| Titel: | Die Ingersoll'sche Heupresse; Von J. Wittmack. | 
| Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XXXI., S. 98 | 
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                        XXXI.
                        Die Ingersoll'sche Heupresse; Von J. Wittmack.
                        Aus dem Wochenblatt zu den preußischen Annalen der
                                 										Landwirthschaft, December 1870, Nr. 50.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Ingersoll's Heupresse.
                        
                     
                        
                           Unter den verschiedenen Heupressen, welche im deutsch-französischen Kriege zur
                              									Benutzung gekommen, zeichnen sich besonders die nach dem Systeme des Amerikaners
                              									Simon Ingersoll (jetzt Ingersoll und Dougherty) zu Greenpoint, Long
                              									Island, gebauten vortheilhaft aus. Sie sind einfach, leicht aufzustellen, bedürfen
                              									fast gar keiner Reparatur, da Räder, Zahnstangen etc. wegfallen, leisten als
                              									Handpressen in Bezug auf Schnelligkeit und Stärke des Druckes so viel, als man nur
                              									billiger Weise erwarten kann, und werden zu mäßigen Preisen hergestellt.
                           Das landwirtschaftliche Museum zu Berlin erhielt im Frühjahr vorigen Jahres eine
                              									Original-Presse von Ingersoll, die bei Beginn des
                              									Krieges dem Kriegsministerium übergeben wurde. Im königl. Fourage-Magazin (zu
                              									Berlin) arbeiteten damals außer der vorzüglichen großen hydraulischen Presse von Fleck und Goede in Berlin
                              									bereits zwei Handpressen 
                              									nach Ingersoll's System, die im österreichischen Kriege
                              									1866 erbeutet wurden und von Jul. Carow in Smiechow bei
                              									Prag gebaut sind; allein die Original-Maschine erwies sich bald als noch
                              									brauchbarer und folgt hier Beschreibung und Abbildung derselben, wie sie jetzt von
                              									H. F. Eckert in Berlin mit einigen Abänderungen gebaut
                              									wird.
                           Fig. 5 zeigt
                              									die Vorderansicht (die rechte Hälfte den Längen-Durchschnitt); Fig. 6 die
                              									Seitenansicht.
                           Die Presse bildet einen aufrechten Holzkasten a, a, der
                              									auf einem starken Grundrahmen r lagert. In dem Kasten
                              									befindet sich ein beweglicher Boden d, der mit Bohlen
                              									belegt ist und auf einer kräftigen Schwelle e ruht. Der
                              									Deckel b kann mittelst des Hebels c (Fig.
                                 										6) leicht aufgeklappt werden, um die Presse mit Heu zu füllen; ebenso
                              									lassen sich die oberen Hälften l der Vorder- und
                              									Rückwand niederklappen, um den fertigen Ballen herauszunehmen. Die Schwelle e ragt mit ihren Enden durch die Seitenwände des Kastens
                              									hindurch und ist zu dem Behufe der Schlitz f,f angebracht (Fig. 6). An jedem Ende der
                              									Schwelle ist eine starke schmiedeeiserne Stange g
                              									eingelassen, die einen quadratischen Querschnitt hat, aber so gelagert ist, daß sie
                              									nicht mit der Fläche, sondern mit der Kante gegen den Preßkasten sieht. Oben gehen
                              									die Zugstangen durch zwei bewegliche eiserne Klemmstücke k und k′, und beruht der ganze Mechanismus auf der Friction
                              									zwischen diesen Klemmen und den Stangen. Die Bewegung der Klemmstücke geschieht
                              									jederseits durch einen Holzhebel i, der in den eisernen
                              									Schuh h gesteckt wird. Beim Hinabdrücken des Hebels
                              									bewegt sich das untere Klemmstück k nach oben, und
                              									schiebt die Zugstange g in die Höhe; beim
                              									Aufwärtsbewegen des Hebels gleitet k wieder hinab,
                              									während die Stange von der oberen Klemme k′, die an einem Bolzen hängt,
                              									umfaßt und am Sinken verhindert wird. Die Pressung erfolgt demnach von unten nach
                              									oben, und werden die Stangen in ähnlicher Weise gehoben wie dieß z. B. bei den
                              									amerikanischen Wagenheben der Fall ist.
                           Die Schlitze f, f gestatten, daß der Preßboden bis
                              									ungefähr 2/3 der Höhe gehoben werden kann. Ist dieß geschehen, so werden die Klappen
                              										l jederseits heruntergelassen und zwei Bandeisen
                              									durch die Zwischenräume, die sich sowohl am Boden, wie am Deckel zwischen den Bohlen
                              									befinden (Fig.
                                 										5), um den fertigen Ballen gelegt. Die Enden der Bandeisen müssen vorher
                              									gelocht seyn, und hat man dann nur nöthig, einen vierzölligen Drahtstift durch zwei
                              									übereinander liegende Löcher zu schlagen. Ein Nieten ist also nicht erforderlich.
                              									— Vielleicht möchte es zweckmäßig seyn, die Zwischenräume noch etwas größer
                              									zu machen, damit man anstatt des immerhin etwas theuren Bandeisens billige
                              									Strohseile durchziehen könnte.
                           
                           Ist das Binden geschehen, so wird der Deckel aufgehoben und der Ballen seitlich
                              									herausgenommen. Alsdann löst man mittelst des Ausrückers m (Fig.
                                 										6) die oberen Klemmen k, die Stangen g und mit ihnen den Preßboden d, und das Füllen beginnt von Neuem. Gut ist es, wenn bei diesem Füllen
                              									ein Mann in dem Kasten steht, der das Heu regelmäßig vertheilt und es zugleich mit
                              									den Füßen etwas fest tritt.
                           Der Preßkasten hat eine Höhe von circa 6½ Fuß, eine Breite von 3 Fuß 9 Zoll
                              									und eine Tiefe von 3 Fuß; der innere Raum mißt im Lichten 4 Fuß 6 Zoll Höhe, 3 Fuß 6
                              									Zoll Breite und 2 Fuß Tiefe, mithin 31½ Kubikfuß; der gepreßte Ballen hat ein
                              									Volum von 10½ Kubikfuß und ist demnach auf ein Drittel reducirt, wobei jedoch
                              									bemerkt werden muß, daß er sich nach der Pressung ein wenig wieder ausdehnt. Er hat
                              									ein Gewicht von 100 bis 110 Pfd.
                           Zur Bedienung der Presse gehören einschließlich Zubringung und Einfüllung 4 Mann, die
                              										pro Stunde 6–7 Ballen, mithin an einem
                              									10stündigen Arbeitstage 60–70 Ballen à 1 Ctr. liefern. Das Gewicht der Presse
                              									beträgt circa 11 Ctr., der Preis bei H. F. Eckert 100 Thlr.
                           Die Original-Ingersoll'sche Maschine faßt
                              									eigentlich ca. 150 Pfd. Heu; des bequemeren Transportes
                              									der Ballen halber wurde aber im Proviantamt der Raum durch Auflegen von stärkeren
                              									Bohlen auf dem Preßboden so verkleinert, daß er nur 100 Pfd. aufnahm. Der
                              									Kraftaufwand ist bei Ballen von 150 Pfd. übrigens nicht viel größer als bei solchen
                              									von 100, und können darum per Tag fast ebenso viele
                              									größere Ballen hergestellt werden. Dieselbe Maschine kann also dann anstatt 60 Ctr.
                              										ca. 90 Ctr. verarbeiten. Je größer der Ballen, desto
                              									weniger oft entsteht Aufenthalt durch Binden und neues Füllen. Daraus erklärt sich
                              									auch, daß Maschinen, die langsam arbeiten, doch viel leisten, wenn nur die Ballen
                              									recht groß sind.
                           Die Gebrüder Böhmer in Neustadt-Magdeburg fertigen,
                              									wie mir mitgetheilt wurde, seit zwei Jahren ebenfalls Heupressen nach Ingersoll's System und zwar solche, die auf einem
                              									fahrbaren Gestelle ruhen. Der Preßraum ist 6 Fuß 6 Zoll hoch, 3 Fuß breit und 2 Fuß
                              									tief. Er nimmt 150 Pfd. Heu auf, welches auf ¼ seines Volumens reducirt
                              									werden soll. Der fertige Ballen mißt 3 Fuß Länge, 2 Fuß Höhe und 18 Zoll Stärke. In
                              									einer Stunde liefern 2 Mann (wohl ohne die Zubringer) 4–5 Ballen. Der Preis
                              									beträgt 150 Thlr.Die Redaction unserer Quelle fügt die Bemerkung bei, daß die Ingersoll'sche Presse auch schon zum Pressen von
                                    											Werg, Lumpen und Shoddy benutzt wird.
                           
                        
                     
                  
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