| Titel: | Neue Anordnung der Bessemer-Apparate. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LXI., S. 246 | 
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                        LXI.
                        Neue Anordnung der
                           Bessemer-Apparate.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, November 1869, S.
                              352.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Neue Anordnung der Bessemer-Apparate.
                        
                     
                        
                           Die wichtigste Operation bei dem Bessemerprocesse ist bekanntlich das Einschmelzen
                              des Roheisens und der Transport des flüssigen Metalles in das Umwandlungsgefäß oder
                              den Converter (die Birne), in welchem durch dasselbe Luft hindurchgeblasen wird;
                              dadurch wird es in hämmerbares Metall umgewandelt, welches mit einer gewissen Menge
                              von gleichfalls flüssigem manganhaltigem Roheisen (Spiegeleisen) versetzt und dann
                              in die Gießpfanne, aus dieser aber mit Hülfe eines Ventilabstiches in die Formen
                              abgestochen wird.
                           Zu einer vortheilhaften Ausführung dieser Operationen ist es von wesentlichem
                              Belange, daß die bei denselben anzuwendenden Apparate in einer solchen Weise
                              aufgestellt werden, daß durch den Transport des Metalles von dem einen zum anderen
                              kein unnöthiger Zeitaufwand veranlaßt wird, daß das flüssige Metall einen möglichst
                              geringen Wärmeverlust erleidet und daß die Bewegung der verschiedenen Theile der
                              Apparate leicht und sicher erfolgen, somit Zeit, Arbeit und Brennmaterial erspart
                              und der Proceß mit Sicherheit geleitet werden kann. Dieser Zweck wird von Henry Bessemer durch den im Folgenden beschriebenen Apparat
                              angestrebt, welchen er sich kürzlich patentiren ließ. Bei dieser Einrichtung werden
                              die Anlagekosten des ganzen Apparates im Verhältniß zu denen des jetzt zur
                              Fabrication von Bessemerstahl und Bessemereisen benutzten bedeutend vermindert,
                              sowie auch die Größe und die Kosten der Hüttengebäude um ein Beträchtliches reducirt
                              werden.
                           Die Zusammenstellung und die Construction des ganzen Umwandlungsapparates ist in Fig. 29 im
                              Grundriß und in Fig. 30 im Verticalschnitt dargestellt; Fig. 31 ist eine
                              Seitenansicht des Converters mit dem zu seiner Handhabung erforderlichen Getriebe.
                              Die beiden Umwandlungsgefäße a, a sind so aufgestellt,
                              daß ihre Drehungsachsen in einer geraden Linie und 3 bis 4 Fuß über der Hüttensohle
                              liegen; in dieser Stellung kann jede beliebige Anzahl von Converters an einer Seite
                              des „Umwandlungshauses“ angebracht werden. Die Zapfen der
                              Converters ruhen auf massiven gußeisernen Pfeilern b und
                              drehen sich in Lagern b*, welche am oberen Theile dieser
                              Pfeiler angebracht sind. Jeder Converter steht über einer besonderen Dammgrube u, von welcher aus ein gewölbter Gang c mach den Außenseiten des Gebäudes führt. In diesem
                              Gange liegen Schienen d, auf denen ein eiserner Wagen
                              e läuft, so daß er unter jeden einzelnen Converter
                              geschoben werden und die von demselben herrührenden Schlacken und andere Abfälle
                              aufnehmen kann. Das zur Zuführung des Windes zum Converter dienende Rohr ist nebst
                              der zugehörigen üblichen Ventil-Vorrichtung bei f*, Figur
                                 29 dargestellt.
                           Vor jedem Converter ist auf einer am oberen Theile eines vertical stehenden Kolbens
                              h angebrachten Bühne i
                              eine Gießpfanne g aufgestellt. Der Kolben h hat eine verticale Führung und erhält seine
                              auf- und abgehende Bewegung durch hydraulischen Druck, welcher in dem
                              Cylinder k, in welchem der Kolben arbeitet, zur Wirkung
                              kommt. Mit Hülfe dieser Vorrichtung kann die Gießpfanne gesenkt werden, sobald das
                              Metall aus dem Converter in dieselbe abgestochen worden ist; worauf sie wieder so
                              hoch gehoben wird, daß ihr Boden über die Gießform zu stehen kommt, wie bei g*, Fig. 30, durch die
                              punktirten Linien angedeutet ist. Die Formen p, p werden
                              mit Hülfe der Drehscheibe m, eine nach der anderen,
                              unter die Gießpfanne geschoben und mittelst der beim Gießen von Bessemerstahl jetzt
                              allgemein üblichen Ventil-Vorrichtung mit dem Metalle gefüllt.
                           Vor der Gießpfanne steht die oben erwähnte Drehscheibe m;
                              dieselbe dreht sich um die Spindel n; letztere bewegt
                              sich in dem Halslager o und dem Fußlager o*. Die obere Fläche von m
                              wird durch feuerfeste Steine oder eine Sandschicht m*
                              geschützt. Auf dieser Drehscheibe oder Tafel werden die Gießformen p, p kreisförmig aufgestellt. An der einen Seite der
                              Drehscheibe ist ein Einschnitt q angebracht, so daß die
                              Gießpfanne aufsteigen kann; die Scheibe wird gedreht und auf diese Weise wird jede
                              Form rasch und mit geringem Kraftaufwands unter die Gießpfanne gebracht und gefüllt.
                              An den Seitenwänden sind kleine Krahne befestigt, welche dazu dienen, die Formen von
                              den Drehscheiben abzuheben und auf kleine Wagen zu bringen, die auf der parallel mit
                              der Reihe der Converters liegenden Schienenbahn laufen. Anstatt dieser Wandkrahne
                              empfiehlt Bessemer einen hydraulischen Krahn, wie sie in
                              Eisenhütten bereits vielfach angewendet werden; derselbe ist in Fig. 29
                              und 30 bei s abgebildet. Die Krahne haben, wie in der Zeichnung
                              durch die punktirten Linien bei t angedeutet ist, eine
                              solche Stellung zwischen je zwei Converters, daß die Deckel derselben und die
                              Windbüchsen mit ihrer Hülfe abgehoben, auf einen Wagen gelegt und auf den Schienen
                              r aus dem Hüttengebäude entfernt werden können.
                           Bei einer anderen Einrichtung des hier beschriebenen Apparatcomplexes wird anstatt
                              der Drehscheiben eine Schienenbahn angewendet, auf welcher eine Reihe von niedrigen
                              Wagen läuft, die die Gießformen tragen; diese Wagen werden mit den auf ihnen
                              stehenden Formen unter der Gießpfanne parallel mit der Reihe von Umwandlungsgefäßen
                              fortgeschoben und eine Gießform nach der anderen gefüllt. Die Bewegung der Wagen
                              kann durch Menschenhand geschehen; indessen gibt Bessemer
                              zu diesem Zwecke der Benutzung eines endlosen Drahtseiles oder einer unter den Wagen
                              hinweg über Rollen laufenden Kette den Vorzug; die Wagen können in diesem Falle
                              durch eine Hebelvorrichtung und Frictionsrollen mit dem Seile oder der Kette
                              verbunden und wieder gelöst werden.
                           Sowohl bei Benutzung der Drehscheiben, wie der Schienenbahn, zieht Bessemer es vor, die zum Einschmelzen des Roheisens
                              dienenden Kupolöfen A, A vor den Converters
                              aufzustellen, so daß, wenn man die Converters (wie die punktirten Linien bei a*, Figur 30, andeuten)
                              kippt, um sie mit dem flüssigen Roheisen zu füllen, ihre Mündungen dem Kupolofen A möglichst genähert werden. Bei gleichzeitiger
                              Benutzung von zwei Converters wendet Bessemer zwei große
                              Kupolöfen an, wie die Abbildung bei A, A zeigt; sind
                              aber mehr als zwei Umwandlungsgefäße in einer Reihe aufgestellt, so variirt die
                              Aufstellungsweise und die Anzahl der Kupolöfen den Anforderungen der Fabrication und
                              der Anzahl der Arbeitsstunden entsprechend; für alle Fälle empfiehlt Bessemer bei jedem Converter eine besondere Gießpfanne
                              oder eine besondere Drehscheibe anzubringen. Die Kupolöfen können die gewöhnliche
                              Einrichtung der in Gießereien angewendeten haben; doch gibt Bessemer dem Ireland'schen OfenPolytechn. Journal, 1856, Bd. CXLII S. 256. mit zwei Reihen hochliegender Formen, oder Woodward's Dampfstrahl-KupolofenPolytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXIX S. 150. den Vorzug. In jedem Falle ist zwischen den Kupolöfen in einer Linie, besser
                              etwas mehr nach den Converters zu, eine auf einer Waage C stehende, mit einer kurzen, von dem ihr entsprechenden Kupolofen
                              abgeleiteten Rinne D versehene Gießpfanne B' angebracht, so daß die umzuwandelnde Eisencharge,
                              bevor sie in den Converter einfließt, erst in die Gießpfanne tritt und gewogen werden kann. Unter dem
                              Stichloche der Gießpfanne oder des Recipienten B
                              befindet sich das trichterförmig erweiterte Ende E*
                              einer beweglichen Leitungsrinne E, durch welche das
                              Metall über die Drehscheibe, beziehungsweise über die Gießformen und die dieselben
                              tragenden Wagen hinweg der Convertermündung zugeführt wird. Die ebenfalls bewegliche
                              Rinne D wird von einer verticalen Spindel F getragen, und letztere wird durch ein an das Fundament
                              gebolztes Fußgestell G in ihrer Stellung erhalten. Die
                              Leitungsrinne E vermag beide Converters zu speisen, und
                              wenn sie nicht in Gebrauch ist, wird sie aus dem Wege geräumt, indem man sie so
                              dreht, daß sie parallel mit den Schienen liegt.
                           Vermittelst dieser Einrichtung kann jeder Kupolofen zum Beschicken eines jeden
                              Converters benutzt und die Menge des dem Converter zuzuführenden Metalles vor dem
                              Einlassen in denselben durch Abwägen genau bestimmt werden. Zum Umkippen der
                              Converters um ihre Achsen kann eine in gewöhnlicher Weise mit einer Vorrichtung zum
                              Umsteuern versehene kleine Dampfmaschine benutzt werden. Damit jeder Converter für
                              sich gekippt werden kann, wird mit den Zapfen oder Achsen der Umwandlungsgefäße ein
                              großes Zahnrad oder ein Rädervorgelege nebst einem Kuppelungsmuff verbunden; dem
                              Zahnrade aber ist ein ensprechend großes Schraubenrad vorzuziehen, da dasselbe nicht
                              so leicht zurückgehen kann.
                           In Fig. 31 ist
                              auf den Achsen des Converter ein großes Kegelrad H
                              aufgesteckt; ein auf der verticalen Welle J befestigtes
                              Wurmgetriebe I greift in das Schraubenrad und wird von
                              dem auf das Fundament gebolzten Gestelle K getragen. Auf
                              das untere Ende der Welle J ist das Kegelrad L aufgekeilt und greift in ein an der horizontalen Welle
                              N befestigtes Kegelrad M. Diese Welle N geht quer durch das Gebäude
                              hindurch und ist mit einer Dampfmaschine verbunden, welche mit einer
                              Umsteuerungsvorrichtung versehen ist, so daß die Welle N
                              von einem Arbeiter (der so aufgestellt ist, daß er das Einfließen des flüssigen
                              Metalles in die Gießpfanne zu beobachten vermag) nach der einen oder der anderen
                              Seite gedreht oder zum Stehen gebracht werden kann, derselbe also die Bewegung des
                              Converter genau und ohne Mühe zu reguliren im Stande ist. Zum Ausrücken des
                              Kegelrades M, wenn der Converter stille stehen soll,
                              dient eine Kuppelung.
                           Sollen zwei, auf die beschriebene Weise gruppirte Converters betrieben werden, so
                              werden zwei kleine Kupolöfen zum Einschmelzen des manganhaltigen Roheisens oder
                              Spiegeleisens angebracht und zwar können dieselben in die Nähe des oben erwähnten,
                              zum Abwiegen der Charge dienenden Recipienten aufgestellt werden, so daß das Eisen
                              aus ihnen in den
                              letzteren abgestochen werden kann, oder es werden längs der vorhin beschriebenen
                              Leitungsrinnen Gießpfannen angebracht. Bessemer zieht es
                              jedoch vor, diese kleinen Oefen in eine bewegliche Gießpfanne abzustechen, in
                              welcher die Chargen abgewogen und dann zu dem Converter oder zu einer größeren
                              Gießpfanne transportirt werden können, ohne daß das Metall die beim Ablassen in eine
                              Rinne unvermeidliche Abkühlung und gleichzeitigen Abbrand erleidet. In dem Theile
                              des Hüttengebäudes wo die Kupolöfen stehen, ist oben eine auf eisernen Trägern
                              ruhende Bühne R (Fig. 30) angebracht, auf
                              welche das Metall und das Brennmaterial mittelst eines geeigneten Hebezeuges
                              transportirt werden. Die Kupolöfen A, A und Q, Q (Fig. 29) stehen auf einem
                              erhöhten Fundamente S, welches den Arbeitern zur
                              Erleichterung des Abstechens dient; zu dieser Bühne führt die Treppe T.
                           Die bei den Converters gewöhnlich angebrachten Zapfenbänder bestehen aus
                              Schmiedeeisen und sind in Folge der Schwierigkeit ihrer Anfertigung sehr theuer;
                              deßhalb ersetzt Bessemer dieselben in manchen Fällen
                              durch einen gußeisernen Ring, an welchem die Zapfen und Luftcanäle angebracht sind.
                              In diesem Falle verwendet er gewalztes Winkeleisen zur Umfassung des gegossenen
                              Ringes, und durch Bolzen, welche an verschiedenen Stellen des letzteren durch das
                              Gußeisen und die Winkeleisen ganz hindurchgehen, werden die Zapfen bei einem
                              vorkommenden Bruche am Converter festgehalten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
