| Titel: | Notizen über das Bessemerwerk zu Seraing (Actiengesellschaft John Cockerill), mit besonderer Berücksichtigung einer späteren Verwendung des fabricirten Stahles; von Dr. E. F. Dürre in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. CXXVII., S. 477 | 
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                        CXXVII.
                        Notizen über das Bessemerwerk zu Seraing
                           								(Actiengesellschaft John Cockerill), mit besonderer
                           								Berücksichtigung einer späteren Verwendung des fabricirten Stahles; von Dr. E. F. Dürre in Berlin.Aus der „preußischen Zeitschrift für Berg-, Hütten- und
                                          													Salinenwesen“ vom Verfasser
                                 										mitgetheilt.
                           							
                        Dürre, über das Bessemerwerk zu Seraing, mit Berücksichtigung der
                           								Verwendung des fabricirten Stahles.
                        
                     
                        
                           Die fortschreitende Tendenz, welche die Verwaltung zu Seraing stets ausgezeichnet
                              									hat, und der große Bedarf an Stahlstücken zu den ausgedehnten Constructionsaufgaben
                              									des Maschinen-, Brücken- und Schiffbaues waren Ursache, daß bald nach
                              									dem Inslebentreten des Bessemerprocesses als ausgebildeter Manipulation ein
                              									Stahlwerk in Seraing erbaut und mit Hülfe von Ingenieuren die bei Bessemer gearbeitet hatten, sowie in Verbindung mit letzterem in Betrieb
                              									gesetzt wurde.
                           Bis jetzt, wo man mit Erweiterung der Anlage beschäftigt ist, waren nur zwei
                              									Converter vorhanden, deren Gehaltsfähigkeit zwischen 5 und 7 Tonnen (100 bis 140
                              									Ctr.) schwankte, die aber in der Regel nur mit 80 bis 100 Ctr. besetzt werden.
                           Die ganze Anlage ist geräumig und bequem, zeichnet sich aber durch besondere
                              									Einrichtungen nicht aus. Die eine Langhälfte der oblongen Gießhalle enthält auf
                              									hoher Terrasse die Schmelzöfen, während die andere Langhälfte die Gießgruben
                              									einschließt. Die letzteren sind etwas mehr als Halbkreise, so daß die Converter
                              									ziemlich nahe an der für alle Zwecke höchst bequemen Längspassage liegen, die eine
                              									besondere Terrasse zwischen der Abeitssohle der Oefen und der Arbeitssohle um die
                              									Gießgrube bilden. Es kann mittelst dieses mit Schienen versehenen Durchganges alles
                              									im Gießraum Ueberflüssige oder Entbehrliche mit der größten Leichtigkeit evacuirt
                              									werden.
                           Die Ventiltische stehen an der einen Langseite genau den Mitten der Gießgruben
                              									gegenüber, so daß sich im ganzen Raume zwei Gruppen gleicher Apparate unterscheiden
                              									lassen, welche in der Specialanordnung sich von den älteren Anlagen in Hörde und
                              									Bochum, der in Königin Marienhütte bei Cainsdorf und der von Pönsgen-Giesbers in Düsseldorf nicht unterscheiden. Eine andere
                              									Combination von zwei und mehr Convertern scheint nicht die räumlichen Vortheile der
                              									einfachen Gegenüberstellung der Converter zu bieten: weder die zu Königshütte in
                              									Oberschlesien beliebte Anordnung, wo die Bewegungsebenen der Converter parallel
                              									sind, noch die auf dem neuen Werk von Hörde, wo sich die Mittelebenen der Converter
                              									unter spitzen Winkeln (45 bis 60 Grad) schneiden und wo noch dazu drei Converter zu
                              									einer Gruppe vereinigt sind.
                           Die neueste von Bessemer vorgeschlagene AnordnungPolytechn. Journal, 1870, Bd. CXCV S. 246. mit einzelnen Convertern in je einer Gießgrube, einem kleinen Krahn dazu,
                              									der die Pfannen auf seiner Achse trägt, und verstellbarem Gießtisch mit den
                              									Ingotformen, scheint ganz besonders gegen die zu weit gehende Complication vieler
                              									Apparate zu reagiren.
                           Zum Umschmelzen des Materiales wurden anfänglich Staffordshire-Flammöfen, d.h.
                              									solche mit nach der Feuerbrücke zu liegendem vertieftem Herd, angewandt und erst
                              									nach dem Vorgehen von Hörde, Düsseldorf und anderen Hüttenwerken, als es sich zudem
                              									um die Erweiterung der Anlage handelte und man einer besonderen Ofenform endgültig
                              									den Vorzug geben wollte,
                              									etablirte man versuchsweise einen Kupolofen mit einfach cylindrischem Schacht, drei
                              									Düsen in einem Niveau und denselben Dimensionen wie sie in der Gießerei des Werkes
                              									den Schachtöfen gewöhnlich gegeben wurden.
                           Nach den Mittheilungen der Ingenieure des Werkes, besonders nach denen des jetzigen
                              									Chefs der Bessemerhütte, Adolph Greiner, war man im
                              									Unklaren über die Einwirkung des Schachtofenschmelzens auf die Roheisenqualität und
                              									unternahm gleich nach der Inbetriebsetzung des Kupolofens eine Reihe Analysen oder
                              									Bestimmungen einzelner Bestandtheile des Roheisens, deren Vorhandenseyn von größerem
                              									oder geringerem Einfluß ist.
                           Die öffentliche Mittheilung dieser Analysen ist wohl in nächster Zeit zu erwarten und
                              									verdienen die Bestimmungen derselben vollstes Vertrauen, da sie von dem in solchen
                              									Arbeiten unaufhörlich geübten Chemiker des Werkes ausgeführt, resp. geleitet
                              									werden.
                           Von anderer Seite sind dem Verfasser indessen nachstehende Resultate mitgetheilt
                              									worden:
                           a) Hämatiteisen von England
                              									enthielt
                           
                              
                                 
                                 vordem Schmelzen
                                 nachim Kupolofen:
                                 
                              
                                 Silicium
                                       2,38 Proc.
                                          2,42
                                    											Proc.
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,054  „
                                 0,08   „
                                 
                              
                           b) Spiegeleisen von
                                 										Rheinland-Westphalen zeigte
                           
                              
                                 
                                 vordem Schmelzen
                                 nachim Kupolofen:
                                 
                              
                                 Mangan
                                        8,80 Proc.
                                       6,60 Proc.
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,02   „
                                 0,02   „
                                 
                              
                           Man vermuthet, daß in diesem Fall der Einfluß des Mangans die Constanz des
                              									Schwefelgehaltes hervorgerufen habe.
                           c) Eine Mischung englischer
                                 										Marken ergab beim Flammofenschmelzen
                           
                              
                                 
                                 vor
                                 nach
                                 
                              
                                 
                                 dem Schmelzen:
                                 
                              
                                 Silicium
                                 2,51 Proc.
                                 2,21 Proc.
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,075  „
                                 0,07   „
                                 
                              
                           Daraus geht hervor, daß sich der Zunahme an Schwefel, die indeß, ein gutartiges
                              									Material und Kohks aus gut gewaschenen Kohlen vorausgesetzt, sich weit unter der
                              									Grenze des nachtheiligen Einflusses hält, eine Zunahme des Siliciumgehaltes
                              									gegenüberstellt – einem geringen Nachtheil also ein gewisser bei der
                              									Behandlung im Converter wirksamer Vortheil entspricht. Dieser Sachlage bei der Anwendung des
                              									Kupolofens steht eine durchaus andere bei der Anwendung des Flammofens gegenüber;
                              									hier ist offenbar durch die Verschlackung des Siliciums ein Nachtheil hervorgerufen,
                              									der nur zu geringem Theil durch eine Verminderung des Schwefelgehaltes balancirt
                              									wird.
                           Nach der Erbauung des ersten Kupolofens schritt man zu einem zweiten derartigen
                              									Apparat, griff aber, um einen anderen Weg zu versuchen, zu dem Woodward'schen Ofen,Beschrieben im polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXIX S. 150. bei welchem der erforderliche Zug durch einen Dampfstrahl hervorgerufen
                              									wird.
                           Man vermuthet eine weniger energische Wirkung der Brennstoffe auf das Roheisen,
                              									namentlich eine weniger hoch gehende Temperatur des Ofeninneren, verursacht durch
                              									eine geringere Spannung der Gase im Ofenschacht; bei diesen Vermuthungen bleibt man
                              									indessen ebenso wenig stehen, wie in der Ofenfrage überhaupt, sondern geht auf dem
                              									Wege der chemischen Analyse vor, um den Einfluß des einen wie des anderen Ofens zu
                              									vergleichen.
                           Da in Belgien überhaupt, besonders aber im Bassin von Lüttich die Kupolöfen sehr
                              									günstig arbeiten, tritt zu den oben erwähnten Vorzügen des Kupolofenschmelzens noch
                              									der für Belgien so sehr wichtige ökonomische Vortheil – der Vortheil der
                              									hauptsächlich in der günstigeren Ausnutzung des Brennstoffes in dem Schachtofen
                              									seinen Grund hat, abgesehen von den geringeren Unterhaltungskosten des Ofens
                              									selbst.
                           Ob dieses in gleichem Maaße für den Woodward'schen Ofen,
                              									wie für den gewöhnlichen belgischen Kupolofen zutreffen wird, ist vorerst
                              									abzuwarten. Competente Personen haben nachgewiesen, daß die Arbeit des Dampfes im
                              									zuggebenden Strahl theurer ist, als im Ventilator, die Anlage und Unterhaltung des
                              									letzteren natürlich eingerechnet. Bei einer Bessemeranlage ist, falls eine große
                              									Kesselanlage für das Bessemergebläse vorhanden ist, der Dampf in den Pausen der
                              									Stahlfabrication nicht so theuer, als wenn die Kesselanlage den Kupolofen allein
                              									belastete, es ist aber die Frage, wie sich der Hochdruckdampf zum Betrieb des Woodward'schen Kupolofens qualificirt. Das werden die
                              									Arbeiten in Seraing wohl am ehesten ergeben. Die übrigen Einrichtungen der
                              									Bessemerhütte sind nicht besonders erwähnenswerth; Krahne, Gießpfannen, die
                              									Converter selbst unterscheiden sich nicht von den bekannten Constructionsformen und
                              									es ist der Betrieb selbst, der einiges Bemerkenswerthe bietet.
                           Das Material zur Stahlfabrication ist vorwiegend englisches Roheisen aus Cumberländer Hämatit und als Zusatz deutsches Spiegeleisen.
                           
                           Man beschafft sich nur die allerbesten Marken englischen Hämatitroheisens, z.B.
                              									Cleator-Harrington-Millom, welche vor der Verwendung analysirt und
                              									classificirt werden, um genügende Sicherheit in der Verwendung zu geben. Man
                              									bestimmt hierbei nur den Silicium-, Schwefel-, Phosphor-,
                              									Mangan- und Kohlenstoffgehalt und gattirt die Chargen hiernach. Den Grund,
                              									warum kein eigenes Roheisen verwendet wird, kann man einerseits in dessen
                              									ungenügender Durchschnittsqualität, andererseits darin suchen, daß
                              									Ausnahmequalitäten so theuer herzustellen seyn würden, daß entweder das Hohofenconto
                              									oder das Conto des Stahlwerkes zu sehr belastet würde, je nachdem der Marktpreis
                              									oder ein Ausnahmepreis zwischen beiden Werksbranchen verabredet werden sollte.
                           Da die Durchschnittsqualität der fonte d'affinage für die
                              									Herstellung von Eisenbahnschienen hinreichende Garantien bietet und die dazu
                              									vorzugsweise verwendeten fontes de crasse, d.h.
                              									Schlackenroheisen, 2 1/2 bis 4 Frcs. per 100 Kilogrm.
                              									kosten, die Bahnschienen aber mit 16 bis 17 Frcs. pro
                              									100 Kilogrm. verkauft werden, so kann die Verwaltung ihre Hohöfen nicht besser
                              									verwerthen, als zur Darstellung von Schlackenroheisen und ordinären
                              									Eisenbahnschienen.
                           Abgesehen davon, sind aber hinreichend phosphorfreie Erze in Belgien zu selten, um
                              									darauf allein einen ausdauernden Hohofenbetrieb mit Sicherheit etabliren zu können.
                              									Die englischen Roheisensorten kommen dagegen via
                              									Antwerpen so wohlfeil zu stehen, daß die Stahlfabrication immer noch gute Geschäfte
                              									macht im Vergleich zu vielen deutschen Stahlwerken. Die Qualität der in größeren
                              									Mengen angekauften englischen Marken von Lancashire und Cumberland ist der Aussage
                              									nach stabil genug, um mit Hülfe des Umschmelzprocesses und kleiner Zusätze anderer
                              									Sorten eine gleichmäßige Behandlung im Converter zu ermöglichen. Zudem gibt bei der
                              									Darstellung von den in Seraing vorzugsweise verlangten zähen Stahlsorten das Spectroskop so sichere Anhaltspunkte, daß auch bei
                              									abweichendem Verhalten im Converter man niemals unbrauchbare Producte und schlechte
                              									Resultate erhalten wird.
                           Das Spiegeleisen, vorwiegend aus dem Siegerland bezogen,
                              									wird in einem Flammofen eingeschmolzen und dann der Charge rechtzeitig
                              									zugesetzt.
                           Versuche, das Spiegeleisen in festem Zustande und etwas vorgewärmt in die Birne zu
                              									geben, mißriethen insofern, als der Stahl sich späterhin nicht so gut verarbeiten
                              									ließ, als wenn das Spiegeleisen vorher geschmolzen worden war.
                           Auch mit Surrogaten des Spiegeleisens sind Versuche angestellt worden; probirt wurden
                              									u.a. das Henderson'sche Eisenmangan, das Eisenmangan von Prieger, sowie ein auf dem Werke selbst nach einem
                              									besonderen Verfahren dargestelltes manganreiches Eisen. Bis jetzt sind aber
                              									sämmtliche Surrogate des Spiegeleisens theurer als dieses selbst und nicht immer von
                              									gleicher Reinheit, so daß bei dem versuchsweisen Ersatz desselben durch derartige
                              									Surrogate keinerlei Vortheile zu verspüren waren, wiewohl technisch nichts dagegen
                              									einzuwenden war.
                           Was schließlich die Verwendung von Betriebsabfällen im Converter anbetrifft, so nimmt
                              									man in Seraing gänzlich Abstand davon, weil den gemachten Erfahrungen zufolge sich
                              									die Abfälle nie vollständig im Bessemermetall auflösen und dasselbe in Folge dessen
                              									unhomogen machen. Für die Verwendung des Stahles zu widerstandsfähigen
                              									Constructions- und Maschinentheilen ist es dagegen erforderlich, die größte
                              									Homogeneität des Materiales zu erzielen, und man vermeidet deßhalb beim
                              									Bessemerbetrieb Alles, was dem entgegen seyn könne.
                           Die Resultate, die man mit dem Stahl von Seraing erzielt, rechtfertigen den Ausschluß
                              									aller Verarbeitung von Abfällen, welche man übrigens in anderer Weise zu Gute macht
                              									und in verkäufliche Form bringt.
                           Der Verlauf der Charge ist wesentlich derselbe, wie man
                              									ihn anderwärts beobachtet, wo mit Cumberländer Eisen gearbeitet wird. Man hat
                              									gefunden, daß das Spectroskop, welches, beiläufig gesagt, nach steirischem Muster
                              									gearbeitet ist, ausgezeichnete Dienste leistet, sobald der Stahl einen wesentlich
                              									zähen Charakter besitzen soll. Es stimmt dieß mit den Erfahrungen von Lielleg und Anderen gewissermaßen überein, welche
                              									besonders für den Verlauf der Frischperiode die Deutlichkeit der spectralen
                              									Erscheinungen hervorhoben – eine Deutlichkeit die namentlich am Ende der
                              									erwähnten Periode im Verschwinden der hellen und dunklen Streifen culminirt.
                           Die Menge des Spiegeleisens, welche nun zugesetzt wird, bestimmt den Härtegrad des
                              									Stahles, und da die Zusammensetzung des Spiegeleisens durch häufige Analysen genau
                              									ermittelt wird, so geht man bei dieser Methode ebenso sicher, als wenn man nach der
                              									Erfahrung die Arbeit vor der vollständigen Entkohlung unterbrechen und je nach dem
                              									Ausfall einer Probe, nach Zusatz des Spiegeleisens noch einige Minuten blasen
                              									wollte.
                           In Seraing wird nach dem Einlaß des Spiegeleisens nicht mehr geblasen, sondern die
                              									Mischung nur durch das nachherige Ausgießen bewirkt, ohne daß man bis jetzt
                              									Veranlassung gehabt hätte, an der Homogeneität der Ingots zu zweifeln.
                           Beim Ausgießen des Stahles verfährt man in Seraing anders, als auf den meisten
                              									deutschen Bessemerhütten. Man gießt nämlich den Stahl nicht von oben in die Form ein,
                              									sondern von unten her und erreicht damit eine weit geringere Blasenbildung, als
                              									sonst, und eine bedeutendere Homogeneität. Alle Unreinigkeiten bleiben dabei auf dem
                              									Eingußtrichter stehen und die Oberfläche des Stahles in der Form ist vollkommen rein
                              									und glatt. Die Erfolge dieser Methode sprechen sich u.a. in der Erscheinung aus, daß
                              									die Dichtigkeit des Stahles alsdann um 7 bis 8 Proc. die des gewöhnlichen blasigen
                              									Ingotstahles übertrifft.
                           Alle die angezeigten Vorsichtsmaßregeln haben als Folge ergeben, daß die Mischung
                              									homogen genug ist, um den Stahl einer Charge als gleichartig annehmen zu können.
                           Verschiedene Versuchsproben desselben Gußblockes zeigten im Kohlenstoffgehalt nie
                              									mehr als 0,02 Proc. Unterschied, also nicht mehr als die bei der
                              									Kohlenstoffbestimmung an sich zulässige Schwankung in den Resultaten.
                           Neuere Versuche haben indeß ergeben, daß bei anderen Bestandtheilen des Stahles die
                              									gleichmäßige Vertheilung geringer ist, doch sind die Versuche noch nicht zum
                              									Abschluß gediehen.
                           Von Interesse ist die Weiterverwendung des Stahles in
                              									Seraing, welche nach vielen mühevollen Untersuchungen anderer Stahlproducte in jeder
                              									Beziehung gelungen ist.
                           Dieser Erfolg ist wesentlich dem von Anfang an eingehaltenen Bestreben zu verdanken,
                              									eine möglichst sichere Classification der Converterproducte nach ihren
                              									physikalischen und chemischen Eigenschaften herzustellen.
                           Die von Tunner für die steirische Arbeit aufgestellte
                              									Scala, welche mit den Mustereinrichtungen der steirischen Bessemerwerke auch auf
                              									anderen Werken Eingang fand und lediglich auf dem Kohlenstoffgehalt beruhte,
                              									erschien nicht hinreichend praktisch, auch zu vielgliederig, und man suchte außer
                              									dem Kohlenstoffgehalt auch noch die Cohäsionskraft des Productes bei der
                              									Unterscheidung zu benutzen.
                           Man unterscheidet hiernach hauptsächlich drei Gruppen Stahlarten in Seraing, von
                              									denen zwei wiederum nach dem Härtegrade in je zwei Unterabtheilungen zerfallen.
                           Das Tableau stellt sich ungefähr folgendermaßen zusammen:
                           
                              
                                 I. Absolute
                                       											Festigkeit:48 bis 56 Kilogrm. proQuadratmillimeter.
                                 
                                 a) Kohlenstoffgehalt:unter 0,25 bis 0,35 Proc.
                                 Bezeichnung:Extra
                                       												weich.
                                 
                              
                                 Permanente
                                       											Ausdehnung:20 bis 25 Proc.Härtet sich nicht, ist aber
                                    											schweißbar.
                                 
                                 Verwendung:Waffen, Kanonen, feine und Kesselbleche,Niete,
                                    											Saiten etc.
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 II. Absolute
                                       												Festigkeit:56 bis 69 Kilogrm. pro
                                 
                                 b) Kohlenstoffgehalt:0,35 bis 0,45 Proc.
                                 Bezeichnung:Weich.
                                 
                              
                                 Quadratmillimeter.Permanente Ausdehnung:10 bis 20 Proc.
                                 
                                    
                                    
                                 Verwendung:Maschinentheile, Achsen, Bandagen, Schienen
                                    											etc.
                                 
                              
                                 Härtet sich schlecht und schweißtebenso
                                    											schlecht.
                                 
                                 c) Kohlenstoffgehalt:0,45 bis 0,55 Proc.
                                 Bezeichnung:Halbweichoder halbhart.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Verwendung:Bandagen, Schienen, Kolbenstangen, Gleitstückeund
                                    											andere Reibungselemente.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 d) Kohlenstoffgehalt:0,55 bis 0,65 Proc.
                                 Bezeichnung:Hart.
                                 
                              
                                 III. Absolute
                                       											Festigkeit:69 bis 105 Kilogrm. proQuadratmillimeter.Permanente
                                       												Ausdehnung:5 bis 10 ProcHärtet sich gut, schweißt aber
                                    											nicht.
                                 
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 Verwendung:Federn aller Art, schneidende Werkzeuge,
                                    											Feilen,Sägeblätter, Bohrstähle und anderesGrubengezähe.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 e) Kohlenstoffgehalt:0,65 Proc. und darüber.
                                 Bezeichnung:Sehr
                                       											hart.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Verwendung:Feinere Federn, feine Werkzeuge, Theile
                                    											fürSpinnmaschinen (Spindeln etc.).
                                 
                              
                           Diese einfache Scala genügt in der Praxis vollkommen; ebenso einfach sind auch die
                              									Mittel, um jedem Guß, d.h. jeder Charge, ihre Stelle anzuweisen. Den Versuchsingot,
                              									welcher in der Mitte des ganzen Ausgusses gefüllt wird, unterwirft man den
                              									nachstehenden Proben und Untersuchungen:
                           1) Die bloß physikalische Probe des Musteringot besteht in
                              									der Beurtheilung des Bruches. In der That vermag jedes nur ein wenig geübte Auge
                              									einen harten Stahl von einem weichen nach der Beschaffenheit der Textur zu
                              									unterscheiden.
                           Bei einiger Erfahrung ist es sogar nicht schwer, irgend einen vorliegenden Stahl in
                              									einer der 5 Classen unterzubringen, ohne etwas Anderes als die Beschaffenheit des
                              									Kornes zu Grunde zu legen.
                           Jede, auch die geringste Unschlüssigkeit verschwindet aber, sobald man sich des Härtens bedient und diesem Proceß das zu untersuchende
                              									Stahlstück unterwirft. Das Gefüge zweier Stahlsorten ist nach dem Härten derselben
                              									so sehr verschieden, daß es auffällig wird.
                           2) Weitere Charaktere liefert die mechanische Prüfung der
                              									bereits unter dem Hammer bearbeiteten Probe. Je nach dem Härtegrad derselben
                              									widersteht eine Probebarre der Prüfung durch den Stoß oder Schlag in verschiedener
                              									Weise; während z.B. nach den in Seraing gemachten Erfahrungen der mit a bezeichnete Stahl durch Schlag und Stoß sich U-förmig biegen läßt, ohne zu brechen, und es
                              									selbst gestattet, durch wiederholte Hammerschläge die beiden Enden
                              									zusammenzubringen, ohne daß eine Zerstörung des Zusammenhanges irgendwo sichtbar
                              									würde, bricht eine Stahlstange von der mit e
                              									bezeichneten Classe, sobald der Biegungswinkel kleiner wird als 145 bis 130 Grad.
                              									Zwischen diesen beiden Grenzen finden die Stahlsorten der anderen Classen Platz und
                              									man kann, nach Greiner, fast behaupten, daß der Bruchwinkel proportional der Härte des Stahles
                                 										sey.
                           In Seraing, wie in allen gut organisirten Stahlwerken, wird diese tägliche
                              									mechanische Prüfung der Producte noch von Zeit zu Zeit durch eine Zugprobe
                              									vervollständigt, wobei sich dann folgendes Verhalten ergibt:
                           Je härter eine Stahlsorte ist, um so größer ist ihr Widerstand gegen das Zerreißen,
                              									um so geringer jedoch der Coefficient permanenter Ausdehnung; deßwegen wendet man
                              									für Constructionstheile die beiden härtesten Stahlsorten nur in dem Falle an, in
                              									welchem die betreffenden Stücke voraussichtlich keine Stöße oder Schläge auszuhalten
                              									haben. Sonst zieht man es in der Regel vor, eine größere Widerstandsfähigkeit einem
                              									bedeutenderen Dehnungsvermögen zu opfern und wendet somit lieber weichere, selbst
                              									die weichsten Stahlsorten an, deren Zugwiderstand ja noch immer um fast 10 Proc.
                              									größer ist, als die Leistungsfähigkeit der besten Schmiedeeisensorten.
                           3) Die chemische Untersuchung oder die Bestimmung des
                                 										Kohlenstoffgehaltes ist so rasch und genau, daß sie fast genügen würde um
                              									sich in einer currenten Fabrication aus gleich bleibenden Rohmaterialien zu
                              									orientiren. Die Methode welche in Seraing ausgeführt wird, gestattet in nicht ganz 2
                              									Stunden die Ergebnisse der Abstiche des vorigen Tages mit einer Schwankung von +
                              									0,03 Proc. zu analysiren; ursprünglich den Vorschriften von Eggertz vollkommen entsprechend, gestaltete sich das
                              									Untersuchungsverfahren nach und nach anders, und wurde namentlich in der Dauer
                              									abgekürzt.
                           Man löst ungefähr 2 Proben desselben, durch Bohren resp. Feilen dargestellten
                              									Stahlstaubes, je 0,2 Grm. wiegend, in Probegläsern, die circa 20 Kubikcentimeter Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. enthalten und
                              									behandelt sie bei 80° C. im Wasserbade.
                           Gleichzeitig aber unterwirft man zwei andere Proben von bekanntem aber verschiedenem
                              									Kohlenstoffgehalt derselben Procedur und stellt sich auf diese Weise täglich
                              									Probeflüssigkeiten her, deren Genauigkeit hauptsächlich in der Congruenz ihrer
                              									Darstellung mit der Behandlung der zu untersuchenden Substanz besteht –
                              									analog, wie man z.B. beim Gaarmachen des Schwarzkupfers in der deutschen Kupferprobe stets
                              									gleichzeitig Gaarkupfer denselben Umständen unterwirft, und die Verluste desselben
                              									dem eigentlichen Untersuchungsproceß gut rechnet.
                           Man wählt zur Herstellung der Probeflüssigkeiten Stahl von 0,61 und 0,63 Proc.
                              									Kohlenstoffgehalt – d.h. einen ziemlich kohlenstoffreicen, der letzten Classe
                              									der Bessemerproducte des Werkes entsprechenden Stahl – und bringt alle
                              									Lösungen in gleich weiten Gläsern auf eine Farbennuance.
                              									Die Volumina, welche proportional der Kohlenstoffmenge sind, geben die zum Ansatz
                              									der Rechnung nothwendigen Daten, wobei natürlich constatirt wird, ob die Differenz
                              									der erhaltenen Resultate nicht größer als 0,03 Proc. ist. Im letzteren Falle zieht
                              									man das arithmetische Mittel, wogegen eine Wiederholung des Verfahrens stattzufinden
                              									hätte, sobald der Unterschied die erfahrungsmäßigen Grenzen überschreitet.
                           Die bessere Classification der Bessemerproducte zu Seraing hat viel dazu beigetragen,
                              									die Anwendung derselben zu erweitern, vornehmlich wegen der größeren Sicherheit
                              									welche dem Betriebe selbst gegeben wurde. Man arbeitet jetzt mit bestimmtem Progamm
                              									und was, wie die Qualität der Producte, früher eine Sache des Zufalles war, ist
                              									jetzt ein bestimmtes Ziel, auf das bei jeder Charge mit allen technischen Mitteln
                              									hingearbeitet werden kann.
                           Die folgenden Zusammenstellungen Greiner's über die Anwendung des Bessemerstahles beruhen auf den
                              									Erfahrungen zu Seraing und bieten eine directe Illustration des dortigen Betriebes.
                              									Es handelt sich hierbei wesentlich um die Anwendung des Stahles:
                           A. zu Locomotiventheilen,
                           B. zu Bohrmaschinen (perforateurs),
                           C. zu Gebläsen,
                           D. zu Schiffsmaschinen,
                           E. zu Feuerwaffen.
                           
                        
                           A. Anwendung
                                 										des Stahles beim Bau von Locomotiven.
                           Rechnet man die Kesselschmiedearbeit an einer Locomotive ab und betrachtet den Rest
                              									der Construction, so erreicht das Gewicht des in der Locomotive wie im Tender
                              									angewandten Stahles nahezu den dritten Theil des Gesammtgewichtes der geschmiedeten
                              									Theile. Es sind vor Allem alle schwereren Stücke, also Achsen, Bandagen, Kurbeln
                              									etc., in denen man das Schmiedeeisen durch den Stahl zu ersetzen sucht.
                           So ergaben z.B. die letzten in Seraing für Italien construirten Maschinen:
                           
                           
                              
                                 in der Locomotive
                                 9632 Kilogrm.
                                 Eisen,
                                 3985 Kilogrm.
                                 Stahl, also zusammen
                                 13617 Kilogrm.
                                 
                              
                                 im Tender
                                 4916     „
                                 „
                                 1992     „
                                    „      
                                    											„       „
                                   6808      
                                    										
                                 
                              
                           
                              1) Achsen.
                              Der zur Achsendarstellung am meisten convenirende Stahl ist der sehr weiche, mit
                                 										etwa 0,30 Proc. Kohlenstoffgehalt, eine Minimalgrenze die man stets einhält,
                                 										wenn nicht seitens der Besteller besondere Vorschriften gemacht werden. Obwohl
                                 										bis jetzt noch keine Erfahrungen im Verbrauch an Schmiermitteln vorliegen,
                                 										scheint es nicht rationell, einer zu großen Weichheit den Charakter einer
                                 										bestimmten Härte aufzuopfern, wie sie für reibende Flächen angemessen ist.
                              Unter diesen Verhältnissen hält jede Waggonachse, welche 1,2 Meter frei aufliegt,
                                 										den Schlag eines Rammbäres von 1100 Kilogrm. aus, der 4 Meter hoch auf die Mitte
                                 										des freischwebenden Theiles fällt.
                              Stärkere Proben, wie sie in Seraing von Seiten der französischen
                                 										Eisenbahncompagnien vorgeschrieben worden sind, vermag nur ein viel weicherer,
                                 										kohlenärmerer Stahl auszuhalten, der natürlich in Bezug auf die Reibung sich
                                 										ungünstiger verhält, als der Stahl mit wenigstens 0,30 Proc. Kohlenstoff.
                              Man muß sich aber fragen, ob die übertriebenen Festigkeitsproben bessere
                                 										Gewißheit über die Natur des Stahles in den Achsen geben, als die einfache
                                 										Schlag- oder Fallprobe, von der die Rede gewesen ist.
                              Die belgische Staatsbahn begnügt sich mit der angedeuteten Prüfung der Achsen und
                                 										ist sehr zufrieden mit den Resultaten der Anwendung, während die belgischen und
                                 										französischen Gesellschaften sich noch in dem Stadium der Versuche befinden.
                              Oft ist der höhere Preis der Stahlachsen schuld an der verzögerten Einführung,
                                 										doch wird, in Belgien und Nordfrankreich wenigstens, dieses Hinderniß nach und
                                 										nach mit der Preiszunahme der guten eisernen Achsen
                                 										schwinden und die schließliche Preisdifferenz hinreichend durch die
                                 										vorzüglicheren Eigenschaften des Bessemerstahles compensirt werden. Dazu kommt,
                                 										daß ein wesentliches Moment der Vertheuerung des Stahles – die
                                 										Patentgebühr an H. Bessemer – im Frühjahr 1870
                                 										weggefallen ist, und daß Verbesserungen in der Fabrication mehr und mehr zu
                                 										erwarten stehen, welche ebenfalls auf eine Reduction der Preise einwirken.
                              Die Vorzüge einer Achse aus Bessemerstahl vor einer geschweißten Achse bestehen
                                 										vor Allem in der größeren Homogeneität eines dazu noch zäheren und sichereren
                                 										Materiales, als es das Eisen ist – weniger Verbrauch an Schmiermitteln
                                 										wegen der größeren Glätte der Oberfläche, und keinerlei Erhitzung in den Lagern
                                 										durch zurücktretende Schweißfurchen und Riefen auf der Lauffläche der
                                 										Theile.
                              
                              Ganz besonders vortheilhaft erscheint aber die Verwendung von Bessemerstahl bei
                                 										der Darstellung von gekröpften Wellen, da nichts schwerer ist, als eine
                                 										brauchbare Kropf- oder Kurbelwelle für Locomotiven darzustellen. Die
                                 										früheren Herstellungsmethoden dieser Stücke haben niemals den Erfolg vollkommen
                                 										gesichert und der Erfahrung nach zerbrachen die Kurbelachsen gewöhnlich, ehe sie
                                 										noch ihren garantirten Lauf von 200000 Kilometer vollendet hatten. Dabei
                                 										erschienen die Brüche selbst und die Lage derselben unter sich so verschieden,
                                 										daß sich keinerlei Vergleich zwischen den einzelnen Fällen ziehen ließ. In Folge
                                 										dessen zog man immer die Locomotiven mit äußerem Cylinder als eine in allen
                                 										Einzeltheilen haltbarere Combination vor.
                              Die Arbeit bei der Darstellung von gekröpften Wellen in Bessemerstahl ist eine
                                 										sehr einfache. Sie werden aus einem gegossenen Ingot ohne alle Schweißung
                                 										ausgeschmiedet; die Bearbeitung geschieht bei einer dunklen Rothgluth, so daß
                                 										sowohl ein geringer Abbrand, als ein geringer Brennstoffverbrauch
                                 										stattfindet.
                              Der Selbstkostenpreis ist nicht größer, als der bei eisernen Achsen, und die
                                 										Garantie, welche man übernimmt, eine viel sicherere.
                              In den öffentlichen Submissionen der belgischen Staatsbahn wird dem Lieferanten
                                 										die Wahl des Materiales für die Wellen frei gestellt und nur eine bestimmte
                                 										Garantiezeit festgehalten; im Allgemeinen zieht er es vor, Stahl zu wählen, und
                                 										findet seine Wahl durch die Erfahrung berechtigt, da der Ausschuß, d.h. die
                                 										Summe der nicht garantiefähigen Stücke, an Kropfwellen aus Stahl sehr gering
                                 										ist.
                              
                           
                              2) Bandagen.
                              Nachdem seit mehreren Jahren die Darstellung von geschweißten Bandagen von Eisen
                                 										sehr abgenommen und fast ganz aufgehört hat, sowohl wegen der mittelmäßigen
                                 										Qualität der Producte, als auch wegen des hohen Preises derselben, streiten sich
                                 										nunmehr der Tiegelgußstahl und der Bessemerstahl um das Vorrecht dieser
                                 										Anwendung.
                              Erschwert wird dieselbe für jedes neue Material durch die Proben, welche die
                                 										Eisenbahnverwaltungen für die Abnahme von gelieferten Bandagen aufstellen.
                              Ganz besonders erschwert wurde die Annahme von Bessemerstahl, da die Anwendung
                                 										des Gußstahles vorhergegangen war und man in dem zunächst verwendeten
                                 										Bessemerstahl nicht die gleiche Homogeneität voraussetzen zu dürfen glaubte. In
                                 										Folge davon steigerte man die Ansprüche in unmäßiger Weise, obgleich man sich
                                 										fragen mußte, ob es rationell sey, Bandagen, welche, sofern sie am dem Rade gut
                                 										aufgezogen sind und überall anliegen, nur Reibung und dadurch Abnutzung auszuhalten haben,
                                 										durch Schlagproben zu prüfen.
                              Früher unterwarf man auf der Centralbetriebsstation Mecheln die eisernen Bandagen
                                 										einer Schlagprobe von 1100 Kilogrm., welche in Gestalt einer Kugel 4 Meter hoch
                                 										auf die Peripherie des aufrecht auf einer gußeisernen Grundplatte aufgestellten
                                 										Radreifens herabfielen. Als es sich nun um die Prüfung der stählernen Reifen
                                 										handelte, ging man seitens derselben Behörde von der Ansicht aus, daß der Stahl
                                 										ein widerstandsfähigeres Material sey, als das Eisen, und steigerte die Probe
                                 										anfänglich auf 6 Meter Fallhöhe.
                              Nur wenige Radreifen hielten indeß diesen Stoß aus und man verminderte die
                                 										Fallhöhe allmählich bis auf 2 1/2 Meter, ja selbst (für Bandagen von über 1 1/2
                                 										Meter Durchmesser) auf 2 Meter.
                              Außerdem verlangte man noch eine Dauergarantie von 3 1/2 Jahren und eine Leistung
                                 										von 100000 Kilometer durchlaufener Betriebsstrecke – neben der oben
                                 										erwähnten Schlagprobe, so daß der Fabrikant stählerner Bandagen zwei mit
                                 										einander schwer vereinbare Eigenschaften des Stahles bei der Fabrication der
                                 										Bandagen im Auge behalten und in dem Fabricat zur Wirkung bringen muß:
                              einmal eine gewisse Zähigkeit, um die Schlagprobe
                                 										auszuhalten,
                              dann eine bedeutende Härte, um der Abnutzung zu
                                 										widerstehen und die Bedingungen der Zeitgarantie zu erfüllen.
                              Die Fabrication der Bandagen wird deßhalb in Seraing mit größter Sorgfalt
                                 										betrieben, und auch hierbei hat das möglichst kalte Bearbeiten eines halbharten
                                 										oder selbst weichen Stahles, verbunden mit sorgfältigem Auskühlen der fertigen
                                 										Reifen, gute Früchte getragen. Die maschinellen Vorrichtungen sind sehr
                                 										vollständig und von bedeutender Stärke, insofern 3 Walzwerke für geschlossene
                                 										Reifen, nach verschiedenen Systemen gebaut, bestehen.
                              Gestützt auf die guten Resultate der Radreifenfabrication hat Greiner eine andere mechanische Prüfung bei der
                                 										Abnahme der Bandagen vorgeschlagen, welche im Interesse der Stahlproducenten
                                 										eine besondere Erwähnung verdient. Zunächst schlug er vor, die Bandagen durch
                                 										Pressung zu prüfen, und behauptet daß, alle anderen Elemente des Versuches
                                 										gleich vorausgesetzt, die ohne bleibende Ovalisation ausgehaltene Pressung mit
                                 										dem Coefficienten der Härte des Materiales wachsen müsse und daß man daraus von
                                 										vornherein die Abnutzung, also auch die Betriebsdauer fixiren könne.
                              Die Bandagen für Tender macht man meist aus weichem Stahl, weil sie zu sehr der
                                 										Einwirkung der Bremsen ausgesetzt sind und sich ein harter Stahl hierbei nur
                                 										schlecht verhalten würde. Sie nutzen sich natürlich stärker ab, als die härteren
                                 										Locomotivbandagen; es gibt indeß der doppelten Inanspruchnahme gegenüber keinen
                                 										Ausweg, die Sache zu mildern.
                              Es kann hier die beiläufige Bemerkung noch Platz finden, daß die Krupp'sche Fabrik in Essen keine Dauergarantie für
                                 										Tenderbandagen übernahm, bis in neuester Zeit die Kilometer- oder
                                 										Meilengarantie auch für diese, wie für die Locomotivbandagen, allmählich
                                 										Verbreitung fand.
                              Was die Waggonbandagen anbetrifft, so fangen sie in Belgien an mehr angewandt zu
                                 										werden; der hohe Preis ist noch ein Hinderniß ihrer Verbreitung und man müßte
                                 										sie schwächer machen, als die Eisenbandagen, um die Differenz zu
                                 										compensiren.
                              
                           
                              3) Räder.
                              Obwohl die Scheibenräder aus Gußstahl in Westphalen mit bedeutendem Erfolg
                                 										dargestellt werden, und im Gebrauch viele Vorzüge besitzen, so sind sie noch zu
                                 										theuer und werden leicht zu hart auf der Lauffläche, um anders als mit
                                 										Schleifsteinen abgedreht werden zu können. Der gegossene Stahl hat zwar eine 2
                                 										bis 3 mal größere Festigkeit, als das Gußeisen, doch hängt dieser Vorzug sehr
                                 										von der Dichtheit und Compactheit des Gusses ab. Durch Hämmern lassen sich wohl
                                 										diese letztgenannten Eigenschaften erzielen und sichern, doch ist dieses
                                 										Verfahren der Bearbeitung bei den Scheibenrädern nicht gut anwendbar und man muß
                                 										durch ein langsames und vorsichtiges Tempern den Guß verstärken und elastischer
                                 										machen.
                              In Rive-de-Gier hat man Räder unter einem Druck von 300 Atmosphären
                                 										gegossen, um ihre Dichtheit zu sichern, doch ist diese Methode noch nicht in die
                                 										Praxis übergegangen.
                              Die vollen Stahlräder besitzen mehrere Vorzüge beim Betrieb der Bahnen: sie gehen
                                 										sehr ruhig und verursachen keine solche Staubwirbel, wie die Speichenräder nach
                                 										anderen Systemen.
                              Alle diese Gründe und Erfahrungen haben das Stahlwerk zu Seraing bis jetzt
                                 										verhindert, Räder zu fabriciren; doch ist nicht zu zweifeln, daß eine
                                 										Erweiterung der Anstalt und die gesteigerte Nachfrage der Eisenbahnen auch die
                                 										Einführung dieser Betriebsbranche zur Folge haben wird.
                              
                           
                              4) Kurbelzapfen.
                              Man wendet dazu in Seraing den ganz weichen Stahl von 0,25 bis 0,35 Proc.
                                 										Kohlenstoff an, da die Kurbelzapfen besonders auf Abbrechen und Schlag in
                                 										Anspruch genommen werden. Ihre oberflächliche Abnutzung ist dagegen so gering,
                                 										daß es unnöthig ist, sie nach dem Abdrehen zu härten, wie es wohl mit den eisernen Kurbelzapfen
                                 										geschieht; dieses Härten würde vielmehr an diesem Orte gefährlich seyn.
                              
                           
                              5) Federn.
                              In Seraing hat die Darstellung von Waggonfedern aus Bessemerstahl viel Erfolg
                                 										gehabt und namentlich in einer Beziehung die gleiche Anwendung des Gußstahles
                                 										überflügelt.
                              Man nimmt zum Federstahl die halbharten oder die harten Sorten der
                                 										Classificationsscala, welche 0,45 und mehr Proc. Kohlenstoff enthalten.
                              Die Erfahrung hat zum Theil die Grundlosigkeit der Vorwürfe nachgewiesen, welche
                                 										dem Bessemerstahl gemacht worden sind; er zeigte sich dem Tiegelgußstahl zu
                                 										gleichem Zwecke mindestens äquivalent in der Elasticität und im Widerstande, in
                                 										Betreff der Homogeneität aber entschieden überlegen.
                              In der Praxis zeigt sich die zuletzt erwähnte Eigenschaft in einem geringeren
                                 										Ausschuß beim Härten; es brechen dabei weniger Platten und es spricht sich
                                 										dieses auch in dem Gedingelohn, d.h. dem Ablieferungspreise der Federschmiede
                                 										aus.
                              In Seraing z.B. verarbeitet der Gedingenehmer viel lieber Bessemerstahl, als
                                 										Tiegelgußstahl, obwohl pro 100 Kilogrm. 0,50 Frcs.
                                 										Unterschied im Lieferpreis zu Gunsten des Tiegelgußstahles stipulirt sind.
                              
                           
                              6) Kurbeln, Gleitstücke. Stangen
                                    											etc. für Locomotiven.
                              Während die Kurbeln aus dem weichsten Stahl bestehen, muß zu den Gleitstücken
                                 										halbharter Stahl genommen werden; die Kolbenstangen sind dagegen wiederum mehr
                                 										den Stößen ausgesetzt, als der durch Reibung erzeugten Abnutzung, und werden
                                 										deßwegen vorwiegend aus weichem Stahl gearbeitet.
                              Zu diesen, wie auch zu den übrigen Aufgaben der Stahlverwendung ist eine größere
                                 										Anzahl von Dampfhämmern in allen Größen thätig, sowie mehrere Walzwerke
                              
                           
                              7) Stahlbleche zu
                                    										Kesseln.
                              Für den Bau der Locomotiven in Belgien und anderwärts ist es noch nicht
                                 										vollständig gelungen, die englischen Bleche von Low Moor und anderen
                                 										Productionsorten durch stählerne Bleche zu verdrängen.
                              Als Grund dafür gibt man in Seraing hauptsächlich die durchaus abweichende und
                                 										sehr sorgfältige Behandlung an, welche die Stahlbleche wegen der körnigen und
                                 										dichten Natur des Materiales vorzugsweise verlangen und welche ihre bedeutenden
                                 										Schwierigkeiten hat. Man muß nämlich, so viel als irgend möglich, die Ausdehnung
                                 										und Zusammenziehung eines in der Darstellung begriffenen Stahlbleches gleichmäßig vertheilen,
                                 										indem man dasselbe in großen Flammöfen und nicht in Herden erhitzt und
                                 										bedeutende Oberflächen gleichzeitig auswärmt. Ebenso muß man das Blech
                                 										allmählich und auf große Ausdehnung hin biegen, indem man nach und nach den
                                 										Biegungswinkel verkleinert.
                              Beim Lochen der Bleche ist es ferner vorzuziehen, die Löcher für die Niete
                                 										durchzubohren, nicht einfach durchzustoßen; im letzteren Fall entstehen zu
                                 										leicht Sprünge und dieselben nehmen beim Gebrauch des Kessels leicht zu.
                              Nach allen diesen Vorsichtsmaßregeln ist ein gutes Auswärmen vor der Montage der
                                 										Bleche nothwendig. Das Material ist natürlich der weichste und kohlenstoffärmste
                                 										Bessemerstahl, den man auch zur Fabrication der Niete verwenden kann, wiewohl
                                 										man die eisernen Niete stets vorzieht, die sich besser wärmen und leichter
                                 										bearbeiten lassen.
                              Die meisten Bessemerstahlbleche wurden bis jetzt in Neuberg gemacht und doch
                                 										fanden sie anfänglich sehr schwer Eingang beim Locomotivenbau; es fanden
                                 										vielfach Enttäuschungen in Bezug auf ihre Eigenschaften statt, doch konnte man
                                 										dieses dem Umstande zuschreiben, daß die Routine es sich in den Kopf gesetzt
                                 										hatte, die Behandlung des Eisenbleches der des Stahlbleches zu Grunde zu
                                 										legen.
                              Die Fabrication der Stahlbleche ist in Seraing erst versucht worden und noch zu
                                 										keiner besonderen Ausdehnung gelangt, indem die Constructeure sich erst in
                                 										letzter Zeit gewöhnt haben, die Verwendung des Stahles noch mehr
                                 										auszudehnen.
                              
                           
                        
                           B. Von dem
                                 										Stahl in den Bohrwerkzeugen.
                           In Seraing werden bekanntlich mehrfach Bohrmaschinen zum Bergwerksbetriebe nach dem
                              										Sommeiller'schen Princip gebaut und auch hierbei
                              									gelangte der Bessemerstahl zur Anwendung, indem nahezu 50 Proc. der geschmiedeten
                              									Stücke aus Stahl bestehen. Dabei war eine durchschnittliche Querschnittsverminderung
                              									von 10 : 7 möglich geworden, ohne die Haltbarkeit und Dauer im Mindesten zu
                              									gefährden.
                           Daraus ergibt sich eine nicht unbedeutende Gewichtsverminderung des Apparates, welche
                              									denselben für seine verschiedenen Anwendungen geschickter macht.
                           Die Gewichtsverminderung richtet sich indeß nicht ganz allein nach dem Verhältniß der
                              									respectiven Querschnitte, da der Bessemerstahl in geschmiedetem Zustande ein
                              									specifisches Gewicht von 8,2, das Schmiedeeisen ein solches von 7,8 besitzt.
                           Das Verhältniß von 10 : 7 reducirt sich daher auf 10 : 7,35.
                           
                        
                           
                           C. Von dem
                                 										Stahl in den Gebläsen.
                           Einen besonders bevorzugten Artikel der Constructionsateliers von Seraing bilden die
                              									Gebläse; nach dem Typus der in Paris 1867 ausgestellten sind etwa 60 Stück erbaut
                              									worden, und seit 4 Jahren bereits hat man den Stahl mehr und mehr in die beweglichen
                              									Theile dieser Mustermaschinen gebracht.
                           Zur Zeit bestehen die auf eine Maschine gerechneten 9441 Kilogrm. Schmiedestücke
                              									aus:
                           
                              
                                 3700
                                 Kilogrm.
                                 Stahl und
                                 
                              
                                 5741
                                 „
                                 Schmiedeeisen.
                                 
                              
                           Hierbei tritt außer den früher schon berührten Vorzügen des Stahles noch eine große
                              									Politurfähigkeit und sein intensiver Glanz hervor, Eigenschaften die den aus Stahl
                              									angefertigten Theilen den Charakter besonderer Sorgfalt und Feinheit geben.
                           Da der Preisunterschied zwischen den Materialien bei solchen Stücken keine solche
                              									Rolle spielen kann, wie bei currenteren Fabricationsformen, so liegt es im Interesse
                              									der Anstalt, alle gesehenen Theile aus Stahl zu machen, um der ganzen Maschine ein
                              									günstiges Aeußere zu geben.
                           
                        
                           D. Vom Stahl
                                 										in den Schiffsmaschinen.
                           Im Jahre 1870 baute Seraing fünf große Dampfer für den Passagierdienst von Ostende
                              									nach Dover, die auf den der Gesellschaft gehörigen Werften zu Antwerpen montirt
                              									wurden.
                           Hierbei wurde von vornherein dem Bessemerstahl eine große Rolle eingeräumt, denn von
                              									25309 Kilogrm. Schmiedestücken bestehen
                           
                              
                                 19903
                                 Kilogrm.
                                 aus
                                 Stahl,
                                 
                              
                                 5406
                                 „
                                 „
                                 Schmiedeeisen.
                                 
                              
                           Die große gekröpfte Welle (von 12 1/2 Zoll engl. Durchmesser und 12 1/2 Fuß engl.
                              									Baulänge), ebenso wie die großen Räderwellen (von 13 Zoll Durchmesser und 11 1/2 Fuß
                              									Länge), sowie die 4 massiven Kurbeln sind aus dem weichsten Stahl geschmiedet und
                              									stellen für sich allein den größten Theil dieses Gewichtes dar.
                           
                        
                           E. Vom Stahl
                                 										in den Feuerwaffen.
                           Diese Anwendung des Bessemerstahles zeigt am besten, wie leicht er die Concurrenz des
                              									Tiegelgußstahles überwinden kann, sobald nur mit besonderer Sorgfalt gearbeitet
                              									wird. Allerdings tritt gerade bei der Anfertigung der Feuerwaffen die Concurrenz des
                              									Tiegelgusses in solcher Macht aus, daß trotz ausgezeichneter Leistungen der
                              									Bessemerwerke noch einige Zeit vergehen dürfte, ehe die maßgebenden Stimmen der betreffenden
                              									Specialität für den Bessemerstahl gewonnen seyn werden. Nachdem Neuberg 1867 bereits
                              									Waffen aus Bessemerstahl in Paris ausgestellt hatte und auch die Firma Petin-Gaudet in Rive-de-Gier
                              									dergleichen, allerdings, ohne es einzugestehen, fabricirt, begann Seraing im
                              									nächsten Jahre, den Bessemerstahl zu gleichem Zweck darzustellen und anzuwenden.
                           Die Grundsätze, welche der Bessemerstahlfabrication zu Seraing eigen sind, treten
                              									ganz besonders bei der Waffenfabrication in den Vordergrund.
                           Reinheit des Stahles, Homogeneität desselben und Sicherheit in der
                              									Qualität, d.h. in der Classe des Productes – das sind die Functionen welche
                              									zum Gelingen der Waffenfabrication nothwendiger sind, als zu irgend einer anderen
                              									Anwendung.
                           Das Material zu den Geschützen und Gewehren ist stets ganz weicher und zäher Stahl
                              									von 0,25 bis 0,35 Proc. Kohlenstoffgehalt und einer durchschnittlichen Festigkeit
                              									von 48 bis 56 Kilogrm. pro Quadratmillimeter.
                           Am meisten wurden bis jetzt Gewehrläufe, dann aber auch, nach dem Princip der
                              									Bandagen ohne Schweißung, Stahlgürtel für zusammengesetzte Kanonenrohre
                              									hergestellt.
                           Bei den Schießversuchen auf der belgischen Artillerieversuchsstation Braesschaet soll
                              									eine gußeiserne, mit Stahlgürteln versehene Kanone nach dem System Neuens günstigere Eigenschaften als eine gleich
                              									construirte Krupp'sche Gußstahlkanone ergeben haben, und
                              									ähnliche Versuche in Frankreich sollen ebenso ausgefallen seyn.
                           Die Details der Bearbeitung entziehen sich natürlich der öffentlichen Besprechung und
                              									können auch, da sie auf eine bestimmte Form von Artikeln jedesmal eingerichtet sind,
                              									Anderen wenig nützen. Es erübrigt nur noch, einige Notizen über den Umfang des
                              									Stahlwerkes nach erfolgter Vollendung zu geben.
                           Nach ziemlich genauen Mittheilungen beschäftigte dasselbe, welches die siebente
                              									Division des Werkes ausmacht, 660 Personen, 43 Maschinen mit 1100 Pferdekräften und
                              									bedient sich künftig 4 Bessemerretorten zu 5 bis 7 Tonnen Inhalt, 15 Schmelzöfen, 28
                              									Schweiß- und Wärmöfen. Unter den Betriebsvorrichtungen zeichnen sich außerdem
                              									20 Dampfhämmer von 1/2 bis 15 Tonnen Fallgewicht (10 bis 300 Ctr.), ein sehr starkes
                              									Platten- und Stabwalzwerk, sowie 2 hydraulische Bandagenwalzwerke aus, welche
                              									rasch und bequem arbeiten.
                           Die Jahresproduction an diversen Stahlwaaren beträgt 8,000000 Kilogrm. = 160000 Ctr., also
                              									nicht viel mehr, als die Production in Hörde oder Cainsdorf.
                           Aus Allem, was über die geschehene Weiterverwendung des Stahles hier gesagt worden
                              									ist, geht zur Genüge hervor, daß der Bessemerstahl sich ebenso wie der Gußstahl aus
                              									Tiegeln verwenden läßt, sobald eine sorgfältige Kenntniß des Rohmateriales vor und
                              									nach dem Einschmelzen, sowie eine genaue Leitung des Processes selbst, eine
                              									innerhalb enger Grenzen constante Qualität garantiren, und sobald bei der
                              									Weiterverarbeitung der Ingots die jeder Stahlsorte entsprechenden Vorsichtsmaßregeln
                              									angewandt werden, um die Stahlqualität nicht zu alteriren.
                           Diese für den Käufer des Stahles wichtige Garantie derselben Qualität in allen
                              									gleichartigen Stahlwaaren ist der einzige Grund, der bisher zu einem ungünstigen
                              									Vorurtheile gegen die Producte des Bessemerprocesses berechtigte und der auch bei
                              									vielen Bessemerwerken nicht genügend gewürdigt worden ist.
                           Eine verständige, aus nur wenigen Abtheilungen bestehende, übersichtlich angeordnete
                              									Classification thut auch wesentliche Dienste, sobald ihre Stufen sich auf einzelne
                              									typische Anwendungen, nicht bloß auf theoretische Ermittelungen, als
                              									Kohlenstoffgehalt, Festigkeit etc. gründen. Dadurch aber, daß diese letzteren durch
                              									Analysen und Versuchs-Charaktere stets controllirt und mit aufgeführt werden,
                              									sinkt die Classification nie zu einer bloß empirischen herab und hat einen
                              									allgemeinen Werth.
                           Nach alledem ist es nicht zweifelhaft, daß, wenn alle Bessemerwerke in gleicher Weise
                              									vorgehen, der Tiegelgußstahl als überaus theureres Product in allen Anwendungen nach
                              									und nach verdrängt und durch den Bessemerstahl ersetzt werden wird.