| Titel: | Neuer Arbeitsstahl für Drehbänke, Hobel- und andere Werkzeug-Maschinen. | 
| Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XLIV., S. 193 | 
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                        XLIV.
                        Neuer Arbeitsstahl für Drehbänke, Hobel-
                           								und andere Werkzeug-Maschinen.
                        Nach Armengaud's Génie industriel, August 1869, S.
                              									85.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Neuer Arbeitsstahl für Drehbänke, Hobelmaschinen und andere
                           								Werkzeugmaschinen.
                        
                     
                        
                           Im Bulletin de la Société des anciens
                                 										éléves des Ecoles impériales des arts et
                                 										métiers (Novemberheft 1868) veröffentlichte Georg Monbro eine interessante Abhandlung über einen neuen
                              									Arbeitsstahl für Werkzeugmaschinen, welchen derselbe vorwiegend in der englischen
                              									Abtheilung der letzten internationalen Ausstellung zu Paris zu beobachten
                              									Gelegenheit hatte. Diesem Aufsatze ist Nachstehendes entnommen.
                           Bei der Prüfung der schönen Werkzeugsammlung, welche die französische Marine
                              									ausgestellt hatte, bemerkte man, daß alle in der Form und Ausführung ganz
                              									vollkommenen Arbeitsstähle aus Stahlstangen nur durch Schmieden, oft mit Aufwand
                              									vieler Mühe hergestellt und mit Aufmerksamkeit gehärtet worden waren. Diese
                              									ursprünglich ganz vollkommenen und zweckmäßigen Werkzeuge ändern aber
                              									nothwendigerweise durch wiederholtes Schleifen ihre Form, so daß endlich ein
                              									Umschmieden nöthig und dadurch die Instandhaltung derselben kostspielig wird.
                           Die englischen Constructeure dagegen, welche mit allen möglichen Mitteln schwierige
                              									Handarbeit zu ersetzen suchen, halten an dem Grundsatz fest, daß jene Werkzeugsform
                              									die günstigste sey, welche nicht von der Willkür des Arbeiters abhängt. Aus diesem Grunde
                              									adoptirten sie den Spiralbohrer (twist drill), welcher
                              									ununterbrochen weitere Verbreitung findet, ferner den Arbeitsstahl welcher nun näher
                              									besprochen werden soll.
                           Vor Allem ist aus Fig. 4 und 5 zu entnehmen, daß der
                              									Stahl A vom Werkzeughalter B
                              									unabhängig ist; jener wird einfach aus einem Stahlstab gebildet, und unter einem
                              									bestimmten Winkel angeschliffen, endlich unter einer unveränderlichen Neigung im
                              									Halter festgestellt. Die Gestalt des Werkzeughalters ist eine derartige, daß jede
                              									Art von Arbeit verrichtet werden kann, wie bei Drehbänken, Feil-,
                              									Nuth-, Hobel- und anderen Maschinen. Die Dimensionen hängen natürlich
                              									von der Inanspruchnahme bei der zu verrichtenden Arbeit ab.
                           Der Werkstahl A wird aus einem guten Rundstahl
                              									hergestellt, welcher kalt in Stücke geschnitten, an einem Ende gehärtet und auf
                              									einem Schleifstein zugeschärft wird.
                           Die Werkzeughalter B werden aus Stahl geschmiedet und
                              									zuletzt in Gesenken regelmäßig geformt; an zwei Seitenflächen abgehobelt, können sie
                              									im Support einer Drehbank oder anderer Maschinen richtig und solid festgestellt
                              									werden.
                           Das Loch im Halter B, durch welches der Arbeitsstahl
                              									gesteckt wird, ist nach einer gewissen, durch die Erfahrung gefundenen Richtung
                              									gebohrt. Zur Erzielung einer guten Arbeit muß der Werkstahl eine gleiche Neigung
                              									behalten, da sich sonst die Späne nicht leicht abtrennen.
                           Der Schneidstahl wird in Werkzeughalter, je nach der Inanspruchnahme, mit Hülfe einer
                              									oder mehrerer Schrauben festgehalten, so bei bedeutendem Widerstand durch eine
                              									seitwärts angebrachte Schraube v und eine zweite v', mit dem Kopfe nach abwärts, welche in der
                              									Verlängerung des Stahles befindlich ist, um zugleich die Stellung desselben zu
                              									reguliren (Fig.
                                 										8). Die Querschrauben werden unter einem rechten Winkel gegen den
                              									Werkstahl gestellt, um die Arbeit in keinem Falle zu hindern.
                           Wie gesagt, wurde die unveränderliche Neigung des Arbeitsstahles in seinem Halter
                              									nach zahlreichen Versuchen auf ebenen, cylindrischen und conischen Arbeitsflächen
                              									erfahrungsgemäß bestimmt. Die geringste Abweichung hiervon gibt weniger gute und
                              									weniger ökonomische Resultate.
                           Diese Neigung beträgt 1/8, d.h. der Winkel circa 7
                              									Grade.
                           In Fig. 6 ist
                              									der Schneidstahl von der Seite unter einen Winkel von 45 Grad im Werkzeughalter
                              									befestigt; das Resultat entspricht einem Schnitt von vorn und von der Seite, was man
                              									gewöhnlich dadurch erreicht, daß man den Arbeitsstahl hakenförmig oder stichelförmig
                              									schmiedet.
                           Man kann mit dieser Anordnung des Werkzeuges leicht Wellenringe, Ansätze, Facetten,
                              									sowie parallele Flächen abdrehen, mit einem Worte alle auf der Drehbank
                              									vorkommenden Arbeiten mit einem Drehstahl verrichten, ohne die Stellung desselben
                              									verändern zu müssen, sobald er einmal im Support eingespannt ist.
                           Hierbei ist es wesentlich, daß die Schneidkante im Niveau der Drehbankspitzen sich
                              									befindet, um eine ebenso glatte Oberfläche wie auf einer Hobelmaschine zu erreichen.
                              									Man regelt die Höhe des Arbeitsstahles mit Hülfe einer Blechlehre (Fig. 14), und da der
                              									Stahl mittelst einer Schraube befestigt wird, so ist es nicht nöthig, ihn im Support
                              									festzukeilen.
                           Die Werkzeughalter werden paarweise als rechte und linke erzeugt (Fig. 9, 10 und 11). Fig. 9 zeigt einen im
                              									Meißelhalter einer Hobelmaschine befestigten Arbeitsstahl, welcher die horizontale
                              									Fläche einer Drehbankswange bearbeitet; Fig. 10 und 11 zeigen
                              									andere Anordnungen, um die verticale und die schiefe Fläche desselben Stückes zu
                              									behobeln.
                           Um das vervollkommnete Werkzeug weiter zu vervollständigen, wurde der Werkzeughalter
                              									mit drehbarem Kopf (Fig. 5) hergestellt, welcher die Stahllamelle A' aufnimmt, deren Schneide verschieden geformt ist, je nachdem man die
                              									Wirkung eines Spitz-, Schrot-, Hakenstahles zu erreichen sucht.
                           Man verwendet diese Arbeitsstähle um Ecken zu vollenden, scharfe Kanten zu bilden,
                              									Cannelirungen zu formen, überhaupt zu allen complicirten Arbeiten. Wie bei dem
                              									runden Arbeitsstahl, braucht man auch bei diesen nur einen Werkzeughalter und
                              									erspart damit die Herstellung und Instandhaltung einer Menge verschieden geformter
                              									Werkstähle; gleichzeitig eignet sich diese Form zur Benutzung bei der Drehbank.
                           Zur Erreichung der günstigsten Resultate mit diesem System der Werkzeugstähle müssen
                              									die Schneiden die gehörige Form bewahren, sowie sie selbst vom besten Stahl
                              									herzustellen sind. Es geschieht häufig, daß ein wenig geschickter Arbeiter, welcher
                              									sein Werkzeug selbst zuschleift, eine zu stumpfwinkelige Schneide herstellt, welche
                              									sodann das Metall mehr abreißt als abschneidet (Fig. 1). Mit einem runden
                              									Stahl ist dieß weniger zu befürchten, da das Nachschärfen höchst einfach und dadurch
                              									methodisch bewerkstelligt werden kann, indem man einen Schleifstein mit einem
                              									verstellbaren Support verwendet, mittelst dessen der Stahl unter dem gewünschten
                              									Schärfungswinkel festgehalten wird. Ueberdieß ist nur eine Fläche abzuschleifen und
                              									da sich der Querschnitt des Rundstahles nicht ändert, so kann er bis fast an's Ende
                              									verbraucht werden.
                           Das Anschleifen gewöhnlicher Werkstähle erfordert dagegen wegen der Einhaltung der
                              									zweckmäßigsten Form und der gewünschten Schärfenwinkel viel Aufmerksamkeit, überdieß
                              									beträchtlich mehr Zeit, da einige Flächen anzuschleifen sind.
                           In England erhält in gewissen Werkstätten jeder Arbeiter eine bestimmte Zahl runder
                              									Arbeitsstähle, welche in die Halter der von ihm beaufsichtigten Maschinen passen;
                              									ein eigens dazu bestimmter Arbeiter schleift dieselben nach jeder Schicht. In einer
                              									Viertelstunde werden 20 Werkzeuge geschliffen. Auf diese Art tritt bei der Maschine
                              									keine Unterbrechung der Arbeit ein, da der Arbeiter die Werkstähle weder
                              									umzuschmieden noch zu Härten hat; wenn ihm auch die Sorge für das Schärfen bliebe,
                              									würde der Arbeitsverlust unbedeutend seyn.
                           Eine nicht zu verkennende, große Materialersparniß ergibt sich bei der Verwendung von
                              									Arbeitsstählen, welche unabhängig von ihrem Halter sind. Die bedeutende Stahlmenge
                              									in den Meißeln für große Hebelmaschinen, Drehbänke u.s.w. repräsentirt ein Capital,
                              									welches unproductiv angelegt ist, während auch die Verluste aus der Abnutzung der
                              									Werkzeuge nicht unbedeutend sind. Nach dem neuen System bildet der Werkzeughalter
                              									einen Theil der Maschine, der keine Unterhaltungskosten erfordert; das Werkzeug
                              									selbst wird von einer Stange Rundstahl kalt abgehauen, braucht nicht geschmiedet zu
                              									werden und ist nicht den Formveränderungen ausgesetzt, wie ein häufig wiederholt
                              									gehärtetes Stahlstück.
                           Die Tiefe des Maximalschnittes, den ein Rundstahl macht, ist gleich der Hälfte seines
                              									Durchmessers. Für sehr tiefe Schnitte kann man auch einen Stahl mit ovalem
                              									Querschnitt verwenden und dabei bis 25 Millimeter Tiefe beim Horizontalhobeln
                              									schreiten. Damit in diesem Falle das Werkzeug in seinem Halter nicht zurückgedrückt
                              									wird, ist dessen Grund massiv hergestellt und hilft man bei einer Verkürzung des
                              									Stahles durch kleine Einlagsscheibchen nach.
                           Die mit einem Rundstahl erzeugte Arbeit ist unter gleichen Umständen erheblich besser
                              									als jene mit gewöhnlichen Meißeln oder Sticheln; die Oberflächen werden nämlich viel
                              									gleichförmiger, selbst wenn man stärkere Späne nimmt.
                           Vergleicht man die Figuren 12 und 13, so wird dieses
                              									einleuchten; in beiden Fällen ist das Vorrücken des Stahles gleich.
                           Je größer das Vorrücken, desto größer ist die Arbeit; beide stehen im directen
                              									Verhältniß. Der zu schnell vorrückende Arbeitsstahl gewöhnlicher Art hinterläßt aber
                              									rauhe Linien auf der Oberfläche, wie man aus Fig. 13 entnehmen kann.
                              									Bei Anwendung des Rundstahles (Fig. 12) ist der Span in
                              									der Höhe am dicksten, während er nach abwärts immer dünner wird und so zu sagen die
                              									Stahlschneide tangirt. Die durch einen Schnitt erzeugte Rauhigkeit nimmt der nächste
                              									Schnitt sicher weg.
                           
                           Erfahrungsgemäß wurde auch die zur Arbeit mit einem Rundstahl nöthige Kraft annähernd
                              									bestimmt und dabei constatirt, daß sie um etwa 25 Procent kleiner ist als jene bei
                              									Anwendung eines gewöhnlichen Meißels. Zum Versuche nahm man einen passend
                              									geschmiedeten Arbeitsstahl bei 5 Millimeter Schnitttiefe und 1 Millimeter Vorrücken.
                              									Die direct an dem Treibriemen ziehende Kraft betrug 34 Kilogramme; bei Einschaltung
                              									des Rundstahles waren nur 25 Kilogr. erforderlich.
                           Noch wäre die Thatsache hervorzuheben, daß alle neuen Arbeitsstähle, ob groß oder
                              									klein, die gleiche Form besitzen und daß der Schärfungswinkel für Arbeiten in
                              									Gußeisen und Bronze stets derselbe bleibt; ein anderer, kleinerer aber auch
                              									unveränderlicher Winkel gilt für Schmiedeeisen- und Stahlarbeiten.
                           Die Anwendung des verbesserten Werkstahles gestattet, wie man uns versicherte, das
                              									Ersparniß eines Schmiedes und eines Zuschlägers, sowie die Verwendung nur eines
                              									Schleifsteines anstatt zweier Steine; anstatt vier Arbeitern braucht man also zur
                              									Instandhaltung der Werkzeuge nur einen.
                           Die Rundstähle werden von 8 bis 44 Millimeter Stärke verfertigt; erst von 22
                              									Millimeter Durchmesser an werden sie mit mehreren Druckschrauben im Halter
                              									befestigt.
                           Die Figuren
                                 										1–16 anbelangend, stellt
                           Fig. 1 einen
                              									gewöhnlichen Drehstahl dar;
                           Fig. 2 und
                              										3 zeigen
                              									die erste Construction der Werkzeughalter B für die
                              									runden Arbeitsstähle A; der eine für Arbeiten an ebenen,
                              									der andere für solche an cylindrischen Flächen;
                           Fig. 4 zeigt
                              									die vervollkommnete Construction des Werkzeughalters B;
                           Fig. 5
                              									repräsentirt in drei verschiedenen Ansichten den Werkzeughalter mit drehbarem
                              									Kopf;
                           Fig. 6 und
                              										7 zeigen
                              									den Gebrauch eines parallel und quer arbeitenden Stahles;
                           Fig. 8
                              									veranschaulicht den verbesserten Werkzeughalter mit der unteren Stellschraube v';
                           Fig. 9, 10 und 11 zeigen
                              									vervollkommnete Werkzeuge zur Bearbeitung ebener, verticaler und schiefer
                              									Flächen;
                           Fig. 12 und
                              										13 sind
                              									zwei Skizzen zur Erklärung der Wirkung eines runden und eines gewöhnlichen
                              									Arbeitsstahles.
                           Zur Bestimmung der richtigen Höhe des Arbeitsstahles bei der Drehbank dient die
                              									Blechlehre C (Fig. 14); die
                              									Verlängerung der Kante x fällt in die Achse der
                              									Spindel.
                           
                           Fig. 15 zeigt
                              									eine Lehre für die Schärfenwinkel, und zwar den Winkel von 60 Grad für Gußeisen,
                              									jenen von 50 Grad für Schmiedeeisen.
                           Endlich gestattet Fig. 16 die Vergleichung des neuen Arbeitsstahles mit einem gewöhnlichen
                              									Stahl.
                           
                              J. Z.
                              
                           
                        
                     
                  
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