| Titel: | Pyrometrische Werthbestimmung eines bei Strehlen in Schlesien aufgefundenen Kaolins, nebst chemischer Analyse des durch Schlämmen daraus gewonnenen Materiales; von Dr. Carl Bischof. | 
| Autor: | Carl Bischof [GND] | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LXXXII., S. 307 | 
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                        LXXXII.
                        Pyrometrische Werthbestimmung eines bei Strehlen
                           								in Schlesien aufgefundenen Kaolins, nebst chemischer Analyse des durch Schlämmen daraus
                           								gewonnenen Materiales; von Dr. Carl
                              									Bischof.
                        Bischof, Pyrometrische Werthbestimmung eines schlesischen
                           								Kaolins.
                        
                     
                        
                           Das Lager kommt in der Ebene, eine Meile östlich vom Rummelsberge vor, und hat eine
                              									Ausdehnung von circa 100 Morgen. Die Förderung geschieht
                              									zu Tage, und die Abdeckarbeit besteht im Wegräumen einer meist über drei Fuß
                              									betragenden humosen Lehmüberdeckung. Die Mächtigkeit ist, soweit sie bis jetzt zu
                              									ermitteln war, bis zu 100 Fuß Tiefe.
                           Die Fundstätte befindet sich ganz in der Nähe einer dort errichteten Thonfabrik, wo
                              									sämmtlicher Thon geschlämmt und mit einem bei Runersdorf vorkommenden eigenthümlich
                              									schieferigen Quarze vermengt, zu Ziegeln geformt und in besonders dazu construirten
                              									Oefen bei großer Hitze gebrannt wird. Die so hergestellten feuerfesten Steine werden
                              									hauptsächlich zu hüttenmännischen Zwecken verwendet.
                           Entdeckt wurde dieses sehr mächtige Lager vor nicht langer
                              									Zeit von dem dortigen Oekonomie-Director Oswald Sucker zufällig bei Aufsuchung einer verstopften Drainröhre.
                           Der durchschnittlich gewonnene Thon besteht aus theils pulveriger, weißer Erde,
                              									theils zusammengeballten, oft deutlich eisenhaltig gefärbten, rundlichen Klümpchen
                              									bis zur Größe einer Haselnuß. – Er ist quarz- und glimmerhaltig.
                              									– Knirscht beträchtlich beim Zerreiben. – Eine Probe aus dem Ganzen
                              									dargestellt und feinst zerrieben zeigt eine entschiedene Färbung in's Gelbliche.
                           
                           Längere Zeit mit concentrirter Salzsäure digerirt, wird nicht viel Eisen, von Kalk
                              									nur sehr wenig, dagegen Magnesia in merklicher Menge ausgezogen. – Schwärzt
                              									sich beträchtlich beim Glühen über der Spirituslampe.
                           
                        
                           Pyrometrisches Verhalten.
                           Eine aus dem Ganzen dargestellte Durchschnittsprobe, wobei die bezeichneten
                              									Thonklümpchen zerdrückt, aber die Masse nicht weiter
                                 										zerrieben wurde, geprüft
                           in annähernder Platin-Schmelzhitze:
                           ist das Aeußere mit schwarzen Fleckchen übersäet, nicht glänzend.
                              									Nicht geschwunden. Bruch körnig und wenig fest;
                           in erreichter, controllirter Platin-Schmelzhitze:
                           Form erhalten, glasirt. Etwas abgeflossen und sind die Fleckchen
                              									verschwunden. Bruch dicht, quarzartig.
                           Eine Durchschnittsprobe, vorher feinst zerrieben und der
                              									annähernden Platin-Schmelzhitze ausgesetzt:
                           sind die Fleckchen verschwommen. Aeußeres ein wenig glänzend.
                              									Geschwunden. Bruch homogen, fest und ein wenig glänzend;
                           in der erreichten Platin-Schmelzhitze:
                           gänzlich zerflossen zu einem hellgrauen, glänzenden Email.
                           Bemerkenswerth ist, daß dieselbe Rohmasse, je nachdem sie
                              									im natürlichen gröberen oder feineren Zustande angewendet wird, sich augenscheinlich
                              										wesentlich verschieden in gleich hohem Hitzegrade
                              									verhält. In beiden Fällen verschwinden mit höher gesteigerter Temperatur die
                              									Fleckchen, welche von dunkel gefärbten und in wenig geringerem Hitzegrade deutlich auftretenden Flußpünktchen herrühren.
                           Das Bindevermögen des Rohthones ist = 1 – 2.
                           Wird der Thon in vorsichtiger Weise geschlämmt, so daß die Glimmerblättchen so viel
                              									wie möglich bei dem Schlämmrückstande verbleiben, so resultirt eine sehr zarte,
                              									grauliche Masse mit gelblichem Stich, welche sich ziemlich reinweiß brennt.
                           Dieses Schlämmproduct annähernder Platin-Schmelzhitze ausgesetzt:
                           ist Aeußeres nicht glänzend und ohne Fleckchen, oder lassen sich
                              									solche nur vereinzelt bemerken. Geschwunden. Bruch theilweise homogen verdichtet,
                              									ohne Glanz;
                           in der erreichten Platin-Schmelzhitze:
                           Form völlig erhalten. Aeußeres kaum glänzend, feinste Pöckchen
                              									(Auftreibungen) zeigend. Bruch porzellanartig, porig-löcherig, von weißer
                              									Farbe.
                           
                           Das Geschlämmte verhält sich augenfällig
                              									schwerschmelzbarer, als die Rohmasse. Bei letzterer ist ein Abfließen bereits
                              									eingetreten, wenn auch der innere Kern, aus gröberen Quarzstückchen bestehend,
                              									weniger erweicht erscheint, als dieß bei der geschlämmten Masse der Fall.
                           Das Geschlämmte, wiederholt der Platin-Schmelzhitze ausgesetzt:
                           ist außen deutlich mit einer Rinde überzogen, verhält sich aber
                              									sonst gleich wie in dem einmalig erreichten Hitzegrade.
                           Versetzt man in der früher beschriebenen WeisePolytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 396. das geschlämmte und vorher leise geglühte Material innigst mit dem
                              									Normalgemenge (aus 2 Th. Thonerde und 1 Th. Kieselerde), so zeigen sich alle Proben
                              									bis zu 10/10 Zusatz mehr oder weniger emaillirt und von einer Rinde eingehüllt, bis
                              									erst bei 12/10 die ein Continuum bildende Umhüllung, sey sie glänzend oder nicht,
                              									verschwindet und das als Kriterium angenommene mehr
                                 										körnige Ansehen auftritt.
                           Für den angenommenen Grad der Feuerfestigkeit sind somit zwölf
                                 										Zehntel Zusatz erforderlich.
                           Das Bindevermögen des geschlämmten Kaolins ist = 3.
                           Der beim Schlämmen verbleibende Rückstand beträgt ca. 60
                              									Proc. dem Volumen nach. Derselbe ist deutlich gelblich gefärbt und besteht aus 2
                              									Theilen feinem Sande, meist glimmerhaltigem Staubsande, und 1 Theil gröberen, kantigen, vorherrschend reinweißen Quarztrümmern bis zur
                              									Größe eines Pfefferkornes.
                           Der Schlämmrückstand, annähernder Platin-Schmelzhitze ausgesetzt:
                           bildet einen zusammengesinterten Kuchen, dessen feinste
                              									Sandkörnchen fester verkittet und dessen gröbere lose mit einander verbunden und
                              									noch völlig scharfkantig sind;
                           in erreichter Platin-Schmelzhitze:
                           feinstes Pulver zu einem hellen Glase mit einem Stich in's
                              									Gelbliche zusammengeflossen, worin einzelne Stückchen schwimmen. Die gröberen Theile
                              									bilden glasähnliche, durchscheinende, nicht mehr scharfkantige Körner.
                           Die chemische Analyse des geschlämmten und lufttrockenen Kaolins ergab in 100
                              									Theilen:
                           
                           
                              
                                 Thonerde 
                                 37,54
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 17,494 O³
                                 
                              
                                 Kieselsäure,„
                                 chem. gebundenals Sand
                                 44,082,62
                                 
                                    
                                    
                                 46,70
                                 
                                 
                                 
                                 24,907 O³
                                 
                              
                                 MagnesiaKalkEisenoxydKali
                                    											(vorherrschend) 
                                 0,230,080,940,84
                                 
                                 
                                 0,0920,0230,188Als
                                          													Oxydul berechnet.0,142
                                 
                                    
                                    
                                    
                                 0,445 O =
                                   1,335 O³
                                 
                              
                                 chem. gebundenes Wasserund Organisches
                                 12,60
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 hygroskopisches Wasser
                                 0,60
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 99,53
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Diese Zusammensetzung gibt die chemische Formel:
                           13,10 (Al²O³, 1,42 SiO³) + RO 
                           
                              
                                 oder
                                 1)
                                 1 Theil
                                 Flußmittel
                                 kommt
                                 auf
                                 13,10
                                  Thonerde
                                 
                              
                                 
                                 2)
                                 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 18,60
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 und
                                 3)
                                 auf
                                 1 Theil
                                 Thonerde
                                 kommen 
                                 1,42
                                 „
                                 
                              
                           Die Analyse und Formel, verglichen mit dem Normalkaolin, weisen auf ein ungünstigeres
                              									pyrometrisches Verhalten hin.
                           
                        
                           Zusammenfassung.
                           Der in Rede stehende geschlämmte Kaolin kommt somit seiner chemischen Zusammensetzung
                              									nach mit den eigentlichen Kaolinen primärer Lagerstätte
                              									überein. Er ist charakterisirt durch einen hervorragenden
                              									Thonerdegehalt. Er zeigt eine geringe Menge von Flußmittel. Die der Kieselsäure
                              									beigemengte Sandmenge ist unbedeutend.
                           In pyrometrischer Beziehung verhält sich das geschlämmte Material abweichend
                              									gegenüber den bestbekannten Kaolinen, wofür der Grund in einem Glimmergehalte zu
                              									suchen ist, der von einer so feinen Beschaffenheit ist, daß dessen Absonderung auch
                              									durch vorsichtigstes Schlämmen, namentlich im Großen nur unvollständig
                              									bewerkstelligt werden kann.
                           Mit dem Normalgemenge vermischt und der wiederholten Platin-Schmelzhitze
                              									ausgesetzt, erfordert der geschlämmte Kaolin für den angenommenen Grad der
                              									Feuerfestigkeit = zwölf Zehntel Zusatz.
                           Wiesbaden, im Februar 1871.