| Titel: | Ueber die chemische Constitution des Erlenfarbstoffes; von F. Dreykorn und E. Reichardt in Jena. | 
| Autor: | F. Dreykorn , Eduard Reichardt [GND] | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XLVI., S. 158 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XLVI.
                        Ueber die chemische Constitution des
                           Erlenfarbstoffes; von F.
                              Dreykorn und E.
                              Reichardt in Jena.
                        Dreykorn und Reichardt, über den Erlenfarbstoff.
                        
                     
                        
                           Das Holz von Alnus glutinosa zeigt auf der frischen
                              Schnittfläche eine rasch auftretende, auffällige Veränderung der Farbe, die aus
                              einem hellen Gelb in ein schönes Rothbraun übergeht. Diese Wahrnehmung sowohl, als
                              auch die technische Verwerthung, welche der Erlenfarbstoff früher in der Färberei
                              als Surrogat für andere Gerbstoffe fand, gaben Veranlassung, eine Untersuchung
                              desselben vorzunehmen.
                           Zur Darstellung des Farbstoffes wurde frisches Sägemehl benutzt. Ein Vorversuch, den
                              Farbstoff aus schon älteren, trockenen Hobelspänen zu bereiten, zeigte zwischen dem
                              so gewonnenen und dem aus Sägemehl erhaltenen Producte, sowohl einen Unterschied in
                              der procentischen Zusammensetzung, als auch in der Löslichkeit, Farbe u.s.w.
                           Das Sägemehl wurde in einem Extractionscylinder mit kochendem Wasser erschöpft, hierauf die
                              filtrirte, dunkelrothbraune Flüssigkeit mit essigsaurem Bleioxyd gefällt und der
                              Niederschlag von der überstehenden Flüssigkeit getrennt. Der gut ausgewaschene
                              Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt.
                           Die Hauptmasse des Farbstoffes war mit dem Schwefelblei niedergerissen. Die
                              Untersuchung der von dem Schwefelblei abfiltrirten Flüssigkeit ergab, daß in
                              derselben nur wenig Farbstoff gelöst war, daß sie aber außerdem eine nicht
                              unbedeutende Menge Phosphorsäure enthielt.
                           Der Schwefelblei-Niederschlag wurde mit kaltem Wasser ausgewaschen und dann
                              der Farbstoff durch kochenden 90 procentigen Alkohol ausgezogen; die Hauptmasse des
                              Alkohols wurde abdestillirt und die zurückbleibende dicke Lösung im Wasserbade
                              vollständig ausgetrocknet. Es hinterbleibt eine braune harzartige Masse, welche nach
                              dem Zerreiben ein rothbraunes Pulver darstellt. Beim Trocknen des Farbstoffes im
                              Luftstrome bei 100° C. entweicht Wasser; erst nach längerem Trocknen bei
                              125–130° bleibt das Gewicht constant. Eine Zersetzung fand bei dieser
                              Temperatur nicht statt.
                           0,2337 Grm. der bei 130° getrockneten Substanz gaben:
                           CO²  0,5225 = C   0,1425 = 60,97
                              Proc.
                           HO   0,1156 = H   0,0128
                              =   5,48    „
                           ferner gaben 0,3281 Grm.:
                           CO²  0,7332 = C   0,2005 = 61,11
                              Proc.
                           HO   0,1593 = H   0,0177
                              =   5,39    „
                           
                              
                                 
                                    Gefunden:
                                    
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 C   60,97      
                                    61,11         
                                 C⁵⁴    61,37 Proc.
                                 
                              
                                 H     5,48        5,39
                                 H²⁸      5,30    „
                                 
                              
                                 
                                 O²²    33,33    „
                                 
                              
                           Es verloren 0,4020 Grm. des im Wasserbade bei ungefähr 80° getrockneten
                              Farbstoffes beim Trocknen bei 130° an Wasser 0,0161 Grm. = 4,00 Proc. Die
                              Berechnung auf 2 1/2 Aequivalente Wasser verlangt 4,08 Proc. Wasser, die auf 2
                              Aequivalente 3,27 Proc.
                           Der Farbstoff ist in Aether, Benzin und Schwefelkohlenstoff so gut wie unlöslich,
                              schwer löslich in absolutem Alkohol, leichter in kochendem Wasser, in verdünntem
                              Alkohol in jedem Verhältniß.
                           Eine Lösung von salpetersaurem Silberoxyd gibt mit der wässerigen Lösung des
                              Farbstoffes keinen Niederschlag, jedoch erscheint ein solcher bei Zusatz von wenig
                              Ammoniak. Derselbe ist anfangs braun, färbt sich aber durch Reduction von Silber
                              rasch schwarzbraun. Salpetersaures Quecksilberoxyd gibt einen braunen Niederschlag,
                              ebenso salpetersaures Quecksilberoxydul.
                           Mit schwefelsaurem Kupferoxyd entsteht ein brauner Niederschlag, der sich auf Zusatz von wenig
                              Ammoniak rasch abscheidet, in einem Uebermaaß von Ammoniak aber sich wieder
                              löst.
                           Schwefelsaures Zinkoxyd gibt einen hellbraunen Niederschlag.
                           Mit neutralem Eisenchlorid wird eine schmutzig grüne Fällung erhalten.
                           Chlorbaryum, Chlorcalcium und schwefelsaure Talkerde geben auf Zusatz von wenig
                              Ammoniak braune Niederschläge, welche im Wasser zum Theil löslich sind.
                           Mit Brechweinstein wird anfangs keine Fällung erhalten, erst nach einiger Zeit
                              scheidet sich ein hellbrauner Niederschlag aus.
                           Leim wird durch die Farbstofflösung gefällt.
                           Stenhouse beschreibt einen von ihm aus der Rinde von Alnus glutinosa dargestellten Gerbstoff, der weder mit
                              Brechweinstein noch mit Leim Fällungen gibt, demnach nicht identisch ist mit dem aus
                              dem Holze gewonnenen. (Chemisches Centralblatt, 1843 S. 48.)
                           In concentrirter Schwefelsäure löst sich der Farbstoff mit rothbrauner Farbe auf, bei
                              schwachem Erwärmen tritt sogleich Schwärzung ein.
                           Mit concentrirter Salpetersäure erwärmt, bilden sich Oxalsäure und Kohlensäure.
                           Bei längerem Erhitzen der Farbstofflösung mit verdünnter Schwefelsäure scheidet sich
                              ein brauner, harzartiger Körper aus. Das Filtrat reducirt Fehling'sche Lösung.
                           Die alkoholische Lösung des Farbstoffes gibt mit Brom- und Jodlösungen erst
                              dunkelrothbraune Färbungen, dann braune flockige Niederschläge.
                           Die durch die obigen Untersuchungen erhaltenen Resultate berechtigen dazu, den
                              Erlenfarbstoff als einen Gerbstoff anzusehen. Er theilt die den Gerbstoffen
                              zukommenden Eigenschaften: mit Leim gibt er eine Fällung, mit Eisenchlorid einen
                              grünen Niederschlag, mit den Oxyden der übrigen Schwermetalle ebenfalls im Wasser
                              unlösliche Verbindungen.
                           Hlasiwetz stellt eine Anzahl der genauer untersuchten
                              Gerbstoffe zusammen und erhält folgendes Resultat:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                    Berechnet
                                    
                                 
                                    Gefunden
                                    
                                 
                                    Untersucht von
                                    
                                 
                              
                                 Chinaroth
                                 C⁵⁶H³⁴O³º
                                 C = 55,1 H = 5,5
                                 C = 55,4 H = 5,7
                                   Schwarz,
                                 
                              
                                 Chinaroth
                                 C⁵⁶H³²O³²
                                       
                                    53,8       5,1
                                       53,6        5,4
                                   Schwarz,
                                 
                              
                                 Lignoïn
                                 C⁵⁶H³²O²⁴
                                       
                                    60,0       5,7
                                       59,4        5,8
                                   Hefre,
                                 
                              
                                 Chinovaroth
                                 C⁵⁶H²⁶O²⁴
                                       
                                    60,6       4,8
                                       61,1        5,0
                                   Hefre,
                                 
                              
                                 Chinaroth
                                 C⁵⁶H²²O²⁸
                                       
                                    57,7       3,8
                                       57,5        3,9
                                   Rembolat.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 (Sitzungsb. der Wiener Akademie Bd. LV S. 589.)
                                 
                                 
                              
                                 Erlengerbstoff
                                 C⁵⁴H²⁸O²²
                                       
                                    61,4       5,3
                                       61,0        5,3
                                 
                                 
                              
                           
                        
                           
                           Bleiverbindung.
                           Die Bleiverbindung wurde durch Fällen der heißen wässerigen Gerbstofflösung mit
                              essigsaurem Bleioxyd, Trocknen des braunen Niederschlages auf porösen
                              Porzellanplatten und später bei 130°, dargestellt. Da fast alle späteren
                              Niederschläge sehr voluminös waren und viel Wasser einschlossen, wurden dieselben,
                              um das Trocknen und damit auch die Einwirkung der Luft möglichst abzukürzen, auf
                              gleiche Weise wie die Bleiverbindung getrocknet.
                           
                              
                                 0,5320 Grm. bei 130° getrockneter Substanz gaben:
                                 
                              
                                 CO²  0,8572
                                 C  0,2388
                                     43,96 Proc.
                                 
                              
                                 HO   0,1728
                                 H  0,0192
                                   3,61    „
                                 
                              
                                 0,3674 Grm. gaben:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 CO²  0,5941
                                 C  0,1620
                                 44,09    „
                                 
                              
                                 HO   0,1256
                                 H  0,0139
                                   3,78    „
                                 
                              
                                 Aus 0,2415 Grm. wurden 0,0729
                                 Grm. Bleioxyd erhalten
                                 = 30,20 Proc.
                                 
                              
                                   „  
                                    0,3008    „          „      0,0911
                                   
                                    „            „            „
                                 = 30,30   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 PbO  30,30    30,20
                                 2 PbO 30,42 Proc.
                                 
                              
                                 C      43,96    44,09
                                    C⁵⁴  
                                    44,20    „
                                 
                              
                                 H        3,61      3,78
                                    H²⁶    
                                    3,55    „
                                 
                              
                                 
                                    O²⁰  
                                    21,83    „
                                 
                              
                           Die Zusammensetzung der Bleiverbindung ist demnach 2 PbO,
                              C⁵⁴H²⁶O²⁰. Die Formel des bei 130°
                              getrockneten Erlengerbstoffes wäre 2 HO,
                              C⁵⁴H²⁶O²⁰ schreiben.
                           
                        
                           Silberverbindung.
                           Der durch Fällen einer wässerigen Gerbstofflösung mit einer Lösung salpetersauren
                              Silberoxydes auf Zusatz von wenig Ammoniak erhaltene Niederschlag wurde bei
                              130° getrocknet. Es hinterließen:
                           
                              
                                 0,1820 Grm. Substanz
                                 Ag 0,0602 entsprechend
                                 AgO 0,0645 = 35,4 Proc.
                                 
                              
                                 0,2123    „            „
                                 Ag
                                    0,0700          
                                    „
                                 AgO 0,0752 = 35,4    „
                                 
                              
                           Die Formel 2 AgO, C⁵⁴H²⁶O²⁰ würde 31,24
                              Proc. Silberoxyd erfordern; der höhere Silbergehalt erklärt sich durch die schon
                              früher beobachtete Reduction von Silber.
                           
                        
                           Kupferverbindung.
                           Der analog der Silberverbindung durch Fällen der Gerbstofflösung mit schwefelsaurem
                              Kupferoxyd und wenig Ammoniak erhaltene Niederschlag wurde bei 130°
                              getrocknet.
                           
                           
                              
                                 0,4621 Grm. gaben:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 CO²  0,9522
                                 C  0,2597
                                     56,20 Proc.
                                 
                              
                                 HO   0,1788
                                 H  0,0198
                                    4,72   „
                                 
                              
                                 0,3634 Substanz enthielten
                                 CuO = 0,0367 = 10,10   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 CuO  10,10
                                 3 CuO  10,38
                                 
                              
                                     C  56,20
                                   
                                    C¹⁰⁸   56,44
                                 
                              
                                     H    4,72
                                   
                                    H⁵³      4,61
                                 
                              
                                 
                                   
                                    O⁴¹    28,57
                                 
                              
                           Die Kupferverbindung entspricht der Formel 3 CuO, HO
                              (C⁵⁴H²⁶O²⁰)².
                           
                        
                           Baryt- und
                                 Kalkniederschlag.
                           Der durch Fällen einer Gerbstofflösung mit Chlorbaryum oder Chlorcalcium und wenig
                              Ammoniak erhaltene Niederschlag wurde bei 130° getrocknet.
                           
                              
                                 Beim
                                       Glühen gaben:
                                 
                              
                                 0,2642 Grm.
                                 des Kalkniederschlages CaO, CO² = 0,0050 entsprechend
                                 
                              
                                 
                                                     
                                    CaO 0,0028 = 1,06 Proc.
                                 
                              
                                 0,0947   „
                                 des Barytniederschlages BaO, CO² = 0,0036 entsprechend
                                 
                              
                                 
                                                     
                                    BaO 0,0025 = 2,6 Proc.
                                 
                              
                                 0,1974   „
                                 des Barytniederschlages BaO, CO² = 0,0070 entsprechend
                                 
                              
                                 
                                                     
                                    BaO 0,0048 = 2,8 Proc.
                                 
                              
                           Die Menge des in den Niederschlägen enthaltenen Kalkes und Baryts war zu gering um
                              eine einfache chemische Verbindung annehmen zu können. Eine Elementaranalyse des
                              Kalkniederschlages gab auf kalkfreie Substanz berechnet:
                           
                              
                                 0,3251 Grm. Substanz
                                 
                                 
                              
                                 CO²  0,7276
                                 C  0,1984        
                                   61,03 Proc.
                                 
                              
                                 HO   0,1611
                                 H  0,0179
                                 5,50    „
                                 
                              
                           Es hat demnach die mit dem Kalk niedergerissene organische Substanz die gleiche
                              Zusammensetzung wie der reine Erlengerbstoff.
                           
                        
                           Thonerdeniederschlag.
                           Die wässerige Gerbstofflösung gab mit Kalialaunlösung einen hellbraunen Niederschlag.
                              Er wurde bei 130° getrocknet; es erhielten:
                           
                              
                                 0,2167 Grm. 1ter Fällung Al²O³
                                 0,0081
                                 3,7 Proc.
                                 
                              
                                 0,4012 Grm. 2ter Fällung Al²O³
                                 0,0360
                                 8,8    „
                                 
                              
                           In der Blei- und Kupferverbindung sind die Basen in äquivalenten Verhältnissen
                              vorhanden. In den Baryt-, Kalk- und Thonerdeniederschlägen ist die
                              Menge der Basen wechselnd und scheint von der Concentration der angewandten
                              Flüssigkeiten, der Temperatur, sowie von der Menge des zugesetzten Ammoniaks
                              abhängig zu seyn.
                           
                        
                           
                           Spaltung des
                                 Erlengerbstoffes.
                           Da in einer wässerigen Gerbstofflösung auch bei längerem Erwärmen mit Salzsäure eine
                              bemerkliche Einwirkung nicht stattfand, wurde der Gerbstoff in Alkohol gelöst und so
                              viel Salzsäure zugegeben, daß der Gehalt der Flüssigkeit an Salzsäure 4 Proc.
                              betrug. Nach 12stündigem Erhitzen im Wasserbade hatte sich eine braune, harzartige
                              Masse abgeschieden. Die überstehende Flüssigkeit war schön kirschroth gefärbt. Der
                              harzartige Körper gab nach dem Trocknen bei 130° ein braunes Pulver.
                           
                              
                                 0,3068 Grm. Substanz gaben:
                                 
                              
                                       
                                    CO²  0,6934    
                                 C  0,1891    
                                   61,63 Proc.
                                 
                              
                                        HO  
                                    0,1491
                                 H  0,0166
                                 5,41   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Ferner gaben 0,2912 Grm.:
                                 
                              
                                        
                                    CO²  0,6586    
                                 C  0,1796    
                                   61,78 Proc.
                                 
                              
                                        
                                    HO   0,1418
                                 H  0,0158
                                 5,45   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 C  61,63    61,78      
                                 C⁵⁴  61,37 Proc.
                                 
                              
                                 H    5,41      5,45
                                 H²⁸    5,30  
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 O²²  33,33   „
                                 
                              
                           Es weicht die procentische Zusammensetzung des oben analysirten Körpers nicht
                              wesentlich von der des Erlengerbstoffes ab.
                           Das kirschrothe Filtrat gab beim Verdünnen mit Wasser eine flockige Ausscheidung,
                              deren Zusammensetzung derjenigen des Erlengerbstoffes ziemlich gleich war. Die
                              hiervon abfiltrirte Flüssigkeit reducirte Fehling'sche
                              Lösung.
                           Einer Lösung des Gerbstoffes in Wasser wurde so viel verdünnte Schwefelsäure
                              zugesetzt, daß der Schwefelsäuregehalt der Flüssigkeit 10 Proc. betrug.
                           Nach 2stündiger Einwirkung im Wasserbade schieden sich rothbraune Flocken aus, welche
                              sich am Boden des Gefäßes zu festen Klumpen vereinigten. Nach Verlauf von 24 Stunden
                              war die Absonderung beendet und es befand sich über dem harzartigen Absatz eine
                              klare weingelbe Flüssigkeit, welche abfiltrirt und auf ein bestimmtes Maaß gebracht
                              wurde. Letztere enthielt, wie die Fehling'sche Lösung,
                              sowie directe Gährung nach Abstumpfen der Säure erwiesen, Zucker.
                           Quantitative Bestimmungen des Zuckers durch Reduction von weinsaurem Kupferoxyd
                              ergaben: a) 18,87 Proc., b)
                              19,05 Proc. Zucker, auf 100 Theile der ursprünglichen Substanz berechnet.
                           Eine quantitative Bestimmung durch Gährung erwies jedoch nur 16,04 Proc. Zucker.
                           Der Rest des Filtrates wurde mit kohlensaurem Baryt digerirt, filtrirt und dem Filtrate, um
                              färbende Verunreinigungen zu entfernen, wenig essigsaures Bleioxyd zugesetzt, vom
                              Niederschlage abfiltrirt und aus dem Filtrate das gelöste Bleioxyd durch
                              Schwefelwasserstoff entfernt. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit
                              hinterließ beim Eindampfen im Wasserbade einen honiggelben, erst süß, dann etwas
                              kratzend schmeckenden Syrup. Um wenigstens eventuell das Kohlenhydrat zu
                              constatiren, wurde die Elementaranalyse ausgeführt. Es gaben
                           
                              
                                 0,2536 Grm. der bei 100° getrockneten Substanz:
                                 
                              
                                           
                                    CO²  0,3701
                                 C  0,1009
                                   39,77 Proc.
                                 
                              
                                           
                                    HO   0,1588
                                 H  0,0176
                                 6,94   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 C  39,77
                                 C¹²  40,00
                                 
                              
                                 H    6,94
                                 H¹²    6,67
                                 
                              
                                 
                                 O¹²  53,33
                                 
                              
                           Es hatte sich demnach bei der Spaltung des Erlengerbstoffes mit Schwefelsäure Zucker
                              gebildet.
                           Stenhouse konnte durch Einwirkung von Säuren auf den
                              Gerbstoff der Erlenrinde keinen Zucker erhalten.
                           Der beim Behandeln des Gerbstoffes mit Schwefelsäure erhaltene harzartige Körper
                              wurde gut ausgewaschen und über Schwefelsäure getrocknet.
                           
                              
                                 0,1910 Grm. der bei 130° getrockneten Substanz gaben:
                                 
                              
                                   
                                    CO²  0,4833
                                 C  0,1318
                                   69,00 Proc.
                                 
                              
                                    HO   0,0896
                                 H  0,0100
                                 5,13   „
                                 
                              
                                 ferner gaben 0,2112 Grm.:
                                 
                              
                                 CO²  0,5346
                                 C  0,1458
                                   69,03 Proc.
                                 
                              
                                 HO   0,0951
                                 H  0,0105
                                 4,97   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                   C  69,00      69,03
                                 C⁴⁶  69,17 Proc.
                                 
                              
                                   H    5,13        4,47
                                 H¹⁹      4,76    „
                                 
                              
                                 
                                 O¹³      26,07    „
                                 
                              
                           Die über Schwefelsäure getrocknete Substanz verlor beim Trocknen bei 130°:
                           
                              
                                 0,5612 Grm.
                                 0,0365 Grm. Wasser = 6,5 Proc.
                                 
                              
                                 0,4134 Grm.
                                 0,0265 Grm. Wasser = 6,62 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 
                                 C⁴⁶H¹⁹O¹³ =
                                    93,66 Proc.
                                 
                              
                                   HO  6,50      6,62
                                     3 HO  
                                    =  
                                    6,34    „   
                                 
                              
                           Das rothe Spaltungsproduct ist in Wasser und Aether unlöslich, wenig löslich in
                              Alkohol. Natronlauge und Ammoniak lösen es mit schön hellrothbrauner Farbe auf;
                              durch Ansäuern der alkalischen Lösung wird es in Flocken abgeschieden. Beim Stehen
                              an der Luft verändert sich die alkalische Lösung, wird dunkler und scheidet schwarzbraune Flocken
                              (wahrscheinlich Humuskörper) ab.
                           Da sich das beim Behandeln des Erlengerbstoffes mit Schwefelsäure erhaltene
                              Spaltungsproduct in Alkalien mit hellrothbrauner Farbe löst, bezeichne ich dasselbe
                              als Erlenroth.
                           
                        
                           Bleiverbindung.
                           Auf Zusatz von essigsaurem Bleioxyd zu der stark ammoniakalischen Lösung des
                              Erlenroths entstand ein reichlicher brauner Niederschlag, der bei 130°
                              getrocknet wurde.
                           
                              
                                 0,2378 Grm. des bei 130° getrockneten Niederschlages gaben:
                                 
                              
                                           
                                    CO²  0,3966
                                 C  0,1082
                                 45,50 Proc.
                                 
                              
                                           
                                    HO   0,0623
                                 H  0,0069
                                 2,90   „
                                 
                              
                                 Aus 0,1123 Grm. wurden 0,0412 PbO = 36,69 Proc. erhalten.
                                 
                              
                                 0,0986 Grm. gaben 0,0367 PbO = 37,12 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 PbO  36,69     37,12
                                 2 PbO  36,92 Proc.
                                 
                              
                                 C      45,50
                                    C⁴⁶  
                                    45,69    „
                                 
                              
                                 H       2,90
                                    H¹⁷    
                                    2,81    „
                                 
                              
                                 
                                    H¹¹  
                                    14,58    „
                                 
                              
                           Die Bleiverbindung des Erlenroths ist nach der Formel
                           2 PbO, C⁴⁶H¹⁷O¹¹
                              zusammengesetzt; das reine Erlenroth würde
                           2 HO, C⁴⁶H¹⁷O¹¹ zu
                              schreiben seyn.
                           
                        
                           Baryt- und
                                 Kalkniederschlag.
                           Chlorbaryum und Chlorcalcium geben in der ammoniakalischen Erlenrothlösung rothbraune
                              Niederschläge. Dieselben wurden bei 130° getrocknet. Erhalten wurde aus:
                           
                              
                                 0,2461 Grm. des Kalkniederschlages
                                 0,0082 CaO, CO² = 0,0046 CaO = 1,8 Proc.
                                 
                              
                                 0,1892    „      „                
                                    „
                                 0,0070 CaO, CO² = 0,0039 CaO = 2,08  „
                                 
                              
                                 0,4260 Grm. des Barytniederschl.
                                 0,0272 BaO, CO² = 0,0212 BaO =
                                    4,9    „
                                 
                              
                                 0,1997    „      „                
                                    „
                                 0,0130 BaO, CO² = 0,0101 BaO =
                                    5,1    „
                                 
                              
                           Es finden sich in den Kalk- und Barytniederschlägen des Erlenroths, wie bei
                              den Kalk- und Barytniederschlägen des Erlengerbstoffes die Basen in Mengen
                              vor, welche auf eine einfache chemische Verbindung von Kalk und Baryt mit Erlenroth
                              nicht schließen lassen.
                           Die Spaltung des Erlengerbstoffes in Erlenroth und Zucker findet in folgender
                              Gleichung Ausdruck:
                           3 (2 HO, C⁵⁴H²⁶O²⁰) +
                              HO = 3 (2 HO, C⁴⁶H¹⁷O¹¹) + 2
                              (C¹²H¹⁴O¹⁴)
                           Die Berechnung würde 22,1 Proc. Traubenzucker erfordern, gefunden wurden durch Gährung 16,04
                              Proc., durch Reduction von Kupferoxyd 19,05 Proc. und 18,87 Proc.
                           Bei den früheren Untersuchungen der Gerbstoffe wurden durch Behandeln mit
                              Mineralsäuren folgende Spaltungsproducte beobachtet:
                           
                              
                                 Galläpfelgerbsäure
                                 zerfällt in Zucker und
                                 Gallussäure
                                 
                              
                                 Granatgerbsäure
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Ellagsäure
                                 
                              
                                 Kaffeegerbsäure
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Kaffeesäure
                                 
                              
                                 Chinovagerbsäure
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Chinaroth
                                 
                              
                                 Filixgerbsäure
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Filixroth
                                 
                              
                                 Ratanhiagerbsäure
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Ratanhiaroth
                                 
                              
                                 (Erlengerbstoff
                                      „    
                                    „      „      
                                    „
                                 Erlenroth).
                                 
                              
                           Hlasiwetz sagt, daß man die Gerbstoffe den eigentlichen
                              Glycosiden nicht zurechnen dürfe, bei denen sich die Spaltung in kurzer Zeit
                              vollziehe, während bei der Spaltung der Gerbstoffe eine längere Einwirkung
                              nothwendig sey, auch habe man es hier nicht, wie bei den reinen Glycosiden,
                              Amygdalin, Salicin u.s.w. mit krystallinischen Körpern zu thun, in denen sich der
                              Zucker gewissermassen schon präformirt befinde. Genauere Untersuchungen könnten
                              vielleicht zu dem Schluß berechtigen, daß die Gerbstoffe parallel den eigentlichen
                              Glycosiden, welche als Zuckerderivate zu betrachten sind, als Derivate von Gummi und
                              Dextrin angesehen werden können. (Sitzungsb. der Wiener Akademie, Bd. VII S.
                              249.)
                           
                        
                           Einwirkung von Alkalien auf
                                 Erlengerbstoff.
                           Grabowski fand, daß sich beim Kochen des Catechins mit
                              Kalilauge kleine Mengen von Phloroglucin bildeten; Erlengerbstoff mit der fünffachen
                              Menge Kalilauge von 1,25 spec. Gew. eine Stunde lang gekocht und hierbei, um eine
                              Concentration der Lauge zu verhüten, mit einem umgekehrten Kühler in Verbindung
                              gebracht, gab beim Ansäuern der Flüssigkeit mit Schwefelsäure, Ausschütteln mit
                              Aether u.s.w. eine kleine Menge krystallinischer Substanz, welche die dem
                              Phloroglucin eigenthümlichen Reactionen zeigte.
                           Rochleder und Hlasiwetz
                              versuchten es, sich aus den Zersetzungsproducten einen Einblick in die Constitution
                              der Gerbstoffe zu verschaffen. Hlasiwetz wandte bei
                              seinen Untersuchungen über Harze (Annalen der Chemie Bd. CXXXIV S. 265), von
                              demselben Gesichtspunkt ausgehend, vorzüglich das Schmelzen mit Kalihydrat an und
                              gelangte bei einer Reihe von Harzen und Gerbstoffen zu gleichen Producten, wodurch
                              eine chemische Beziehung zwischen den Harzen und den Gerbstoffen angedeutet wird.
                              Beide geben beim Schmelzen mit Kalihydrat vorzüglich Protocatechusäure, Essigsäure,
                              Buttersäure u.s.w. neben indifferenten Körpern, z.B. dem Phloroglucin.
                           
                           Protocatechusäure geben:
                           
                              
                                 Benzoë
                                 Ratanhiagerbsäure
                                 
                              
                                 Drachenblut               
                                 Chinagerbsäure
                                 
                              
                                 Guajakharz
                                 Kaffeegerbsäure
                                 
                              
                                 
                                 Moringerbsäure.
                                 
                              
                           Bei dem sonst ähnlichen Verhalten des Erlengerbstoffes mit obengenannten Gerbsäuren
                              lag es nahe, dieselbe Untersuchung anzuwenden. 100 Grm. Kalihydrat wurden mit wenig
                              Wasser in einer eisernen Schale zum Sieden erhitzt und hierauf in die concentrirte
                              Lösung unter beständigem Umrühren nach und nach 30 Grm. Erlengerbstoff eingetragen.
                              Sobald das Wasser verdampft ist und das Kalihydrat zu schmelzen beginnt, fängt die
                              Masse stark zu schäumen an. Das entweichende Gas ist brennbar und scheint gegen
                              Ausgang der Operation, übereinstimmend mit den Beobachtungen von Hlasiwetz, reines Wasserstoffgas zu seyn. Das Schmelzen
                              wurde fortgesetzt bis die Gasentwickelung nachließ. Die erkaltete Masse wurde mit
                              400 Grm. Wasser gelöst, dann mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Es scheidet
                              sich hierbei eine nicht unbedeutende Menge brauner Flocken und schwefelsaures Kali
                              ab, die durch Filtriren entfernt wurden. Das Filtrat entwickelte stark saure Dämpfe.
                              Um die flüchtige Säure zu erhalten, wurde die Flüssigkeit bis auf 2/3 ihres
                              ursprünglichen Volumens abdestillirt. Das Destillat reagirte stark sauer (Destillat
                              A).
                           Der Destillationsrückstand wurde mit Aether ausgeschüttelt, die Hauptmasse des
                              Aethers abdestillirt und der Rest desselben im Dampfbade ausgetrieben. Die
                              zurückbleibende dicke Flüssigkeit wurde einige Tage sich selbst überlassen. Da nach
                              dieser Zeit eine Krystallisation nicht eingetreten war, wurde mit Wasser verdünnt
                              und der Lösung wenig essigsaures Bleioxyd zugesetzt. Der entstandene schmutziggraue
                              Niederschlag enthielt meistentheils färbende Verunreinigungen und wurde nach dem
                              Vorgange von Hlasiwetz unberücksichtigt gelassen.
                           Das Filtrat wurde durch essigsaures Bleioxyd vollständig gefällt und der fast rein
                              weihe Bleiniederschlag B von dem Filtrat C getrennt.
                           
                        
                           Essigsäure.
                           Das Destillat A wurde mit frischgefälltem kohlensaurem
                              Baryt erwärmt, filtrirt und das neutrale Filtrat im Wasserbade eingedampft. Da sich
                              beim Eindampfen eine bräunliche Haut bildete, wurde vollständig zur Trockne
                              verdampft, der Trockenrückstand mit Wasser aufgenommen, filtrirt und das Filtrat
                              über Schwefelsäure verdunstet. Es bildeten sich farblose säulenförmige
                              Krystalle.
                           
                           
                              
                                 0,3653 Grm. lufttrockene Krystalle
                                    gaben:
                                 
                                 
                              
                                             
                                    CO² 0,1756
                                 C  0,0479
                                 17,47 Proc.
                                 
                              
                                             
                                    HO  0,1068
                                 H  0,0119
                                   3,24    „
                                 
                              
                           0,1946 Grm. gaben beim Glühen 0,1400 BaO, CO², entsprechend 0,1071 BaO = 55,81
                              Proc.
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 BaO  55,81
                                 BaO  56,08
                                 
                              
                                     C  17,47
                                    C⁴  17,57
                                 
                              
                                     H    3,24
                                   
                                    H⁴    2,92
                                 
                              
                                 
                                    O⁴  23,43
                                 
                              
                           0,1946 Grm. verloren beim Trocknen bei 105° 0,0138 Wasser = 7,04 Proc.
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                   BaO,
                                    C⁴H³O³
                                 
                                 93,41
                                 
                              
                                 HO
                                 7,04
                                   6,59
                                 
                              
                           Das Barytsalz war essigsaurer Baryt mit einem Aeq. Krystallwasser.
                           Hlasiwetz erhielt beim Schmelzen der Kaffeegerbsäure mit
                              Kalihydrat ebenfalls Essigsäure, sowie auch bei gleicher Behandlung der meisten
                              Harze. Rochleder und Hlasiwetz
                              fanden neben Essigsäure auch Propionsäure, Grabowski bei
                              Zersetzung der Filixgerbsäure Buttersäure.
                           
                        
                           Protocatechusäure.
                           Der Bleiniederschlag B wurde in heißem Wasser vertheilt,
                              mit Schwefelwasserstoff zersetzt und die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit
                              bei gelinder Wärme verdampft, wobei sie sich etwas dunkler färbt. Durch Behandlung
                              mit Thierkohle konnte die Lösung größtentheils wieder entfärbt werden.
                           Die so erhaltene schwach gelb gefärbte Flüssigkeit wurde im luftverdünnten Raume
                              verdunstet. Am Rande der Schale setzen sich dünne, krystallinische Krusten ab,
                              welche aus einem Conglomerate rhombischer Prismen bestehen. Es waren dieselben
                              schwach gelb gefärbt, durch Auspressen zwischen Fließpapier und nachfolgendes
                              Umkrystallisiren aus Wasser wurden sie fast farblos erhalten.
                           
                              
                                 0,1804 Grm. lufttrockene Krystalle gaben:
                                 
                              
                                           
                                    CO²  0,3216    
                                 C  0,0877
                                   48,61 Proc.
                                 
                              
                                           
                                    HO   0,0768
                                 H  0,0085
                                 4,71   „
                                 
                              
                           0,1042 Grm. lufttrockene Krystalle verloren bei 105°
                              0,0112 Wasser = 10,74 Proc.
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 C  48,61
                                   
                                    C¹⁴  48,83 Proc.
                                 
                              
                                 H    4,71
                                 H⁸    4,65    „
                                 
                              
                                 
                                 O¹⁰  46,52  
                                    „
                                 
                              
                           2 Aeq. Wasser entsprechen 10,46 Proc., gefunden wurden 10,74 Proc.
                           Die gefundenen Krystalle waren Protocatechusäure mit 2 Aeq. Wasser. Ferner zeigten
                              dieselben die von Strecker (Jahresb. der Chemie, Bd. XIV S. 387) und Hlasiwetz und Barth (Annalen
                              der Chemie, Bd. CXXX S. 348) angegebenen Reactionen der Protocatechusäure.
                           Die Krystalle sind in heißem Wasser und Alkohol leicht löslich, in kaltem Wasser und
                              Aether weniger leicht.
                           Die wässerige Lösung röthet Lackmuspapier; mit Ammoniak färbt sich die Lösung gelb,
                              später braun.
                           Mit Eisenchlorid entsteht eine dunkelgrüne Färbung, welche auf Zusatz von
                              kohlensaurem Natron in ein schönes dunkles Roth übergeht Beim nachherigen Ansäuern
                              mit Salzsäure verschwindet die rothe Farbe, die Flüssigkeit wird vorübergehend
                              violett, dann farblos.
                           Salpetersaures Silberoxyd wird in der Kälte nicht reducirt, jedoch beim Erwärmen oder
                              auf Zusatz von Ammoniak.
                           Weinsaures Kupferoxyd wird auch beim Kochen nicht reducirt.
                           Essigsaures Bleioxyd gibt einen weißen Niederschlag, der sich in einem Uebermaaß von
                              Essigsäure löst. Beim Verdunsten dieser Lösung schießen kleine körnige Krystalle
                              an.
                           Die Krystalle schmelzen bei 195–197°. Reine Protocatechusäure schmilzt
                              bei 199° (Annalen der Chemie, Bd. CXXX S. 348).
                           
                        
                           Basisches Bleisalz.
                           Das durch Fällen einer wässerigen Lösung von Protocatechusäure mit essigsaurem
                              Bleioxyd erhaltene Bleisalz wurde bei 110° getrocknet. Es stellte dasselbe
                              ein gelblichweißes Pulver dar.
                           0,1541 Grm. bei 1100 getrockn. Bleisalz gaben 0,1071 PbO = 69,50 Proc. 0,2321 Grm.
                              bei 1100 getrocknetes Bleisalz gaben:
                           
                              
                                 CO²  0,1467       
                                 C  0,0400       
                                   17,23 Proc.
                                 
                              
                                 HO   0,0297
                                 H  0,0033
                                 1,42   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden:
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 PbO  69,50
                                 3 PbO 69,76
                                 
                              
                                 C      17,23
                                    C¹⁴  
                                    17,51
                                 
                              
                                 H        1,42
                                   
                                    H⁵      1,04
                                 
                              
                                 
                                     O⁷    11,69
                                 
                              
                           Es ist diese Verbindung das von Strecker analysirte Salz
                              mit der Formel 2 PbO, C¹⁴H⁴O⁶ + PbO, HO.
                           
                        
                           Neutrales Bleisalz.
                           Durch Lösen des basischen Bleisalzes in Essigsäure und Eindunsten wurde eine kleine
                              Menge körniger Krystalle erhalten. Da das Material zu einer Elementaranalyse nicht
                              hinreichte, wurde nur das Bleioxyd bestimmt 0,0421 Grm. lufttrockener Krystalle
                              gaben 0,0169 PbO = 40,1 Proc.
                           
                           Es ist demnach das erhaltene Salz, das neutrale protocatechusaure Bleioxyd mit der
                              Formel PbO, C¹⁴H⁵O⁷ + 2 HO.
                           Die Berechnung verlangt 40,6 Proc. Bleioxyd.
                           
                        
                           Phloroglucin.
                           Aus dem nach dem Fällen des protocatechusauren Bleioxydes erhaltenen Filtrate C wurde das überschüssige Bleioxyd durch
                              Schwefelwasserstoff entfernt, filtrirt und die Flüssigkeit bei gelinder Wärme
                              eingedampft. Nachdem alle Essigsäure abgedunstet, wurde wieder im Wasser gelöst und,
                              um etwa noch vorhandene Protocatechusäure zu entfernen, nochmals mit wenig
                              essigsaurem Bleioxyd gefällt, das Filtrat von Neuem vom Bleioxyd befreit und unter
                              der Luftpumpe eingedunstet. Nach mehrtägigem Stehen hatten sich schwach gelb
                              gefärbte rhombische Prismen aus der Flüssigkeit abgeschieden. Durch Umkrystallisiren
                              aus wässeriger Lösung wurden fast farblose Krystalle erhalten.
                           
                              
                                 0,2260 Grm. lufttrockene Krystalle gaben:
                                 
                              
                                       
                                    CO²  0,3656       
                                 C  0,0997         
                                   44,15 Proc.
                                 
                              
                                        HO  
                                    0,1302
                                 H  0,0144
                                 6,41   „
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefunden: 
                                 Berechnet:
                                 
                              
                                 C  44,15
                                     C¹²  44,44
                                    Proc.
                                 
                              
                                 H    6,41
                                 H¹⁰    6,17  
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 O¹⁰  49,39  
                                    „
                                 
                              
                           Beim Trocknen bei 105° verloren 0,1062 Grm. lufttrockene Krystalle 0,0237 =
                              22,31 Proc. Wasser.
                           Das mit 4 Aequiv: Wasser krystallisirende Phloroglucin
                              (C¹²H⁶O⁶ + 4 HO) verliert bei 105° 22,22 Proc.
                              Wasser.
                           Die Reactionen stimmten mit denen des Phloroglucins überein.
                           Die Krystalle waren in Wasser, Alkohol und Aether löslich; aus der ätherischen Lösung
                              krystallisirt das wasserfreie Phloroglucin in sternförmig gruppirten Nadeln.
                           Der Geschmack ist intensiv süß.
                           Mit Eisenchlorid färbt sich die Lösung des Phloroglucins violett.
                           Der Schmelzpunkt stimmte mit dem des Phloroglucins überein. Die Krystalle schmelzen
                              bei 220°.
                           Hlasiwetz stellt nach den beim Schmelzen mit Kalihydrat
                              erhaltenen Producten folgende Gruppen zusammen (Sitzungsb. der Wiener Akademie, Bd.
                              LV S. 591):
                           1) Protocatechusäure liefernde Verbindungen: Chinasäure,
                              Piperinsäure, Kaffeesäure, Fumarsäure, Eugensäure, Guajakharzsäure.
                           2) Protocatechusäure und Phloroglucin liefernde Verbindungen: Maclurin, Luteolin, Catechin,
                              Quercetin, Scoparin.
                           
                           3) Protocatechusäure liefernde Phlobaphene: Chinaroth,
                              Chinovaroth, Fichtenroth.
                           4) Protocatechusäure und Phloroglucin liefernde Phlobaphene: Filixroth, Kastanienroth, Ratanhiaroth
                              und die Gerbstoffe: Filixgerbsäure, Natanhiagerbsäure (zu denen noch der
                              Erlengerbstoff hinzukommt).
                           
                        
                           Trockene Destillation.
                           Die Untersuchungen von Rochleder und Hlasiwetz, später von Eißfeldt und Uloth ergaben, daß die meisten eisengrünenden Gerbstoffe
                              bei der trockenen Destillation Brenzcatechin liefern, während auf gleiche Art aus
                              den eisenbläuenden Gerbstoffen und mit Sicherheit aus denjenigen welche beim
                              Behandeln mit Fermenten oder Mineralsäuren Gallussäure geben, Pyrogallussäure
                              erhalten wird. Man kann wohl auch, da Protocatechusäure beim Erhitzen sich in
                              Brenzcatechin, Oxalsäure und Essigsäure zerlegt, annehmen daß sich in den
                              Destillationsproducten der Protocatechusäure liefernden Verbindungen Brenzcatechin
                              befinden wird.
                           20 Grm. Erlengerbstoff wurden in einer geräumigen Retorte erhitzt. Die Masse backt
                              zusammen, ohne zu schmelzen. Anfangs geht ein dunkler Theer über, wornach hellere
                              Destillationsproducte folgen. Das bei der Destillation auftretende Wasser reagirte
                              sauer.
                           Nach mehrtägigem Stehen der theerigen Flüssigkeit über Schwefelsäure hatten sich
                              kleine glänzende Krystalle ausgeschieden, welche zwischen Papier ausgepreßt und aus
                              Wasser umkrystallisirt wurden. Zu einer Elementaranalyse war nicht genug Material
                              vorhanden.
                           In Alkohol und Wasser waren die Krystalle leicht löslich, weniger leicht in
                              Aether.
                           Salpetersaures Silberoxyd und weinsaures Kupferoxyd wurden reducirt.
                           Eisenchlorid gab eine dunkelgrüne Färbung, welche auf Zusatz von kohlensaurem Natron
                              dunkelviolett wird.
                           Chlorkalklösung gab eine grüne Färbung, später einen schwarzen Niederschlag.
                           Die Krystalle schmolzen bei 106°. Reines Brenzcatechin schmilzt bei
                              110–115° (Gerhard's organische Chemie, Bd. III S. 71).
                           Die qualitativen Reactionen stimmen mit denen des Brenzcatechins überein; bei der
                              trockenen Destillation des Erlengerbstoffes hatte sich Brenzcatechin gebildet.
                           Die Untersuchung des Erlengerbstoffes hat folgendes Resultat gegeben:
                           1) mit Schwefelsäure spaltet sich der Erlengerbstoff in
                              Erlenroth und Zucker;
                           
                           2) mit Kalihydrat geschmolzen entsteht: Protocatechusäure, Phloroglucin und Essigsäure;
                           3) bei der trockenen Destillation bildet sich Brenzcatechin. Da Spaltungen auch durch Fermente
                              veranlaßt werden, ist es leicht denkbar, daß die beim Berühren des frischen
                              Erlenholzes mit Luft auftretende rothe Farbe durch das Spaltungsproduct des
                              Erlengerbstoffes, das Erlenroth veranlaßt werde, wenigstens stimmt die Intensität
                              der Farbe damit gut überein.
                           Nachschrift. Die gebotenen Untersuchungen wurden von
                              meinem früheren Assistenten, Herrn Dr. Dreykorn, mit größtem Fleiß exact ausgeführt. E. Reichardt.