| Titel: | Ueber die Desinfection des zur Beschickung der Reinigungsapparate in den Gasanstalten benutzten Eisenoxydes; von Payen. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XXIII., S. 85 | 
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                        XXIII.
                        Ueber die Desinfection des zur Beschickung der
                           Reinigungsapparate in den Gasanstalten benutzten Eisenoxydes; von Payen.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Octobrr 1869, S. 602.
                        Payen, ü. Regenerirung der Laming'schen Reinigungsmasse in den
                           Gasanstalten.
                        
                     
                        
                           Man hat schon längst gewünscht ein Verfahren zu besitzen, um das in den
                              Reinigungsfiltern der Gasanstalten benutzte Eisenoxydhydrat regeneriren zu können,
                              ohne den großen Uebelständen ausgesetzt zu seyn, welche die Entwicklung der
                              schädlichen Dämpfe veranlaßt, womit der Rückstand imprägnirt ist, wenn die Filter
                              nicht mehr functioniren. Diese Dämpfe, welche aus den die Masse imprägnirenden
                              Verbindungen: Ammoniumsulfhydrat, Schwefelwasserstoff und sehr verschiedenen, mehr
                              oder weniger flüchtigen Kohlenwasserstoffen bestehen, entwickeln sich, wenn die
                              Kästen geöffnet und die Rückstände zum Behufe ihrer Wiederoxydirung auf dem Boden
                              ausgebreitet werden. Wollte man, wenn das Oxyd nicht mehr wirkt, Luft in die Kästen
                              leiten, so würde eine Flächen-Verminderung derselben durch Vergrößerung der
                              Dicke der Oxydschicht nicht ausführbar seyn, weil, wenn diese Schicht 40 Centimeter
                              stark ist, die durch die Wiederoxydation erzeugte Hitze schon so bedeutend ist, daß
                              die das Oxyd enthaltenden eisernen Kästen zum Rothglühen kommen; ebensowenig läßt
                              sich die Dicke der Oxydschicht durch Vergrößerung ihrer Oberfläche wesentlich
                              vermindern, weil hierbei das ausgedehntere Material eine bedeutende Vermehrung der
                              Handarbeit veranlassen würde. In Frankreich war es bisher nicht gelungen, das
                              übliche Verfahren durch ein anderes zu ersetzen, welches wirksamer und für die
                              Nachbarschaft in einem hinreichenden Umkreise (welcher sich je nach der Richtung der
                              Winde auf mehr als 1500 Meter Halbmesser erstrecken muß) weniger schädlich wäre.
                           In England entledigt man sich der in Rede stehenden mephitischen Dünste mittelst
                              eines Verfahrens, welches alle Beachtung verdient und vom Ingenieur Freycinet in einem kürzlich erschienenen Supplement zu
                              seinem bekannten „Bericht über die Verbesserung des Sanitätszustandes der Fabriken und
                                 Gemeinden in Frankreich und in England“ mitgetheilt wurde. Bevor die
                              Oxydmasse aus den Reinigungsapparaten zur Wiederoxydirung an die freie Luft gebracht
                              wird, leitet man während einer genügend langen Zeit schon gereinigtes Gas durch die
                              Apparate; dieses Gas beladet sich auf seinem Wege durch die Masse mit deren Dämpfen
                              und führt sie mit sich fort.
                           Auf diese Weise wird die Masse mit verhältnißmäßig reinem Gas wahrhaft ausgewaschen
                              und es werden alle flüchtigen Verbindungen mit Zurücklassung geruchloser Substanzen
                              in den Kästen entfernt. Diese Rückstände können nun zur Wiederbelebung der
                              Einwirkung der freien Luft ausgesetzt werden, ohne daß dadurch für die benachbarten
                              Wohnungen ein Uebelstand oder Nachtheil verursacht wird, weil denselben kein
                              flüchtiger übelriechender Körper mehr beigemischt ist. Das zu diesem Auswaschen
                              benutzte Gas wird in einem der Gasometer der Anstalt aufgesammelt und mit der
                              Gesammtmasse des Leuchtgases vereinigt, von der es nur einen kleinen Antheil
                              ausmacht und mit welcher zusammen es von den in ihm enthaltenen ammoniakalischen und
                              Schwefelverbindungen in den zu diesem Zwecke bestimmten Reinigungsapparaten der
                              Anstalt befreit wird.
                           Zur Ergänzung des Vorstehenden theilen wir aus Freycinet's
                              Supplementbericht folgende Stelle über diesen wichtigen Gegenstand mit:
                           
                              „Leuchtgas. – Wir haben
                                 uns überzeugt, daß das Verfahren zum Desinficiren der Reinigungsapparate der City Gas Works Company in London fortwährend
                                 ausgezeichnete Resultate gibt. Die früher gegebene Beschreibung desselben haben
                                 wir aber in einem Punkte zu modificiren: der Strom von reinem Gase, welcher in
                                 die Reinigungsapparate geleitet wird, durchzieht letztere in einer der
                                 gewöhnlichen entgegengesetzten, d.h. in der Richtung von oben nach unten, und
                                 zwar nur anderthalb bis zwei Stunden lang; nach Verlauf dieser Zeit sind die
                                 Kästen vollständig desinficirt und können geöffnet werden, ohne daß sich
                                 außerhalb Ausdünstungen bemerkbar machen.“
                              
                           Der Nutzen dieser Abänderung des Verfahrens ist einleuchtend; das zum Desinficiren
                              des unbrauchbar gewordenen Oxydes dienende Gas kommt nun zunächst mit den von
                              schädlichen Dämpfen am wenigsten gesättigten Schichten der Oxydmasse in Berührung,
                              daher es sich mit denselben möglichst vollständig beladet, bevor es aus dem
                              Reinigungsapparate entweicht; die Desinfection erfolgt demnach sicherer und ist
                              weniger kostspielig. Rechnet man die Dauer des Reinigungsprocesses zu dem oben
                              angegebenen Maximum, nämlich zu zwei Stunden, so ergibt sich, daß das Volum dieses
                              von Neuem zu reinigenden Gases nur dem vierundzwanzigsten Theile der Gesammtmenge des
                              täglich zu reinigenden Gases gleichkommen würde (weil das Gas für diese Reinigung
                              die in demselben Reinigungsapparate enthaltene Oxydmasse achtundvierzig Stunden lang
                              zu durchströmen hat); dieß würde eine im Verhältnisse zu einer so bedeutenden
                              Verbesserung nur sehr geringfügige Ausgabe verursachen, welche durch den Werth der
                              den Rückständen durch das Reinigungsgas entzogenen und in den Kühlvorrichtungen
                              gesammelten Ammoniakverbindungen und flüchtigen Oele noch etwas vermindert wird.
                           Die Einführung dieses einfachen und sinnreichen Verfahrens ist für alle Gasanstalten,
                              welche sich (wie diejenige zu Paris) in der Nähe menschlicher Wohnungen befinden,
                              sehr zu empfehlen.