| Titel: | Ueber die Methode von Maistrasse-Dupré zum galvanischen Verzinnen und einige Anwendungen dieses Verfahrens; Bericht von H. Bouilhet. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XLI., S. 139 | 
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                        XLI.
                        Ueber die Methode von Maistrasse-Dupré zum galvanischen
                           Verzinnen und einige Anwendungen dieses Verfahrens; Bericht von H. Bouilhet.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, October 1869, S. 590.
                        Bouilhet, über Maistrasse's galvanische Verzinnungsmethode und
                           einige Anwendungen dieses Verfahrens.
                        
                     
                        
                           Herr Maistrasse-Dupré in Paris (7, rue des Trois-Couronnes) hat unserem Vereine verschiedene auf
                              galvanischem Wege verzinnte Gegenstände vorgelegt und dabei auf den Nutzen
                              aufmerksam gemacht, welchen die Industrie aus dem elektro-chemischen Verzinnen und Verzinken ziehen kann.
                           Die ersten Versuche zum galvanischen Verzinnen datiren vom Jahre 1841.
                           Die in den Patenten von de Ruolz beschriebene Lösung
                              bestand aus 5 Th. Zinnchlorür, welches in der Wärme in 100 Th. Aetznatronlauge von
                              10° Baumé aufgelöst war. Dieses Bad functionirte gut mit der Batterie,
                              und auf Kupfer und Eisen erhielt man dicke und anhaftende Zinnniederschläge; da aber
                              die Aufmerksamkeit damals hauptsächlich auf die galvanischen Niederschläge von
                              Edelmetallen gerichtet war, so trat die Verwendung der galvanischen Verzinnung bald
                              in den Hintergrund.
                           Roseleur und Boucher nahmen
                              die Frage i. J. 1851 wieder auf und gaben mehrere Lösungen an, welche zu gleich
                              guten Resultaten führten. Sie wendeten eine Lösung von Zinnchlorür in
                              zweifach-weinsaurem Kali (cremor tartari) oder
                              pyrophosphorsaurem Natron in warmem Zustande an, und die zu verzinnenden Gegenstände
                              wurden in der Lösung im Contacte mit Stückchen von metallischem Zink geschüttelt.
                              Dadurch erfolgte eine Substitution des Zinkes durch das Zinn und das letztere Metall
                              wurde auf das in dieses Bad getauchte Guß- oder Schmiedeeisen
                              niedergeschlagen. Streng genommen ist diese Verzinnung keine galvanische, weil die
                              Wirkung keine continuirliche ist; dieses Verfahren ging aber in die Praxis über,
                              denn es wurden durch dasselbe mehrere interessante Industriezweige hervorgerufen:
                              die Fabrication des Silbergußeisens (fonte argentine)
                              von E. Boucher, das Verzinnen der eisernen Stecknadeln
                              von Bohin (in l'Aigle) und der Spangen und Plaidnadeln
                              von Gingembre, endlich der Metallschreibfedern von Blangy in Boulogne.
                           Im Jahre 1852 empfahl Steele im Mechanics' Magazine eine empirische Vorschrift zu einem alkalischen
                              Verzinnungsbade, welchem er ein wenig Cyankalium zusetzte.
                           Im Jahre 1862 gab G. Tosco Peppe eine ähnliche Lösung zum
                              Verzinnen von Bleiblech an, und im Jahre 1867 legte Feuquières unserem Vereine stark verzinntes Blei vor, welches zu
                              Folie ausgewalzt war, gab aber die Zusammensetzung des von ihm angewendeten Bades
                              nicht an.
                           Dieselben alkalischen Lösungen hat Maistrasse bei den in
                              Lorient und Toulon auf Veranlassung des Marineministers in großem Maaßstab
                              abgeführten Versuchen zum Verzinken des Schmiedeeisens (als Vorbereitung zu diesem
                              Zweck) und später ein Jahr lang in der Fabrik zu Sougland (Aisne-Deptmt.) zum
                              Verzinnen von Potteriegüssen angewendet,
                           Das von ihm benutzte galvanische Verzinnungsbad bestand anfänglich aus:
                           1000 Liter einer 3° Baumé starken Lösung von
                              Aetznatron,
                             100 Grm. Zinnchlorür und
                             300 Grm. Cyankalium.
                           Die Anoden, welche sich bei dem Processe auflösten, bestanden aus reinem Zinn.
                           Die gußeisernen Gegenstände wurden zunächst mit Säuren abgebeizt und dann in das Bad
                              eingehängt; sie blieben in demselben ungefähr 24 Stunden lang mit einer Batterie von
                              großer Oberfläche in Contact und wurden dann in der gewöhnlichen Weise mit der
                              Kratzbürste bearbeitet.
                           Auf 100 Kilogr. Gußeisen wurden etwa 1000 Grm. gelöstes Zinn verbraucht. Mit einem
                              Bade von 1000 Litern konnten binnen 24 Stunden 100 Kilogr. Gußeisen verzinnt werden.
                              Die Hauptkosten wurden durch die Batterie und ihre Unterhaltung veranlaßt. Maistrasse construirte deßhalb eine Batterie von großer
                              Oberfläche, die aus einer Zink- und einer Kupferplatte von 1,20 Met. Länge
                              und 0,70 Met. Breite bestand, welche horizontal in flachen Gefäßen aus Bleiblech von
                              15 Centim. Höhe angeordnet und durch einen Holzrahmen von einander isolirt wurden.
                              Auf dem Kupferblech lag ein Gemenge von gleichen Theilen Bleizucker und Kochsalz,
                              welches in verdünnte Schwefelsäure von 8° Baumé tauchte.
                           Ein solches Element functionirt acht Tage lang regelmäßig fort; man braucht hierzu
                              bloß täglich 2 Liter verdünnte Schwefelsäure von der angegebenen Stärke zuzusetzen.
                              Die Unterhaltung eines solchen Elementes während der angegebenen Zeit kostet 2 Frcs.
                              H. Godard-Desmarest
                              Sohn, Director der
                              Fabrik zu Sougland,Die Schließung dieser Fabrik wurde durch Umstände veranlaßt, welche mit den
                                    Leistungen von Maistrasse nicht in Beziehung
                                    stehen. versicherte mir, von diesem Resultate sehr befriedigt gewesen zu seyn. Seit
                              der Einführung dieser Apparate in jener Fabrik wurde bei dem galvanischen Verzinnen
                              eine Ersparung von 15 Procent, gegenüber dem Verzinnen nach der gewöhnlichen Methode
                              mit geschmolzenem Zinn, erzielt. Mit Hülfe dieses Verfahrens ließen sich Gußwaaren
                              jeder Form verzinnen, was beim Verzinnen auf heißem Wege nicht möglich ist, weil die
                              Potterien um ihre Achsen gedreht werden müssen, um den Zinnüberzug gleichmäßig auf
                              den Stücken zu vertheilen und ihnen das für den Verkauf erforderliche Ansehen zu
                              geben.
                           Außer in dieser Rücksicht verdient diese galvanische Verzinnung die Beachtung der
                              Techniker noch aus zwei anderen wichtigen Gründen.
                           Der erste derselben liegt darin, daß man dem Zinnüberzuge jede beliebige Stärke geben
                              kann, was mit dem von E. Boucher in die Praxis
                              eingeführten Verfahren von Roseleur nicht der Fall
                              ist.
                           Der zweite Grund für die Bedeutsamkeit von Maistrasse's Verfahren liegt darin, daß bei Anwendung desselben nur
                              ganz reines Zinn auf dem zu verzinnenden Gegenstande
                              abgelagert wird, wodurch die Bürgschaft für die bei verzinnten Gefäßen geforderte
                              Gefahrlosigkeit in gesundheitlicher Beziehung erhöht wird. Denn zum Verzinnen der zu
                              häuslichen Zwecken bestimmten Gefäße werden leider nur allzu häufig
                              Zinnbleilegirungen benutzt, ohne daß man die Gegenwart von Blei am bloßen äußeren
                              Ansehen zu erkennen vermag.
                           Ich muß übrigens bemerken, daß auch Kupfer und Messing sich mittelst dieses
                              Verfahrens eben so gut verzinnen lassen wie Gußeisen; da es jedoch Maistrasse an Gelegenheit fehlte, dahin einschlagende
                              Versuche in technischem Maaßstabe abzuführen, so kann ich über die ökonomische Seite
                              dieses Fabricationszweiges nicht urtheilen.
                           Maistrasse verwendete seine Verzinnungsmethode auch zur
                              Erleichterung des elektro-chemischen Verzinkens von
                                 Guß- und Schmiedeeisen. In Folge der von ihm gemachten Beobachtung,
                              daß Zink an Zinn fester haftet
                              als an Eisen, benutzte er dieses Verfahren als Vorbereitung zum Verzinken; wegen der
                              Nothwendigkeit zweier galvanischer Proceduren dürfte jedoch dieses Verfahren mit dem
                              eigentlichen galvanischen Verzinken oder mit dem Verzinken auf heißem Wege
                              keineswegs concurriren können.
                           Ich gehe nun zu den Anwendungen über, welche mir Maistrasse
                              bezüglich seiner
                              Processe mitgetheilt und die er der Société
                                 d'Encouragement selbst bisher noch nicht vorgelegt hat.
                           Maistrasse kam auf den Gedanken, verschiedene mittelst
                              des galvanischen Elementes verzinnte Metalle und Producte einer höheren Temperatur auszusetzen.
                           Indem er die nach seiner Methode auf galvanischem Wege verzinnten Gegenstände so
                              stark erhitzte, daß das die Oberfläche des anderen Metalles bedeckende Zinn zum
                              Schmelzen kam, ertheilte er diesen Artikeln das äußere Ansehen und die Solidität der
                              auf heißem Wege verzinnten. So gelang es ihm z.B., feinmaschiges Drahtgewebe,
                              welches sich auf heißem Wege unmöglich verzinnen läßt, ohne daß sich die Maschen
                              versetzen, auf diese Weise mit einer sehr sauberen und sehr regelmäßigen Verzinnung
                              der einzelnen Maschen zu versehen.
                           Dadurch, daß er die Temperatur bis zum Schmelzpunkte der vom Zinne und dem unter ihm
                              liegenden Metalle möglicherweise gebildeten Legirung steigerte, erzeugte er eine
                              wirkliche oberflächliche Legirung, welche ganz das äußere Ansehen der gewöhnlichen,
                              durch das Zusammenschmelzen der betreffenden Metalle im Schmelztiegel dargestellten
                              Legirungen besitzt. So z.B. erhielt er bei der Anwendung von Kupfer und Zinn eine
                              wahre Bronze, und durch Abänderung der Stärke der abzulagernden Zinndecke oder der
                              Temperatur, bis zu welcher die verzinnten Stücke erhitzt wurden, erzeugte er
                              verschiedenfarbige Bronzen. Durch Verzinken von Kupfer und nachfolgendes Erhitzen
                              bis zu dem erforderlichen Grade erhielt er eine oberflächliche Messingschicht. Diese
                              Processe haben das Stadium des Versuches zwar noch nicht überschritten; es ist aber
                              nicht zu bezweifeln, daß dieses Verfahren in der Fabrication von entweder durch
                              Stanzen und Prägen, oder auf galvanischem Wege aus Kupfer angefertigten Ornamenten
                              eine vortheilhafte Anwendung gestattet, indem man dieselben auf diese Art mit den
                              bei Bronzegegenständen üblichen Patinen versehen kann.
                           In derselben Weise verfährt Maistrasse mit verzinntem Zink und er hat auf diesem Wege ein Product
                              dargestellt, welches er (dem Weißbleche gegenüber) Weißzink (zinc blanc) nennt;
                              dieses auf galvanischem Wege verzinnte und darnach bis zum Schmelzen und Anschweißen
                              des Zinnes erhitzte Zink ist dehnbarer als das gewöhnliche Zink; es läßt sich bei
                              gewöhnlicher Temperatur mit größerer Leichtigkeit als reines Zink auswalzen und
                              prägen, und hält die Operation des Löthens recht gut aus.
                           Da der Preis des verarbeiteten Zinkes durch dieses Verfahren nicht bedeutend erhöht,
                              diesem Metalle aber durch dasselbe neue Eigenschaften verliehen werden, so ist nicht
                              zu bezweifeln, daß dasselbe vielfache Anwendung finden könnte, insbesondere zu
                              Geräthschaften und Gefäßen für den Haushalt, die Parfümerie und die Pharmacie.