| Titel: | Ueber die durch Auflösen von Salzen zu erzielende Temperaturerniedrigung; von Fr. Rüdorff. | 
| Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XIX., S. 58 | 
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                        XIX.
                        Ueber die durch Auflösen von Salzen zu erzielende
                           								Temperaturerniedrigung; von Fr.
                              									Rüdorff.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
                                 										Berlin, 1869, Nr. 4.
                        Rüdorff, über die durch Auflösen von Salzen bewirkte
                           								Abkühlung.
                        
                     
                        
                           Die Temperaturerniedrigung, welche beim Auflösen eines Salzes eintritt, wird im
                              									Allgemeinen um so bedeutender seyn, je mehr von demselben in Wasser gelöst wird. Da
                              									sich aber bei einer bestimmten Temperatur nur eine bestimmte Salzmenge in Wasser
                              									löst, so wird man das Maximum der Temperaturerniedrigung dann erreichen, wenn man
                              									Salz und Nasser in dem Verhältnisse zusammenbringt, in welchem sie eine bei der zu
                              									erzielenden niedrigen Temperatur gerade gesättigte Lösung bilden. Jede dieses
                              									Verhältniß überschreitende Menge Wasser oder Salz wird man unnützer Weise mit
                              									abkühlen müssen, und deßhalb wird man bei Ueberschreitung dieses Verhältnisses das
                              									Maximum der Temperaturerniedrigung nicht erreichen. Dieser Umstand ist bei allen
                              									früheren Versuchen außer Acht gelassen und daher die so geringe Uebereinstimmung
                              									unter den Angaben verschiedener Beobachter erklärlich. Wendet man aber Salz und
                              									Wasser genau in dem Verhältnisse an, in welchem sie eine gesättigte Lösung bilden,
                              									so dauert es eine lange Zeit, bis sich die letzte Menge des Salzes völlig gelöst
                              									hat, und es tritt dann der Einfluß der umgebenden Luft in merklicher Weise hervor.
                              									Es ist dafür zu sorgen, daß die Zufuhr von Wärme während der Zeit des Auflösens eine möglichst geringe
                              									sey. Dieß ist aber nur dann zu erreichen, wenn die Bildung einer gesättigten Lösung
                              									in kürzester Zeit erfolgt. Durch möglichst feine Zertheilung des Salzes, Umrühren
                              									des Gemisches und einen das Löslichkeitsverhältniß um wenige Gramme überschreitenden
                              									Ueberschuß von Salz wird man am sichersten zum Ziele gelangen. Ein geringer
                              									Ueberschuß von Salz wirkt weniger merklich auf das Endresultat ein, als wenn man
                              									längere Zeit zur völligen Lösung des Salzes gebraucht.
                           Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß das höchst fein pulverisirte Salz
                              									und die erforderliche Menge Wasser in dünnwandigen Bechergläsern 12 bis 18 Stunden
                              									lang in einem Raume von nahezu constanter Temperatur neben einander aufgestellt
                              									wurden, so daß beide eine gleiche Temperatur, nämlich die Temperatur des Zimmers
                              									angenommen hatten. Die Mischung geschah durch Zugießen des Wassers zum Salze und
                              									Umrühren mit einem empfindlichen Thermometer. Das Maximum der Temperaturerniedrigung
                              									erfolgte in höchstens einer Minute. Die Versuchsresultate sind in folgender Tabelle
                              									zusammengestellt; die Angaben sind das Mittel aus mehreren Versuchen, welche um
                              									höchstens 0,2° C. von einander abwichen.
                           
                              
                                 
                                 Löslich in100 Wasser
                                 Gemischt mit100 Wasser
                                 Die Temperatur sinkt
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 von
                                 bis
                                 um
                                 
                              
                                 Alaun, kryst.
                                       10
                                 14
                                 + 10,8° C.
                                 +   9,4°
                                   1,4°
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                       35,8
                                 36
                                    12,6°
                                 + 10,1°
                                   2,5°
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Kali
                                         9,9
                                 12
                                    14,7°
                                 + 11,7°
                                   3,0°
                                 
                              
                                 Phosphorsaures Natron, kryst.
                                         9,0
                                 14
                                    10,8°
                                 +   7,1°
                                   3,7°
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Ammoniak
                                       72,3
                                 75
                                    13,2°
                                 +   6,8°
                                   6,4°
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Natron, kryst.
                                       16,8
                                 20
                                    12,5°
                                 +   5,7°
                                   6,8°
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Magnesia, kryst.
                                       80
                                 85
                                    11,1°
                                 +   3,1°
                                   8,0°
                                 
                              
                                 Kohlensaures Natron, kryst.
                                       30
                                 40
                                    10,7°
                                 +   1,6°
                                   9,1°
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                       15,5
                                 16
                                    13,2°
                                 +   3,0°
                                 10,2°
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                       28,6
                                 30
                                    13,2°
                                 +   0,6°
                                 12,6°
                                 
                              
                                 Kohlensaures Ammoniak
                                       25
                                 30
                                    15,3°
                                 +   3,2°
                                 12,1°
                                 
                              
                                 Essigsaures Natron, kryst.
                                       80
                                 85
                                    10,7°
                                 –   4,7°
                                 15,4°
                                 
                              
                                 Chlorammonium
                                       28,2
                                 30
                                    13,3°
                                 –   5,1°
                                 18,4°
                                 
                              
                                 Salpetersaures Natron
                                       69
                                 75
                                    13,2°
                                 –   5,3°
                                 18,5°
                                 
                              
                                 Unterschwefligsaures Natron,
                                    											kryst.    
                                       98
                                 110 
                                    10,7°
                                 –   8,0°
                                 18,7°
                                 
                              
                                 Jodkalium
                                     120
                                 140 
                                    10,8°
                                 – 11,7°
                                 22,5°
                                 
                              
                                 Chlorcalcium, kryst.
                                     200
                                 250 
                                    10,8°
                                 – 12,4°
                                 23,2°
                                 
                              
                                 Salpetersaures Ammoniak
                                       55
                                 60
                                    13,6°
                                 – 13,6°
                                 27,2°
                                 
                              
                                 Schwefelcyanammonium
                                     105
                                 133 
                                    13,2°
                                 – 18,0°
                                 31,2°
                                 
                              
                                 Schwefelcyankalium
                                     130
                                 150 
                                    10,8°
                                 – 23,7°
                                 34,5°
                                 
                              
                           Die absoluten Mengen der angewendeten Substanzen betrugen 250 bis 500 Gramme Wasser
                              									mit der entsprechenden Salzmenge. Bei kleineren Mengen ist der Einfluß des Mischgefäßes ein merklicher, so
                              									daß bei allen Salzen die Temperaturerniedrigung mit der Menge der angewendeten
                              									Substanzen bis zu 200 Grm. Wasser hin größer wird; von da ab zeigt sie sich
                              									constant.
                           Durch besondere Versuche habe ich festgestellt, daß man bei Anwendung einer
                              									verhältnißmäßig größeren Salzmenge, als in obiger Tabelle angegeben, eine erheblich
                              									geringere Temperaturerniedrigung erhält. Auch beim Auflösen eines, nicht sehr fein
                              									pulverisirten Salzes erzielt man eine von der oben mitgetheilten abweichende
                              									Abkühlung. Da bei einigen Salzen die Löslichkeit mit der Temperatur sehr bedeutend
                              									steigt und die durch Auflösung zu bewirkende Temperaturerniedrigung bei demselben
                              									Salze von der Menge des sich lösenden Salzes abhängt, so wird man bei einer anderen
                              									als der oben angegebenen Anfangstemperatur auch eine andere Abkühlung beobachten. So
                              									sank die Temperatur beim Auflösen der entsprechenden Menge Salpeter in Wasser von
                              									23,0° auf 10,2°, also um 12,8°, während bei 13,2° die
                              									Temperaturerniedrigung nur 10,2° betrug. Es ist also bei derartigen Angaben
                              									die Anfangs- und Endtemperatur und nicht die Anzahl von Graden anzugeben, um
                              									welche die Temperatur sinkt.
                           Die durch Auflösen eines Salzes in Wasser zu erzielende Temperaturerniedrigung kann
                              									nie unter den Gefrierpunkt der betreffenden Salzlösung herabgehen, denselben aber
                              									unter Umständen erreichen. Es sank die Temperatur beim Mischen von Wasser mit der
                              									entsprechenden Menge
                           
                              
                                 Salpeter
                                 von
                                 0° auf
                                 –   2,7°
                                 
                              
                                 Soda, kryst.
                                 „
                                 0°   „
                                 –   2,0°
                                 
                              
                                 Salpetersaures Ammoniak
                                 „
                                 0°   „
                                 – 16,7°
                                 
                              
                           Die Gefrierpunkte der gesättigten Lösungen obiger Salze sind – 2,8°,
                              									– 2,0° und – 16,7°, wie ich in einer früheren
                              										ArbeitPoggendorff's Annalen, Bd. CXXII S. 341. gezeigt habe.
                           Unter den in obiger Tabelle enthaltenen Salzen ist vorzugsweise das Rhodankalium
                              									geeignet, die durch Auflösen eines festen Körpers bewirkte Abkühlung zu zeigen. Löst
                              									man etwa 500 Gramme Rhodankalium in 400 Kubikcentimeter Wasser und rührt die
                              									Flüssigkeit mit einem halb mit Wasser gefüllten Reagensglase um, so ist in 2 bis 3
                              									Minuten das Wasser zu einem Eiscylinder erstarrt. Auch zur künstlichen Eisbereitung
                              									möchte dieses Salz das geeignetste seyn.
                           Bei Angabe der in der ersten Columne obiger Tabelle enthaltenen
                              									Löslichkeitsverhältnisse bin ich den von Mulder
                              									angegebenen Zahlen gefolgt. Nur beim Rhodankalium und Rhodanammonium sah ich mich
                              										genöthigt, durch
                              									besondere Versuche die Löslichkeit festzustellen. Ich fand, daß sich in 100 Theilen
                              									Wasser bei 0° 177,2 Theile und bei 20° 217,0 Theile
                              									Schwefelcyankalium, bei 0° 122,1 Theile und bei 20° 162,2 Theile
                              									Schwefelcyanammonium lösen, woraus dann die in obiger Tabelle angegebenen Zahlen
                              									durch Interpolation hergeleitet wurden.