| Titel: | Ueber die Kupferfabrication im Tyne-Districte (England); von R. Calvert Clapham. | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LXXXI., S. 302 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber die Kupferfabrication im
                           								Tyne-Districte (England); von R. Calvert Clapham.
                        Vorgetragen in der chemischen
                              									Gesellschaft zu Newcastle am Tyne. – Aus Chemical News, vol. XXIII p. 26;
                              									Januar 1871.
                        Clapham, über die Kupferfabrication im
                           								Tyne-Districte.
                        
                     
                        
                           Die Kupferfabrication, wie sie jetzt im Tyne-Districte in ausgedehntem
                              									Maaßstabe betrieben wird, hat denselben mit einem neuen Industriezweige bereichert.
                              									Bis zum Jahre 1850 wurde am Tyne kein Kupfer producirt; im Jahre 1851 errichteten J.
                              									und W. Allen zu Wallsend eine Sodafabrik, um Longmaid's patentirte ErfindungUeber Longmaid's Verfahren, Glaubersalz nebst
                                    											Chlorgas aus (kupferhaltigen) Schwefelkiesen zu gewinnen, sehe man Bolley's Mittheilung im polytechn. Journal, 1852,
                                    											Bd. CXXVI S. 156. zur Ausführung zu bringen und extrahirten so viel Kupfer, daß sie
                              									wöchentlich vier Tonnen Kupfervitriol erzeugen konnten. Einige Jahre später
                              									errichteten Gossage zu Wellington, Russel zu Walker und Mease zu Jarrow
                              									Kupferwerke zur Verhüttung der damals hauptsächlich aus cornischen und irischen
                              									Kiesen erhaltenen armen Erze.Gossage's Verhüttung von Kupferkiesen auf nassem
                                    											Wege ist im polytechn. Journal, 1859, Bd. CLIV S. 395 mitgetheilt. Der Regulus, beziehungsweise das durch Eisen gefällte Kupfer wurde nach
                              									Swansea gebracht und dort auf Kupfer verschmolzen. Im Jahre 1858 fingen H. L. Pattinson und Comp. an,
                              									geröstete Kiese auf Kupfer zu verhütten; der Regulus wurde gleichfalls nach Wales
                              									versendet. Bis zu diesem Zeitpunkte betrug die Gesammtmenge des am Tyne aus
                              									Kupferregulus etc. erzeugten Kupfers nicht mehr als 400 Tonnen jährlich.
                           Im Jahre 1865 wurden zu Hebburn Kupferwerke errichtet, auf denen das sogenannte Henderson'sche Verfahren der Kupferextraction auf dem
                              									nassen Wege für aus spanischen Kiesen erhaltene Erze zur Ausführung kam.Nach Percy's
                                    											Metallurgy besteht Henderson's Vorschlag darin, alles Kupfer als Chlorid zu
                                    											verflüchtigen und dieses zu verdichten; Wagner's
                                    											Jahresbericht für 1865, S. 152. Seit dieser Zeit ist die Kupferproduction der älteren Werte im raschen
                              									Steigen gewesen; neue Anlagen für gleichen Zweck hat die Bede
                              									Metal Company neuerlich zu Jarrow gemacht.
                           Im Jahre 1869 betrug die Gesammtmenge des am Tyne producirten Kupfers 4100 Tonnen,
                              									wovon ungefähr 280 Tonnen in Kupfervitriol bestanden; der Geldwerth der Products
                              									erreichte etwa 340,000 Pfd. Sterl. Diese Production hat im Jahre 1870 bedeutend
                              									zugenommen. Da die Verwerthung des im Districte erzeugten gerösteten
                              									(abgeschwefelten) Kupferkieses jetzt sehr erleichtert ist, während derselbe früher
                              									nach Swansea geschafft werden mußte, und da der Kupferkies zu sehr billigem Preise
                              									geliefert werden kann, so stellt es sich als ziemlich gewiß heraus, daß dieses
                              									Material bald die Stelle der nicht kupferhaltigen Kiese (zur
                              									Schwefelsäure-Fabrication) einnehmen wird.
                           Der Gesammtverbrauch an Kiesen aller Art betrug im Jahre 1869 im Vereinigten
                              									Königreiche beinahe 400,000 Tonnen; es wurden nämlich eingeführt:
                           
                              
                                 aus
                                 Norwegen
                                 63091
                                 Tonnen
                                 
                              
                                 „
                                 Holland
                                 13983
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Portugal
                                 140805
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Spanien
                                 99648
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 anderen Ländern
                                 2420
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 319947
                                 Tonnen
                                 
                              
                                 in Irland wurden gewonnen
                                 56291
                                 „
                                 
                              
                                 in Cornwall und anderen Theilen
                                 19658
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 395896
                                 Tonnen
                                 
                              
                           davon bestanden 265,453 Tonnen in Kupferkies, wovon:
                           
                              
                                 aus
                                 Norwegen
                                 25000
                                 Tonnen
                                 
                              
                                 „
                                 Spanien
                                 99648
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Portugal
                                 140805
                                 „
                                 
                              
                           eingeführt wurden.
                           So bedeutend dieser Import ist, dürfte es doch von Interesse seyn, zu erfahren daß
                              									die Kieseinfuhr für das Jahr 1870 nicht viel unter 400,000 Tonnen betragen wird. Die
                              									große Bedeutung dieser Thatsache für die zukünftige Entwickelung des Sodahandels
                              									kann nicht stark genug betont werden; denn wahrlich, die beiden in Rede stehenden
                              									Industriezweige – die Erzeugung von Soda und die von Kupfer – treten
                              									von Jahr zu Jahr mehr in
                              									ein Verhältniß gegenseitiger Abhängigkeit. Die Anlage von Kupferhütten im
                              									Tyne-Districte hat bereits die örtlichen Einfuhren in bedeutendem Maaße
                              									erhöht und gleichzeitig für den Sodafabrikanten die Kosten des Schwefels erniedrigt,
                              									dessen Preis seit 1865 um 40 Proc. gefallen ist.
                           Für das in unserem Districte allgemein befolgte Fabricationsverfahren eignet sich am
                              									besten der Kies aus Spanien, welcher weniger Kieselsäure und anderweitige
                              									fremdartige Beimengungen enthält, als die meisten anderen Sorten dieser Gattung von
                              									Erzen. Zunächst wird den Erzen durch den Sodafabrikanten zum Behufe der
                              									Schwefelsäuregewinnung der größte Theil ihres Schwefels entzogen; dann gelangen sie
                              									auf die Kupferhütten. Die besseren Sorten enthalten in diesem Zustande ungefähr 3
                              									bis 5 Proc. Kupfer, 4 Proc. Schwefel, 4 Proc. Kieselsäure und geringe Mengen Silber
                              									und Blei; der Rest besteht aus Eisenoxyd.
                           Die Erze werden nun mit gewöhnlichem Kochsalz gemengt; die Quantität dieses
                              									Zuschlages hängt von der Menge des bei dem Abrösten im Erze zurückgebliebenen
                              									Schwefels ab. Dieses Gemenge wird zu einem feinen Pulver gemahlen und dann in langen
                              									Flammöfen auf eine mäßige Temperatur erhitzt. Hierdurch wird der Schwefel zu
                              									Schwefelsäure umgewandelt, gleichzeitig wird auch das Salz zersetzt; die entwickelte
                              									Salzsäure wirkt auf das Kupfer und dieses, vorausgesetzt daß man im Ofen keine zu
                              									starke Hitze gibt, wird sämmtlich in löslichen Zustand gebracht, so daß es aus dem
                              									Rückstande ausgelaugt werden kann. Allerdings wird ein Theil des Chlorkupfers durch
                              									die Hitze verflüchtigt, dieser tritt jedoch gleichzeitig mit der freien Salzsäure in
                              									die Condensationsapparate und wird hier verdichtet. Die saure Flüssigkeit aus den
                              									Thürmen hat eine entschieden grünlich-blaue Färbung, ein Anzeichen ihres
                              									Kupfergehaltes.
                           Die im Ofen fertig zersetzte Beschickung wird in hölzerne Sümpfe oder Bottiche
                              									gebracht und in denselben mit Wasser und der sauren Flüssigkeit aus den
                              									Condensationsthürmen digerirt; letztere trägt zur Extraction der Metalle sehr
                              									wesentlich bei. Die aus den Bottichen kommenden Laugen sind selbstverständlich von
                              									verschiedener, dem Metallgehalte der Erze entsprechender Zusammensetzung und
                              									enthalten die Chloride von Kupfer, Silber und Blei, nebst unzersetztem Kochsalze;
                              									ferner schwefelsaures Natron, schwefelsaures Bleioxyd etc.
                           Zur Gewinnung des Kupfers werden die Flüssigkeiten mit altem Brucheisen behandelt,
                              									oder auch mit Eisenschwamm, welcher aus den (wie vorhin bemerkt) aus Eisenoxyd
                              									bestehenden Rückständen der Erze durch Erhitzen mit Kohle im Muffelofen dargestellt
                              									wird. Bei Anwendung von Eisenschwamm erfolgt die Fällung des Kupfers weit rascher.
                              									Der auf diesem Wege
                              									erhaltene Niederschlag wird durch öfters wiederholtes Auswaschen mit Wasser von den
                              									ihm anhaftenden Eisen- und Natronsalzen etc. möglichst befreit, worauf man
                              									ihn abtropfen und theilweise trocknen läßt. In diesem Zustande wird er in einem
                              									gewöhnlichen Flammofen eingeschmolzen; das erste Schmelzen liefert das sogenannte
                              										„pimple copper“ ( „Bläschenkupfer“ ), welches in einem ähnlichen Ofen
                              									unter Einwirkung eines Stromes von Gebläseluft, durch den die beigemengten
                              									Verunreinigungen oxydirt werden, langsam nochmals umgeschmolzen wird; nach dem
                              									Abstechen bildet es das „blister
                                    										copper“ ( „Blasenkupfer“ ), welches
                              									raffinirt und als „cake copper“
                              									oder „ingot copper“ (
                              										„Scheibenkupfer“ oder „Zainkupfer“ )
                              									in den Handel gebracht wird.
                           Der in den Auslaugbottichen bleibende, aus fast reinem Eisenoxyd bestehende Rückstand
                              									findet zum Füttern von Puddelöfen und als Schmelzmaterial in Hohöfen, anstatt
                              									Hämatit, eine ausgedehnte Anwendung. Seine Zusammensetzung läßt sich
                              									durchschnittlich als die nachstehende angeben:
                           
                              
                                 Eisenoxyd
                                 90
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 6
                                 
                              
                                 Wasser etc.
                                 4
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Die meisten der spanischen Kiese haben auch einen merklichen Gehalt an Silber und
                              									Blei, mitunter auch an Gold; zur Abscheidung und Gewinnung der Edelmetalle wurde bis
                              									vor Kurzem kein Versuch gemacht. Nun hat sich aber F. Claudet ein von ihm erfundenes Verfahren zu diesem Zweck patentiren lassen
                              									(beschrieben in diesem Bande des polytechn. Journals S.
                              									53, erstes Januarheft 1871). Das Erz wird auf die oben angegebene Weise behandelt;
                              									die zwei oder drei ersten Laugen enthalten das Silber, indem das während des
                              									chlorirenden Röstens gebildete Chlorsilber durch das in großem Ueberschusse
                              									angewendete Kochsalz gelöst worden ist. Die auf Silber zu behandelnden Lösungen
                              									werden in große Bottiche gebracht und in denselben mit einem löslichen Jodide
                              									versetzt. Der dadurch erzeugte Niederschlag besteht aus einem Gemenge von Jodsilber
                              									und schwefelsaurem Bleioxyd mit Kupfersalzen. Die letzteren werden mittelst einer
                              									verdünnten Säure weggeschafft und der gebliebene Rückstand des Niederschlages wird
                              									mittelst metallischen Zinkes zersetzt, wodurch das Jodsilber reducirt wird. Das
                              									entstandene Jodzink wird zum Ausfällen des Silbers aus neuen Portionen der Laugen
                              									benutzt. Der Niederschlag enthält auch das vorhandene Gold.
                           Aus dem Vorstehenden ersieht man, daß sämmtliche in den Erzen enthaltenen Metalle extrahirt
                              									werden können, und daß der einzige in einiger Menge durch diesen Proceß erzeugte
                              									Artikel, welcher bisher noch nicht verwerthet wurde, das dabei erhaltene
                              									schwefelsaure Natron ist. Zur Wiedergewinnung dieses Salzes aus den als unbrauchbar
                              									betrachteten Rückständen haben Dr. Merz und Napier bereits Versuche im Großen
                              									angestellt und es läßt sich hoffen, daß das angestrebte Ziel mit der Zeit erreicht
                              									werden wird.
                           Die Kupferproduction des Vereinigten Königreiches im Allgemeinen betreffend, finden
                              									wir daß unsere seit Jahrhunderten bebauten heimischen Gruben das Maximum ihrer
                              									Production im Jahre 1860 erreichten, und zwar mit 15968 Tonnen. Als die Einfuhr aus
                              									dem Auslande zunahm und die Kupferproduction aus abgerösteten (entschwefelten)
                              									Kiesen allmählich größere Bedeutung gewann, wurde die Gewinnung brittischer Erze in
                              									entsprechendem Maaße aufgegeben; sie erreichte im Jahre 1869 nur die Höhe von 8291
                              									Tonnen, hatte sich also gegen die vom Jahre 1860 um beinahe 50 Procent
                              									vermindert.
                           Die nachstehenden Zahlen repräsentiren die Erzeugung, die Einfuhr, die Ausfuhr und
                              									den Verbrauch an Kupfer im Jahre 1869:
                           
                              
                                 Aus brittischen Erzen
                                    											erzeugtes Kupfer
                                 8291
                                 Tonnen
                                 
                              
                                 nämlich:
                                 aus
                                 Erzen
                                 aus Cornwall
                                 6794
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 „
                                 aus Wales
                                 346
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 „
                                 von der Insel Man 
                                 30
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 „
                                 aus Irland
                                 1022
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 aus
                                 diversen
                                 Kupferniederschlägen
                                 99
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 8291
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Aus abgerösteten Kiesen
                                    											erzeugtes Kupfer
                                 7600
                                 „
                                 
                              
                                 nämlich:
                                 aus
                                 Kiesen
                                 aus dem Tynedistricte
                                 4100
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 „
                                   „   Lancashire und
                                    											anderen       
                                    											Gegenden
                                 3500
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 7600
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Die Einfuhr – aus
                                    											Erzen, Regulus, Barren, Stäben etc. bestehend – betrug, als
                                    											reines Kupfer berechnet
                                 63097
                                 
                                 
                              
                                 nämlich:
                                 aus
                                 Chile
                                 42000
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 Australien
                                 7500
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 dem Caplande, Norwegen, Nordamerikaund aus
                                    											anderen Ländern
                                 13597
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 63097
                                 
                                 
                              
                                 Die Ausfuhr betrug
                                 
                                 54878
                                 „
                                 
                              
                                 nämlich: 
                                 an
                                 in England fabricirtem Kupfer
                                 42569
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 fremdem Kupfer
                                 12309
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 54878
                                 
                                 
                              
                           
                           Der Verbrauch an Kupfer in England belief sich:
                           
                              
                                 im Jahre 
                                 1864
                                 auf
                                 20120
                                 Tonnen
                                 
                                 
                              
                                 
                                 1865
                                 „
                                 26514
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 1866
                                 „
                                 28326
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 1867
                                 „
                                 20305
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 1868
                                 „
                                 17400
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 1869
                                 „
                                 21665
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 also im Durchschnitt jährlich auf
                                 22388 Tonnen
                                 
                              
                           Schließlich spreche ich den Kupferfabrikanten, welche mir in so bereitwilliger Weise
                              									alle erbetenen Aufschlüsse gaben, meinen Dank aus.