| Titel: | Ueber Verwendung von Kochsalz zur Glasfabrication und Darstellung von Natronsilicaten direct aus Kochsalz und Kieselsäure oder anderen natürlichen und künstlichen Silicaten; von Albert Ungerer. | 
| Autor: | Albert Ungerer | 
| Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. LXXXVIII., S. 344 | 
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                        LXXXVIII.
                        Ueber Verwendung von Kochsalz zur Glasfabrication
                           								und Darstellung von Natronsilicaten direct aus Kochsalz und Kieselsäure oder anderen
                           								natürlichen und künstlichen Silicaten; von Albert
                              								Ungerer.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Ungerer, über Verwendung von Kochsalz zur Glasfabrication
                           								etc.
                        
                     
                        
                           Zur Zeit als ich noch sogenannte Schlämpekohle (Rückstände der Rübenmelassebrennerei)
                              									mit Chilisalpeter auf Kalisalpeter verarbeitete, erhielt ich als Nebenproduct
                              									größere Quantitäten eines Gemisches von Soda, Kochsalz und schwefelsaurem Natron,
                              										circa 60 Proc. Soda enthaltend.
                           Um diese Rückstände nicht umarbeiten zu müssen, veranlaßte ich einen
                              									Glashüttenbesitzer Versuche zu machen, solche bei der Glasfabrication zu verwenden.
                              									Das Resultat war dann, daß mich der Fabrikant versicherte, er könne diese Soda
                              									gerade so gut verwenden als 90grädige Soda, und es wurden nun ziemliche Quantitäten
                              									davon verarbeitet. Hierbei bemerke ich jedoch, daß zu dem Glassatze statt Sand oder
                              									Quarz, entsprechende Quantitäten Granit und Gneiß verwendet wurden; auch fand ein erheblicher Zusatz von
                              									Schwerspath statt, was jedenfalls die gleichzeitige Verwendbarkeit von Kochfalz sehr
                              									begünstigt.
                           In der Folge verarbeitete ich die besseren Partien Soda auf krystallisirte Soda und
                              									die Rückstände sielen für die Glasfabrication immer ärmer an Soda aus, wobei mir
                              									auffallend war, daß der Glasfabrikant mit einer Waare die nur noch 16–17
                              									Proc. Soda, etwa 10 Proc. schwefelsaures Natron und 70–74 Proc. Kochsalz
                              									enthielt, ebenso gut arbeitete als mit der 60 oder 90 Proc. enthaltenden Soda, und
                              									es wurden Hunderte von Centnern meist zu Glas für Champagnerflaschen verschmolzen,
                              									welches sich wohl in Folge des Barytgehaltes durch besonderen Glanz
                              									auszeichnete.
                           Obige Resultate waren die Veranlassung, daß ich mich für die Darstellung von
                              									kieselsaurem Natron direct aus Kochsalz und Sand interessirte, besonders da zu
                              									derselben Zeit Mehreres darüber und unter anderen auch das Verfahren von Gossage
                              									Polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 224. – Wagner's Jahresbericht für 1863, S. 225. bekannt wurde, welches mir jedoch in mehr als einer Hinsicht praktisch
                              									unausführbar erscheint.
                           Ich stellte mir einen Flammofen her, dessen Sohle aus aufrecht gestellten feuerfesten
                              									Backsteinen aus beinahe reinem Quarz bestand, welche nur lose ohne Bindemittel
                              									zusammengestellt waren; die ungefähr 1 Centimeter breiten Fugen wurden unten mit
                              									gröberem, oben mit feinerem Quarz, sogenanntem Glassand, ausgefüllt. Diese Steine
                              									standen in einem Blechkasten auf einer Schicht Kies, in welche mehrere mit kleinen
                              									Löchern versehene eiserne Röhren, die unter sich communicirten, eingebettet waren,
                              									so daß in die Röhren geleiteter Wasserdampf gleichförmig durch die Herdsohle
                              									vermittelst der mit Sand gefüllten Fugen dringen mußte. Der Blechkasten verhinderte
                              									das Entweichen der Dämpfe auf anderen Wegen; auf diese Art wollte ich bewirken, daß
                              									die Beschickung von dem Wasserdampf durchdrungen werde.
                           Der Flammofen ist in Fig. 1 im Grundriß und in Fig. 2 im Durchschnitt
                              									dargestellt. a ist der Kasten von Eisenblech, in welchem
                              									die Herdsohle liegt; b ist das Dampfrohr; c die Herdsohle; d die
                              									Bettung von Flußkies; e ist der Abzug zu einer
                              									Condensationsvorrichtung für die Salzsäure; f die
                              									Oeffnung zum Einfüllen der Beschickung.
                           Der Ofen wurde zu dunkler Rothgluth erhitzt, die Herdsohle, um das Anbacken des
                              									gebildeten kieselsauren Natrons möglichst zu vermeiden, mit einer ganz dünnen
                              									Schicht Glassand überstreut und alsdann ein Gemisch von 1 Thl. Kochsalz und 2 Thln.
                              									Glassand 3–4 Zoll hoch auf dem Herd ausgebreitet. Nachdem die Masse gehörig und
                              									überall gleichmäßig schwach glühend war, wurde durch die Röhren Dampf unter die
                              									Herdsohle geleitet. Es entwickelten sich alsbald reichliche Mengen von Salzsäure und
                              									die Masse fieng an schwach zusammenzubacken; sie wurde darauf mehrmals umgewendet,
                              									so daß die oberen stärker erhitzten Partien nach unten zu liegen kamen; nach etwa
                              									einer Stunde war die ganze Beschickung zu einer krümlichen Masse geworden und hatte
                              									die Entwickelung von Salzsäure aufgehört; der Ofen wurde hierauf entleert, an den
                              									Stellen wo die Masse sich angehängt hatte gereinigt, die Sohle wieder mit Glassand
                              									überstreut und aufs Neue beschickt. Natürlich läßt man nur während der
                              									Zersetzungsperiode Dampf durch die Herdsohle strömen. Beiläufig gesagt, dürfte es
                              									zweckmäßig seyn, die Verbrennungsproducte unter der Flammofensohle zurückgehen zu
                              									lassen, um die durch den Dampf bewirkte starke Abkühlung möglichst zu verringern,
                              									was bei dem Versuchsofen nicht der Fall war.
                           Wenn nicht zu stark erhitzt wird, was auch schon zu vermeiden ist um nicht unnöthig
                              									Kochsalz zu verflüchtigen, so bleibt bei einiger Aufmerksamkeit des Arbeiters die
                              									Herdsohle rein und die Fugen verschmieren sich durchaus nicht. In Rücksichtnahme
                              									hierauf wurde auch ein Möglichst großer Zusatz von Kieselsäure genommen, damit
                              									weniger Gefahr für das Flüssigwerden des Productes vorhanden ist, und es war
                              									wünschenswerth dieß auch aus dem Grunde möglichst zu verhüten, um die Masse so porös
                              									als möglich zu erhalten, damit der Wasserdampf dieselbe leichter durchdringen und
                              									die Zersetzung des Kochsalzes bewerkstelligen kann; eine solche Masse ist leichter
                              									zu handhaben und namentlich auch für die spätere Verarbeitung leichter und billiger
                              									zu zerkleinern.
                           Ich habe zuvor sehr verschiedene Ofenconstructionen versucht, um Kochsalz mittelst
                              									Wasserdampf durch Kieselsäure zu zersetzen, namentlich durch überhitzten Dampf,
                              									durch eine mittelst eines Dampfstrahles nach Art eines Löthrohres angeblasene
                              									Steinkohlenstamme etc., bekam aber keine so brauchbaren Resultate, als auf die eben
                              									beschriebene Weise, indem die Zersetzung nur auf der Oberfläche und auch hier
                              									langsam und unvollständig stattfand; das an der Oberfläche entstandene kieselsaure
                              									Natron schmilzt hierbei leicht und entzieht dadurch einen großen Theil der
                              									unzersetzten Masse der ferneren Einwirkung sowohl des Feuers als des Dampfes, selbst
                              									bei wiederholtem Durcharbeiten. Bei der vorliegenden Ofenconstruction findet
                              									hingegen die Zersetzung in der Masse selbst statt. Bei einem Versuche die
                              									Dampfzuleitungsröhren direct auf die Ofensohle zu legen und die Mischung darauf zu
                              									geben, erhielt ich zwar anfangs gute Resultate, aber die Rohre wurden sehr
                              									angegriffen und es war das Entleeren des Ofens erschwert. Vielleicht ginge es besser,
                              									wenn man die Dampfrohre in die Ofensohle einläßt und mit Sand bedeckt, was ich
                              									jedoch nicht versucht habe. Das auf beschriebene Weise hergestellte Präparat stellt
                              									eine graulich-grünliche, leicht zerbröckelnde poröse Masse dar, welche
                              									natürlich noch etwas Kochsalz und ungebundene Kieselsäure oder Sand enthält, ist
                              									aber für die Glasfabrication ein sehr brauchbares und billiges, auch für besseres
                              									Glas verwendbares Material.
                           Ob aber fertig gebildete kieselsaure Alkalien so vortheilhaft für die Glasfabrication
                              									sind, als es auf den ersten Anblick scheint, ist eine Frage welche sich nur durch
                              									einen längeren Betrieb entscheiden lassen wird.
                           Ein Glassatz der schon fertig gebildetes kieselsaures Natron enthält, schmilzt zwar
                              									rasch nieder, da sich aber aus demselben kein oder nur sehr wenig Gas entwickelt,
                              									wenn nicht allenfalls ungebrannter Kalk dazu verwendet wird, so wird das Glas
                              									weniger untereinander gemischt und daher leicht streifig, ein Uebelstand welcher
                              									durch Umrühren der Glasmasse sich nicht leicht ausgleichen läßt, am ehesten noch
                              									durch den bekannten Kunstgriff, Kartoffeln oder Rüben auf den Boden des Glashafens
                              									zu bringen und den sich entwickelnden Dampf als Rührer zu benutzen.
                           Ich glaube jedoch, daß namentlich in Gegenden wo Soda und Glaubersalz weniger,
                              									dagegen Kochsalz leicht zu beschaffen ist, wie z.B. in manchen Gegenden von
                              									Oesterreich und Ungarn etc., die erwähnte Zersetzung des Kochsalzes sehr
                              									vortheilhafte Verwendung finden kann, um sowohl natürliche Silicate wie Granit,
                              									Basalt etc. oder auch künstliche wie z.B. Hohofenschlacken u. dgl. auf Glas zu
                              									verarbeiten. Voraussichtlich läßt sich aus diesen Materialien, wenn solche mit
                              									Kochsalz gemischt in dem oben beschriebenen Ofen mit Wasserdampf behandelt werden,
                              									ein sehr billiges und schönes Flaschenglas erzeugen. Meine Versuche stellte ich mit
                              									reinem Kochsalz und gutem Malscher Glassand an, und die Fritte gab ein Glas von der
                              									Qualität der gewöhnlichen Wein- und Biergläser.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
