| Titel: | Ueber die Fabrication der chinesischen Gong-gong und türkischen Schallbecken; von A. Riche und P. Champion. | 
| Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CXLIX., S. 529 | 
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                        CXLIX.
                        Ueber die Fabrication der chinesischen
                           Gong-gong und türkischen Schallbecken; von A. Riche und P. Champion.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXX p. 85; Januar
                              1870.
                        Riche und Champion, über Fabrication der Gong-gong und
                           Schallbecken.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1833 veröffentlichte Stanislas Julien in den Annales de Chimie et de Physique t. LIV p. 329Polytechn. Journal Bd. LII S.
                                       246. eine Mittheilung der chinesischen Encyklopädie der Künste und Gewerbe über
                              das Verfahren zur Fabrication der chinesischen Gong-gong (Tam-tams)
                              und der türkischen Zimbeln (Schallbecken), aus welcher hervorzugehen scheint, daß
                              das für diesen Zweck verwendete Metall in heißem Zustande gehämmert wird. Jener
                              Mittheilung fügte Darcet Bemerkungen bei, in welchen er
                              sagt, daß Julien zu einem Irrthum veranlaßt worden sey,
                              denn die Erfahrung beweise einerseits, daß die chinesischen Instrumente aus einer
                              Kupferzinnlegirung bestehen, welche ungefähr 80 Proc. vom ersteren und 20 Proc. vom
                              letzteren Metalle enthält, andererseits daß diese Legirung, welche schon in der
                              Kälte sehr spröde ist, diese Eigenschaft im heißen Zustande in noch weit höherem
                              Grade besitzt. Nach Darcet würde diese Fabrication auf
                              einem einfachen Kunstgriffe beruhen, welcher im Tempern
                              der gegossenen Legirung besteht. Mit Hülfe desselben gelang ihm die Anfertigung von
                              einigen Gong-gong und von mehr als sechzig Paar Becken. Es dürfte nicht ohne
                              Interesse seyn, an die von ihm empfohlene Verführungsweise zu erinnern, daher wir
                              seine Bemerkungen darüber wörtlich wiedergeben:
                           
                              „Nachdem das Stück aus der Form genommen ist, wird es abgefeilt und dann
                                 wie Stahl getempert. Hat sich das Stück, nachdem es in rothglühendem Zustande in
                                 kaltes Wasser getaucht worden, geworfen, so richtet man es mittelst kurzer, leichter Hammerschläge. Man gibt ihm den gewünschten
                                 Ton, entweder von vorn herein, indem man das Tempern mehr oder weniger forcirt,
                                 oder indem man das Stück nachher mittelst des Hämmerns mehr
                                 austreibt.“
                              
                           Demnach bestand Darcet's
                              Verfahren nur im Tempern des gegossenen Artikels und im nachherigen Kalthämmern
                              desselben, wenn es sich geworfen hatte.
                           Man braucht die chinesischen Gong-gong nur genauer anzusehen, um die
                              Ueberzeugung zu gewinnen, daß sie nicht nach dieser Methode angefertigt sind, denn
                              sie tragen die Spuren zahlreicher und kräftiger Hammerschläge, welche darauf
                              hinweisen, daß sie einer längere Zeit fortgesetzten Behandlung mit dem Hammer
                              unterworfen wurden bei einer Temperatur, welche so hoch gesteigert wurde, daß das
                              Metall erweichte und seine Dicke vermindert werden konnte, indem es nach den Rändern
                              zu getrieben wurde, welche bedeutend stärker sind als die mittleren Partien.
                           Uebrigens besaßen die zu jener Zeit nach Darcet's Verfahren angefertigten Instrumente keineswegs die
                              Klangfähigkeit der chinesischen, so daß diese sehr interessanten Versuche eine
                              regelmäßige Fabrication nicht hervorzurufen vermochten, und noch jetzt ist man, nach
                              der Aussage unserer besten Fabrikanten von Blechinstrumenten (der HHrn. Gautrot und Lecomte in Paris) weder in Paris, noch im
                              übrigen Europa so weit gekommen, aus der chinesischen und der türkischen Legirung
                              gute Gong-gong und Schallbecken anzufertigen.
                           Ueberdieß wird die Richtigkeit von Julien's Angaben durch die von Champion
                              gesammelten Beobachtungen bestätigt.
                           Da Riche bei seinen Untersuchungen über die Legirungen
                              festgestellt hatte, daß die für Blechinstrumente von vorzüglicher Klangfähigkeit
                              bestimmte Bronze sich in heißem Zustande mittelst des Hammers
                                 und selbst mittelst des Walzwerkes ebenso gut bearbeiten läßt wie Eisen oder
                                 Aluminiumbronze,Man s. seine Abhandlung in diesem Bande des
                                    polytechn. Journals S. 75 (erstes Januarheft 1870). und da ferner Champion auf einer zu
                              wissenschaftlichen Zwecken unternommenen ReiseStanislas Julienet P.Champion, Industries anciennes et modernes de l'Empire chinois. Paris, 1869;Lacroix, èditeur. alle Stadien der Gong-gong-Fabrication in der Nähe von
                              Schanghai verfolgt und sich überzeugt hat, daß die Arbeit nur in einem mehrere
                              Stunden fortgesetzten Hämmern des heißen Metalles und
                              einem nachfolgenden Anlassen oder Tempern besteht: so beschlossen wir, diese Frage
                              gemeinschaftlich von Neuem aufzunehmen.
                           Nach zahlreichen fruchtlosen Versuchen gelang es uns endlich, diese Lücke in der
                              Industrie der europäischen Länder auszufüllen und wir können der Akademie hiermit
                              die beiden ersten vollständigen Gong-gong vorlegen, welche nach unseren
                              Angaben erhalten wurden.
                           Die ersten Versuche wurden in der Pariser Münze gemacht, und die von dieser Anstalt
                              uns gewährte Beihülfe hat zu unserem Erfolge viel beigetragen. Es wurde nämlich
                              constatirt, daß wenn die Legirung in eine Metallform, oder wenn sie zu dünnen
                              Scheiben (von 3, 4, 5 Millimet. Stärke) in Sandformen gegossen wird, man Gefahr
                              läuft die Arbeit nicht in günstiger Weise zu Ende führen zu können, weil dann das Innere der Scheiben
                              gewöhnlich Blasen enthält und nicht die erforderliche Homogenität besitzt; daraus
                              ergibt sich, daß das Metall zu Scheiben von ziemlicher Stärke in Sandformen gegossen
                              werden muß.
                           Bei diesen Versuchen erkannte man ferner, daß der Fabricationszweig in ökonomischer
                              Beziehung in Frankreich nicht lebensfähig seyn würde, wenn man das Verfahren der
                              Chinesen buchstäblich befolgen, d.h. wenn man die
                              gegossenen Scheiben ausschließlich durch Heißhämmern strecken wollte, weil das
                              Metall nur bei Dunkelrothglühhitze bearbeitet werden kann, und somit ein bedeutender
                              Zeitaufwand erforderlich wäre, um ein Stück von 1 Centimeter Stärke auf die von 3
                              bis 4 Millimet. zu bringen.
                           Wir glaubten den Stempelhammer benutzen zu können, erhielten aber bei den in der Cail'schen Fabrik abgeführten Versuchen keine guten
                              Resultate, weil die Maschine das Metall nicht mit hinreichender Geschwindigkeit
                              bearbeitete. Dann kamen wir auf den Gedanken, die auffallende Leichtigkeit mit
                              welcher dieses Metall sich walzen läßt, zum ersten Strecken des Stückes zu
                              verwerthenDen Chinesen ist das Walzwerk nicht bekannt. und wir wandten uns deßhalb an einen geschickten Techniker, Hrn. Cailar, welcher uns nicht nur sein
                              ganzes Material und seine besten Arbeiter zur Verfügung stellte, sondern auch die
                              Arbeiten selbst überwachte. Es wurde folgende Methode angewendet:
                           Zunächst wurden flache Scheiben von 23 Millimet. Dicke gegossen und dazu eine
                              Legirung aus 78 Th. Kupfer und 22 Th. Zinn (beide Metalle wie sie im Handel
                              vorkommen) verwendet. Wir wandten diese Legirung (anstatt der aus 80 Kupfer und 20
                              Zinn zusammengesetzten) an, um unter den ungünstigsten Bedingungen zu arbeiten, weil
                              einige Analytiker bei mehreren Proben von chinesischem Metall diese Zusammensetzung
                              gefunden hatten und diese Legirung noch spröder ist als die aus 80 Kupfer und 20
                              Zinn bestehende.
                           Diese Scheiben wurden in dunkelrothglühendem Zustande ausgewalzt, und einige Durchgänge durch die Walzen genügten um sie bis zu
                              der Stärke von 4 Millimet. auszustrecken. Alsdann wurden die aufgerissenen Ränder in
                              heißem Zustande abgeschnitten und hierauf wurden die wieder zum Dunkelrothglühen
                              erhitzten Scheiben mit dem Hammer bearbeitet, indem man in der Mitte den Anfang
                              machte und dann in concentrischen Kreisen mit kräftigen Schlägen nach der Peripherie
                              zu ging. Auf diese Weise wurde das Metall regelmäßig ausgetrieben und nach der Mitte
                              zu schwächer gemacht. Um die erforderliche Stärke der Scheibe zu erreichen, mußte
                              sie zwanzigmal angewärmt werden, weil der Arbeiter mit dem Treiben aufhören muß,
                              sobald das Metall nicht mehr rothglühend ist; ohne diese Vorsichtsmaßregel würde das
                              Gong-gong unvermeidlich zerspringen. Dann wurde die Scheibe langsam
                              abgekühlt, wieder angewärmt und von Neuem mit dem Hammer getrieben, und als das
                              Metall die gewünschte Dicke erlangt hatte, wurden die Ränder mit dem Hammer
                              gerichtet und das Instrument ward wieder langsam abgekühlt. Da das Wiederanwärmen
                              einen bedeutenden Zeitaufwand verursacht, so würde viel erspart werden, wenn vier
                              bis fünf Scheiben auf einmal in Arbeit genommen und zusammen ausgetrieben würden;
                              nach dem Treiben müßte dann eine Scheibe nach der anderen vollendet werden.
                           Die türkischen Becken oder Zimbeln werden in ganz derselben Art angefertigt wie die
                              Gong-gong.