| Titel: | Ueber die Fällung kleiner Mengen Phosphorsäure durch molybdänsaures Ammon, nebst einigen Bemerkungen über den gelben Kiesel-Molybdänsäureniederschlag; von Dr. E. Richters. | 
| Autor: | E. Richters | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LV., S. 183 | 
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                        LV.
                        Ueber die Fällung kleiner Mengen Phosphorsäure
                           								durch molybdänsaures Ammon, nebst einigen Bemerkungen über den gelben
                           								Kiesel-Molybdänsäureniederschlag; von Dr. E. Richters.
                        Richters, üb. die Fällung kleiner Mengen Phosphorsäure durch
                           								molybdänsaures Ammon.
                        
                     
                        
                           Das molybdänsaure Ammon gilt mit Recht für ein äußerst empfindliches Reagens auf
                              									Phosphorsäure. Diese Empfindlichkeit trifft aber nur unter ganz bestimmten
                              									Bedingungen zu; sind dieselben nicht erfüllt, so kann sie in dem Grade verloren
                              									gehen, daß man Gefahr läuft, kleine Mengen Phosphorsäure ganz zu übersehen. Zu jenen
                              									Bedingungen gehört bekanntlich die Abwesenheit einer größeren Menge freier
                              									Salzsäure. Salpetersäure und Schwefelsäure dagegen beeinträchtigen die Fällung der
                              									PO⁵ nicht innerhalb der gewöhnlichen Grenzen ihrer quantitativen
                              									Bestimmbarkeit.
                           Enthält aber eine Flüssigkeit, wie dieß namentlich bei der Analyse von Gesteinen,
                              									Mineralien u.s.w. vorkommt, neben ziemlich viel freier SäureEs ist hier und im Folgenden stets NO⁵ oder SO³ gemeint, da man
                                    											sich wohl nur dieser zur Auflösung der phosphorsäurehaltigen Körper bedienen
                                    											wird. und einer größeren Menge (schwefelsaurer und salpetersaurer) Salze nur eine
                              									äußerst geringe Spur Phosphorsäure, so ist die Fällung resp. der Nachweis dieser
                              									letzteren durch molybdänsaures Ammon insofern mit einer gewissen Unzuträglichkeit, um nicht zu sagen Schwierigkeit verknüpft, als man einen verhältnißmäßig außerordentlich
                              									großen Ueberschuß des Fallungsmittels bedarf; und selbst wenn man einen solchen
                              									zugefügt hat, ist nicht selten noch ein fortgesetztes Erwärmen der betreffenden
                              									Flüssigkeit nothwendig, damit die Ausscheidung des bekannten gelben Niederschlages
                              									beginnt.
                           Der Ueberschuß an molybdänsaurem Ammon wird hauptsächlich dadurch bedingt, daß man
                              									genöthigt ist aus einer in Beziehung auf die kleine Menge Phosphorsäure sehr
                              									verdünnten Lösung zu fällen, da die vorhandenen Salze eine Concentration derselben
                              									unmöglich machen. Man hat also durch überschüssig zugesetztes molybdänsaures Ammon
                              									die lösende Wirkung sowohl des Wassers und der freien Säure, wie eventuell auch der
                              									Salze zu paralysiren, und so eine Flüssigkeit herzustellen, in welcher der
                              									Niederschlag unauflöslich ist und sich ausscheiden
                              									kann.
                           Unter den schwefelsauren und salpetersauren Salzen der sogenannten Leichtmetalle sind
                              									es namentlich die ersteren und unter diesen wieder die mit den stärksten Basen,
                              									welche die Abscheidung des Niederschlages am meisten verzögern, beziehungsweise die
                              									größte Menge des molybdänsauren Ammons erforderlich machen; also zunächst das
                              									schwefelsaure Kali und dann das schwefelsaure Natron, in viel geringerem Grade die
                              									schwefelsaure Magnesia. Was das Ammonsalz betrifft, so scheint eine mäßig verdünnte
                              									(1 : 20), schwach salpetersaure Lösung desselben eher günstig wie nachtheilig zu
                              									wirken.
                           Die Mehrzahl der salpetersauren Salze zeigt keinen nachweisbar ungünstigen Einfluß.
                              									Unter denselben beschleunigt vielmehr das salpetersaure
                                 										Ammon die Bildung des Niederschlages auf eine ganz außerordentliche Weise,
                              									so daß bei Gegenwart einer genügenden Menge dieses Salzes in den
                              									phosphorsäurehaltigen Flüssigkeiten die allergeringste Menge PO⁵ sich
                              									ungemein leicht, rasch und unter Umständen auch auf Zusatz von viel weniger
                              									molybdänsaurem Ammon niederschlägt wie ohne dieselbe.
                           Von den Versuchen welche ich ausgeführt habe, um die Wirkung des salpetersauren
                              									Ammons kennen zu lernen, will ich nur diejenigen in den allgemeinsten Umrissen
                              									mittheilen, welche den vortheilhaften Einfluß desselben am deutlichsten hervortreten
                              									lassen:
                           10 Kubikcentimeter destillirten Wassers wurden mit 0,00002 Grm. (I) resp. 0,0001 Grm.
                              									(II) PO⁵ und 0,3 K. C. MolybdänsäurelösungNach Fresenius' qualitativer Analyse (eilfte
                                    											Auflage) bereitet.
                              									versetzt; gleichzeitig
                              									wurden den obigen genau entsprechende Mischungen (III und IV) dargestellt, welche
                              									statt der 10 K. C. Wasser das gleiche Volumen einer Lösung von NH⁴O,
                              									NO⁵ mit 1 Grm. des Salzes enthielten.Die Lösung des salpetersauren Ammons wurde zunächst für sich auf PO⁵
                                    											geprüft, indem sie, mit dem gleichen Volumen Molybdänflüssigkeit versetzt,
                                    											24 Stunden bis auf 40° C. erwärmt wurde, wobei sich nicht die
                                    											geringste Trübung einstellte
                              								
                           I und II blieben sowohl bei gewöhnlicher Temperatur, wie auch bei mehrstündigem
                              									Erwärmen bis auf 40° C. vollkommen klar. In III begann bei gewöhnlicher
                              									Temperatur die Ausscheidung des Niederschlages nach 12 Stunden; in IV schon nach 30
                              									Minuten. Nach 20 Stunden war die Fällung vollständig, denn ein weiterer Zusatz von
                              									mehreren K. C. Molybdänflüssigkeit zu dem klaren Filtrate brachte trotz 24stündigen
                              									Erwärmens nicht die geringste Trübung hervor. Wurde III sogleich erwärmt, so
                              									entstand auch hier der Niederschlag nach etwa einer Stunde. Setzte man eine größere
                              									Menge molybdänsaures Ammon (ca. 2 K. C.) hinzu, so war
                              									bei Anwesenheit von viel salpetersaurem Ammon die Empfindlichkeit des Reagens so
                              									groß daß sich kaum eine Grenze angeben läßt.
                           Es wurden ferner 5 K. C. der Lösungen der Sulfate und Nitrate der Alkalien, Erden und
                              									alkalischen Erden (soweit sie löslich, Concentration 1 : 10, oder, wenn in diesem
                              									Verhältnisse nicht löslich, gesättigt) mit 0,00004 Grm. PO⁵ 0,3 K. C.
                              									Molybdänsäure und 5 K. C. Wasser resp. 5 K. C. salpetersaurem Ammon (1 K. C. = 0,15
                              									Grm.) versetzt. Nach einigen Stunden hatte sich in den Lösungen mit dem Zusatz von
                              									Ammonnitrat der Niederschlag bei gewöhnlicher Temperatur ausgeschieden, nur die
                              									Sulfate der Alkalien bedurften einer etwas größeren Menge Molybdän. In den Lösungen
                              									ohne salpetersaures Ammon dagegen bildete sich auch bei mehrstündigem Erwärmen nicht
                              									der geringste Niederschlag.
                           Ein gleich günstiges Resultat ergaben Versuche mit Lösungen welche durch
                              									Salpetersäure stark angesäuert waren. Die erforderliche Menge Molybdänsäure war ohne
                              									Zusatz von NH⁴O, NO⁵ mindestens dreimal so groß, wie bei Gegenwart
                              									desselben.
                           Nach diesen Erfahrungen führe ich die Fällung sehr kleiner Mengen PO⁵ bei
                              									gleichzeitiger Anwesenheit großer Quantitäten salpetersaurer oder schwefelsaurer
                              									Salze folgendermaßen aus: Die saure Flüssigkeit wird, falls die Schwerlöslichkeit
                              									der Salze nicht einen größeren Zusatz nöthig macht, mit so viel Wasser verdünnt, daß
                              									sie in 10 K. C. oder wenn viel schwefelsaures Ammon vorhanden ist, in 20 K. C. etwa
                              									1 Grm.
                           
                           Salz enthält, dann mit Ammon in geringem Ueberschusse versetzt, und darauf mit
                              									Salpetersäure wieder schwach angesäuert. Ist auf diese Weise nicht schon eine
                              									hinreichende Menge NH⁴O, NO⁵ gebildet, so füge ich zu der Flüssigkeit
                              									das gleiche Volum einer Lösung dieses Salzes, welche in 5 K. C. ca. 1 Grm. desselben enthält, erwärme bis auf 50°
                              									C. und setze molybdänsaures Ammon wie gewöhnlich zu. War die Flüssigkeit dagegen
                              									durch Salpetersäure stark sauer, so daß durch den Zusatz von Ammon sich bereits eine
                              									gewisse, bei bekanntem Gehalt des letzteren leicht zu berechnende Menge Nitrat
                              									gebildet hatte, so trage ich diesem Rechnung und stelle im Uebrigen das oben
                              									angegebene Concentrationsverhältniß annähernd her. Die Abscheidung des
                              									Niederschlages erfolgt unter diesen Umständen außerordentlich rasch und vollständig,
                              									und wenn der Phosphorsäuregehalt nur 1/50,000 vom Gewichte der ursprünglichen Salze
                              									beträgt, in der Regel fast augenblicklich.
                           Konnte nach den mitgetheilten Beobachtungen der günstige Einfluß des salpetersauren
                              									Ammons auch nicht mehr bezweifelt werden, so hielt ich die Ausführung einiger
                              									quantitativen Bestimmungen doch um so mehr für angezeigt, als ich mich noch
                              									besonders von der muthmaßlichen Anwendbarkeit einer Lösung von NH⁴O,
                              									NO⁵ an Stelle der sonst gebräuchlichen Molybdänflüssigkeit zum Auswaschen des
                              									Niederschlages zu überzeugen beabsichtigte.
                           I. 20 K. C. einer Lösung von phosphorsaurem Natron in bekannter Weise mit
                              									Magnesiamixtur gefällt, gaben a) 0,140 – b) 0,139 Grm. 2 MgO, PO⁵
                           II. 20 K. C. derselben Lösung mit 60 K. C. Wasser, 3 Grm. NH⁴O, NO⁵ je
                              									0,25 Grm. KO, NO⁵, NaO, SO³, MgO, SO³, CaO, NO⁵,
                              									Al²O³, 3 SO³, und 70 K. C. Molybdänflüssigkeit versetzt. Der
                              									gelbe Niederschlag, mit einer ganz schwach angesäuerten Lösung von NH⁴O,
                              									NO⁵, welche in 10 K. C. 1,5 Grm. enthielt, ausgewaschen, darauf in Lösung und
                              									auf gleiches Volumen wie bei I gebracht, mit Magnesiamixtur gefällt, gab 0,139 Grm.
                              									2 MgO, PO⁵.
                           III. 10 K. C der Phosphorsalzlösung mit 60 K. C. Wasser, 9 Grm. NH⁴O,
                              									NO⁵, je 0,5 Grm. KO, NO⁵, NaO, SO³, MgO, SO³,
                              									Al²O³, 3 SO³ und 0,25 Grm. CaO, NO⁵ versetzt, mit 40 K.
                              									C. Molybdänflüssigkeit gefällt. Der Niederschlag, wie vorher mit NH⁴ O,
                              									NO⁵ Lösung ausgewaschen, in Lösung und auf das halbe Volumen wie bei I
                              									gebracht, mit Magnesiamixtur gefällt, gab 0,070 Grm. 2 MgO, PO⁵.
                           Die Nitratlösungen, welche zum Auswaschen gedient hatten, wurden mit ihrem gleichen
                              									Volumen Molybdänflüssigkeit versetzt und bis auf 40° C. längere Zeit erwärmt.
                              									Sie blieben vollkommen klar. Hiernach ist die Anwendbarkeit einer Lösung von salpetersaurem
                              									Ammon zum Auswaschen der auf die angegebene Weise erhaltenen Niederschläge nicht
                              									mehr zweifelhaft; will man sehr vorsichtig seyn, so kann man derselben einige
                              									Procente Molybdänflüssigkeit zusetzen; in einem solchen Gemisch sind die
                              									Niederschläge sicherlich so gut wie unlöslich.
                           Noch bemerke ich, daß die Präcipitate welche in den reichlich mit NH⁴O,
                              									NO⁵ vermischten phosphorsäurehaltigen Flüssigkeiten entstehen, sich von den
                              									unter gewöhnlichen Verhältnissen erhaltenen, durch ein größeres Volumen und eine
                              									etwas hellere Farbe unterscheiden.
                           ––––––––––
                           Bei der Prüfung von Eisenerzen, Kalksteinen u. dgl. hatte ich Gelegenheit einige
                              									Beobachtungen über die Bildung der gelben Niederschläge zu machen, welche unter
                              									Umständen in kieselsäurehaltigen Flüssigkeiten durch
                              									mölybdänsaures Ammon hervorgerufen werden. Bekanntlich färben sich derartige Gemenge
                              									intensiv gelb. Ist der Kieselsäuregehalt sehr gering, so tritt die gelbe Färbung
                              									erst einige Zeit nach dem Zusatz des Reagens ein. Die Bildung des Niederschlages
                              									erfolgt ziemlich rasch beim Erwärmen bis auf circa
                              									60° C.; bei gewöhnlicher Temperatur kann die gelbe Flüssigkeit oft wochenlang
                              									und selbst monatelang stehen, ehe die Ausscheidung des Niederschlages erfolgt. Es
                              									scheint übrigens zu seiner Entstehung ein sehr geringer Kieselsäuregehalt der
                              									Flüssigkeit hinzureichen.
                           Der Niederschlag unterscheidet sich sowohl durch seine physikalische Beschaffenheit,
                              									wie durch sein Verhalten zu Ammoniak von dem entsprechenden phosphorsäurehaltigen
                              									ganz wesentlich. Er ist nicht wie dieser ein schweres Pulver, sondern überzieht
                              									gewöhnlich als gelbe, fast krystallinisch zu nennende Haut die Wandungen der Gefäße.
                              									Beim Reiben mit dem Glasstab löst er sich von denselben leicht los und nimmt eine
                              									blaßgelbe Farbe an.
                           In kaltem, mäßig verdünntem Ammoniak löst er sich nicht, wie der
                              									Phosphorsäureniederschlag fast augenblicklich, sondern ganz allmählich – es
                              									vergehen oft mehrere Stunden bis die gelbe Farbe vollständig verschwunden ist
                              									– unter Abscheidung einiger Kieselsäureflocken. Versetzt man das
                              									ammoniakalische Filtrat sogleich mit Magnesiamixtur, so tritt anfangs nur eine
                              									Opalisirung ein, bald aber setzt sich ein voluminöser, Magnesia und Kieselsäure
                              									enthaltender flockiger Niederschlag ab. Versucht man dagegen vor dem Zusatze der
                              									Magnesiamixtur durch Salmiak die Kieselsäure abzuscheiden, und so den letzterwähnten
                              									Niederschlag zu vermeiden, so gelingt dich nur schwierig und meistens nicht ganz
                              									vollständig: wenigstens entstand derselbe noch zuweilen auf Zusatz von
                              									Magnesiamixtur in den
                              									vorher reichlich mit Salmiak versetzten Flüssigkeiten, nachdem dieselben länger als
                              									acht Tage gestanden hatten.
                           Ich bin versucht zu glauben, daß der flockige Niederschlag welchen man hin und wieder
                              									auf der phosphorsauren Ammon-Magnesia antrifft, nicht selten einem
                              									Kieselsäuregehalt des ursprünglichen Phosphor-Molybdänsäureniederschlages,
                              									den man aus einer vermeintlich vollkommen
                              									kieselsäurefreien Flüssigkeit gefällt hatte, seine Entstehung verdankt.