| Titel: | Ueber Brodvergiftung; von Dr. Herm. Eulenberg und Dr. Herm. Vohl zu Cöln. | 
| Autor: | Hermann Eulenberg [GND] | 
| Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXXXIII., S. 531 | 
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                        CXXXIII.
                        Ueber Brodvergiftung; von Dr. Herm. Eulenberg und Dr. Herm. Vohl zu
                           								Cöln.
                        Eulenberg und Vohl, über Brodvergiftung.
                        
                     
                        
                           Die Anwendung der Metallsalze bei der Panification geschieht schon seit undenklichen
                              									Zeiten. Dieser Mißbrauch wurde von Frankreich aus nach Belgien, Holland und
                              									England eingeführt. Die hierzu gebräuchlichen Metallsalze sind: schwefelsaure Thonerde resp. das Doppelsalz derselben,
                              									der Alaun, das schwefelsaure
                                 										Kupferoxyd und schwefelsaure Zinkoxyd.
                           Da der sogenannte Salzburger Vitriol häufig als
                              									Kupfervitriol in den Handel kommt und derselbe nicht reines schwefelsaures
                              									Kupferoxyd, sondern ein Gemisch von schwefelsaurem Kupferoxyd mit schwefelsaurem
                              									Zinkoxyd in wechselnden Verhältnissen darstellt, so hat man in manchen Brodsorten
                              									neben dem Kupfersalz auch noch das Zinksalz gefunden.Es existirt bekanntlich noch ein anderer Salzburger Vitriol, welcher aus
                                    											einem Gemisch von schwefelsaurem Eisenoxydul mit schwefelsaurem Kupferoxyd
                                    											besteht, jedoch für den in Rede stehenden Zweck nicht zu gebrauchen ist.
                              								
                           Nicht selten werden Alaun, Kupfer- und Zinksalz zusammen oder Alaun mit
                              									Zinksalz angewendet. Der Zusatz eines dieser Salze zum Teig oder Mehl bietet dem
                              									Bäcker folgende Vortheile dar:
                           
                              1) können dadurch schlechte Mehlsorten, welche sogar einen
                                 										mulstrigen Geruch und Geschmack haben, zu gutem Brode verarbeitet werden;
                              2) wird dadurch die Verarbeitung des Teiges bedeutend erleichtert
                                 										und die Panification tritt eher ein;
                              3) wird die Krume und Kruste schöner;
                              4) wird dem Bäcker dadurch ein größerer Wasserzusatz und folglich
                                 										auch eine bedeutendere Gewichtsvermehrung des Brodes ermöglicht;
                              5) bleibt das Brod längere Zeit frisch.
                              
                           Alle diese Vortheile, welche ein solcher Zusatz bedingt, verführen die Bäcker zu
                              									diesem sehr verwerflichen Betrug.
                           Der Alaun hat sich vorzugsweise in England Bahn gebrochen,
                              									während der Kupfervitriol mehr in Frankreich, Holland und
                              									Belgien in Aufnahme kam. Der Gebrauch des Kupfervitrioles führt das Unangenehme mit
                              									sich, daß er zuweilen dem Brode eine grünlich-blaue und bisweilen auch eine
                              									grauschwärzliche Farbe mittheilt Ein zu großer Zusatz bedingt die
                              									grünlich-blaue Farbe, wohingegen das Brod sich schwärzt, wenn bei Anwendung
                              									von schlechtem Mehl während der Gährung sich Spuren von Schwefelwasserstoff entwickeln, welche alsdann die Bildung von Schwefelkupfer veranlassen.
                           Es ist schon vorgekommen, daß gewissenlose Bäcker zunächst in der Weise verfälschten,
                              									daß sie das Weizenmehl mit Mehl von Brassica-Arten, von sogenannten Oelkuchen
                              									vermischten und alsdann die gute Beschaffenheit des Brodes durch einen Zusatz von
                              									Kupfervitriol zu erzielen gedachten, dadurch aber ein im Inneren dunkelbraun,
                              									zuweilen kastanienbraun gefärbtes Brod erhielten. Die Ursache dieser Farbe ist erklärlich, wenn man
                              									bedenkt daß das Mehl der Brassica Samen sehr schwefelreiche Verbindungen (Sinapin)
                              									enthält, welche bei Gegenwart von Wasser Allylverbindungen bilden. Dieselben unterliegen während der Gährung einer
                              									Zersetzung, so daß sich ihr Schwefel mit dem Kupfer zu Schwefelkupfer verbindet, wodurch das Brod braun gefärbt wird.
                           Alle diese Nachtheile welche der Kupfervitriol mit sich führen kann, mußten die
                              									Bäcker zu großer Vorsicht anhalten. Dieselben treten bei der Anwendung des
                              									Salzburger Vitrioles in geringerem Grade auf, weil derselbe schwefelsaures Zink
                              									enthält, wodurch die Farbe des Brodes eine geringere Veränderung erleidet, weil das
                              									möglicher Weise sich bildende Schwefelzink von weißer
                              									Farbe ist.
                           Aus dieser Ursache wurde der Kupfervitriol von vielen Bäckern durch Zinkvitriol ersetzt. Besonders wird in Belgien und
                              									Holland dem Weißbrod Zinkvitriol, bisweilen auch
                              									gleichzeitig Alaun zugesetzt. Ein mit diesen Substanzen
                              									versetztes Brod bietet äußerlich alle Eigenschaften eines guten Brodes dar; selbst
                              									im Geschmack unterscheidet es sich nicht wesentlich von anderem unverfälschtem
                              									Brode. Dagegen kann der fortgesetzte Genuß desselben Uebelkeit und Erbrechen
                              									erregen, wodurch schließlich ein so bedeutender Widerwillen gegen ein solches Brod
                              									entsteht, daß man schon instinctlich vom Genusse desselben abgehalten wird.
                           Wie viel Zinkvitriol in einem Weißbrod enthalten seyn kann, geht aus nachfolgender
                              									Analyse hervor. Es wurden drei verschiedene Brodsorten aus der Umgegend von
                              									Mastricht der chemischen Untersuchung unterworfen.
                           Die qualitative Analyse ergab neben den stets vorkommenden unorganischen
                              									Aschenbestandtheilen des Brodes Zinkoxyd, Thonerde und
                              										Schwefelsäure. Der Aschengehalt betrug im Inneren bei
                              									der ersten Probe 2,01660, bei der zweiten 5,3662 und bei der dritten 4,6990
                              									Proc.
                           In dieser Asche war enthalten:
                           
                              
                                 bei I.
                                 bei II.
                                 bei III.
                                 
                                 
                              
                                 0,0350
                                 0,0311
                                 0,0309
                                 Zinkoxyd,
                                 
                              
                                 0,0222
                                 0,0613
                                 0,0593
                                 Thonerde.
                                 
                              
                           Gutes Weißbrod enthält durchschnittlich 1,07–1,50 Proc. Asche. Man müßte
                              									deßhalb schon aus dem Aschengehalt der drei Proben, welcher den normalen
                              									Aschengehalt bedeutend ubersteigt, Verdacht auf fremdartige Beimischungen schöpfen,
                              									welche hier in einem erheblichen Gehalte an Zinkoxyd und Thonerde bestanden.
                           Da nach Kuhlmann's Erfahrung die größte Menge von
                              									zugesetztem Kupfervitriol nur 1/1000 betragen kann und jeder größere Zusatz das Brod wässerig und
                              									großäugig macht, so ist aus obiger Analyse ersichtlich, daß der Zinkgehalt eines
                              									Brodes verhältnißmäßig den Kupfergehalt bedeutend übersteigen kann.
                              									Nothwendigerweise müssen deßhalb auch die Gesundheitsstörungen durch den Genuß eines
                              									mit Zinkvitriol versetzten Brodes einen höheren Grad erreichen, als durch den Genuß
                              									eines kupfervitriolhaltigen Brodes. Letzteres wird niemals ein Krankheitsbild
                              									hervorzurufen vermögen, in welchem die Symptome der Metallvergiftung so bestimmt
                              									ausgesprochen sind, wie bei der Vergiftung durch Zinkvitriol. Das Kupfer verbindet
                              									sich nämlich mit dem Kleber und den stickstoffhaltigen Bestandtheilen des Brodes und
                              									bildet gleichsam ein Kupfer-Albuminat, weßhalb
                              									namentlich die Wirkung des Kupfervitrioles als Brechmittel unter diesen
                              									Verhältnissen nicht immer auftreten kann, ganz abgesehen von den viel kleineren
                              									Mengen des Metallsalzes, welche hier nur zur Anwendung und Einwirkung kommen können.
                              									Wie das Quecksilber als Quecksilber-Albuminat seine charakteristische Wirkung
                              									bedeutend einbüßt, so ist dieß in weit höherem Grade beim Kupfer-Albuminat
                              									der Fall. Dasselbe wird vom Organismus aufgenommen und scheidet sich schließlich
                              									durch die Excrete aus, und zwar theils in der Form von Kupferchlorid, theils als
                              									Schwefelkupfer.
                           Trotzdem ist es aber nicht zu läugnen, daß der langdauernde Genuß eines dem
                              									Organismus heterogenen Metalles im Brode schließlich Gesundheitsstörungen
                              									hervorrufen muß. Mag man über die Frage: ob Kupfer Gift sey oder nicht, denken wie
                              									man will: Kupfer ist ein Metall, welches nicht zur Constitution des thierischen
                              									Körpers gehört und dem Organismus gegenüber stets als etwas Fremdartiges resp.
                              									Feindseliges auftritt. Das Auffinden des Kupfers in verschiedenen normalen thierischen Flüssigkeiten war nur dann möglich,
                              									wenn bei der Analyse kupferne Gerätschaften (Lampen etc. gebraucht wurden. Niemals
                              									kann das Kupfer als ein integrirender Theil des Thierorganismus angesehen werden.
                              									Ganz zweifellos sind die organisch-sauren
                                 										Kupferfalze zu den Giften zu zählen.
                           Was den Zusatz von Alaun betrifft, so wird der beständige
                              									Genuß von mit diesem Salze versetztem Brode sicher mehr oder weniger
                              									Verdauungsstörungen der verschiedensten Art zur Folge haben. Immer bleibt es ein
                              									höchst strafbarer Betrug, wenn man dem Brode Substanzen einverleibt, welche nicht
                              									zur Ernährung und Erhaltung des Körpers dienen.
                           Der Nachweis des Zinkoxydes im Brode ist mit einiger
                              									Schwierigkeit verbunden, weil das Zinkoxyd in Gegenwart von Kochsalz bei der hohen
                              									Temperatur welche bei der Verbrennung stattfindet, sich als Chlorzink verflüchtigen
                              									kann. Es müssen schon erhebliche Mengen von Zinkoxyd im Brode vorhanden seyn, wenn man durch bloßes
                              									Einäschern in der Muffel einen Zinkgehalt in der Asche behält. In den vorliegenden
                              									Fällen war allerdings die Menge so groß, daß die Asche beim Erhitzen eine schön
                              									citronengelbe Farbe hatte, welche beim Erkalten wieder verschwand.
                           Um den Zinkgehalt mit Sicherheit qualitativ und quantitativ nachzuweisen, ist es
                              									nothwendig daß man das fragliche Brod in einer Retorte mit chemisch reiner
                              									concentrirter Schwefelsäure übergießt. Man setzt von letzterer so viel zu, als das
                              									Brod aufzusaugen vermag. Man erhitzt alsdann im Sandbade so lange, bis die Masse
                              									schwarz verkohlt und fast trocken geworden ist. Die mit schwefliger Säure und
                              									Salzsäure geschwängerten Wasserdämpfe muß man in einen gut ziehenden Kamin
                              									leiten.
                           Die erkaltete Masse wird mit destillirtem Wasser ausgezogen und der Auszug in einer
                              									Porzellanschale im Wasserbade zur Trockne gebracht. Den Rückstand spült man alsdann
                              									mit Wasser in einen Platintiegel und verdampft durch Erwärmen auf der Lampe sowohl
                              									das Wasser wie auch die überflüssige Schwefelsäure unter einem Rauchfange. Der
                              									jetzige Rückstand wird in Wasser unter Beihülfe einiger Tropfen Salzsäure aufgelöst,
                              									alsdann mit essigsaurem Natron im Ueberschuß versetzt und mit Schwefelwasserstoff
                              									behandelt. Das Zink fällt als Schwefelzink mit wenig Eisen verunreinigt nieder und
                              									kann aus diesem Niederschlag durch Lösen in Salzsäure oder Salpetersäure, sowie
                              									Fällen letzterer Lösung in der Hitze mit kohlensaurem Natron rein erhalten werden.
                              									Das Filtrat des Schwefelwasserstoff-Niederschlages enthält die Thonerde,
                              									welche vom Alaun herrührt und wie bekannt bestimmt wird.
                           Kupfer kann schon durch bloßes Einäschern des Brodes in
                              									der zurückbleibenden Asche nach dem Ausziehen mit Salpeter-Salzsäure in der
                              									sauren Lösung durch die betreffenden Reagentien nachgewiesen werden. Vermuthet man
                              									einen Kupfergehalt im Brode, so kann man vorläufig eine Probe davon mit einer Lösung
                              									von Ferrocyankalium behandeln, wodurch man alsdann häufig schon die bekannte
                              									Reaction auf Kupfer erhält, indem sich dabei rothes
                                 										Ferrocyankupfer bildet.