| Titel: | Ueber die Vorbereitung des Bieres für den Seetransport. | 
| Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XLIII., S. 180 | 
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                        XLIII.
                        Ueber die Vorbereitung des Bieres für den
                           								Seetransport.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. II.
                        Ueber die Vorbereitung des Bieres für den Seetransport.
                        
                     
                        
                           Die neueren Berichte aus Amerika und Asien über die vollständig gelungene Einführung
                              									englischer und deutscher Biere in den dortigen Verkehr lassen an uns erneut die
                              									Frage richten, auf welche Weise die Biere für den Seetransport geeignet und für
                              									südlichere Klimate vollständig haltbar dargestellt werden können.
                           Da die Ursache der weiter greifenden Veränderungen der gegohrenen Getränke in dem
                              									Vorhandenseyn der Hefenpilze liegt, die Lebensfähigkeit derselben aber bei
                              									50° C. (40° R.) erlischt, so ist das
                              									Erwärmen des Bieres und des Weines auf diese Temperatur das einfachste, sicherste
                              									und geeignetste Mittel zum Zwecke der Conservirung dieser Flüssigkeiten. Für Wein
                              									hat bekanntlich Pasteur das Erwärmen auf 50 bis
                              									60° C. als das beste Conservirungsmittel empfohlen, und die unter de Lapparent im Auftrage des Marineministeriums von
                              									Frankreich angestellten Erörterungen (man s. polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCII S.
                              									245) ergaben, daß die Weinproducenten von Orleans, Béziers und Narbonne schon
                              									seit 1860 die Erwärmung des Weines betreiben, um denselben haltbar und für den
                              									Seetransport tauglich zu machen. Aber nicht bloß für Wein, sondern auch für Bier hat
                              									man das Erwärmen als Conservirungsmittel schon vor drei Jahren in Vorschlag
                              									gebracht, und zwar hat besonders der Bierbrauer Velten in
                              									Marseille sich ein deßfallsiges Verfahren patentiren lassen, über welches i. J. 1867
                              										Habich Versuche anstellte, die ein günstiges Resultat
                              									lieferten. Wenn zu jener Zeit das Urtheil über den Werth der Methode noch getheilt
                              									war, so ist der Grund hierfür in dem Mangel hinreichender Erfahrungen zu suchen,
                              									welcher zu jener Zeit in Betreff des Verfahrens und seiner Tragweite herrschte. Im
                              									Verlaufe der letzten zwei Jahre, während welcher die Nachfrage nach Exportbier und
                              									der Bedarf an demselben gestiegen ist, hat man mit dem Velten'schen Verfahren weitere Versuche gemacht, und dieselben sind in
                              									solchem Grade günstig ausgefallen, daß schon mehrere größere Brauereien
                              									Flaschenexportbier durch Erwärmen mit dem günstigsten Erfolge herstellen. Es wandern
                              									aus böhmischen Brauereien nicht unbedeutende Quantitäten von Bier nach Schottland
                              									und dem südlichen Amerika, und dieselben haben sich als höchst werthvoll,
                              									preiswürdig und in jeder Weise conservirt für die Reise über den Aequator
                              									erwiesen.
                           Vollständig übereinstimmend mit den Ergebnissen der Habich'schen Versuche sind die Resultate, welche unter der Leitung des Hrn. Prof. Dr. Fleck im chemischen Laboratorium der k.
                              									polytechnischen Schule in Dresden mit verschiedenen Vieren dortiger
                              									Lagerbierbrauereien angestellt wurden. Zur Untersuchung und Umwandlung in
                              									Transportbier wurden folgende Biersorten verwendet:
                           
                              A) Bier aus der Brauerei zum
                                 										Waldschlößchen, in welchem 4,8 Proc. Extract und 3,6 Proc. Alkohol enthalten
                                 										waren;
                              B) Bier aus der Brauerei zum
                                 										Felsenkeller mit 5,4 Procent Extract und 3,9 Proc. Alkohol;
                              C) Bier aus der Brauerei zum
                                 										Feldschlößchen mit 5,9 Proc. Extract und 3,5 Proc. Alkohol;
                              D) Bier aus der Reisewitzer
                                 										Actienbrauerei mit 6,0 Proc. Extract und 3,7 Proc. Alkohol.
                              
                           Mit jeder dieser Biersorten wurden vier Flaschen gefüllt, von denen jede 3,4 Liter
                              									faßte und bis auf ungefähr 5 Centimeter Halslänge mit Bier angefüllt wurde.
                           Die Hälfte davon, also von jeder Sorte zwei Flaschen, wurde in ein Gefäß mit Wasser
                              									gebracht, nachdem vorher die Verkorkung und Verdrahtung der Flaschen auf das
                              									Sorgfältigste erfolgt war, und in dem Wassergefäß durch Erwärmung des Wassers auf
                              									40° R. 1/2 Stunde lang bei gleich hoher
                              									Temperatur erhalten. Hierauf wurde das warme Wasser aus dem Gefäße abgezogen und
                              									durch Wasser von 12° R. ersetzt, so daß der
                              									Inhalt der Flaschen sich sehr bald abkühlte.
                           Nachdem dieß geschehen war, wurden die Flaschen mit erwärmtem und die mit nicht
                              									erwärmtem Bier in einem geheizten Zimmer und in der Nähe des Ofens bei einer
                              									zwischen 15 und 20° R. wechselnden Temperatur 4
                              									Wochen lang stehen gelassen und dann geöffnet. Das Aussehen der Biersorten war dem
                              									von Habich angegebenen ganz gleich. Die erwärmten Biere
                              									erschienen goldhell und hatten nur am Boden eine ganz dünne Lage granulöser
                              									Hefentheilchen abgeschieden. Das nicht erwärmte Bier kam, zumal das von A und C, wieder in lebhafte
                              									Gährung, so daß eine der Flaschen platzte, in der anderen aber Trübung,
                              									Kahnigwerden, Absetzen der schleimigen Hefentheile stattfand. Dabei hatte in dem
                              									erwärmten Biere von A eine Vergährung auf 1/4°
                              									Saccharometeranzeige, in dem Biere B, C und D gar keine Attenuation stattgefunden, während in den
                              									ungewärmten Gefäßen das Bier von A um 0,8 Proc., von B um 0,3 Proc., von C um 0,3
                              									Proc. und von D um 0,7 Proc. vergohren war.
                           Sodann wurden die Flaschen völlig entleert, und deren Inhalt in mit Papier bedeckten
                              									Gläsern bei einer Zimmertemperatur von 15 bis 18° R. stehen gelassen.
                              									Die erwärmten Biere wurden schal, trübten sich aber nicht eher, als bis die
                              									Essigbildung, welche nach Verlauf von 4 Tagen eintrat, Platz zu greifen begann,
                              									während nicht erwärmtes Bier, welches, frisch gezapft, einen gleichen Zeitraum in
                              									den Gläsern stand, schon nach 24 Stunden kahnig und nach 48 Stunden sauer zu werden
                              									begann.
                           Faßt man diese Erscheinungen zusammen, so gelangt man zu dem Resultate, daß die
                              									Erwärmung des Bieres das einzige und sicherste Mittel ist, um demselben mit der
                              									Transportfähigkeit eine bei Luftabschluß unbegrenzte
                              									Haltbarkeit zu verleihen.
                           Es erübrigt daher nur noch, den Umstand in Betracht zu ziehen, daß möglicher Weise
                              									mit der Erwärmung des Bieres und dem damit verbundenen Entweichen der Kohlensäure
                              									aus demselben gleichzeitig die letztere als ein Bestandtheil, welcher die Frische
                              									seines Geschmackes bedingt, verloren gehe. Diese Befürchtung ist, wenn die Erwärmung
                              									unter gasdichtem Verschlusse geschieht, völlig unbegründet, weil das Gas, welches
                              									während der Erwärmung aus dem Biere tritt, in dem frei gelassenen Flaschenraume
                              									unter einem Drucke bleibt, welcher bei der Wiederabkühlung den Wiedereintritt des
                              									Gases in das Bier bedingt. Damit dieß erreicht werde, müssen aber die Flaschen nicht
                              									nur gut verkorkt, sondern die Korke auch so wenig als möglich
                                 										porös seyn. In dieser Hinsicht lehrten die zuerst angestellten Versuche,
                              									daß nur ganz gute Champagnerkorke anwendbar seyen, und daß, wo solche nicht zu
                              									beschaffen sind, ein anderes Dichtungsmittel gleichzeitig angewendet werden müsse.
                              									Letzteres wurde darin gefunden – und es hat sich ganz vortrefflich bewährt
                              									–, daß die Korke, welche zum Verschließen der zu erwärmenden Bierflaschen
                              									dienen sollten, vorher in eine Mischung von Paraffin und schmelzendem Colophonium
                              									längere Zeit eingetaucht und dann noch warm auf die Flaschen gesetzt wurden. Die
                              									Korksubstanz war mit Paraffin und Colophonium durchtränkt, welches bei 40° R. noch nicht schmilzt, also dem Korke
                              									vollständige Dichtheit verleiht, ohne die Qualität des Bieres im Geringsten zu
                              									gefährden. Das Bier behielt seinen vollen Kohlensäuregehalt auch nach
                              									vierwöchentlicher Aufbewahrung unverändert.
                           Was nun endlich den Apparat betrifft, mit welchem nach dem Velten'schen Verfahren die Erwärmung größerer Bierquantitäten
                              									bewerkstelligt werden soll, so ist bei demselben dem Kohlensäureverlust durchaus
                              									nicht genügend vorgebeugt. Im Gegentheil steht zu erwarten, daß ein mit dem Velten'schen Apparat conservirtes Bier sehr arm an
                              									Kohlensäure zum Transport gelangt. Prof. Fleck empfiehlt daher dem Betriebe einen
                              									Apparat, welcher in seiner Einrichtung die Darstellung sowohl von Flaschen-
                              									als von Faß-Exportbier gestattet, und gerade die Erzeugung des letzteren garantirt eine
                              									dauernde Durchführbarkeit, insofern mit dem Faßtransport die Versendung größerer
                              									Mengen im kleinsten Raume geboten ist.
                           Dieser Apparat ist in Figur 15 abgebildet. A ist ein guß- oder schmiedeeisernes Gefäß von
                              									beiläufig 2 bis 3 Eimern Inhalt, welches in den Holzbottich B eingesetzt ist. Es ist mit einem dicht schließenden Deckel versehen, in
                              									welchem das Sicherheitsventil b, das Thermometer c zur Beobachtung der Temperatur des Bieres und das Rohr
                              										d einmünden. Durch letzteres wird das Bier aus dem
                              									Lagerraum in den Apparat gefüllt, und sodann in das Gefäß B auf 40° R. erwärmtes Wasser
                              									eingegossen, welches durch das Dampfrohr e auf gleicher
                              									Temperatur erhalten wird. Das genügend erwärmte Bier wird, nachdem durch den Hahn
                              										g das warme Wasser entfernt und darauf kaltes Wasser
                              									von 10 bis 12° R. in das Gefäß B geleitet und dadurch das Bier auf gleiche Temperatur
                              									abgekühlt ist, durch die Hähne a, a entweder in Flaschen
                              									oder in Transportfässer gefüllt, bei welchen letzteren eine vollständige Dichtung
                              									Haupterforderniß ist.
                           Ob nicht auch der Biertransport in eisernen oder kupfernen Cylindern, denen
                              									entsprechend welche zum Transport des Sodawassers dienen, mit Vortheil
                              									bewerkstelligt werden könnte, möchte kaum bezweifelt werden, in welchem Falle sich
                              									der Vortheil bietet, daß diese Cylinder, direct mit ihrem Inhalt erwärmt, die
                              									Conservirung des Bieres in der einfachsten Weise gestatten.
                           Der Gasdruck, welcher im Inneren der Exportflaschen oder des Gefäßes A wirkt, indem beim Erwärmen des Bieres die Kohlensäure
                              									entweicht, ist ein um so geringerer, je größer der freie Raum in dem Gefäße ist.
                              									Letzterer darf jedoch, soll nicht ein Verlust an Kohlensäure eintreten, nicht mehr
                              									als höchstens 5 Procent des Biervolumens betragen, also auf 100 Liter Bier 5 Liter
                              									freier Raum. Dann entspricht der Druck des Gases bei 40° R. nahezu 2 Atmosphären, welchen gegenüber sowohl
                              									Champagnerflaschen als auch Kupfer- oder Eisencylinder alle Mal genügende
                              									Widerstandsfähigkeit bieten. Die Befürchtung, daß mit der Erwärmung ein Zerspringen
                              									der Gefäße verbunden seyn könne, ist daher nur dann begründet, wenn Flaschen von
                              									schlecht gekühltem Glas oder Cylinder von schlecht genietetem oder zu dünnem Blech
                              									zur Anwendung gelangen.
                           Nach allem im Vorhergehenden Entwickelten steht der Darstellung des Exportbieres
                              									Nichts mehr entgegen, und es erhellt aus den bisher angestellten Versuchen zur
                              									Genüge, daß die Ansicht, es müsse das Exportbier zum Zwecke größerer Haltbarkeit
                              									besonders dick eingebraut oder vollständig vergohren seyn, durchaus nicht als
                              									Vorbedingung hingestellt werden kann. Jedes Bier, auch das
                                 										leichteste und schwächste, wird durch Erwärmung transportfähig. (Der
                              									Bierbrauer, 1870, Nr. 3.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
