| Titel: | Ueber einige Farbstoffe aus Krapp; von F. Rochleder. | 
| Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XCI., S. 356 | 
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                        XCI.
                        Ueber einige Farbstoffe aus Krapp; von F. Rochleder.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen
                                 								Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 6.
                        Rochleder, über einige Farbstoffe aus Krapp.
                        
                     
                        
                           Außer Alizarin und Purpurin enthält der mit Mineralsäuren in der Wärme behandelte
                              									Krapp noch einige gelbe krystallisirbare Substanzen, welche in der Wurzel
                              									wahrscheinlich als Zuckerverbindungen enthalten sind. Ihre Menge ist gering, und man
                              									braucht Tausende von Pfunden Krapp, um sich einige Lothe von dem Gemenge dieser
                              									Körper zu verschaffen. Das Material, welches der Verfasser zur Darstellung dieser
                              									Substanzen verwendete, war in der Fabrik von Wilhelm Brosche in Prag dargestellt. Der Verf. erhielt es in Form von braungelben,
                              									harten, specifisch leichten Stücken, welche sich leicht zu Pulver zerreiben ließen.
                              									In welchem Verhältnisse die Bestandtheile, die er daraus isolirt hat, zu den
                              									Producten stehen, welche Schunck aus feinem sogenannten
                              									Rubian erhalten hat, und zu den Körpern welche Schützenberger im käuflichen Purpurin auffand, kann hier nicht näher
                              									erörtert werden, da die Analysen, welche von diesen Substanzen ausgeführt wurden,
                              									unter einander zu wenig Ubereinstimmung zeigen, als daß sie hier weiter in
                              									Betrachtung gezogen werden könnten.
                           Das Material, welches dem Verf. zur Verfügung stand, löste sich in ätzender
                              									Natronlauge mit blutrother Farbe auf. Aus dieser Lösung fällt nach Zusatz von
                              									Salzsäure eine reichliche Menge gelatinöser, schmutzig gelber Flocken nieder, welche
                              									beim Kochen mit Wasser ihr Volumen vermindern und ihre gallertartige Beschaffenheit
                              									so weit einbüßen, daß sie nach dem Erkalten auf einem Filter leicht ausgewaschen
                              									werden können. Das Lösen in Alkali und Fällen hat den Zweck, die Substanzen leichter
                              									durch Lösungsmittel angreifbar zu machen.
                           Durch Behandeln mit Barytwasser löst sich ein größerer Theil der Masse; ein kleinerer
                              									Theil bleibt als fast schwarzes Pulver ungelöst. Der gelöste Theil wird von dem
                              									unlöslichen durch ein Filter getrennt und der letztere mit Wasser gewaschen. Indem
                              									der Verf. sich vorbehält, auf die Bestandtheile des unlöslichen Antheiles später
                              									zurückzukommen, bespricht er jetzt nur die vier Körper, deren Barytverbindungen in
                              									Wasser löslich sind.
                           Die blutrothe Lösung in Barytwasser wurde mit Salzsäure gefällt, die gefällte
                              									gelbliche Masse sammt der Flüssigkeit zum Sieden erhitzt, damit die gelatinöse
                              									Beschaffenheit des Niederschlages vermindert werde, dieser auf ein Filter gebracht
                              									und mit Wasser gewaschen. Nach dem Abtropfen des Wassers wurde er auf Löschpapier
                              									gebracht, damit die Menge der Flüssigkeit größtentheils entfernt werde, und der noch
                              									feuchte Niederschlag mit so viel Essigsäurehydrat zum Sieden erhitzt, als zur
                              									gänzlichen Lösung erforderlich war. Nach dem Erkalten erstarrte die rothgelbe
                              									essigsaure Lösung zu einem Kuchen von kleinen Krystallen, welcher auf ein Filter
                              									gebracht und mit kaltem Essigsäurehydrat ausgewaschen wurde, so lange die
                              									abtropfende Säure die Farbe einer gesättigten Lösung des Kaliumbichromates
                              									hatte.
                           Durch diese Behandlung wird ein in kalter Essigsäure sehr leicht löslicher, amorpher,
                              									harzartiger Körper entfernt, während nur wenig von den übrigen Bestandtheilen in
                              									Lösung geht. Die rothe Lösung, mit Wasser versetzt, gibt einen gelben klebrigen
                              									Niederschlag, dessen Verarbeitung auf krystallinische Bestandtheile wegen der
                              									geringen Menge welche er davon enthält, nicht lohnend ist.
                           Die auf dem Filter gebliebene citronengelbe Masse wurde durch fractionirtes
                              									Krystallisiren aus einem siedenden Gemische von Essigsäure und Wasser, durch
                              									fractionirtes Krystallisiren dieser Fractionen aus heißem Weingeist, durch
                              									partielles Lösen in Weingeist und partielles Fällen der weingeistigen Lösungen mit
                              									Wasser, in die verschiedenen Bestandtheile zerlegt.
                           Die vier Körper welche der Verfasser von einander isolirt hat, stehen einander in
                              									ihrem Verhalten gegen Lösungsmitel so nahe, daß ihre Trennung nur durch oft
                              									wiederholte, zeitraubende Operationen bewerkstelligt werden konnte, und in ihren
                              									Eigenschaften gleichen sie sich so sehr, daß nur zahlreiche Analysen als
                              									Anhaltspunkt für die Nothwendigkeit weiterer Reinigungsversuche benutzt werden
                              									konnten.
                           Der Verf. hat von den verschiedenen Körpern viel zu wenig im reinen Zustande
                              									erhalten, als daß es ihm möglich gewesen wäre, weitere Untersuchungen über ihr
                              									Verhalten gegen Reagentien anzustellen, um daraus einen Schluß auf ihre Constitution
                              									machen zu können. Für die Richtigkeit der gefundenen Zusammensetzung spricht die
                              									Übereinstimmung der Analysen; jede Analyse, welche sich im weiteren Verlaufe
                              									angegeben findet, bezieht sich auf eine Substanz die zu verschiedenen Zeiten auf
                              									verschiedene Art dargestellt wurde.
                           Dasjenige Product, welches in der größten Quantität in dem Gemenge sich vorfindet,
                              									das nach Entfernung des harzartigen Körpers bleibt, Nennt der Verf. Isalizarin, da es dieselbe Zusammensetzung hat wie das
                              									Alizarin, von welchem es sich leicht unterscheidet durch die blutrothe Farbe seiner Lösung in
                              									Natronlauge und Kalilauge, und durch die rothe Lösung welche es mit Barytwasser
                              									gibt. Die Farbe dieses Körpers liegt zwischen der Farbe des Alizarins und der des
                              									Purpurins nahezu in der Mitte. Mit Eisen- und Thonerdebeize versehener Kattun
                              									wird dadurch nicht gefärbt. Größere Krystalle dieses Körpers zu erhalten, ist dem
                              									Verf. nicht gelungen. Die folgenden Analysen beziehen sich auf Material von vier
                              									verschiedenen Darstellungen:
                           
                              
                                 Berechnet:C = 12, O = 16.
                                 
                                 Gefunden:
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 C¹⁴
                                 = 168
                                   70,00
                                   70,18
                                   70,02
                                   70,03
                                   70,01
                                 
                              
                                 H⁸
                                 =     8
                                     3,33
                                     3,61
                                     3,62
                                     3,65
                                     3,61
                                 
                              
                                 O⁴
                                 =   64
                                   26,67
                                   26,21
                                   26,36
                                   26,32
                                   26,38
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                     240
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00.
                                 
                              
                           Das Isalizarin ist von einem zweiten Körper begleitet, der in außerordentlich
                              									geringer Menge sich in dem Gemenge vorfindet, von welchem hier die Rede ist, so daß
                              									der Verf. nicht im Stande war, mehr davon rein zu erhalten, als zur Ausführung einer
                              									Analyse nöthig war. Dieselbe führte zu der Formel
                              									C¹⁵H¹⁰O⁴. Er ist dem Isalizarin zum Verwechseln
                              									ähnlich, und seine Gegenwart in demselben erklärt den etwas zu hoch gefundenen
                              									Wasserstoffgehalt des Isalizarins.
                           Ein dritter Körper, welcher, in kleinerer Menge als das Isalizarin vorkommend, dieses
                              									begleitet, ist das Hydrisalizarin. Seine Farbe ist etwas
                              									Heller gelb als die des Isalizarins. Er löst sich in siedender Eisenchloridlösung
                              									mit dunkelbrauner Farbe und fällt zum Theil beim Erkalten, zum Theil nach Zusatz
                              									einiger Tropfen Salzsäure in hellen gelben Flocken aus dieser Lösung nieder, ohne
                              									dabei eine Veränderung zu erleiden. Vier Analysen führten zu der Formel
                              									C¹⁸H¹⁸O⁸.
                           Der vierte Körper, welcher das Isalizarin und die zwei anderen erwähnten Substanzen
                              									begleitet, ist dem Hydrisalizarin homolog und nach der Formel
                              									C²⁹H²⁰O⁸ zusammengesetzt. Bei einer Temperatur
                              									von 118 bis 120° C. sehr lange Zeit erhalten, verliert dieser Körper noch
                              									OH², wobei er eine dunkle Farbe annimmt.
                           Der Verf. macht bei dieser Gelegenheit noch auf die Zusammensetzung der
                              									Ruberythrinsäure aufmerksam, welche er vor vielen Jahren im Krapp aufgefunden hat.
                              									Die Zusammensetzung derselben entspricht nach ihm genau der Formel
                              									C²⁰H²²O¹¹. Sie zerfällt durch Einwirkung
                              									von Säuren in Alizarin und Zucker nach folgendem Schema:
                           C²⁰H²²O¹¹ =
                              									C¹⁴H⁸O⁴ + C⁶H¹²O⁶ +
                              									OH².