| Titel: | L. Hamel's Patent auf eine Verbesserung in der bisher üblichen Methode der Färberei mit Indigo für Blaudruckwaaren. | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. CX., S. 416 | 
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                        CX.
                        L. Hamel's Patent auf eine Verbesserung in der
                           								bisher üblichen Methode der Färberei mit Indigo für Blaudruckwaaren.
                        Aus Reimann's Färberzeitung, 1871, Nr. 8.
                        Hamel's Verfahren zur Herstellung der Blaudruckartikel.
                        
                     
                        
                           Die Industrie der Blaudruckartikel ist bekanntlich eine sehr alte und trotz der
                              									vielfachen Neuerungen im Druckfache noch wenig veränderte. Bei der Billigkeit der
                              									Blaudruckartikel richtet sich das Hauptaugenmerk des Fabrikanten von vornherein auf
                              									die Ersparung des angewendeten so theueren Indigos, und es sind seit einer Reihe von
                              									Jahren viele Versuche gemacht worden, den Indigo aus den Abfällen der Küpe
                              									wiederzugewinnen, beim Küpen selbst an Indigo zu sparen etc. Die Grundirung der
                              									blauen Nessel mit Mangansuperoxyd (Manganbistre) und
                              									Catechubraun zur Hervorbringung eines dunkleren Tones, welcher mit Indigo
                              									hergestellt sehr hoch zu stehen kommen würde, ist eine bekannte Thatsache. Dennoch
                              									wird diese Grundirung nicht allgemein angewendet, weil sie nur für bestimmte Zwecke
                              									brauchbar ist.
                           Um so freudiger muß der Ersatz des Indigos und die Ersparung desselben auf eine ganz
                              									neue Art begrüßt werden, welche wir im Folgenden wiedergeben.
                           Ludwig Hamel in Manchester ließ sich am 22. Juni 1870 ein Patent auf eine
                              									Verbesserung der gegenwärtig üblichen kostspieligen Methode der Färberei mit Indigo
                              									für Blaudruckartikel ertheilen.
                           Der Patentträger nimmt das baumwollene oder leinene Gewebe durch die Auflösung eines
                              										Anilinsalzes – wahrscheinlich
                              									chlorwasserstoffsaures Anilin, welches bei Herstellung des Anilinschwarz eine so
                              									große Rolle spielt – und chlorsauren Kalis, welche
                              									je nach dem Gewicht des Stoffes und der Tiefe des zu erzeugenden Tones auf 4 Quart
                              									Wasser 1–16 Unzen (28–454 Gramme) Anilinsalz und 1/8–4 Unzen (3
                              									1/2–112 Gramme) chlorsaures Kali enthält. Nach der Durchnahme wird das Gewebe
                              									getrocknet und die erforderlichen Farben werden auf gewöhnliche Art aufgedruckt. Man
                              									hängt es dann zwei oder mehrere Tage in einer Kammer, deren Temperatur etwa
                              									26–27° C. beträgt, auf.
                           Darauf färbt man mit Indigo aus, und zwar verwendet man auf das englische Pfund (454
                              									Gramme) des Gewebes 2 Drachmen bis 2 Unzen (7–56 Gramme) Indigo, je nach dem
                              									Dessin, der Tiefe der Farbe und der Güte des Indigos.
                           
                           Auf diese Weise lassen sich die Dessins in Weiß, Blau, Grün,
                                 										Orange, Gelb, Roth und Schwarz auf blauem Grunde viel billiger erzeugen, als man es früher jemals
                              									konnte. Die zum Druck verwendete Pâte oder Farbmasse zur Herstellung der
                              									verschiedenen Farben für die Dessins wird, wie sonst, dargestellt. Der Patentträger
                              									fand indessen, daß es vortheilhaft ist, der Farbe – Reservage – ein
                              									wenig Harzseife (aus Colophonium) zuzusetzen Dadurch erhält die Farbe der Einwirkung
                              									des Anilinsalzes gegenüber eine große Beständigkeit.
                           Der Patentträger beansprucht als seine Erfindung die Herstellung von Dessins in Weiß,
                              									Blau, Grün, Orange, Gelb, Roth und Schwarz zusammen oder einzeln auf blauem Grunde
                              									durch Behandeln des Stoffes mit Anilinsalz und nachheriges Ausfärben desselben in
                              									der Küpe.
                           Nach bisher angestellten Versuchen bewährt sich die Methode mit dem Anilinsalz ganz
                              									ausgezeichnet. Daß man durch Oxydation des Anilins auf
                              									dem Stoffe blaue, bei saurer Reaction grüne Farben erzeugen kann, ist eine bekannte
                              										Thatsache.Man vergl. M. Reimann's
                                    											Technologie des Anilins, Berlin bei Julius Springer. Genügend tief im Ton gibt dieses Grün oder Blau das bekannte Anilinschwarz.
                              									Der blaue und grüne Farbton hat indessen in der Industrie bisher aus dem Grunde
                              									keine Anwendung gefunden, weil er der umständlichen Herstellung gegenüber nicht
                              									genug Frische und Lebhaftigkeit darbietet, obgleich sich die so erzeugten Farben vor
                              									den direct auf den Stoff gebrachten Anilinfarben durch große Aechtheit auszeichnen.
                              										Hamel hatte den glücklichen Gedanken, diese Färbung
                              									als Untergrund für die Küpenwaaren zu benutzen, wobei die Mattigkeit der erzeugten
                              									Färbung kein Hinderniß darbietet. Man kann wohl behaupten, das mit dem Anilinsalz
                              									erzeugte Blau sey ebenso beständig, wie das Indigoblau, ja wohl noch beständiger,
                              									dagegen hat es vor den Verdunkelungsmitteln, wie Mangansuperoxyd, welches man sonst
                              									als Untergrund für den Indigo gibt, und dem sonst angewendeten Catechubraun manchen
                              									Vorzug. Wir sehen in diesem Verfahren einen ganz außerordentlichen Fortschritt für
                              									die Nesselfabrication; zugleich ist es erwähnenswerth, daß man anfängt, auch die
                              									Verwendung des Indigos immer mehr zu schmälern und daß es gerade wieder das Anilin
                              									ist, welches diesem Farbmaterial auch auf dem Gebiete der Blaudruckwaare Concurrenz
                              									macht.