| Titel: | Die Ausführung des Bessemerfrischprocesses unter Hochdruck. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LXXXVII., S. 331 | 
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                        LXXXVII.
                        Die Ausführung des Bessemerfrischprocesses unter
                           Hochdruck.
                        Aus Engineering, Januar 1870, S. 1.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Ueber Ausführung des Bessemerprocesses unter Hochdruck.
                        
                     
                        
                           Es ist den Bessemerstahl-Fabrikanten wohl bekannt, daß gewisse reinere Sorten
                              von schwedischem Holzkohlenroheisen, sowie manche Sorten von englischem hellgrauem
                              und weißem Hämatitroheisen beim Verfrischen im Bessemer'schen Converter in letzterem unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht
                              die Hitze erzeugen, welche erforderlich ist, damit die ganze aus jenem Roheisen
                              dargestellte Stahlmasse bis zu ihrem Vergießen in die Formen vollständig den
                              flüssigen Zustand behält; in Folge dieses Uebelstandes bleiben in der Gießpfanne
                              mitunter „Schalen“ von erstarrtem Stahl zurück. Dieß ist in
                              noch höherem Grade der Fall, wenn der im Converter befindlichen Charge
                              Stabeisen- oder Stahlabfälle in nicht geschmolzenem Zustande zugeschlagen
                              werden.
                           Um die hieraus erwachsenden Schwierigkeiten zu vermeiden und die Temperatur des
                              Metalles während des Umwandlungsprocesses so hoch zu erhalten, daß bei Anwendung von
                              nicht kohlenstoffreichen Roheisensorten keine Schalen in der Gießpfanne
                              zurückbleiben, hat Bessemer vor Kurzem ein Verfahren
                              erfunden und sich patentiren lassen, nach welchem sein Umwandlungsproceß unter Druck ausgeführt wird. Diese Methode gestattet dem
                              Fabrikanten die Anwendung vieler beim gewöhnlichen Umwandlungsprocesse nicht das
                              erforderliche Maximum von Hitze erzeugender Roheisensorten, sowie einen Zusatz von
                              Stabeisen- und Stahlabfällen oder von anderen Sorten entkohlten oder
                              schmiedbaren Eisens in festem Zustande zu dem Inhalte des Converters, indem dieser
                              Zusatz in Folge der dem Metall ertheilten außerordentlich hohen Temperatur zum
                              Schmelzen gebracht wird und sich mit der Charge vereinigt.
                           Zu diesem Zwecke construirt Bessemer seinen Converter von
                              großer Stärke und läßt alle Falze und Fugen möglichst dicht vernieten und
                              verstreichen; der Oeffnung des Converters gibt er vorzugsweise kreisförmige, anstatt
                              ovaler Gestalt; diese Oeffnung wird auch enger gemacht als bei den gewöhnlichen
                              Umwandlungsgefäßen und mit einem einfachen Ringe von gut gebranntem feuerfestem Thon
                              (oder auch einem Gemenge von Thon und Graphit) gefüttert. Der aus Metall bestehende
                              Theil der Convertermündung wird mit einem abnehmbaren, schwalbenschwanzförmig
                              geflantschten Ringe versehen, so daß das Thonfutter der Mündung durch Losbolzen des
                              eisernen Ringes, durch welchen es an seinem Platze gehalten wird, leicht weggenommen
                              und ausgewechselt werden kann.
                           Fig. 22 ist
                              der Verticalschnitt eines nach diesem Systeme construirten Converters. a ist der obere Theil des Umwandlungsgefäßes; a* ist das Ganisterfutter; b
                              ist der starke, dicht zusammengenietete Mantel; an der inneren Seite der Mündung
                              desselben ist der starke eiserne Reif c festgenietet,
                              und mit diesem ist durch Schraubenbolzen der mit Flantsche versehene, auf der
                              Innenseite conische Eisenring d verbunden. Die Innen
                              seite der Convertermündung wird von einem aus feuerfestem Material bestehenden, in
                              einem Stücke geformten Ringe e, e gebildet, welcher
                              durch den Ring d an seiner Stelle gehalten wird; soll
                              e wegen Beschädigung ausgewechselt werden, so
                              bestreicht man nach dem Lösen von d den neuen Ring e auf den mit dem Futter a*
                              und der Innenseite von d zusammenstoßenden Flächen mit
                              einem Gemenge von Ganister und feuerfestem Thon und schraubt hernach d wieder auf, so daß eine möglichst vollkommene Dichtung
                              erzielt wird.
                           Die Oeffnung des auf diese Weise gebildeten beweglichen Mundstückes kann in manchen
                              Fällen so eng gemacht werden, daß die von der Verbrennung des im verarbeiteten
                              Roheisen enthaltenen Kohlenstoffes etc. herrührenden gasförmigen Producte unter
                              einem Drucke zurückgehalten werden, welcher weit höher als der atmosphärische ist,
                              so daß die Verbrennung im Converter „unter Hochdruck“ erfolgt,
                              wie bei den früher beschriebenen neuen Bessemer'schen
                              Schmelzöfen.Polytechn. Journal, 1889, Bd. CXCIII S. 376. Die Gefäßmündung muß in diesem Falle stärker zusammengezogen seyn, als in Fig. 22 dargestellt ist,
                              damit die Verbrennungsgase unter beträchtlichem Drucke zurückgehalten werden,
                              anstatt frei zu entweichen, wodurch eine weit intensivere Hitze erzeugt und dem
                              Metalle mitgetheilt wird.
                           Der auf diese Weise zu erzeugende Druck soll dem Wärmeerzeugungs-Vermögen des
                              in Arbeit genommenen Kohleeisens und der Menge des der Charge zugesetzten Stabeisens
                              oder Stahles entsprechen, daher sich bezüglich der anzuwendenden Pressung eine
                              bestimmte Regel nicht aufstellen läßt; indessen gibt Bessemer als Anhaltspunkt für den Arbeiter an, daß zur Umwandlung der
                              reineren Sorten von schwedischem Holzkohlenroheisen und des halbirten oder des
                              weißen, mit grauem gemengten Hämatitroheisens ein Druck im Gefäße von 8 bis 15 Pfund
                              per Quadratzoll erforderlich ist, wohingegen ein
                              Druck von nur 3 bis 4 Pfund von geringem praktischem Vortheil ist, und ein Druck von
                              weniger als 2 Pfund per Quadratzoll keinen Nutzen
                              gewährt. Selbstverständlich muß die Pressung des dem Converter zugeführten
                              Gebläsewindes entsprechend dem durch die in der Birne aufsteigenden Gase
                              verursachten Gegendruck verstärkt werden.
                           Bessemer bemerkt jedoch, daß das Verfahren, den
                              Gegendruck durch bloße Verengerung der Convertermündung hervorzubringen, nicht die
                              wünschenswerthe Leichtigkeit darbietet, den Druck im Verlaufe des Processes
                              reguliren zu können, während gleichzeitig durch die Anhäufung von Schlacken an der
                              Mündung der Querschnitt der Oeffnung so verengert werden kann, daß die Zuführung des
                              Windes durch die Düsen verzögert wird. Aus diesen Gründen empfiehlt Bessemer eine ziemlich weite Mündung anzuwenden, welche
                              mit einem beweglichen conischen Stopfen versehen wird, der am Ende einer eisernen
                              Stange befestigt ist, wie in Fig. 22 ersichtlich. Das
                              aus feuerfestem Thon bestehende Stück f ist kreisrund,
                              und bei f* ausgeschweift, damit die Flamme von der
                              Eisenstange g abgelenkt wird und auf dieselbe nicht zu
                              stark wirken kann. Diese Stange ragt aus der Hinterwand des Converterhauses vor,
                              oder ruht auf einem eisernen Träger oder Rahmen, welcher mit den die Birne tragenden
                              Pfeilern verbunden ist, und der Conus f wird mittelst
                              einer Schraube oder eines Hebels in die Convertermündung tiefer hineinbewegt oder
                              aus derselben zurückgezogen, so daß man auf diese Weise den Querschnitt des
                              ringförmigen Raumes e*, e*
                              zu vergrößern oder zu verkleinern und die Pressung der im Converter eingeschlossenen
                              Gase zu reguliren vermag.
                           Der Druck der im Converter zurückgehaltenen Gase wird dem Arbeiter durch ein von Bessemer hierzu construirtes Quecksilbermanometer
                              angezeigt.
                           
                           Wenn geschmolzenes oder umgeschmolzenes Roheisen oder gefeintes Eisen mit Hülfe von
                              Kali- oder Natronsalpeter oder anderen oxydirenden Salzen ganz oder
                              theilweise entkohlt (in Stabeisen oder Stahl verwandelt) wird, so wird eine große
                              Menge Wärme absorbirt und latent gemacht, wodurch das Metall das Bestreben erhält,
                              rasch zu erstarren, daher es die Gießformen nicht gehörig ausfüllen kann, ohne
                              umgeschmolzen zu werden.
                           Um diesen Uebelstand zu beseitigen und in diesem Falle die Temperatur des Metalles
                              bei dem Umwandlungsprocesse in solchem Grade zu steigern, daß es sich vollständig in
                              die gewünschte Form bringen läßt, bevor es erstarrt, empfiehlt Bessemer, in der bereits im Vorstehenden gedachten Weise die
                              Umwandlungsapparate aus starken, gut vernieteten und bestens abgedichteten
                              Eisen- oder Stahlplatten herzustellen und nöthigenfalls mit starken
                              Eisenreifen zu umlegen. Die Mündung des Gefäßes wird sehr eng, und zwar wie bei dem
                              zuerst beschriebenen Converter, aus einem gut gebrannten Ringe von feuerfestem Thon
                              angefertigt, in welchen ein aus dem gleichen Material bestehender langer, conischer
                              Pfropf paßt. Dieser Pfropf ist an einem langen, in Führungen beweglichen Stabe
                              befestigt, durch den er in der Mitte der Gefäßmündung erhalten wird. Der zwischen
                              dem Pfropf und der Innenseite der Gefäßmündung bleibende Raum bestimmt die Größe der
                              Oeffnung für die bei der Zersetzung der angewendeten Salze entwickelten, aus dem
                              Gefäße abziehenden Gase; der Druck wird mittelst einer Feder oder eines belasteten
                              Hebels regulirt, welcher auf den Stiel des Thonpfropfes wirkt.
                           Diese Einrichtung ist in Fig. 23 abgebildet,
                              welche den Verticalschnitt des oberen Theiles eines Umwandlungsgefäßes oder einer
                              Kammer darstellt, in welcher Kohleeisen nach dem für Bessemer im März 1868 patentirten VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CXCI S.
                                       216. durch Injection von geschmolzenem Salpeter in das flüssige Metall gefrischt
                              werden soll. Das Gehäuse oder der Mantel h des Gefäßes
                              oder der Kammer besteht aus starken, fest mit einander vernieteten und an allen
                              Verbindungsstellen sorgfältig abgedichteten Eisen- oder Stahlplatten, welche
                              einem Drucke von fünf bis zehn und mehr Atmosphären zu widerstehen vermögen. Um das
                              Ausfüttern des Gefäßes zu erleichtern, ist der obere Theil nach dem Losbolzen der
                              starken Flantschen h¹ abnehmbar. Außen ist das
                              Gefäß durch einen oder mehrere angenietete Reifen h² verstärkt. Der Gefäßmantel h wird in
                              gewöhnlicher Weise durch ein Futter i von Scharmotte,
                              Ganister etc. vor der im Inneren erzeugten hohen Temperatur geschützt, welches,
                              bevor man den Converter
                              in Gebrauch nimmt, sehr stark erhitzt wird, damit es später dem Metalle weniger
                              Wärme entzieht.
                           Am oberen Theile des Domes ist ein eiserner Ring m
                              festgenietet, und auf diesem ein anderer, mit Flantsche versehener Ring n befestigt. Die innere Seite dieses Ringes ist conisch
                              gestaltet und umfaßt den entsprechend geformten, aus feuerfestem Thon angefertigten
                              Ring p, durch welchen die während des Processes
                              gebildeten Gase entweichen. An der Führungsstange r ist
                              ein aus feuerfestem Thon oder Eisen bestehender conischer Stopfen g befestigt, um die durch den Thonring p gebildete Oeffnung zu verschließen oder zu verengern;
                              zur Regulirung des Druckes ist das obere Ende der Stange r mit Gewichten s im erforderlichen Grade zu
                              belasten. Die Stange selbst ist vertical auf- und abwärts beweglich, indem
                              sie durch die bei t ersichtlichen, an dem knieförmig
                              gebogenen Abzugsrohre u angebrachten röhrenförmigen
                              Führungen und Stopfbüchse hindurchgeht. Das Abzugsrohr führt die Verbrennungsgase
                              aus dem Converter in eine Esse ab. An der einen Seite des Gefäßes oder der Kammer
                              ist ein Ansatz v angebracht, auf dessen oberem Theile
                              ein aus feuerfestem Thon bestehender Ring w liegt,
                              welcher durch den conischen Eisenring x festgehalten
                              wird. Die Oeffnung des Ringes w dient zum Eingießen des
                              flüssigen Metalles in das Umwandlungsgefäß, worauf der mit Thon beschlagene
                              kegelförmige Stopfen y in diese Oeffnung hinabgelassen
                              und mittelst des Gewichtes z in derselben festgehalten
                              wird, so daß während des Umwandlungsprocesses keine gasförmigen Substanzen
                              entweichen können. Der Stopfen y hängt sammt seinem
                              Stiele und dem Gewichte z während des Einfließens des
                              Metalles in der in der Zeichnung angegebenen Lage an einer Kette. Sobald das
                              flüssige Metall mit dem Salpeter etc. in Berührung kommt, entwickeln sich sofort
                              bedeutende Massen von gasförmigen Stoffen, welche sich, anstatt aus dem Converter zu
                              entweichen, rasch in demselben anhäufen, bis der Druck im Inneren so stark wird, daß
                              er den Stopfen g hebt, worauf die Gase durch die in
                              dieser Weise entstehende kleine ringförmige Oeffnung abziehen; der Druck wird dabei
                              mit Hülfe der Belastung bei s regulirt. Hierbei erfolgt
                              die Verbrennung des in dem flüssigen Eisen enthaltenen Kohlenstoffes durch den
                              Sauerstoff der zersetzten Salpetersäurefalze unter einem bedeutenden Drucke und die
                              entstandenen gasförmigen Producte werden in hohem Grads verdichtet, wodurch ihre
                              Temperatur bedeutend erhöht und die so erzeugte intensive Hitze dem Metalle
                              mitgetheilt wird, daher dieses länger flüssig bleibt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
