisiren
                              									werde!
                           In einem zweiten ArtikelNew-York Daily Tribune vom 15. April
                                    											1869. geht Ewbank noch weiter und vergleicht seine
                              									atmosphärische Niederdruckmaschine insbesondere mit dem Organismus des Menschen, als
                              									der vollkommensten Maschine. Wie unser Blut bei vollkommener Gesundheit wenig von
                              									98° F. (37° C.) variire und wir uns bei höherer Temperatur unwohl
                              									fühlen und bei 110° F. (43° C.) schon mit heftigem Fieber behaftet
                              									seyen, so sey auch die Dampfmaschine mit möglichst niedergespanntem Dampf die
                              									vollkommenste. Indessen glaubt auch Ewbank nicht, daß die
                              									Temperatur des Dampfes in der Dampfmaschine werde so bald bis zur Blutwärme der
                              									Menschen und Thiere erniedrigt werden können; wohl aber werde dieß in nicht gar
                              									ferner Zeit wenigstens bis zur Temperatur von 180° F. (82° C.), dem
                              									Siedepunkt der geistigen Getränke, möglich seyn!
                           
                           Eine einläßliche Beurtheilung hat die neue Dampftheorie von Ewbank unseres Wissens bis jetzt nicht erfahren. Einen kurzen Artikel über
                              									diesen Gegenstand, gleichsam als Antwort auf die beiden früheren Einsendungen von
                              										Ewbank in der New-York
                                 										Tribune, hat der American Artisan vom 24. April
                              									1867 gebracht, dessen Inhalt hier ebenfalls noch kurz erwähnt werden mag. Hiernach
                              									scheint die Behauptung Ewbank's, daß dem Dampfe mehr
                              									Kraft durch die Kondensation als durch die Expansion abgewonnen werden könne, in
                              									Amerika viele Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben, und wenn auch die Methode
                              									und die Mittel, welche er zur wirklichen Anwendung seiner Theorie vorgeschlagen hat,
                              									einen etwas sonderbaren Eindruck hinterlassen, so verdiene sie doch alle Beachtung.
                              									So viel über die Maschine selbst bekannt geworden, bestehe sie in einem kleinen
                              									Dampfcylinder, in welchem der Dampf zuerst auf den Kolben wirke, um denselben
                              									auswärts zu treiben, und in einem größeren atmosphärischen Cylinder, in welchem der
                              									Dampf, nachdem er den Dampfcylinder verlassen, condensirt werde, um unter dem Kolben
                              									desselben einen leeren oder doch stark verdünnten Raum zu erzeugen, so daß dann
                              									dieser Kolben durch den Druck der äußeren atmosphärischen Luft herabgedrückt
                              									werde.
                           Zugleich wird in diesem Artikel ein Auszug der Specification mitgetheilt, welche zur
                              									Zeit zur Erlangung eines Patentes dem englischen Patentamt von Benjamin Lawrence in London Namens des Erfinders, Thomas Ewbank in New-York, eingereicht worden ist.
                              									Derselbe enthält aber Nichts, was nicht schon im Vorhergehenden zur Sprache gekommen
                              									wäre, und kann deßhalb hier füglich übergangen werden. Einzig das sey noch bemerkt,
                              									daß nach den Zeichnungen, auf welche sich die Patentbeschreibung bezieht, und die
                              									der Redaction des American Artisan zur Einsicht
                              									vorgelegen, der Erfinder die neue Maschine in zwei verschiedenen Formen angeordnet
                              									habe, je nachdem er nur die aus der Condensation sich ergebende Wirkung, oder die
                              									aus der Expansion und Condensation combinirte Wirkung zu verwenden beabsichtige.
                              									Unsere Quelle bemerkt schließlich noch, daß jetzt solche Maschinen von Bogardus in New-York gebaut würden. Bis nähere
                              									Versuchsresultate über derartige wirklich ausgeführte
                              									Maschinen vorliegen, sehen wir uns nicht veranlaßt, uns in eine weitere Kritik
                              									derselben einzulassen.
                           
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt.)