| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. , S. 88 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Handkraftpropeller auf Handelsschiffen.
                           Die auf einigen englischen Kriegsschiffen angewendete Weise, gelegentlich den
                              									Propeller aus freier Hand zu bearbeiten, scheint die Aufmerksamkeit der Rheder und
                              									Schiffsbefehlshaber und vielleicht auch der See-Assecuranten zu verdienen.
                              									Ein Rad auf dem Verdeck, welches auch auf der Batterie oder im Zwischenboden Raum
                              									hat, steht durch eine Achse und eine Auswechselung mit der Propellerachse in
                              									Verbindung, so daß diese, wenn das Rad mit einer Schnelligkeit von 1/2 oder 2
                              									Schlägen in der Minute rund umläuft, 8 bis 10 Schläge macht, was diesem großen
                              									Fahrzeuge eine Schnelligkeit von 2 bis 3 Viertelmeilen in der Stunde gibt. Diese
                              									einfache und wenig kostspielige Einrichtung ist in vielen Fällen von unermeßlichem
                              									Nutzen und spart Kohlen, wie bei Versetzung des Fahrzeuges in kürzeren Abstand im
                              									Hafen, beim Anlaufen von Häfen bei schwachem Gegenwind. Ja es hat sogar Beispiele
                              									gegeben, daß ein englisches Kriegsschiff, um bei Windstille während des Passirens
                              									der Linie Kohlen zu sparen, die halbe Besatzung im Propellerrade rund gehen
                              									ließ.
                           Eine solche Einrichtung auf einem Handelsfahrzeuge, der Größe und Bemannungszahl
                              									desselben angepaßt, würde sich ganz gewiß binnen Kurzem bezahlt machen. Jeder
                              									Seemann weiß, daß viele Male großer Zeitverlust, Schaden und Unglück aus der
                              									Unmöglichkeit erfolgen können, zu rechter Zeit ein gewisses Ziel zu erreichen.
                           Es scheint also, daß ein durch Händekraft getriebener Propeller zur unentbehrlichen
                              									Ausrüstung für jedes Segelschiff einer auf ihren Vortheil bedachten Rhederei wird
                              									gehören müssen, vorausgesetzt daß die Kosten dafür mäßig sind, und daß derselbe bei
                              									einer gewöhnlichen Besatzungsstärke die Geschwindigkeit des Fahrzeuges bei ruhigem
                              									Wetter um wenigstens 2 Viertelmeilen in der Stunde vermehrt.
                           Vielleicht würde eine solche Vermehrung in der Fahrt auch in schwerem Wetter bei
                              									Zufällen von Nutzen seyn, in denen die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung auf
                              									dem Spiel steht. Wenn bei einer solchen Gelegenheit eine äußerste Anstrengung der
                              									Besatzung dem Fahrzeuge eine erhöhte Widerstandskraft gegen See und Wind zu geben
                              									vermöchte, entsprechend der Schnelligkeit von 3 bis 4 Viertelmeilen in der Stunde
                              									bei ruhigem Wetter, so ist wahrscheinlich, daß Fahrzeug, Ladung und Menschenleben
                              									dadurch mehr als ein Mal gerettet werden könnten. (Aus dem
                              									Militär-Wochenblatt vom 15. Juni 1870.)
                           
                        
                           Nézeraux's
                              									Dampfmaschinen-Condensator.
                           Die nach dem System Nézeraux construirten
                              									Kondensatoren sind speciell für solche Gegenden bestimmt, in denen bei Mangel an
                              									Wasser und wegen hoher Brennmaterialpreise die Aufstellung möglichst ökonomisch
                              									arbeitender Maschinen doppelt wünschenswerth ist. Bei Anwendung dieses Condensators
                              									kann man ununterbrochen nahezu dasselbe Wasser zur Kesselspeisung respective zur
                              									Abkühlung benutzen.
                           Der Apparat (condenseur hydro-atmosphérique
                              									genannt) besteht aus zwei Theilen, dem Condensator im engeren Sinne und einem
                              									Abkühler (rafraîchisseur).
                           Im Condensator umspült der auspuffende Dampf ein System paralleler Röhren, durch
                              									welche unaufhörlich Kühlwasser geleitet wird. Während nun das sich condensirende
                              									Wasser durch eine Pumpe in den Sammelbottich für das Speisewasser gebracht wird,
                              									gelangt das im Condensator erwärmte Kühlwasser in den Abkühler, um die Temperatur
                              									soweit zu erniedrigen, daß eine neue wiederholte Verwendung dieses Wassers im
                              									Condensator stattfinden kann.
                           Im Abkühler, einem Kessel mit einer fein durchlöcherten Platte in Verbindung mit
                              									einem Ventilator, welcher fortwährend frische Luft von unten nach oben durch die
                              									Siebplatte preßt, fließt das vom Condensator kommende erwärmte Kühlwasser über die
                              									Siebplatte und kommt in sehr fein vertheiltem Zustand mit der eingetriebenen
                              									frischen Luft in
                              									Berührung, welcher das Wasser eine bedeutende Berührungsfläche darbietet, was
                              									natürlicherweise eine wesentliche Bedingung der guten Wirksamkeit dieses Apparates
                              									ist.
                           Die erwärmte, mit Wasserdampf gesättigte Luft zieht aus dem Abkühler in einen Kamin,
                              									während das genügend abgekühlte Wasser in eine Sammelgrube abfließt und hieraus
                              									durch eine Pumpe wieder in den Condensator gebracht wird. Einen Condensator dieses
                              									Systemes hat kürzlich der Ingenieur M. H. Flaud in Paris
                              									ausgeführt. (Nach Armengaud's Génie industriel, Mai 1870, S. 225).
                           
                        
                           Verbesserung am Strumpfwirkerstuhl.
                           Der Strumpfwaarenfabrikant Collinet in Moreuil nahm sich
                              									in Frankreich ein Patent auf eine Verbesserung am Handculirstuhl, welche darin
                              									besteht, daß anstat der gebräuchlichen massiven Preßschiene eine verzahnte,
                              									kammförmige Presse verwendet wird, deren einzelne Zähne zwischen die Platinen
                              									reichen, dieselben stets in ihrer regelrechten Stellung unterstützen und im
                              									richtigen Augenblicke die Nadelhaken schließen.
                           Durch diese Einrichtung wird der Raum vor der Nadelreihe frei und kann nun zur
                              									Anbringung von Fadenführer benutzt werden; auch soll sich die Leistungsfähigkeit
                              									eines Stuhles dadurch erhöhen. (Armengaud's Génie industriel, Mai 1870, S. 273.)
                           
                        
                           Ueber die Betriebskraft von Nähmaschinen, nach Prof. Dr. H. Meidinger.
                           Im polytechn. Journal Bd. CXCVI S. 196, erstes Maiheft 1870, wurde unter vorstehendem
                              									Titel ein der citirten „deutschen Industriezeitung“ entnommener
                              									Auszug gebracht aus der längeren Abhandlung über Nähmaschinen, welche Hr. Prof. Meidinger in der von ihm herausgegebenen badischen Gewerbezeitung für Haus und Familie vergangenes
                              									Jahr veröffentlicht hat.
                           Nach dem Wunsche des Verfassers constatiren wir, daß auf Seite 198 Zeile 5 von unten
                              									vor „zuzuschreiben“ das Wörtchen „mit“ ausgelassen wurde, welches sich im
                              									Originaltexte vorfindet und wodurch der Sinn des Satzes ein wesentlich verschiedener
                              									wird. Der leichte Gang der Singer-Maschine ist
                              									dann nämlich nicht der einzige Grund, sondern nur einer der Gründe und nicht einmal
                              									der Hauptgrund, aus welchem sie in den letzten Jahren eine so große Verbreitung
                              									erlangt hat.
                           Hamburger Reclamenfabrikanten haben jenen Auszug, welcher von uns wortgetreu der
                              									deutschen Industriezeitung Nr. 7 entnommen wurde, dazu benutzt, den Namen des Hrn.
                              									Prof. Meidinger im Interesse der Wheeler-Wilson-Maschine zu mißbrauchen, als habe er solche
                              									in jeder Hinsicht für vorzüglicher als die Singer-Maschine erklärt. Der aufmerksame Leser der ganzen
                              									Originalabhandlung des Hrn. Prof. Meidinger wird hingegen
                              									die Ueberzeugung gewinnen, daß er keinem dieser beiden Nähmaschinen-Systeme
                              									einen erheblichen Vorzug vor den anderen zuerkannt hat, ja daß seine Ansichten über
                              									die beste Familiennähmaschine diese beiden Systeme überhaupt nicht berühren. Die
                              									Redaction.
                           
                        
                           Ueber den Einfluß der Nähmaschinen auf die Gesundheit der
                              									Arbeiterinnen; von E. Decaisne.
                           Aus meinen Beobachtungen, welche an 661 mit den Nähmaschinen arbeitenden weiblichen
                              									Individuen angestellt wurden, glaube ich nachstehende Folgerungen ziehen zu
                              									dürfen:
                           1) Die Wirkungen des Arbeitens mit der Nähmaschine auf das locomotorische System
                              									unterscheiden sich in Nichts von denen, welche durch jede übermäßige Muskelarbeit
                              									hervorgebracht werden, die hauptsächlich gewisse Glieder mit Ausschluß gewisser
                              									anderer beschäftigt. Die mehrfach hervorgehobenen Schmerzen in den Muskeln der Lenden- und
                              									Kreuzgegend, die Krümmung der Schenkel etc., zeigen sich nämlich nicht bei den
                              									Frauen welche täglich nur drei bis vier Stunden an der Maschine beschäftigt sind,
                              									und verschwinden bei denen welche länger arbeiten, gewöhnlich nach Verlauf einer
                              									gewissen Zeit.
                           2) Wenn ich auch zugebe, daß durch übermäßige körperliche Arbeit bei dem weiblichen
                              									Geschlechte Störungen in den Functionen des Magens veranlaßt werden können und
                              									müssen, so ist es mir doch unmöglich, die Nähmaschine als Ursache jener
                              									Verdauungsstörungen anzuklagen, welche wir in Paris bei sechzehn von zwanzig
                              									Arbeiterinnen jeder Classe antreffen.
                           3) Vergleicht man, wie ich es gethan habe, den Zustand der Athmungsorgane bei den mit
                              									der Maschine und bei den mit der Nadel arbeitenden Näherinnen, so findet man daß
                              									gewisse Affectionen der Respirationsorgane, z.B. Dyspnöe (Schwerathmen) bei allen
                              									Arbeiterinnen ohne Unterschied in gleichem Verhältniß auftreten.
                           4) Es ist auch behauptet worden, daß das von der Maschine verursachte Geräusch auf
                              									das Nervensystem wirke. Wenn es auch nicht in Abrede zu stellen seyn dürfte, daß
                              									dasselbe anfangs ein gewisses Uebelbefinden hervorruft, so ist es andererseits, nach
                              									dem Geständniß aller von mir über diesen Punkt befragten Arbeiterinnen, ebenso wahr,
                              									daß sie sich sehr schnell daran gewöhnen und daß dasselbe für die Gesundheit gar
                              									nicht nachtheilig ist.
                           5) Ohne die positive Behauptung aufstellen zu wollen, daß die Nähmaschine gewissen
                              									unseligen Erregungen fremd sey, bin ich doch zu der Ansicht gekommen, daß die über
                              									diesen Punkt veröffentlichten Beobachtungen und der Schluß welchen man im
                              									Allgemeinen aus denselben hat ziehen wollen, ohne allen Werth sind. Auch hier ist,
                              									wie ich in meiner der (französischen) Akademie eingereichten Abhandlung nachgewiesen
                              									habe, das Uebel selten durch die Nähmaschine herbeigeführt worden und fast immer
                              									habe ich in früheren Gewohnheiten, in der moralischen Verderbniß oder in besonderen
                              									physischen Störungen den Grund der Erregungen gefunden, auf welche ich anspiele.
                           6) Eine streng durchgeführte Untersuchung hat mir bewiesen, daß die an der
                              									Nähmaschine beschäftigten Arbeiterinnen unter sonst gleichen Verhältnissen
                              									keineswegs, wie man behauptet hat, mehr als die anderen Arbeiterinnen an
                              									Mutterblutfluß, an Fehlgeburten, an Darmfellentzündung oder an weißem Flusse leiden,
                              									und daß die Fälle auf welche man sich in dieser Hinsicht beruft, nur einfache
                              									Coincidenzen und Folge einer die Kräfte des Weibes übersteigenden Arbeit sind.
                           7) Wenn es übrigens erwiesen wäre, daß gewisse der Nähmaschine gemachte Vorwürfe in
                              									einigen Fällen wirklich Grund haben, so müssen dieselben vor der allgemeiner
                              									gewordenen Anwendung des Dampfes als Betriebskraft und der seit einigen Jahren
                              									sowohl für die Werkstätten als auch für die Privatzimmer der Näherinnen erfundenen
                              									Motoren, deren Preis von Tag zu Tag ein mäßigerer wird, von selbst fallen.
                           Hinsichtlich der Nähmaschinen für welche man die Frau als Motor beibehält, müssen die
                              									mit isochronisch wirkenden Tretvorrichtungen versehenen denjenigen mit alternirend
                              									wirkenden Tretvorrichtungen vorgezogen werden. Man wird dadurch die Arbeiterinnen
                              									vor jeder Erregung bewahren.
                           8) Ich glaube somit gezeigt zu haben, daß die Arbeit bei der von der Arbeiterin
                              									selbst getriebenen Nähmaschine, wenn sie innerhalb der gehörigen Grenze bleibt und
                              									nicht, wie es leider nur zu oft geschieht, übertrieben wird, für die Gesundheit
                              									nicht schädlicher ist als die Arbeit mit der Nadel. Den Beweis dafür liefert die
                              									Thatsache, daß es mir unmöglich war, bei 28 weiblichen Individuen zwischen dem
                              									achtzehnten und vierzigsten Lebensjahre, welche täglich drei bis vier Stunden
                              									arbeiteten, irgend eine Wirkung zu constatiren, welche der Nähmaschine hätte
                              									zugeschrieben werden können, (Comptes rendus, t. LXX p. 1096; Mai 1870.)
                           
                        
                           Die Bessemerstahl-Fabricate bezüglich sicherer
                              									Bruchfestigkeit.
                           Die Verbesserung des Bessemer-Verfahrens ist schon seit mehreren Jahren in
                              									mannichfacher Weise angestrebt worden. So sind viele Versuche gemacht worden, um das
                              									Roheisen schon durch entsprechende Behandlung im Hohofen für den Bessemerproceß geeigneter zu machen: es
                              									sind mancherlei Beimischungen versucht worden, um den Einfluß des gerade bei dem
                              									Bessemerproceß so sehr schädlich auftretenden Phosphorgehaltes des Roheisens zu
                              									neutralisiren; auf Anregung namentlich von Tunner ist
                              									versucht worden, vermittelst Beobachtung der Spectral-Erscheinungen die
                              									Vorgänge bei dem Bessemerproceß zu ergründen und zu regeln; ein besonderer
                              									Fortschritt ist der Einführung der Schlackenproben (ähnlich dem Probiren bei dem
                              									alten Rohstahl-Frischproceß) zu verdanken, die zur Zeit wohl auf den meisten
                              									Werken Anwendung finden: in Oesterreich ist man sogar so weit gegangen, vor dem
                              									Ausgießen des Converters eine Schöpfprobe zu nehmen, um je nach dem gefundenen Grade
                              									der Härte und Reinheit des Stahles eventuell den Proceß weiter fort zu führen oder
                              									noch geeignete Zusätze zu machen.
                           Auch in der Verarbeitung des Bessemerstahles hat man sich nach allen Richtungen
                              									bemüht, z. B. durch langsames, egales Anwärmen der
                              									Blöcke und ebenso langsames Erkalten der fertig gewalzten oder geschmiedeten Stücke
                              									der Neigung zur Sprödigkeit entgegen zu arbeiten. Und doch haben alle diese Versuche
                              									und Verbesserungen bis zur Zeit noch nicht dahin geführt, den Fabricaten aus
                              									Bessemerstahl eine durchweg sichere Bruchfestigkeit zu geben. In dem verflossenen
                              									Winter namentlich sind – wohl unter dem Einfluß der grimmigen Kälte –
                              									Bandagen aus Bessemerstahl in sehr bedeutender Anzahl geplatzt und noch ganz vor
                              									Kurzem ist in dieser Sache das competente Urtheil eines der sachkundigsten Fachleute
                              									der Welt in wahrhaft durchschlagender Weise öffentlich abgegeben worden.
                           Am 21. März fand nämlich in Elberfeld bei der bergisch-märkischen
                              									Eisenbahn-Verwaltung eine Submission u. A. auf
                              									Achsen, Bandagen etc. statt. In derselben reichte der Gußstahl- und
                              									Bessemer-König, Hr. Krupp, seine Offerte lediglich
                              									auf Bandagen aus Tiegelgußstahl und aus Puddelstahl ein, mit dem Bemerken daß er die
                              									Fabrication von Bandagen aus Bessemerstahl aufgebe, weil letzteres Material nach den
                              									neueren Erfahrungen sich zu diesem Zwecke nicht eigne.
                           Ein solches rücksichtsloses Eingeständniß des Besitzers des ersten Stahlwerkes der
                              									Welt ist allerdings darnach angethan, die Frage auf's Neue anzuregen, inwieweit der
                              									Bessemerstahl fernerhin noch für Eisenbahnzwecke verwendet werden darf, ohne die
                              									Fahrsicherheit und damit das Leben vieler Menschen zu bedrohen.
                           In Amerika macht man von allerlei vorkommenden Brüchen allerdings nicht so viel
                              									Aufhebens. Wenn dort eine bedeutende Bahn in ihrem Bericht z. B. einige Hunderte von Bessemer-Schienen als gebrochen angibt, so
                              									tröstet man sich damit, daß die von England importirten gewöhnlichen Eisenschienen
                              									ebenfalls, namentlich bei Frostwetter, massenhaft entzwei gehen, und ähnlich ist es
                              									in England, wenn auch dort bei den üblichen stärkeren Profilen nicht in solchem
                              									Maaße.
                           Auf deutschen Bahnen dagegen wird das Brechen einer Eisenschiene z. B. mindestens als ehrenrührig für den betreffenden
                              									Fabrikanten betrachtet, während man allerdings den Bessemerschienen gegenüber bei
                              									einem solchen Vorkommniß schon eher geneigt ist, der „bekannten
                                 										Eigenthümlichkeit des Materiales“ Rechnung zu tragen, obwohl an
                              									vielen Stellen aus diesem und anderen Gründen den bei weitem elastischeren und
                              									absolut sicheren Puddelstahlschienen nach wie vor der Vorzug gegeben wird. Als
                              									Material behauptet der Puddelstahl bis zur Stunde das Uebergewicht wegen seiner
                              									Bruchsicherheit. Bezüglich des Verschleißes werden thatsächliche Vergleiche erst
                              									angestellt werden können, wenn die Bessemerschienen an stark befahrenen Stellen
                              									längere Jahre gelegen haben werden. Daß der Bessemerstahl, wenn er nicht zu spröde
                              									werden und namentlich auch dem Auswalzen des Fußes der Vignole-Schiene nicht
                              									zu viele Hindernisse entgegenstellen soll, sehr weich – unhärtbar –
                              									hergestellt werden muß, ist bekannt. Dem gegenüber hat man es bei den
                              									Puddelstahlkopfschienen z. B. durch die geeignete
                              									Zusammensetzung der Packete in der Hand, den härtesten Theil an die Führfläche zu
                              									bringen, ohne im Auswalzen behindert zu seyn oder das Brechen der Schiene befürchten
                              									zu müssen.
                           Der einzige Nachtheil der Puddelstahlschiene besteht in der Unsicherheit der
                              									Schweißung. In dieser Hinsicht sowohl wie auch in der Auswahl des Materiales an sich
                              									mag viel gesündigt worden seyn, allein die vermehrte Concurrenz und die steigenden
                              									Anforderungen des colossal zunehmenden Bahnverkehres werden auch diesen Punkten die
                              									nöthige verschärfte Aufmerksamkeit zuwenden und die Fabrikanten dahin bringen, den
                              									in der Möglichkeit der Materialprobe liegenden großen Vortheil vor dem
                              									Bessemer-Verfahren besser auszunutzen, wie denn verschiedene Werke bereits
                              									sehr gute langjährige Resultate zur Seite stehen haben. Die Frage, in welcher Art, resp. zu welchem
                              									Preise, alte Bessemerschienen in Massen zu verwerthen seyn werden, harrt noch ihrer
                              									Lösung, während hinsichtlich der Puddelstahlschienen die Antwort längst durch die
                              									Praxis in befriedigender Weise gegeben worden ist.
                           Für Finanzleute, die zugleich die Verschleiß-Verhältnisse der Schienen mit
                              									berücksichtigen, ist es total unverständlich, wie man bei einer Garantiezeit von
                              									mehreren Jahren, in welchen sich bei Puddelstahl- und Puddelstahlkopfschienen
                              									die etwaigen Schweißfehler zeigen und Auswechselung der schadhaften Schienen erfolgt
                              									– sich durch längere Garantiezeit der Bessemerschienen verleiten läßt, höhere
                              									Preise und Jahres-Revenüen zu zahlen – da evident der gute Puddelstahl
                              									größere Widerstandsfähigkeit und weniger Verschleiß hat als der weiche
                              									Bessemerstahl. (Zeitung des Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen, 1870, Nr.
                              									17.)
                           
                        
                           Parson's weißes Messing.
                           Ein Metall unter dem Namen weißes Messing (white brass),
                              									die Erfindung von P. M. Parson, und von demselben auf der
                              									Thames Foundry zu East Greenwich fabricirt, verspricht für Zapfenlager und ähnliche
                              									Maschinentheile eine wichtige Rolle zu spielen. Obwohl im Ansehen einigen der unter
                              									dem Namen „Weißmetall“ bekannten Legirungen ähnlich,
                              									unterscheidet es sich doch von denselben wesentlich in anderer Hinsicht, da es
                              									härter, fester und klingender ist. Es ist in der That, wie sein Name besagt, eine
                              									Art Messing, und verhält sich beim Drehen, Bohren etc. in ähnlicher Weise. Es
                              									verstopft die Feile nicht und nimmt eine hohe Politur an; gleichzeitig ist sein
                              									Schmelzpunkt niedriger als der des gewöhnlichen Messings, so daß es in einem
                              									eisernen Löffel über gewöhnlichem Feuer geschmolzen werden kann. Diese besonderen
                              									Eigenschaften machen es zur Montirung von Maschinen sehr brauchbar, welche in erster
                              									Linie billig seyn sollen, da man Büchsen, Lagerschalen etc. an Ort und Stelle
                              									angießen kann, ohne sie einpassen und ausbohren zu müssen. Es kann auch in
                              									Metallformen oder in Sand- und Lehmformen wie gewöhnliches Kanonenmetall
                              									gegossen werden. Obwohl dieses Metall noch nicht sehr allgemein bekannt ist, so
                              									findet es sich doch schon seit einigen Jahren in Benutzung bei verschiedenen
                              									Maschinenfabriken und bedeutenden Eisenbahnen, wobei es sich als besonders geeignet
                              									für Zapfenlager an Maschinen und Wagen, sowie Reibungsflächen überhaupt erwiesen
                              									hat. Verglichen mit Kanonenmetall oder gewöhnlichem Messing, ist das weiße Messing
                              									am billigsten, während gleichzeitig seine Dauerhaftigkeit bedeutend größer ist, als
                              									die der beiden anderen Metalle. In dieser Hinsicht sind eine Anzahl von Versuchen
                              									auf der Great Northern Railway mit Wagen gemacht worden,
                              									welche in den Expreßzügen zwischen London und Edinburgh liefen, und deren Achsen an
                              									einem Ende mit Lagern von weißem Messing, am anderen aber mit solchen von
                              									gewöhnlichem Messing versehen waren. Aus dem bezüglichen Berichte von Sturrock (welcher die Versuche vornahm), datirt vom 20.
                              									Mai 1862, ergibt sich Folgendes: Zwei Lager von weißem Messing, an einem Bremswagen
                              									angebracht, verloren nach einem Laufe von 19,400 Meilen (engl.) nur 2 Unzen am
                              									Gewicht, während die am anderen Ende des Wagens angebrachten zwei gewöhnlichen
                              									Messinglager 2 Pfd. 4 Unzen verloren hatten. In einem anderen Falle durchlief ein
                              									ebenso vorgerichteter Wagen dritter Classe 20,000 Meilen, wobei die Lager aus weißem
                              									Messing nur 2 1/2 Unzen, die Lager aus gewöhnlichem Messing aber 1 Pfd. 6 Unzen
                              									verloren hatten. Bei einem anderen Wagen dritter Classe betrug nach 20,000 Meilen
                              									Lauf die Abnutzung der Lager aus weißem Messing 2 1/2 Unzen, während die Lager aus
                              									gewöhnlichem Messing 1 Pfd. 12 Unzen an Gewicht eingebüßt hatten. Die Lager liefen
                              									stets kühl und wurden mit Oel geschmiert. Im Juli 1864 wurden vier Lager aus weißem
                              									Messing von einem Bremsgüterwagen abgenommen, welcher 64,712 Meilen durchlaufen
                              									hatte. Die Lager waren noch in gutem Zustande und nur wenig ausgelaufen. Nach diesen
                              									wichtigen Zeugnissen ist es wohl nicht nöthig, zu sagen, daß sich das fragliche
                              									Material auch bei allen Lagern für andere Zwecke ebenso gut bewährt hat. Nirgends
                              									hat sich ein Warmlaufen der Zapfen gezeigt, wo dieß Metall zu Lagern benutzt wurde;
                              									es scheint in der That das weiße Messing in gewissem Grade selbstschmierend zu
                              									wirken, wenn Oel oder andere Schmiere fehlt. So viel wenigstens steht fest, daß seit
                              									Einführung desselben zu den Lagern der Achsen auf der Great
                                 											Northern
                                 										Railway alle Aufenthalte wegen heiß laufender Achsen aufhörten, welche
                              									früher bei den langen Expreßzügen zwischen London und Edinburgh fortwährend
                              									vorkamen. Diese Thatsachen sind ohne Zweifel geeignet, den Gebrauch des weißen
                              									Messings zu einem möglichst allgemeinen zu machen. (Engineering, April 1870, S. 301; polytechnisches Centralblatt, 1870 S.
                              									815.)
                           
                        
                           Abgekürztes Manipuliren beim Probiren von Gold und Silber in
                              									Barren; von Tookey, Probirer an der kais. japanesischen
                              									Münze.
                           Die Anzahl einzelner Operationen, welche vom ersten Einwägen einer Probe ungemünzten
                              									Goldes bis zum zweiten Auswägen erforderlich ist, bevor ihr Feingehalt festgestellt
                              									werden kann, ist jedem Probirer bekannt. Der Verfasser war in Verbindung mit dem
                              									verstorbenen Hewny bestrebt ein Verfahren zur
                              									gleichzeitigen Ausführung einer Anzahl von Proben aufzufinden und befolgt zu diesem
                              									Zwecke jetzt nachstehende Methode. Ein conisch gestaltetes Platinrohr wird an seinem
                              									engeren Ende mit einer siebähnlich durchlöcherten Platte verschlossen; das weitere
                              									Ende ist mit einer Schulter versehen, so daß es von einer mit kreisförmigen Löchern
                              									versehenen Porzellanplatte getragen werden kann. Solcher Röhren werden mehrere
                              									gleichzeitig benutzt. Jedes Rohr und jede Oeffnung der Platte ist mit einer Nummer
                              									versehen, so daß jede Probe nach der Operation erkannt werden kann. Die ganze
                              									Anordnung wird, nachdem die einzelnen Rohre beschickt worden, in ein Gefäß getaucht,
                              									welches Salpetersäure von der geeigneten Stärke enthält, die nöthige Zeit bei
                              									Siedhitze behandelt u.s.f. In dieser Weise kann eine große Anzahl von Proben auf
                              									einmal ausgeführt und somit viel Zeit erspart werden.
                           Eine ähnliche Zeitersparniß läßt sich auch beim Probiren von ungemünztem Silber auf
                              									trockenem Wege erzielen. Eine der hierbei erforderlichen Operationen ist das
                              									Ausplatten und Abbürsten der von der Kapelle weggenommenen Silberkönige. Der Verf.
                              									wendet anstatt dessen folgendes Verfahren an: Er legt die Silberkönige in perforirte
                              									Vertiefungen welche in einer Platinplatte eingetrieben sind, befestigt jeden Regulus
                              									mittelst eines Griffes von Platindraht, taucht die Platinplatte in reine Salzsäure
                              									und erhitzt so lange, bis alle den Silberkönigen anhaftende Knochenasche aufgelöst
                              									worden ist. Hierauf nimmt er die Platinplatte aus der Salzsäure heraus, wäscht sie
                              									nebst den Silberkönigen sorgfältig ab und trocknet sie dann. Die Vertiefungen der
                              									Platte werden den in der Muffel stehenden Kapellen entsprechend numerirt.
                              									(Vorgetragen in der Sitzung der Chemical Society zu
                              									London vom 19. Mai 1870. – Chemical News, vol.
                              									XXI p. 246.)
                           
                        
                           Ueber die Anwendung der Milch als Schutzmittel gegen
                              									Bleivergiftung; von Didierjean.
                           Mit dem Betriebe unserer Glashütte verbinden wir gleichzeitig die Fabrication der zur
                              									Erzeugung von (Blei-) Krystallglas dienenden Mennige. Früher hatten wir unter dem mit diesem Fabricationszweige
                              									beschäftigten, aus sechzehn Arbeitern bestehenden Personal fast beständig mehrere
                              									Kranke, welche in Folge von Bleivergiftung an oft sehr schwerer Kolik litten. Wir
                              									machten wiederholte Versuche, die Wirkungen des Bleies zu bekämpfen und führten zu
                              									diesem Zwecke bei unseren Arbeitern ein aus Wasser, Alkohol, Zucker und Citronensaft
                              									bestehendes, mit einer äußerst geringen Menge Schwefelsäure versetztes Getränk ein.
                              									Anfänglich genossen sie diesen sehr angenehm schmeckenden Trank sehr gern; nach
                              									mehreren Tagen waren sie aber desselben vollständig überdrüssig und nicht mehr zum
                              									Genusse desselben zu bewegen. Ich schrieb dieses Resultat stets der Gegenwart der
                              									Schwefelsäure zu, welche, obgleich wir sie in äußerst geringem Verhältniß reichten,
                              									auf den Magen wirkte. So waren wir stets genöthigt, dieses Getränk nach einigen
                              									Tagen seiner Anwendung wieder aufzugeben.
                           Es blieb uns daher zur Bekämpfung der verderblichen Wirkungen des Bleies nur
                              									übrig:
                           Erstens von Seiten unserer Arbeiter eine sehr große Reinlichkeit zu verlangen.
                           
                           Mittelst dieser Maßregel bezweckten wir die Absorption durch die Haut gänzlich zu
                              									verhüten oder wenigstens beträchtlich zu vermindern, so daß eine Absorption
                              									gewissermaßen nur durch die Respiration erfolgen konnte.
                           Zweitens trafen wir die Einrichtung, daß jeder Arbeiter welcher acht Tage hinter
                              									einander in den zur Darstellung der Mennige benutzten Räumlichkeiten gearbeitet
                              									hatte, die nächsten acht Tage hindurch in dem Hofe der Fabrik, also an freier Luft
                              									arbeiten mußte. Zu diesem Zwecke theilten wir die Arbeiter in zwei Rotten, von denen
                              									eine jede abwechselnd acht Tage in der Mennigfabrik, und acht Tage an freier Luft zu
                              									arbeiten hatte.
                           Ungeachtet dieser Vorsichtsmaßregeln kamen unter unseren Arbeitern Erkrankungen an
                              									Bleikolik sehr häufig vor.
                           Gegen Ende des Jahres 1867 wurde meine Aufmerksamkeit auf zwei Arbeiter gelenkt,
                              									welche niemals krank gewesen waren, obgleich sie ziemlich lange der einen von den
                              									beiden mit der Darstellung der Mennige beschäftigten Rotten angehört hatten. Alle
                              									übrigen Arbeiter, ohne Ausnahme, waren mehr oder weniger von Bleivergiftung
                              									ergriffen worden.
                           Diese beiden Arbeiter waren im Vergleich zu ihren Cameraden verhältnißmäßig
                              									wohlhabend, sie besaßen einige Feldstücke und waren gewohnt, beinahe alle Tage von
                              									Haus eine Ration Milch mitzunehmen, welche ihnen in der Fabrik bei ihren Mahlzeiten
                              									als Getränk diente. Diese Gewohnheit, zu gewissen Tageszeiten Milch zu trinken, ist
                              									bei dem wohlhabenden Theile der Bewohner unserer Berge ziemlich verbreitet.
                           Diese Beobachtung brachte mich auf den Gedanken, daß vielleicht die von uns
                              									wiederholt, jedoch erfolglos angewendeten, mit Schwefelsäure versetzten Getränke mit
                              									Vortheil durch Milch ersetzt werden könnten.
                           Ich empfahl daher unseren Mennigarbeitern den täglichen Genuß von Milch und führte
                              									denselben vom Februar 1868 an als verbindlich ein. Jeder Arbeiter bringt alle Tage
                              									ein Liter Milch mit zur Arbeit. Der Aufseher überzeugt sich davon Morgens beim
                              									Verlesen und jeder Arbeiter erhält täglich einen Geldzuschuß für den Ankauf seiner
                              									Milch.
                           Die günstigen Wirkungen dieses Getränkes machten sich bei unseren Arbeitern sehr bald
                              									fühlbar und seit achtzehn Monaten haben wir in unserer Mennigfabrik nicht einen
                              									einzigen kranken Arbeiter gehabt.
                           Ohne behaupten zu wollen, daß die Milch ein unfehlbares Präservativ gegen alle von Bleivergiftung herrührenden schlimmen Zufälle
                              									ist, glaube ich doch, daß der regelmäßige Gebrauch dieses Getränkes eine
                              									ausgezeichnete Wirkung auf die Gesundheit der Arbeiter hat, welche mit den
                              									verschiedenen Bleiverbindungen beschäftigt sind. (Comptes
                                 										rendus, t. LXX p. 1076; Mai 1870.)
                           
                        
                           Nachweisung und Bestimmung des Arsens im käuflichen Fuchsin;
                              									von Dr. Rieckher in
                              									Marbach.
                           Dr. Rieckher hat über den
                              									vorgenannten Gegenstand eine ausführliche Abhandlung veröffentlicht, deren
                              									Hauptresultate wir nachstehend mittheilen. Die Veranlassung zu dieser Arbeit gab der
                              									Umstand, daß das Fuchsin zur Färbung von Säften, Liqueuren, Zuckerwaaren, ja sogar
                              									von Syr. Rubi Idaei angewendet wird, und daß es als
                              									wahrscheinlich erschien, daß aus dem Fuchsin, zu dessen Bereitung bekanntlich
                              									Arsensäure angewendet wird, nicht alles Arsen durch Auswaschen etc. sich werde
                              									entfernen lassen.
                           Fuchsin aus zwei Bezugsquellen wurde mit reinem Zink und Schwefelsäure zusammen
                              									gebracht und das entwickelte Gas in verdünnte Silbernitratlösung geleitet, wodurch
                              									eine Reduction von metallischem Silber erzeugt wurde. Das Filtrat gab nach dem
                              									Ausfällen des überschüssigen Silbernitrats durch Chlornatrium mit
                              									Schwefelwasserstoff einen gelben Niederschlag von Schwefelarsen. Ein anderer Theil
                              									des Filtrats gab, vorsichtig mit Ammoniak neutralisirt, einen blaßgelben
                              									Niederschlag von arsenigsaurem Silberoxyd, welcher auf bekannte Weise in braunrothes
                              									arsensaures Silberoxyd verwandelt werden konnte. Da beide Proben sich gleich
                              									verhielten, so war die Gegenwart von Arsen auf diese Weise unzweifelhaft
                              									nachgewiesen. Der Verf. stellte sich nun die Aufgabe, zu ermitteln ob arsenige Säure
                              									oder Arsensäure oder beide im Fuchsin sich vorfinden und in welchem quantitativen Verhältniß,
                              									und suchte zunächst ein im vorlegenden Fall anwendbares Verfahren aufzufinden, die
                              									beiden Säuren des Arsens neben einander zu bestimmen.
                           Das Verfahren welches der Verf. nach mehrfachen Versuchen anzuwenden beschloß, beruht
                              									darauf, daß die arsenige Säure bei Gegenwart von Salzsäure unter geeigneten
                              									Umständen sich vollständig mit der Salzsäure verflüchtigt, die Arsensäure dagegen
                              									dabei zurück bleibt. Dieses Verfahren wurde zunächst durch eine Reihe von
                              									Fundamentalversuchen, welche in unserer Quelle mitgetheilt sind, näher
                              									festgestellt.
                           Es ergab sich, daß, wenn man eine Mischung von 10 Kubikcentimetern Solut. arsenical. Fowl., 135 Grm. Schwefelsäure von 1,61
                              									spec. Gew., 45 Grm. Chlornatrium und 30 Grm. Wasser so lange destillirt, bis der
                              									Kochpunkt der Flüssigkeit auf 125° C. gestiegen ist, alle arsenige Säure sich
                              									verflüchtigt, so daß sie sich vollständig im Destillate befindet und darin durch
                              									Schwefelwasserstoff bestimmt werden kann. Man wendet hierbei, um einen Verlust an
                              									Arsen zu verhüten, am besten einen Apparat von folgender Einrichtung an. Eine
                              									tubulirte Retorte (in welche man eine Platinspirale bringt, um das Stoßen der
                              									Flüssigkeit zu vermeiden) mit einfacher Sicherheitsröhre ist mit einer Flasche
                              									verbunden, welche etwa das sechsfache Volum der Retorte faßt, schräg gestellt ist
                              									und unten eine Tubulatur besitzt, in welcher eine ein Mal rechtwinkelig gebogene
                              									Röhre luftdicht eingesetzt ist, deren anderer Schenkel in ein etwas Wasser
                              									enthaltendes Kölbchen taucht. In die tubulirte Vorlage wird so viel destillirtes
                              									Wasser gegeben, daß die Mündung des Retortenhalses mindestens 1/2 bis 3/4 Zoll unter
                              									Wasser taucht. Der Schluß des Apparates ist ersichtlich, wenn beim Beginn der
                              									Erwärmung die Luftblasen nicht allein durch das Wasser der Vorlage, sondern auch
                              									durch das Wasser des vorgelegten Kölbchens gehen. Wenn zu Anfang des zweiten
                              									Stadiums der Destillation das Zurücksteigen des Wassers der Vorlage beginnt und bis
                              									etwa 1 bis 2 Zoll hoch erfolgt ist, so sieht man zu gleicher Zeit durch die
                              									Sicherheitsröhre in dem kochenden Retorteninhalte Luftblasen eintreten, in deren
                              									Folge das Zurücksteigen aufhört.
                           Es ergab sich ferner, daß, wenn man eine nur Arsensäure enthaltende Flüssigkeit mit
                              									der oben erwähnten Mischung von Chlornatrium und Schwefelsäure destillirt, nur fast
                              									unwägbare Spuren von Arsen sich verflüchtigen, das Arsen also im Rückstande bleibt,
                              									und in demselben, nachdem die Arsensäure durch schweflige Säure zu arseniger Säure
                              									reducirt und der Ueberschuß der schwefligen Säure durch Kochen wieder ausgetrieben
                              									ist, durch Fällen mit Schwefelwasserstoff bestimmt werden kann.
                           Zur Nachweisung der beiden Säuren des Arsens im Fuchsin erhitzt man 1 bis 2 Grm.
                              									desselben mit der angegebenen Mischung von Chlornatrium und Schwefelsäure in dem
                              									beschriebenen Apparate, indem man die Sicherheitsröhre später mit einem Thermometer
                              									vertauscht und die Destillation bis 150° C. fortsetzt. Das Destillat gibt mit
                              									Schwefelwasserstoff einen gelben Niederschlag von Schwefelarsen, zum Beweise daß das
                              									Fuchsin arsenige Säure enthält. Bei den quantitativen Versuchen wurde die Menge der
                              									arsenigen Säure aus dem Gewicht des Niederschlages bestimmt. Der Rückstand in der
                              									Retorte, in dem 3- bis 4fachen Gewichte heißen Wassers gelöst, wird mit
                              									schwefliger Säure gesättigt. Dabei wird eine bedeutende Farbenveränderung der
                              									Flüssigkeit beobachtet, indem dieselbe bis hell rothgelb sich entfärbt. Wird die
                              									Flüssigkeit nach einer Digestion von einigen Stunden gekocht, so nimmt sie während
                              									des Entweichens der schwefligen Säure an Farbenintensität zu, bis sie fast
                              									undurchsichtig braunroth geworden ist. Wenn die schweflige Säure vollständig
                              									ausgetrieben ist, filtrirt man und sättigt die Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff.
                              									Dabei wird das Arsen, welches in Form von Arsensäure in dem Fuchsin enthalten war,
                              									ebenfalls als Schwefelarsen niedergeschlagen. Der Niederschlag enthält aber neben
                              									dem Arsensulfür ziemlich viel Farbstoff und ist deßhalb mißfarbig. Nach 12 stündiger
                              									Digestion hat sich aus der dunkel rothgelben Flüssigkeit ein schmutzig violettrother
                              									Niederschlag abgesetzt. Derselbe eignet sich wegen des Farbstoffgehaltes nicht zur
                              									quantitativen Bestimmung des Arsens, weßhalb der Verfasser diese so ausführte, daß
                              									er den Niederschlag mit Salzsäure und chlorsaurem Kali oder mit rauchender
                              									Salpetersäure behandelte und die dabei entstandene Arsensäure als arsensaure
                              									Ammon-Magnesia fällte. Da dieses Salz, aus einer gelbroth gefärbten
                              									Flüssigkeit abgeschieden, nicht absolut farblos erhalten wurde und ein Auswaschen
                              									bis zur Farblosigkeit wegen der Löslichkeit des Salzes in Wasser nicht stattfinden
                              									durfte, so bestimmte der Verf. auch die Arsensäure des Fuchsins schließlich in Form
                              									von Schwefelarsen, indem er die arsensaure Ammon-Magnesia durch Schwefelsäure
                              										zersetzte, die
                              									Arsensäure durch schweflige Säure reducirte und nach dem Austreiben des
                              									Ueberschusses der letzteren die Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff fällte.
                           In dieser Weise wurde in zwei Fuchsinsorten der Gehalt an arseniger Säure und
                              									Arsensäure quantitativ bestimmt. Bei jeder Sorte wurden zwei Bestimmungen
                              									ausgeführt.
                           Die Resultate sind folgende:
                           Fuchsin, aus einer Fabrik bezogen.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 Mittel.
                                 
                              
                                 Arsenige Säure
                                 2,045 Proc.
                                 2,102 Proc.
                                 2,073 Proc.
                                 
                              
                                 Arsensäure
                                 8,121    „
                                 7,066    „
                                 7,693    „
                                 
                              
                           Fuchsin, aus einer Stuttgarter
                                 										Droguerie-Handlung bezogen.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 Mittel.
                                 
                              
                                 Arsenige Säure
                                 0,697 Proc.
                                 1,309 Proc.
                                 1,008   Proc.
                                 
                              
                                 Arsensäure
                                 4,803    „
                                 4,138    „
                                 4,4705   „
                                 
                              
                           Die beiden untersuchten Fuchsinsorten enthalten nach der Analyse beide Säuren des
                              									Arsens in wechselnden Mengen. Der Grund, warum die einzelnen Versuche unter einander
                              									nicht besser harmoniren, liegt in der Gewinnung des Fuchsins selbst, dessen
                              									concentrirte Lösungen man, ohne zu rühren, bis zur Trockne eindampft, wodurch die
                              									wechselnden Mengen der fremden Stoffe sich leicht erklären dürften. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische
                              									Pharmacie, 1870 S. 216; polytechnisches Centralblatt, 1870 S. 860.)
                           
                        
                           Terpenthinöl als Reinigungsmittel.
                           So gut man das Terpenthinöl auch rectificiren mag, so hinterläßt es doch nach seiner
                              									Verdampfung auf den Stoffen, welche damit behandelt worden sind, einen unangenehmen
                              									Geruch. Das Benzin sowohl als die leichten Petroleumöle haben dieselbe Eigenschaft.
                              										Gruner will nun diesen Uebelstand dadurch vermeiden,
                              									daß er das Terpenthinöl über Tannin destillirt.
                           Die mit so behandeltem Terpenthinöl gereinigten Stoffe werden dann in einer Kufe auf
                              									etwa 65° C. erhitzt und verlieren dabei jede Spur des Geruches, wie
                              									wenigstens der Patentträger angibt. Derselbe fügt noch hinzu, daß sein Präparat
                              									weniger feuergefährlich sey als das Benzin, dabei weniger theuer und die
                              									Manipulation mit demselben für die Arbeiter mit geringen Unannehmlichkeiten
                              									verknüpft. (Französisches Patent. – Musterzeitung für Färberei etc., 1870,
                              									Nr. 23.)
                           
                        
                           Reinigung des Tannins.
                           Um das käufliche Tannin von dem ihm eigenthümlichen Geruche, welcher seinen Sitz in
                              									einem grünen harzigen Farbstoffe hat, zu befreien, empfiehlt J. J. Heinz, 6 Th. solcher Waare in 12 Th. warmen Wassers in
                              									einem Porzellanmörser aufzulösen, die Lösung in eine Flasche zu gießen, 1/2 bis 1
                              									Th. Aether zuzusetzen, und tüchtig zu schütteln. Die Mischung erscheint nun
                              									schmutzig grün und sehr trübe, klärt sich aber binnen einigen Stunden ruhigen
                              									Stehens, indem der Farbstoff flockenartig, gleichsam coagulirt, zu Boden sinkt. Nun
                              									wird filtrirt und das Filtrat eingetrocknet.
                           So behandeltes Tannin ist geruchlos und gibt mit Wasser eine ganz klare Lösung.
                              									(Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie.)