| Titel: | Ueber Schwefelsäure-Fabrication; von P. W. Hofmann. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XCII., S. 347 | 
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                        XCII.
                        Ueber Schwefelsäure-Fabrication; von
                           P. W.
                              Hofmann.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
                                 Berlin, 1870, Nr. 1.
                        Hofmann, über Schwefelsäure-Fabrication.
                        
                     
                        
                           Bei der Schwefelsäure-Fabrication dient bekanntlich die Salpetersäure zur
                              Uebertragung des Sauerstoffes der Luft auf die schweflige Säure, man müßte also
                              theoretisch mit einer gegebenen Menge Salpetersäure eine unbegrenzte Quantität
                              Schwefelsäure darstellen können; daß dieß nicht der Fall ist, darf nicht wundern, da
                              bei jeder Fabrication gewisse Verluste eintreten; jedoch sind diese Verluste der
                              Salpetersäure bei der Schwefelsäure-Fabrication so bedeutend, daß man sie
                              ganz besonderen chemischen Reactionen zuschreiben muß. Diese zu studiren war seit
                              längerer Zeit meine Aufgabe, und obgleich weit entfernt, dieselbe gelöst zu haben,
                              erlaube ich mir doch schon jetzt die seither gefundenen Resultate zu
                              veröffentlichen.
                           Leitet man schweflige Säure in mit Salpetersäure geschwängerte Schwefelsäure, welche
                              das spec. Gewicht von 58–60° Baumé besitzt, so wird die
                              Salpetersäure in Verbindungen reducirt, welche mit der vorhandenen concentrirten
                              Schwefelsäure die sogenannten Bleikammerkrystalle bilden, ohne daß dabei merkbare
                              Mengen von Stickstoffoxydul gebildet würden.
                           Ganz anders verhält sich dagegen die Sache, wenn anstatt der Schwefelsäure von
                              60° Baumé eine mit Salpetersäure geschwängerte verdünnte Schwefelsäure
                              angewandt wird, die z.B. 50° B. hat. In diesem Falle wirkt die schweflige
                              Säure früher eingreifend auf die Salpetersäure ein, es bildet sich eine nicht
                              unbedeutende Menge Stickstoff oder, was für den Schwefelsäure-Fabrikanten
                              ungefähr von derselben Bedeutung ist, Stickstoffoxydul. Die Erklärung scheint einfach darin zu suchen zu
                              seyn, daß im letzteren Falle keine concentrirte Schwefelsäure vorhanden ist, mit
                              welcher sich die höheren Sauerstoffverbindungen des Stickstoffes zu
                              Bleikammerkrystallen vereinigen könnten.
                           Nach Feststellung dieser Thatsachen suchte ich bei der
                              Schwefelsäure-Fabrication auf folgende Weise davon Nutzen zu ziehen:
                           Ich verringerte in der ersten Kammer (sogen. Tambour) den
                              Dampfstrahl in der Weise, daß nur Schwefelsäure von 60° B. producirt wurde,
                              und fand sofort die Laboratoriums-Versuche in der Art bestätigt, daß eine
                              viel geringere Quantität Salpetersäure für dieselbe Menge Schwefelsäure nöthig war.
                              Beobachtet man außerdem noch die Vorsichtsmaßregel, daß man, wenn durch ein Versehen
                              das specifische Gewicht der Kammersäure gefallen ist, dasselbe durch Zusatz von
                              66° Schwefelsäure wieder auf 60° B. erhöht, so läßt sich dadurch ein
                              geringerer Verbrauch von 1 Pfd. Salpetersäure für 100 Pfd. Schwefel erzielen.