| Titel: | Clark und Wilkin's continuirliche Eisenbahnwagen-Bremse. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LXXXI., S. 302 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXXI.
                        Clark und Wilkin's continuirliche Eisenbahnwagen-Bremse.
                        Nach dem Engineer, October 1869, S. 295.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Clark und Wilkin’s continuirliche
                           Eisenbahnwagen-Bremse.
                        
                     
                        
                           John Clark's bekannte continuirliche, auch gekuppelte
                              EisenbahnbremseEine Handbremse nach diesem System, jedoch Chambers und Champion zugeschrieben, in
                                    Verwendung auf der Nord-London Eisenbahn, beschreibt Clauß im Organ für das Eisenbahnwesen, 1863 S.
                                    102. hat bereits vor mehreren Jahren auf der Nord-London Eisenbahn und auf
                              anderen Linien Englands Eingang gefunden und nach allen Berichten recht nützliche
                              Dienste geleistet.
                           Man machte aber dieser alten continuirlichen Bremse den Vorwurf, daß das An-
                              und Abkuppeln der Wagen schwierig, deßhalb die Verwendung bei Zügen welche lange
                              Strecken zu durchlaufen haben, sehr erschwert sey. Wohl hatte dieser Uebelstand für
                              die bezeichnete, überhaupt für englische Bahnen weniger Bedeutung, da auf diesen
                              zumeist Züge von unveränderlicher Zusammenstellung verwendet werden.
                           Um jedoch den Einwürfen zu begegnen, modificirte Clark
                              diese Bremsvorrichtung und nahm auf dieselbe gemeinschaftlich mit M. Wilkin in London (10, South-street, Finsbury) ein
                              Patent. Diese Bremse ist in Figur 14 und 15 in zwei
                              Modificationen skizzirt, wie sie an mehreren Waggons der Midland-Eisenbahn in
                              Verwendung stehen.
                           Beide Bremsen sind nach demselben Princip construirt; es erstreckt sich durch die
                              ganze Länge des Zuges, durch kleine am Wagenrahmen befestigte Rollen unterstützt,
                              eine 3/16 zöllige Kette. Doch ist jeder Wagen mit einer eigenen Kette von der Länge
                              des Wagens versehen, und die einzelnen werden durch einfache Kuppelungshaken leicht
                              zusammengehängt oder losgelöst. Die Kette liegt in der Wagenachse und treffen die
                              Kettenenden, welche Drehung auch der Wagen macht, richtig zusammen.
                           Wie aus den Abbildungen zu entnehmen ist, geht die Kette auch um die Rolle a, welche an dem freien Ende eines mit 35 Pfund
                              beschwerten Hebels eingelagert ist. So lange die Bremse geöffnet ist, bleibt in
                              Folge der Spannung der Kette der Hebel in gehobener Stellung; die Kette selbst wird
                              durch ein Gegengewicht am Bremswagen gespannt erhalten.
                           Soll nun die Bremse in Thätigkeit gesetzt werden, so hebt der Bremser durch Drehen
                              eines kleinen Handrades dieses Spanngewicht auf, die Kette wird schlaff, die Rolle a sinkt und die Bremsklötze werden (wie nachher gezeigt
                              wird) gegen die Wagenräder angepreßt.
                           Unter dem Wagenrahmen ist an einem Gehänge die Welle b
                              von 2 1/4 Zoll Durchmesser gelagert, um welche eine stärkere, nämlich eine
                              halbzöllige Kette gewunden ist; ein Ende derselben ist an dem Hebel c befestigt, welcher auf die Druckstangen der
                              Bremsklötze wirkt. Auf der Welle b sitzt lose ein Sperrrad, das jedoch mit jener durch eine
                              Kuppelung je durch Niederlassen oder Heben des Hebels der Rolle a in oder außer Verbindung gebracht werden kann. Das
                              Sperrrad wird durch eine Klinke weitergeschoben, wenn die Frictionsscheibe e durch Anlegen gegen die Radachse gedreht und dadurch
                              das Hebelsystem d, f hin- und herbewegt wird.
                           Die Wirkung der Bremsanordnung ist demgemäß folgende: Wird die 3/16 zöllige –
                              nennen wir sie – Wagenkette nachgelassen, so geht die Rolle a mit dem Kuppelungshebel nach abwärts, welcher nun das
                              Sperrrad mit der Welle b verbindet. Unter der Einwirkung
                              der sich anlegenden Frictionsscheibe e dreht sich das
                              Sperrrad sammt der Welle b und wickelt diese die
                              halbzöllige Bremskette auf. Die Druckstangen u stehen
                              mit den: um einen fixen Punkt sich drehenden zweiarmigen Hebel c in Verbindung, durch dessen Drehung gegen die
                              Verticalstellung (zufolge der Verkürzung der Bremskette) die Klötze angepreßt
                              werden.
                           Wird dagegen die Wagenkette angespannt, so steigt die Rolle a mit dem Hebel, die Kuppelung des Sperrrades wird gelöst, die Welle b frei, so daß sich die Bremskette abwickelt – in
                              Figur 15
                              schneller, da am Hebelarm c' ein Belastungsgewicht
                              angebracht ist – und die Bremse sich öffnet. Dabei ist auch die Einrichtung
                              so getroffen, daß die Frictionsscheibe e bei offener
                              Bremse außer Berührung mit der Radachse bleibt.
                           Die Anordnung ist einfach und soll sich beim Betriebe ganz vorzüglich bewährt
                              haben.
                           Außer dem erheblichen Vortheil gegenüber der früheren Anordnung, daß die mit einer
                              neuen Bremse versehenen Wagen leicht an- und abgehängt werden können, besitzt
                              die letztere noch den Vorzug, daß sie selbstthätig in
                              Wirksamkeit tritt, wenn ein Theil des Zuges abreißt. Früher wurde im letzteren Falle
                              beim Bruch der Hauptkette die ganze Bremsvorrichtung unwirksam; ein Abreißen der
                              schwächeren durchgehenden Wagenkette des so eben beschriebenen Systemes hebt die
                              Spannung derselben auf und die Bremse tritt, wie oben beschrieben, sofort in
                              Thätigkeit.
                           Auf der Midland Eisenbahn ist das neue Bremssystem an einem Zug von 6 Waggons mit
                              zwei Bremswagen angebracht, so daß also von beiden Enden des Zuges aus gebremst
                              werden kann; doch ist diese Einrichtung eine nur provisorische, da man die Absicht
                              hat, die Bremse unter die Kontrolle des Zugführers zu stellen.
                           Bevor jedoch dieser Zug seine regelmäßigen Fahrten begonnen, wurden mehrere sehr
                              interessante Probefahrten angestellt, die wir hier zum Schluß noch anführen
                              wollen.
                           In einem Falle, wo der Zug auf einem Gefälle von 1/90 mit einer Geschwindigkeit von
                              30 engl. Meilen herabfuhr, wurde die selbstthätige
                              Wirkung der Bremse erprobt, indem die Maschine plötzlich vom Zuge abgelöst wurde,
                              als ob sie abgerissen wäre. Der Zug wurde ohne irgend welches Dazuthun nach 15
                              Secunden und zwar auf 200 Yards Distanz zum Stillstand gebracht.
                           Ein anderesmal stand auf derselben Strecke und unter gleichen Umständen, jedoch bei
                              55 Meilen Fahrgeschwindigkeit, der Zug auf 330 Yards nach 27 Secunden still.
                           In einem weiteren Falle wurde die Bremswirkung bei einer Bergfahrt (1 : 623
                              Steigung), einer Geschwindigkeit von 45 Meilen und bei Volldampf, also unter ganz
                              ungewöhnlichen Verhältnissen erprobt, indem der Zug durch Anwendung der Bremse nach
                              zwei Minuten zum Stehen gebracht wurde, wobei er vom Moment des Bremsens an noch
                              eine Strecke von 1220 Yards zurücklegte.
                           Die Metropolitan Eisenbahn versah zwei Züge ebenfalls mit der neuen continuirlichen
                              Bremse von Clark und Wilkin.
                           
                              J. Z.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
