| Titel: | Noble's Apparat zum Messen der Geschoßgeschwindigkeit im Rohre. | 
| Autor: | Darapsky | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XVI., S. 52 | 
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                        XVI.
                        Noble's Apparat zum Messen der Geschoßgeschwindigkeit im
                           Rohre.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Noble's Apparat zum Messen der Geschoßgeschwindigkeit im
                           Rohre.
                        
                     
                        
                           Der sinnreichen Erfindung Major Rodman's von der
                              nordamerikanischen Artillerie, wodurch vermittelst der in diesem Journal Bd. CXCIII S. 285 beschriebenen Vorrichtung
                              die beim Schießen im Geschützrohre stattfindenden Pulvergas-Spannungen wenn
                              auch nicht genau gemessen, doch wenigstens annähernd geschätzt werden können, ist in
                              neuester Zeit von W. A. Noble, Capitän der königl.
                              englischen Artillerie, eine Vorrichtung zur Seite gestellt worden, welche mit Hülfe
                              des Funkeninductors, sowie schnell
                                 rotirender Metallscheiben, die Bewegung des
                                 Geschosses innerhalb des Rohres genau messen und somit auch die beim
                              Schießen in demselben stattfindende Gasspannung durch
                              Rechnung feststellen läßt. Noble's Erfindung ist, wie die Times in ihrem kürzlich unter der Ueberschrift
                              „die Seele der Artillerie“ gebrachten Artikel ganz richtig
                              hervorheben, als artilleristischwissenschaftlicher Fortschritt gerade jetzt von sehr
                              großer Bedeutung, wo man wegen der brennenden
                              Panzercasematten-Zerstörungsfrage auf das Eifrigste beschäftigt ist, das
                              Gefährliche welches bei großen Ladungen für schweres Geschütz in der Anwendung von
                              verhältnißmäßig feinkörnigen Geschützpulversorten
                              liegt, ohne jede Beeinträchtigung der ballistischen Eigenschaften des Pulvers in
                              rationeller Weise dadurch auf ein zulässiges Minimum zu bringen, daß man diese
                              großen Geschützladungen entweder in großen runden Körnern von etwa 1 Zoll
                              Durchmesser als sogen. Mammuth-Pulver, oder in
                              dünnen runden Scheiben als sogen. Pallet-Pulver,
                              oder in Prismen von 1 Zoll Höhe und Durchmesser als sogen. prismatisches Pulver etc. zur Verwendung bringt; zur Förderung dieser
                              Bestrebungen ist es nämlich von der größten Wichtigkeit, Parallelversuchs-Resultate – wie sie dem Engineering vom 19. November 1869 zufolge kürzlich beim
                              Schießen mit raschem (fast burning) und mit langsamem
                              (slow burning) Pulver bezüglich der
                              Geschoßgeschwindigkeiten und Pulvergaspressungen im Rohre erhalten worden sind
                              – in der durch die Diagramme Fig. 19 und 20
                              versinnlichten Weise nebeneinander stellen zu können.
                           Capitän Noble löst das Problem der Messung der Projectil-Geschwindigkeiten im Rohre während des
                                 Schusses in eben so einfacher als wissenschaftlich durchdachter Weise
                              dadurch, daß er von den secundären Strömen der angewandten Inductionsspiralen auf
                              mit großer und bekannter Geschwindigkeit rotirenden Scheiben die nach Millionentheilen einer Zeitsecunde festzustellenden
                              Zeitintervalle registriren läßt, welche zwischen den jedesmaligen durch die
                              Geschoßbewegung im Geschützrohre hervorgebrachten Unterbrechungen der betreffenden
                              Primären Ströme liegen, woraus sich dann die aus Raum und Zeit zusammengesetzten
                              Geschwindigkeiten des im Rohre fortbewegten Projectiles sowie die dieser
                              Geschoßbewegung zu Grunde liegenden Pulvergas-Pressungen nach mechanischen
                              Gesetzen berechnen lassen.
                           Für z.B. sechs Rohrstellen, an denen die
                              Geschoßgeschwindigkeit während des Schusses gemessen werden soll, besteht der
                              Apparat (nach Engineering vom 19. November):
                           1) aus sechs Inductionsspiralen und
                           2) aus sechs in die Geschützrohrwand B einzuschraubenden
                              Cylindern
                              C, von der durch die
                              Rohr-Längendurchschnitts-Zeichnung Fig. 17 und die
                              betreffende Querdurchschnitts-Zeichnung Fig. 18 versinnlichten
                              Einrichtung. Diese Cylinder sind da, wo sie in das Rohrinnere eintreten, mit einer Drehklappe D versehen und in ihrem Inneren so ausgehöhlt, daß die
                              gut isolirten primären Leitungsdrähte d der zugehörigen
                              Inductionsspirale durch eine Oeffnung a des nach dem
                              Stoßboden des Rohres hin liegenden Theiles der Scharnierklappe D gezogen und so zum Niederziehen dieses, also zum
                              Erheben des anderen nach der Mündung des Rohres hin liegenden Klappentheiles über
                              die Rohrseelenwand-Fläche hinaus (wie dieß aus dem rechten Theil der Fig. 17
                              ersichtlich ist) benutzt werden können. Endlich hat der Apparat noch
                           3) sechs auf einer gemeinschaftlichen und isolirten Achse befestigte dünne Metallscheiben (von je 36 Zoll Umfang), welche durch ein
                              fallendes schweres Gewicht oder auch durch die entsprechende Bewegung eines
                              Handrades, sowie vermittelst des Huyghens'schen, die
                              primitiv ertheilte Rotationsgeschwindigkeit um das 625 fache vermehrenden
                              Räderwerkes zu einer linearen Umfangsgeschwindigkeit von 1000 Zoll
                              pro
                              Zeitsecunde gebracht werden können, und weiter mit je
                              einem Ende der secundären Drähte der sechs Inductionsspiralen des Gesammtapparates
                              in Verbindung stehen, während das andere Ende des secundären Drahtes, sorgfältig
                              isolirt, zu einem Entlader geführt ist, welcher sich der mit Lampenruß geschwärzten
                              Fläche eines Papierreifes gegenüber befindet, womit die Scheibe an ihrer Stirnfläche
                              belegt ist.
                           Das Zusammenwirken dieser Theile zum Messen der Geschoßgeschwindigkeiten im Rohre
                              erfolgt einfach in der Weise daß, sobald man eine der im Rohrinneren vorstehenden
                              Klappen D durch das im Versuchs-Geschützrohre
                              vorschreitende Geschoß A niederdrücken läßt, dadurch der
                              den Oesentheil a dieser Klappe niederhaltende Draht d des primären Stromes durchschnitten und somit
                              augenblicklich ein Strom im secundären Draht inducirt wird, wodurch an der
                              betreffenden Scheibenstirn ein elektrischer Funke überspringt, welcher das dort
                              befindliche Lampenschwarz der Papierbelegung wegbrennt und so in deren schwarzer
                              Fläche einen weißen Punkt erzeugt.
                           Bei gleichzeitigem Niederdrücken aller dieser Klappen würden hiernach alle diese weißen Punkte in einer geraden Linie parallel zur
                              isolirten Achse der metallenen Rotationsscheiben liegen müssen, während die
                              Zeitintervalle, welche zwischen dem successiven Niedergedrücktwerden dieser Klappen
                              durch das beim Schusse im Rohre vorschreitende Projectil liegen, sich durch die
                              Peripherielängen-Differenzen nachweisen lassen, welche zwischen den
                              Funkeneinschlägen der einzelnen Scheiben bestehen, indem man ja weiß, daß jeder
                              Peripheriepunkt dieser Scheiben mit einer linearen Geschwindigkeit von 1000 Zoll pro Zeitsecunde rotirt, was für einen Zoll Peripheriedifferenz den tausendsten Theil einer Zeitsecunde
                               ergibt, und für mit dem
                              Vernier oder Nonius gemessene Tausendtheile von Zollen der Scheibenperipherielänge
                              selbst noch Zeitintervallen-Beträge von Millionentheilen einer Zeitsecunde
                              feststellen läßt.
                           Als Hauptbedingung für die Richtigkeit der Beobachtung stellt sich hierbei natürlich
                              die genaue Regulirung der Scheibenumlaufs-Geschwindigkeiten heraus, welche
                              daher auch vor, während und nach jedem Beobachtungsversuche geprüft werden soll;
                              dieß geschieht vermittelst einer Glocke, von der die Zeit, in welcher eines der mit
                              ihr verbundenen langsamer gehenden Räder des Apparates 5 Umdrehungen macht (die
                              Scheiben 625), bis auf 1/10 Secunde genau angemeldet wird. – Absichtlich in
                              dieser Rotationsbewegung hervorgebrachte Verlangsamungen oder Beschleunigungen
                              (welche sich dem geübten Ohr sofort durch die geänderten Tonvibrationen der
                              rotirenden Scheiben verrathen), haben bezüglich der Größe der möglichen
                              Beobachtungsfehler ergeben, daß bei vollen 625 Scheibenumdrehungen höchstens ein
                              Irrthum von 1/10 Zeitsecunde stattfinden kann; zur Vollendung dieser 625
                              Scheibenumdrehungen sind aber etwa 23 Secunden erforderlich, während die ganze
                              Beobachtungszeit für die Bewegung des Geschosses im Rohre in der Regel weniger als
                              ein Drittel von einer Umdrehung der Scheiben beträgt, daher für diese
                              Beobachtungszeit die Geschwindigkeit der Scheibenrotationen in praktischer Hinsicht
                              als vollkommen constant betrachtet werden kann.
                           Stade, im November
                              1869.
                           Darapsky.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
