| Titel: | Ueber Claudet's Verfahren zur Extraction des Silbers aus Kupferkiesen; von J. Arthur Phillips. | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. XVI., S. 53 | 
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                        XVI.
                        Ueber Claudet's Verfahren zur Extraction des Silbers
                           								aus Kupferkiesen; von J. Arthur
                              									Phillips.
                        Vorgetragen in der Versammlung
                              									der British Association zu Liverpool. – Aus Chemical News, vol.
                              									XXII p. 184; October 1870.
                        Phillips, über die Extraction des Silbers aus
                           								Kupferkiesen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich stieg der Preis des Schwefels i. J. 1838 bedeutend, nachdem der damalige
                              									König von Neapel dem Hause Taix und Comp. in Marseille ein Monopol auf den in Sicilien gewonnenen Schwefel
                              									verliehen hatte. Die unmittelbare Folge davon war die Anwendung von Eisenkies
                              									(Schwefelkies) zur Schwefelsäurefabrication.
                           Von jenem Zeitpunkt an stieg der Verbrauch an diesem Mineral rasch und viele Jahre
                              									lang bezogen die Schwefelsäurefabriken Großbritanniens ihren Bedarf an demselben
                              									hauptsächlich aus den Gruben von Cornwall und von Wicklow in Irland.
                           Etwa im Jahre 1853 fing man an, aus Spanien und Portugal Kiese nach England
                              									einzuführen, welche kleine Mengen von Kupfer enthielten; auch wurden bedeutende
                              									Quantitäten von gewöhnlichem Eisenkies aus Norwegen bezogen.
                           Der jährliche Verbrauch an Kiesen zur Schwefelsäurefabrication im vereinigten
                              									Königreiche beläuft sich jetzt auf etwa 350,000 Tonnen (7 Millionen Zollcentner),
                              									von denen mindestens 250,000 Tonnen so viel Kupfer enthalten, daß sie auf dieses
                              									Metall noch mit Vortheil verarbeitet werden können.
                           Unter den Bergwerken welche den Bedarf der chemischen Fabriken an Kiesen decken, sind
                              									die wichtigsten die Gruben des Hrn. James Mason zu San
                              									Domingos in Portugal, sowie die der Tharsis Sulphur and
                                 										Cooper Company in Spanien.
                           Die in diesen verschiedenen Bergwerken geförderten Erze sind nicht wesentlich von
                              									einander verschieden; die nachstehende Analyse einer aus Mason's Gruben abstammenden Probe kann als Repräsentant ihrer
                              									durchschnittlichen chemischen Zusammensetzung angenommen werden:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                    Zusammensetzung des
                                       												Eisenkieses
                                    
                                    von San Domingos:
                                    
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 48,90
                                 
                              
                                 Arsen
                                   0,47
                                 
                              
                                 Eisen
                                 43,55
                                 
                              
                                 Kupfer
                                   3,10
                                 
                              
                                 Zink
                                   0,35
                                 
                              
                                 Blei
                                   0,93
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,20
                                 
                              
                                 unlösliche Bergart
                                   0,73
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                   0,70
                                 
                              
                                 Sauerstoff und Verlust
                                   1,07
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00Außer den oben angegebenen Bestandtheilen enthält dieser Eisenkies
                                          													noch Spuren von Thallium, Kobalt, Nickel, Mangan, Silber und Gold,
                                          													zuweilen auch von Wismuth und Antimon. (Nach Claudet's Analyse im Journal of
                                             														Chemical Society, Mai 1868.)
                                 
                              
                           Bei seiner Verwendung zur Schwefelsäurefabrication wird dieser Kies in Oefen bei
                              									beschränktem Luftzutritte geröstet und die entstandenen gasförmigen Producte werden
                              									wie bei der Verarbeitung von gewöhnlichem Schwefel in Bleikammern geleitet.
                           Der Röstrückstand, das „gebrannte Erz“ (burnt ore) wurde früher in großem Maaßstabe auf Kupfer verschmolzen und
                              									leistete in Folge seines großen Eisenoxydgehaltes bei der Verhüttung der
                              									kieselsäurereicheren Kupfererze als haltiger Zuschlag werthvolle Dienste.
                           Das durch Abrösten der Kiese von den San Domingos Gruben erhaltene gebrannte Erz hat
                              									nachstehende durchschnittliche Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Schwefel
                                 3,66
                                 
                                 
                              
                                 Arsen
                                 0,25
                                 
                                 
                              
                                 Eisen
                                 58,25
                                 = 83,00 Eisenoxyd
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 4,14
                                 
                                 
                              
                                 Zink
                                 0,37
                                 
                                 
                              
                                 Kobalt
                                 Spuren
                                 
                                 
                              
                                 Blei
                                 1,24
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,25
                                 
                                 
                              
                                 unlösliche Mineralsubstanz
                                 1,06
                                 
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                 3,85
                                 
                                 
                              
                                 Sauerstoff und Verlust
                                 26,93
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                                 
                              
                           Der Silbergehalt beträgt 18 Pennyweights (à 34
                              									Grains) per Tonne.
                           Der Gehalt an löslicher Substanz = schwefelsaurem Kupferoxyd beträgt 4,12 Proc.,
                              									entsprechend 1,65 Proc. Kupfer.
                           
                           Vor mehreren Jahren wurde eine große Menge des in den verschiedenen chemischen
                              									Fabriken Großbritanniens erzeugten gebrannten Erzes mittelst des sogen.
                              										„Extractionsverfahrens auf nassem Wege“ verarbeitet. Der
                              									wesentlichste Vorzug dieser Methode beruht auf dem Umstande, daß das resultirende
                              									sogen. „Purpurerz“ (purple ore oder
                              										blue billy) ein gut verkäufliches Product ist und in
                              									großen Mengen sowohl beim Hohofenprocesse, als zum „Füttern“
                              									von Puddelöfen Verwendung findet.
                           Bei der nassen Extraction, wie dieselbe nach dem jetzigen Verfahren üblich ist, wird
                              									das gebrannte Erz zunächst fein gemahlen und durch Siebe geschlagen, dann mit
                              									Kochsalz so lange geröstet, bis in Folge der Oxydation der vorhandenen
                              									Schwefelmetalle ein Antheil des Chlornatriums zu schwefelsaurem Natron, das Kupfer
                              									dagegen zu löslichem Kupferchlorid umgewandelt ist.
                           Dieses Kupfersalz wird dann durch wiederholtes Auswaschen entfernt und aus demselben
                              									das Kupfer durch metallisches Eisen gefällt; in den Auslaugbottichen bleibt das
                              										„Purpurerz“ zurück.
                           Es ist längst bekannt, daß der auf die angegebene Weise erhaltene Niederschlag von
                              									metallischem Kupfer nicht nur eine beachtenswerthe Menge Silber, sondern auch
                              									deutliche Spuren von Gold enthält. Indessen wurden keine Versuche zur Abscheidung
                              									und Verwerthung dieser Edelmetalle gemacht, bis Anfangs 1870 Claudet sich ein Verfahren zur Extraction des Silbers aus gewöhnlichen
                              										„Kupferlaugen“ durch Anwendung eines löslichen Jodids
                              									patentiren ließ.Man s. die Mittheilung über Claudet's Verfahren im
                                    											polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 306.
                              								
                           Die Menge des Silbers übersteigt selten den Betrag von 18 Pennyweights oder 432
                              									Grains per Tonne; da aber dieser niedrige Silbergehalt
                              									niemals vollständig in Lösung erhalten wird, so muß nothwendig das anzuwendende
                              									Verfahren sowohl billig seyn, als rasch zum Ziele führen, um hinlänglich
                              									vortheilhafte Resultate zu sichern.
                           In den Bottichen, welche zum Auslaugen des mit Kochsalz abgerösteten gebrannten Erzes
                              									dienen, wird dasselbe gewöhnlich acht- bis neunmal nach einander entweder mit
                              									reinem oder mit durch Salzsäure angesäuertem Wasser behandelt; nur die von den drei
                              									ersten Auswaschungen herrührenden Laugen enthalten eine die Verarbeitung lohnende
                              									Silbermenge.
                           Zum Ausziehen der löslichen Salze aus dem gebrannten und mit Kochsalz gerösteten Erze
                              									wird heißes Wasser verwendet, und da eine große Menge des benutzten Chlornatriums
                              									unzersetzt zurückbleibt, so wirkt dieselbe als Lösungsmittel für das bei dem
                              									Ofenprocesse entstandene Chlorsilber.
                           
                           Die Analyse der durch die ersten Auswaschungen in einem Kupferbottiche erhaltenen
                              									Lauge ergab folgende Resultate:
                           Starke Lauge. Gehalt per Gallon von 70000 Grains. Spec. Gewicht = 1,240.
                           
                              
                                 
                                 Grains.
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Natron
                                 10,092
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                   4,474
                                 
                              
                                 Chlor (mit Metallen verbunden)
                                   4,630
                                 
                              
                                 Kupfer
                                   3,7000,405 Grains dieses Kupfers sind im Zustande von Chlorür zugegen.
                                 
                              
                                 Zink
                                   0,480
                                 
                              
                                 Blei
                                   0,040
                                 
                              
                                 Eisen
                                   0,032
                                 
                              
                                 Calcium
                                   0,052
                                 
                              
                                 Silber
                                   0,00306
                                 
                              
                                 Arsen, Antimon, Wismuth etc. wurden nicht
                                    											bestimmt.
                                 
                              
                           
                              
                                 Gesammter Chlorgehalt
                                 7,347 = 12,106 Chlornatrium.
                                 
                              
                                       „          Schwefelsäuregehalt
                                 5,686 = 2,274 Schwefel.
                                 
                              
                           Verhältniß des Kupfergehaltes zu dem Silbergehalte:
                           
                              
                                 Kupfer
                                 10,000
                                 
                              
                                 Silber
                                   0,0082
                                 
                              
                           Die per Gallon Lauge durch neun successive Auswaschungen
                              									eines Bottiches Erz extrahirten Mengen von Kupfer, Chlor, Schwefel und Silber sind
                              									in der folgenden Tabelle angegeben.
                           
                              Kupferlaugen, durch neun Auslaugungen eines
                                 										Bottiches Erz erhalten:
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 199, S. 56
                              Nummer der Auslaugung; Specif.
                                 										Gewicht; Gehalt eines Gallons von Grains; in Grains ans gedrückt; Kupfer; Chlor;
                                 										Schwefel; Silber; Die Laugen Nr. 1 und 2 enthalten vom Totalgehalt des Erzes an
                                 										Silber; Proc.
                              
                           
                              
                                 Die
                                 Langen
                                 Nr. 1 und 2
                                 enthalten
                                 vom
                                 Totalgehalt
                                 des
                                 Erzes
                                 an
                                 Silber
                                 82,50 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   1, 2 u.3.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 94,30   „
                                 
                              
                           Zur Extraction des Silbers werden nur die drei ersten Laugen benutzt, welche beinahe
                              									95 Proc. des Silbergehaltes der Erze in Lösung enthalten.
                           
                           Zunächst werden diese Laugen in hölzerne Klärbottiche von ungefähr je 2700 Gallons
                              									Inhalt gebracht, in denen man sie absitzen läßt. Hierauf wird der Silbergehalt per Gallon bestimmt, indem man eine genau abgemessene
                              									Menge der Flüssigkeit mit Salzsäure, Jodkalium und essigsaurem Bleioxyd versetzt.
                              									Der so erhaltene Niederschlag wird auf ein Filter gebracht und nach dem Trocknen mit
                              									einem aus kohlensaurem Natron, Borax und Lampenschwarz (feinem Kienruß) bestehenden
                              									Flusse geschmolzen. Der auf diese Weise erhaltene Bleikönig wird auf der Kapelle
                              									abgetrieben und aus dem Gewichte des erhaltenen Silberkornes die Menge des in einem
                              									Gallon Lauge enthaltenen Silbers berechnet.
                           Hierauf wird die Lauge aus dem Klärbottich in einen anderen Bottich von etwas
                              									größerem Inhalt abgezogen; gleichzeitig wird das zur Fällung des vorhandenen Silbers
                              									genau erforderliche Quantum eines löslichen Jodids (Jodkalium) zusammen mit einer
                              									Wassermenge welche etwa einem Zehntel des Volums der Kupferlauge entspricht, aus
                              									einem graduirten Behälter in diesen Bottich geleitet. Dabei wird der Inhalt des
                              									Fällungsbottiches ununterbrochen umgerührt, alsdann setzt man eine kleine Menge
                              									Kalkwasser hinzu und läßt das Ganze 48 Stunden ruhig stehen.
                           Hierauf wird die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit, nachdem sie auf einen
                              									etwa zurückgebliebenen Silbergehalt probirt worden, abgezogen und der
                              									Fällungsbottich wieder mit Wasser gefüllt. Nach Verlauf von etwa 14 Tagen wird der
                              									am Boden des Behälters angesammelte Niederschlag in ein besonderes dazu bestimmtes
                              									Gefäß gespült.
                           Dieser Niederschlag besteht hauptsächlich aus schwefelsaurem Bleioxyd, Jodsilber und
                              									Kupfersalzen, welche letzteren sich durch Auswaschen mit Wasser, welches mit
                              									Salzsäure angesäuert worden, leicht ausziehen lassen. Der auf diese Weise von Kupfer
                              									befreite Niederschlag wird nun mit metallischem Zink behandelt; durch dasselbe wird
                              									das Jodsilber vollständig, das schwefelsaure Bleioxyd theilweise zersetzt. In Folge
                              									dieser Zersetzung erhält man:
                           1) Jodzink; dasselbe wird, nachdem es auf seinen Jodgehalt geprüft worden, bei den
                              									folgenden Operationen zur Fällung weiterer Silbermengen verwerthet:
                           2) einen silberreichen, zugleich goldhaltigen Niederschlag.
                           Als die wichtigeren Bestandtheile einer Probe von diesem Niederschlage ergaben sich
                              									bei einer Analyse:
                           
                           
                              
                                 
                                    Feuchtigkeitsgehalt
                                    
                                 = 25 Procent.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Unzen
                                 Pennyweights
                                 Grains
                                 
                              
                                 Silber
                                   4,455
                                 Proc.
                                 = 1455
                                 6
                                   0 per Tonne.
                                 
                              
                                 Gold
                                   0,0595
                                 „
                                 =     19
                                 8
                                 12  „      
                                    											„
                                 
                              
                                 Zink
                                 15,440 
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Blei
                                 56,400
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kupfer
                                   0,600
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                   1,100
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Eisen
                                   0,700
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                   6,680
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 unlöslicher Rückstand
                                   7,600
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Auf den Widnes Metal Works hat die sechsmonatliche
                              									Anwendung dieses Verfahrens ergeben, daß man 1/2 Unze Silber und 1 1/2 Grains Gold
                              									aus jeder Tonne Erz mit einem Kostenaufwande (Handarbeit, Verlust an Jodid etc.
                              									eingeschlossen) von 8 Pence per Tonne, oder von 1
                              									Shilling 4 Pence per Unze Silber extrahiren kann.
                              									Bringen wir von diesem Kostenbetrage den Werth der in jeder Unze Silber enthaltenen
                              									3 Grains Gold in Abzug, so verringern sich die Productionskosten einer Unze Silber
                              									auf 10 Pence und die Verarbeitungskosten einer Tonne Erz auf 5 Pence. Somit bleibt
                              										per Tonne Erz ein Gewinn von ungefähr 2
                              									Shillings.
                           Der Werth der aus einer Tonne Erz extrahirten Edelmetalle ist allerdings nicht groß,
                              									da der ursprüngliche Gehalt des Erzes an denselben sehr gering ist. Wenn man aber
                              									berücksichtigt, daß einige von den brittischen Kupferextractionswerken jährlich
                              									30,000 Tonnen Erze verarbeiten, so wird es einleuchtend, daß ein Gewinn von 2 Sh.
                              										per Tonne in einem solchen Geschäfte von großer
                              									Bedeutung ist.