| Titel: | Chemische Notizen; von Albert Stiassny. | 
| Autor: | Albert Stiassny | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. CVIII., S. 413 | 
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                        CVIII.
                        Chemische Notizen; von Albert Stiassny.
                        Stiassny, chemische Notizen.
                        
                     
                        
                           1. Ueber die Einwirkung des Phosphors
                                 										auf Anilin.
                           Läßt man gewöhnlichen gelben Phosphor auf käufliches Anilin unter Erhitzung
                              									einwirken, so bemerkt man daß sich das Anilin schwach rosenroth färbt, was bei der
                              									großen Färbekraft der Anilinfarbstoffe nur von einer spurweise gebildeten Menge von
                              									Anilinroth herrühren kann. Diese Röthung wird bedingt durch die geringe Menge
                              									Wasser, welche in jedem Anilin absorbirt ist.
                           Erhitzt man nämlich das Gemenge von Phosphor und Anilin unter Zusatz von Wasser, so
                              									bildet sich sogleich eine bedeutende Menge von Anilinroth. Die Oxydation des Anilins
                              									wird bewirkt durch die Einwirkung des Phosphors auf das zugesetzte Wasser, indem
                              									sich Phosphorwasserstoff bildet und der freiwerdende Sauerstoff das Anilin
                              									oxydirt.
                           Als ich Phosphor auf Anilin einwirken ließ, welches ich durch eine rohe fractionirte
                              									Destillation bei 185° C. von den höher siedenden Homologen getrennt hatte,
                              									erhielt ich eine hell kirschrothe Färbung.
                           Als ich hingegen Phosphor auf den bei höherer Temperatur siedenden Theil einwirken
                              									ließ, entstand eine dunkel bräunlichrothe Färbung.
                           
                           Die nähere Untersuchung dieser Farbstoffe sowie ihrer rationellen Darstellung behalte
                              									ich mir vor.
                           
                        
                           2. Eine Umwandlung des gelben Phosphors
                                 										in rothen.
                           Bekanntlich setzt sich ein kleiner Theil des bei der Verbrennung des Phosphors unter
                              									einer Glasglocke unverbrannt gebliebenen Rückstandes in amorphen Phosphor über.
                           Bewerkstelligt man jedoch diese Verbrennung unter einer Glasglocke, unter welche man
                              									ein Schälchen mit zweifach-chromsaurer Kalilösung gestellt hat, so bemerkt
                              									man daß der Phosphor zuerst wie gewöhnlich unter Bildung dichter weißer Dämpfe in
                              									Phosphorsäure übergeht; nachdem aber die Sauerstoffmenge zur Bildung von
                              									Phosphorsäure zu gering geworden ist, bildet sich phosphorige Säure und diese
                              									reducirt einen Theil der Chromsäure des zweifach-chromsauren Kalis zu
                              									Chromoxyd, während sie in Phosphorsäure übergeht. Diese Reaction ist von einer
                              									Grünfärbung der entstehenden Dämpfe begleitet; das zweifach-chromsaure Kali
                              									ging in das neutrale Salz über und der zurückgebliebene Phosphor sublimirte
                              									gleichsam in dem Schälchen, während er in die rothe Modification überging.