| Titel: | Ueber Reindarstellung des Benzols; von Professor A. W. Hofmann. | 
| Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. CXXXII., S. 499 | 
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                        CXXXII.
                        Ueber Reindarstellung des Benzols; von Professor
                           									A. W.
                              								Hofmann.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
                                 										Berlin, 1871, Nr. 3.
                        Mit einer Abbildung.
                        Hofmann, über Reindarstellung des Benzols.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 199, S. 499
                              Während des letzten heftigen Frostes erhielt ich von meinem Freunde, Hrn. Dr. Martius, eine größere
                                 										Menge erstarrten Benzols, welches sich aus einem Ballon leicht siedenden
                                 										Steinkohlen-Theeröles ausgeschieden hatte. Es waren prächtige,
                                 										schneeweiße Krystalle, theilweise von sehr beträchtlicher Größe und öfters wohl
                                 										ausgebildet. Namentlich war der durch das Ausgießen der flüssig gebliebenen
                                 										Kohlenwasserstoffe im Inneren des Ballons gebildete Raum mit schönen
                                 										Krystallspießen bekleidet, welche, aus aufeinander gethürmten oktaedrischen
                                 										Formen bestehend, fast an die wohlbekannten Gruppen von Alaunkrystallen
                                 										erinnerten.
                              Ich dachte beim Schmelzen dieser Krystalle, von welchen man in der Kälte alles
                                 										Flüssige sorgfältig hatte abtropfen lassen, vollkommen reines Benzol zu erhalten
                                 										und war erstaunt, als die verflüssigte Masse, nach dem Trocknen der Destillation
                                 										unterworfen, keineswegs einen constanten Siedepunkt zeigte. Nur eine mäßige
                                 										Menge siedete bei 80,5–81° C., schon mehr bei 82° und
                                 										83°; allein selbst bei 88° war noch nicht Alles übergegangen. Man
                                 										sieht, daß die Krystalle eine nicht unerhebliche Quantität der Mutterlauge
                                 										einschließen, in welcher sie sich gebildet haben. Indessen läßt sich aus dem
                                 										durch Schmelzen des erstarrten Kohlenwasserstoffes erhaltenen Producte durch
                                 										einmalige Destillation schon eine beträchtliche Menge ziemlich reinen Benzols
                                 										darstellen.
                              
                           Als es sich darum handelte, eine größere Menge reinen Benzols zu gewinnen, habe ich
                              									mich eines einfachen Verfahrenserinnert, welches ich C. Mansfield öfters hatte anwenden sehen, als er sich vor mehr als zwanzig
                              									Jahren in dem Laboratorium des Royal College of
                                 										Chemistry mit seiner großen Untersuchung der Kohlenwasserstoffe des
                              									Steinkohlentheeröles beschäftigte. Er bediente sich nämlich zur Reindarstellung des
                              									Benzols einer sogenannten Beart'schen Kaffeemaschine,
                              									eines Apparates welcher damals in England vielfach in Gebrauch war und so
                              									eingerichtet ist, daß das heiße Wasser mittelst Luftdruck durch die gemahlenen
                              									Kaffeebohnen gepreßt wird. Das unreine Benzol wurde in der Maschine zum Gefrieren
                              									gebracht und alsdann die nicht erstarrten Kohlenwasserstoffe von dem festen Benzol
                              									mittelst Luftdruckes abfiltrirt.
                           Die Beart'schen Kaffeemaschinen scheinen aus der Mode
                              									gekommen zu seyn, wenigstens ist es mir nicht gelungen, in Berlin eine aufzutreiben.
                              									Aber nichts ist leichter, als einen solchen Apparat zu improvisiren. Die
                              									vorgedruckte Skizze bedarf nur weniger erläuternder Worte. In dem 8–10
                              									Centimeter weiten und 40–50 Centimeter hohen Messingcylinder bewegt sich
                              									luftdicht ein vielfach durchbohrter Piston, welcher durch einen Eisenstab auf und
                              									nieder geschoben werden kann. Der Cylinder wird, nachdem der Piston auf den Boden
                              									gedrückt worden ist, mit dem zu reinigenden Benzol gefüllt, mit der Kappe
                              									verschlossen und in eine Kältemischung gestellt. Es ist zweckmäßig, das erstarrende
                              									Benzol von Zeit zu Zeit mit einem Metallstabe durchzuarbeiten, um die Bildung großer
                              									Krystalle zu verhindern, damit keine Oeffnungen entstehen, durch welche die Luft
                              									beim Heben des Pistons eindringen könnte. Je nach der Reinheit des Benzols wird man
                              									die Zeit der Kältung bemessen. Wenn sich nichts mehr ausscheidet, wird der Piston
                              									aus dem Cylinder herausgezogen, die nicht erstarrten Kohlenwasserstoffe gehen durch
                              									den perforirten Piston, auf welchem sich eine schneeweiße Benzolsäule aus dem
                              									Cylinder erhebt. Beim Schmelzen liefert dieser Benzolschnee den Kohlenwasserstoff im
                              									Zustande der Reinheit.
                           Um das Emporheben der ziemlich fest an den Wänden haftenden Masse zu erleichtern, hat
                              									der untere Theil des Cylinders außen einen kleinen Vorsprung; auf diesem Vorsprunge
                              									liegt ein Bret, aus dessen rundem Ausschnitt der Cylinder hervortritt, und welches,
                              									wenn der Apparat in die Kältemischung gestellt wird, leicht zu entfernen ist. Indem
                              									man sich auf das Bret stellt, und den Hebel am Ende des Pistons mit beiden Händen
                              									faßt, gelingt es leicht, die starre Benzolsäule aus dem Gefäße zu heben.