| Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. | 
| Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XL., S. 117 | 
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                        XL.
                        Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
                           								Laboratorium des Carolinum zu
                           									Braunschweig.
                        Ueber das Goldrubinglas; von W. Müller.
                        Müller, über das Golbrubinglas.
                        
                     
                        
                           Die Kundgebungen über das mit Gold gefärbte Glas sind ziemlich zahlreich, enthalten
                              									aber verhältnißmäßig sehr wenig Bestimmtes. Neri hat es
                              									bereits gekannt; seine ziemlich inhaltsleere und äußerst kurze Anweisung im VII. Buch, Cap. 129 seines Werkes schreibt vor, dem
                              									Krystall Goldpulver zuzusetzen (durch Calciniren der Auflösung des Goldes mit
                              									Königswasser erhalten), worauf dann der Krystall „öfter in das Wasser
                                 										geworfen wird.“ Sein Uebersetzer und Erklärer KunkelKunkel, Ars vitriaria,
                                    											in den Anmerkungen zu Neri S. 195. meint in Bezug auf diese Anweisung, „es gehöre mehr dazu, das Gold
                                 										dahin zu bringen, seine rothe Tinctur abzugeben“, übergeht aber seine
                              									eigenen Erfahrungen gänzlich mit Schweigen. Daß Kunkel
                              									aber im Besitze sehr werthvoller Erfahrungen gewesen und wohl der erste war, der
                              									seinen Gegenstand so ziemlich beherrschte, erleidet keinen Zweifel. Die Traditionen
                              									der Zechliner Glashütte, welche er vor ihrer Verlegung von Potsdam längere Zeit
                              									geleitet, erweisen, daß er sich als Goldpräparat des Goldpurpurs bediente.
                              									Authentisches über sein Verfahren ist sonst nicht bekannt geworden.
                           Dr. Fuß,Dieses Journal, 1836, Bd. LX S. 284. dem die Anwendung des Goldchlorides von Seiten der böhmischen Fabrikanten
                              									wohlbekannt war, glaubte daß im Goldrubin sich Goldpurpur bilde und wagt in seinen
                              									Vorschriften (1836) darum nicht, das Zinn wegzulassen. SplittgerberDieses Journal, 1844, Bd. XCII S. 40. nimmt im J. 1844  nur Goldchlorid und schmilzt es mit blei- und antimonhaltigem Glas; nach
                              									ihm ist das Anlaufen in Roth „durch einen unzweifelhaft chemischen
                                 										Proceß“ verursacht, wobei das Gold unter Abgabe von Sauerstoff aus
                              									einem höheren farblosen in ein anderes „rubinfarbiges Oxyd“
                              									übergehe. Er findet es immerhin „räthselhaft,“ daß das Gold
                              									sich nicht schon beim Schmelzen im Glasofen reducire. Wie er gefunden haben will,
                              									vermindere sich das spec. Gewicht beim Anlaufen um etwas; er stellt endlich fest,
                              									daß das Anlaufen stattfindet, gleich viel in welcher Umgebung und Atmosphäre sich
                              									das Glas befindet. SchubarthDieses Journal. 1844, Bd. XCIV S. 282. Bei dieser
                                    											Gelegenheit mag eine irrthümliche Angabe dieser sehr verdienstlichen
                                    											Abhandlung auf S. 286 berichtigt werden. Die dort angezogenen Aeußerungen
                                    												Kunkel's beziehen sich nicht auf Goldglas,
                                    											sondern auf Kupferrubinglas. widerlegt (in demselben Jahr) die
                              									chemischen Theorien über das goldhaltige Glas und seinen Farbenwechsel, das
                              									Vorhandenseyn eines purpurfarbigen Oxydes, oder dessen Entstehung beim Anlaufen;
                              									seiner Ansicht nach ist das Gold in feinzertheiltem metallischem Zustande in dem
                              									Glas, die Farbenänderungen durch allotropische Modification veranlaßt. Er schließt
                              									mit der aller dings sehr berechtigten Frage: „wie kann aber goldhaltiges
                                 										Glas farblos seyn?“
                              									Schubarth bestätigt weiterhin die früheren Beobachtungen
                              									von Golfier-Besseyre,Dieses Journal, 1834, Bd. LI S. 375.
                              									daß das Glas mit Gold fast alle prismatischen Farben annehmen könne, experimentell
                              									und erhielt durch Schmelzen von Glas mit metallischem Gold farblose, gelbe,
                              									topasgelbe, braungelbe, dunkelrothbraune und leberige Flüsse. H. Rose,Dieses Journal, 1848, Bd. CVII S. 129.
                              									zur chemischen Theorie wieder zurückkehrend, erklärt 1848 das Goldglas als
                              									kieselsaures Goldoxydul, das Anlaufen als Ausscheidung von Oxydul. Dagegen stellt
                              									sich BontempsDieses Journal, 1850, Bd. CXV S. 437
                              									wieder ganz auf den physikalischen Standpunkt, wornach die Farben des Goldglases
                              									nicht auf verschiedenen Oxydationsstufen des Goldes, sondern auf
                              										„Aenderungen in der Anordnung der kleinsten Theilchen“
                              									beruhen.
                           In einer zweiten Abhandlung (1852) sucht SplittgerberDieses Journal, 1852, Bd. CXXV S. 199.
                              									seine frühere Ansicht, daß das farblose Goldglas eine höhere Oxydationsstufe
                              									enthalte als das rubinrothe, aufrecht zu erhalten, indem er sich auf die unrichtige
                              									Beobachtung beruft, wornach das rothe Glas nur in Sauerstoffgas geschmolzen wieder
                              									farbloses gebe. Schmelzungen mit Kalkglas vergleichender Art theils mit Goldpurpur,
                              									theils mit Goldchlorid, dann abwechselnd mit Natron und Kali führten zu keinem
                              									entscheidenden Resultate.  Sultate. — C. KohnDieses Journal, 1857, Bd. CXLIV S.
                                    										288. veröffentlichte 1857 eine Vorschrift zu Goldrubin aus
                              									bleihaltigem Glas mit Goldchlorid ohne Zinn, welche gut anlaufendes Glas mit
                              									Sicherheit gebe. — KnafflDieses Journal, 1863, Bd. CLXVII S.
                                    										191. lehnt in seiner im J. 1863 erschienenen Abhandlung
                              										„über die rothe Modification des Goldes“ die Erklärung der
                              									Eigenschaften des goldhaltigen Glases durch chemische Processe ebenfalls entschieden
                              									ab. Er führt an, daß ein (mit Glanzgold) vergoldeter Porzellanscherben nach dem
                              									Abwischen des Goldhäutchens „tief blau“ erscheine,Porzellan wird unter diesen Umständen selten anders als purpurroth
                                    											gefunden. welche Farbe dann bei weiterer bis zur Weißgluth
                              									gesteigerter Hitze nach einander in Roth, zuletzt in Hellgelb übergehe. Die rothe
                              									Modification bestehe in dem Temperaturintervall von etwa 200 bis 300° C. an
                              									bis über die Schmelzhitze des Gußeisens hinaus. In dem goldhaltigen Glase vor dem
                              									Anlausen seyen die den verschiedenen Modificationen des Goldes zukommenden Farben
                              									der Art im Gleichgewicht, daß sie als complementäre mehr oder weniger einander
                              									aufheben, wodurch dieses grün (aus Blau und Gelb) oder farblos erscheine. Das
                              									Anlaufen sey eine Entwickelung der rothen Farbe bis zum Verschwinden der übrigen.
                              									Darüber, wie man sich das Gold in dem Glase enthalten zu denken hat, gibt Knaffl keine Auskunft. — Bei Gelegenheit einer
                              									Mittheilung werthvoller praktischer Erfahrungen gegenüber den Mängeln der
                              									Vorschriften von Dr. Fuß,
                              									constatirt H. PohlDieses Journal, 1865, Bd. CLXXV S.
                                    										384. i. J. 1865 abermals, daß metallisches Gold und Goldchlorid ohne
                              									alles Zinn Goldrubinglas erzeuge; daß ferner auch Antimon keine Bedingung sey,
                              									obwohl der Rubin ohne dieses immer violett ausfalle.
                           Faßt man zusammen was aus diesen Kundgebungen im Zusammenhang mit der laufenden
                              									Praxis an positiver Erkenntniß über das goldhaltige Glas hervorgegangen, so ergeben
                              									sich folgende Punkte:
                           Die Bildung von Goldrubin ist an kein bestimmtes Goldpräparat geknüpft; Goldpurpur,
                              									Goldchlorid, metallisches Gold wirken nicht wefentlich verschieden. Sämmtliche
                              									angewandte Präparate zersetzen sich unter Reduction zu metallischem Gold, weit unter
                              									der Schmelzhitze des goldhaltigen Glases. Das Gold wird in auffallend geringer
                              									Menge, immer nur kleine Bruchtheile von einem Procent, vom Glase aufgenommen. Das
                              									goldhaltige Glas kann getrübt und durchsichtig, in letzterem Zustande wieder farblos
                              									oder in verschiedenen Färbungen auftreten. Das goldhaltige Glas ist nach dem
                              									Schmelzen farblos oder hellgelb bis gelbgrün, das Rubinroth erscheint erst durch
                              									Aufwärmen der erstarrten Schmelze,  ist Anlauffarbe. Das roth angelaufene Glas ist durch
                              									Schmelzen wieder in den farblosen etc. Zustand vor dem Anlaufen zurückführbar. Das
                              									Anlaufen findet statt völlig unabhängig von der Atmosphäre oder sonstiger Umgebung
                              									in der sich das Glas befindet. Die zum Anlaufen erforderliche Temperatur beginnt mit
                              									den ersten Anzeichen des Erweichens.
                           Neben diesen Thatsachen und auf Grund derselben sind wichtige Anschauungen in Bezug
                              									auf die Natur des goldhaltigen Glases zum Durchbruch gekommen; die Farbenwandlungen
                              									des goldhaltigen Glases sind lediglich Aeußerungen der allotropischen Modificationen
                              									des Goldes; Verbindungen von Kieselerde mit Oxyden des Goldes sind gänzlich
                              									unbekannt, ganz und gar unwahrscheinlich, ihr Vorhandenseyn in dem Glase, sowie der
                              									Oxyde an sich und deren Umsetzung beim Anlaufen sind unstatthaft.
                           In völligem Dunkel bleiben die Fragen: wie ist das von dem Glase aufgenommene Gold
                              									darin enthalten, wenn nicht als Silicat oder Oxyd? Wenn das goldhaltige Glas bei
                              									gewissen Temperaturen der beginnenden Glühhitze anläuft, warum findet das Anlaufen
                              									nur statt, wenn das Glas von diesen Temperaturen beim Erwärmen von der Kälte
                              									aufwärts und nicht von der Glühhitze abwärts beim Erkalten getroffen wird? Endlich
                              									sind auch die speciellen Bedingungen, von welchen die Bildung des goldhaltigen
                              									Glases und seine Farbenwandlung abhängt, nur sehr unvollkommen festgestellt.
                           Billiger Weise hätte die experimentelle Beantwortung dieser letzteren Frage allen
                              									übrigen als Grundlage der Forschung und Speculation über die Natur des goldhaltigen
                              									Glases vorausgehen müssen, während sie in den bisherigen Untersuchungen nirgends
                              									betont, immer nur gelegentlich berührt wird und somit in der Regel im Zweifel läßt
                              									über das was wesentlich und maaßgebend, was zufällig und ohne allgemeine Geltung
                              									ist. Die nachfolgenden Beobachtungen sind zunächst und vorzugsweise der Feststellung
                              									jener Bedingungen gewidmet. Die außerordentliche Mannichfaltigkeit der
                              									Erscheinungen, die ungemeine Neigung des goldhaltigen Glases unter anscheinend
                              									unbedeutenden Einflüssen Wandlungen einzugehen, machen das Studium dieses
                              									Gegenstandes zu einem besonders schwierigen. Folgende Momente waren dabei in
                              									Betracht zu ziehen:
                           chemischer Bestand des zu färbenden Glases und Nebenproducte bei seiner
                              									Erzeugung;
                           die Art wie das Gold dem Glas beigemischt wird und die Menge des Goldes;
                           Schmelzung, Temperatur und Dauer derselben; Entstehung des goldhaltigen Glases
                              									während derselben;
                           
                           Erkalten des Glases und dabei stattfindende Erscheinungen;
                           Anlaufen in Bezug auf Temperatur, auf Zeit, auf Intensität der Farbe;
                           Verhältniß der verschiedenen Phasen des goldhaltigen Glases zu einander;
                           endlich Constitution des goldhaltigen Glases.
                           Das Gold.
                           Die Menge des Goldes, welche erforderlich ist um das Glas rubinroth zu färben, selbst
                              									so tief rubinroth wie in der Praxis irgend verlangt wird, ist im Allgemeinen
                              									auffallend gering. Schon der schwache Betrag des Goldes in den verschiedenen und
                              									bestbeglaubigten Vorschriften liefert dafür den unwiderleglichen Beweis, wie
                              									folgende Uebersicht ergibt (Gewicht des Satzes auf 1 Gewichtstheil reines Gold):
                           
                              
                                 Splittgerber
                                 946Dieses Journal Bd. XCII S. 40.
                                 Gewichtsteile Satz
                                 
                              
                                 Pohl
                                 1478Nach H. Rose's Mittheilung in diesem
                                          													Journal Bd. CVII S. 129.
                                 Gewichtsteile Satz
                                 
                              
                                 Metzger
                                 1646Nach Schubarth's Mittheilung in diesem
                                          													Journal Bd. XCIV S. 287.
                                 Gewichtsteile Satz
                                 
                              
                                 Pohl
                                 15000    
                                 Gewichtsteile Satz
                                 
                              
                                 Ders
                                 18700Nach Schubarth's Mittheilung in diesem
                                          													Journal Bd. XCIV S. 287
                                 Gewichtsteile Satz
                                 
                              
                                 Kohn
                                 20000Dieses Journal Bd. CXLIV S. 288.)
                                 Gewichtsteile Satz.
                                 
                              
                           Der wirklich von dem Glas aufgenommene und in demselben enthaltene Betrag von Gold
                              									ist noch geringer als der dem Satz beigegebene, denn es gelingt im Großen kaum
                              									jemals alles Gold dem Fluß einzuverleiben und bleibt vielmehr in der Regel ein
                              									gewisser Antheil in kleinen Kügelchen am Boden des Hafens ausgeschieden. Splittgerber betrat den Weg der Analyse und erhielt aus
                              									einem von ihm geschmolzenen Rubinglas 0,06 Proc. Gold; ebenso Böhme in einem venetianischen Rubin in Form einer Paste 0,049 Proc. Gold.
                              									Beträge von einigen Hunderteln eines Procentes sind jedoch an der Grenze der
                              									Bestimmbarkeit durch quantitative Analyse. Um einen einzigen Milligramm Gold zu
                              									bekommen, muß man über 1½ Gramme Glas aufschließen. Der Versuch mit einer
                              									Probe eines vortrefflichen Goldrubinzapfens von Theresienthal bei Zwiesel im
                              									bayerischen Wald mißlang, das Gewicht von 3–4 Grammen Glas war nicht
                              									hinreichend zur Bestimmung des Goldes. Bessere Ergebnisse waren von dem
                              									synthetischen Wege zu erwarten. Zu dem  Ende wurde ein und derselbe Satz — es war der von
                              										Kohn angegebene bleihaltige unter I im Anhang — mit abnehmenden Mengen Gold
                              									geschmolzen. Das Gold wurde als verdünnte Chloridlösung bekannten Gehaltes dem Maaße
                              									nach zugesetzt und mit dem Satze bis zur völlig gleichen Befeuchtung abgerieben. Die
                              									einzelnen Schmelzungen, je 100 bis 200 Grm. schwer, enthielten auf 1 Gewichtstheil
                              									Gold:
                           
                              
                                 
                                    I
                                    
                                 
                                    II
                                    
                                 
                                    III
                                    
                                 
                                    IV
                                    
                                 
                                    V
                                    
                                 
                                    VI
                                    
                                 
                                    VII
                                    
                                 
                                 
                              
                                 1500
                                 10000
                                 15000
                                 50000
                                 100000
                                 200000
                                 500000
                                 G. TH. Satz
                                 
                              
                                 oder auf 100000 Th. Satz:
                                 
                              
                                 67
                                 10
                                 6 2/3
                                 2
                                 1
                                 ½
                                 1/5
                                 G. Th. Gold
                                 
                              
                           Die vier ersten lieferten gleichmäßig ein gutes und schönes Rubinglas von ziemlich
                              									tiefem Farbenton; Nr. V lief nur noch rosa, Nr. VI und VII gar nicht mehr
                              									an. Bei diesem mäßigen Versatz war das Gold fast überall ganz von dem Glase
                              									aufgenommen worden. Man kann daher sagen, daß der Betrag des Goldes in dem Rubin,
                              									wie er gewöhnlich verarbeitet wird, sich in Zehntausendteln des Glases bewegt, daß
                              									bei dem Betrag des Goldes von 1 Hunderttausendtel noch eine sehr deutliche Rosafarbe
                              									entsteht und daß die Färbung erst bei der Hälfte dieses Betrages unmerklich wird.
                              									Sonach ist die Färbung des Rubinglases ein ungleich schärferes Erkennungsmittel des
                              									Goldes als die Analyse durch Aufschließen etc. irgendwie.
                           Zum Beweis daß das Gold in metallischem Zustande vom Glas aufgenommen wird, schmolz
                              									man Satz Nr. I mit 1 Zehntausendtel Gold unter den sonst
                              									erforderlichen Bedingungen. Obwohl hier das Gold gänzlich durch das schmelzende Glas
                              									von der Luft abgehalten war, wurde es dennoch von dem Glas aufgenommen, welches
                              									schön und mit tiefer Farbe anlief.
                           Diese Thatsachen gelten für Glas im technischen Begriff des Wortes und zwar für
                              									diejenigen Gläser im engeren Sinne, welche man in den Hütten mit Gold zu Rubin zu
                              									schmelzen pflegt. Es wird weiter unten angeführt werden, daß bloße Silicate des
                              									Bleies und zwar sehr bleireiche Silicate, welche keine andere Basis enthalten,
                              									beträchtlich mehr Gold aufnehmen; es gelang in der That, diesen Bleisilicaten 1
                              									Tausendtel ihres Gewichtes Gold einzuverleiben.
                           Im Ganzen genommen ist die färbende Kraft des Goldes ungemein groß und ergiebig, aber
                              									einen absoluten Werth für dieselbe gibt es nicht. Die Tiefe der Färbung hängt zwar
                              									im Allgemeinen von der Menge des aufgenommenen Goldes ab, diese Menge ist jedoch von
                              									verschiedenen Bedingungen  außerhalb des Goldzusotzes abhängig, namentlich von der Natur des zu färbenden
                              									Glases und von der Behandlung beim Schmelzen.
                           Einfluß des Bestandes der Gläfer.
                           Gewöhnliche, mit Kalk und Alkali geschmolzene Gläser verhalten sich zur Färbung mit
                              									Gold sehr ungünstig. Scherben eines Glases, welches nach der damit vorgenommenen
                              									qualitativen Analyse im Wesentlichen aus Kieselerde, Natron und Kalk bestand,
                              									zerstoßen, mit Goldchloridlösung (entsprechend 1/10000 Gold) befeuchtet und
                              									umgeschmolzen, lieferten ein farbloses Glas, welches nicht zum Rothanlaufen zu
                              									bringen war.
                           Ein Satz aus Sand, geschlämmter Kreide und calcinirter Soda (Nr. V), 108 Grm. im Gewicht, mit 0,039 Grm. Gold (als
                              									Chloridlösung) zusammengeschmolzen — und zwar unter den vortheilhaftesten
                              									weiter unten zu bezeichnenden Bedingungen — gab ein wohlgeflossenes Glas,
                              									aber am Boden des Tiegels fand sich Gold in glänzenden Körnern ausgeschieden. Diese
                              									Körner, sorgfältig gesammelt, wogen 0,037 Grm. Es waren mithin höchstens 2 Milligrm.
                              									Gold von dem Glase aufgenommen, welches beim Erhitzen auf die Temperatur, bei der es
                              									zu Fäden ausgezogen werden kann, deutlich aber nur rosaroth anlief. Ganz ebenso
                              									verhielt sich ein Glas aus Satz Nr. III mit Potasche
                              									statt Soda, 165 Grm. Satz mit 0,04 Grm. Gold. Das meiste Gold fand sich in Körnern
                              									ausgeschieden, das Glas lief nur rosa an, auch dieses nur langsam und schwierig wie
                              									das vorige. — Nicht besser wie die Kalkgläser verhalten sich die mit Baryt
                              									und Strontian geschmolzenen, je 165 Grm. Satz (Nr. VIII
                              									und IX) mit 0,04 Grm. Gold, die unter den günstigsten
                              									Bedingungen behandelt nur schwierig anliefen und keinen tieferen Ton gaben als
                              									sattes Rosa. Dabei war es gleichgültig, ob das Alkali Kali oder ob es Natron war, ob
                              									man den Betrag an kohlensaurem Strontian des Satzes verdoppelte wie in Satz Nr. VII,Die mit Strontian geschmolzenen Gläser verhielten sich ungemein
                                    											leichtflüssig. oder nicht.
                           Die mit alkalischen Erden geschmolzenen Gläser besitzen nach dem Obigen nur eine
                              									geringe, für die meisten praktischen Anforderungen ungenügende Fähigkeit Gold
                              									aufzunehmen und sich damit zu färben.
                           Als man dem Satze (Nr. III) aus Sand, geschlämmter Kreide
                              									und Potasche den zehnten Theil seines Gewichtes Mennige zugab und die Mischung (Nr.
                              										IV) im Gewicht von 181,5 Grm. mit 0,04 Gold schmolz,
                              									so wurde das Gold sofort vollständiger aufgenommen und entstand ein mehr dem
                              									eigentlichen Goldrubin entsprechendes, mit tieferem Ton anlaufendes  Glas. Wirklichen Goldrubin, d.
                              									h. satt purpurroth anlaufendes Glas gaben nur die Sätze zu bleihaltigem Glase (bei
                              									den in dieser Untersuchung mitgetheilten Schmelzversuchen in der Regel der von Kohn gegebene Satz [Nr . I]
                              									mit bestem Erfolg; er empfiehlt sich ebenso durch Einfachheit, als Zweckmäßigkeit).
                              									Die zu Eingang erwähnte treffliche Probe von Goldrubinglas aus Theresienthal im
                              									bayerischen Walde ergab sich zufolge der damit angestellten Analyse ebenfalls als
                              									Bleiglas und zwar als kalkfreies Kalibleiglas zu erkennen. Nicht minder geben die
                              									bekannt gewordenen Vorschriften fast ohne Ausnahme Bleiglas als Grundlage für den
                              									Goldrubin, so namentlich die des erfahrensten Praktikers in diesem Fach, Pohl auf josephinenhütte in Schlesien.Dieses Journal Bd. CLXXV S. 386. Noch mehr; ein Vergleich lehrt, daß zu Goldrubin nicht bloß bleihaltiges
                              									Glas, sondern ein Glas von sehr hohem Bleigehalt vorgezogen wird, ja von einem
                              									höheren Bleigehalt als der gewöhnliche Bleikrystall, selbst als das Flintglas, wie
                              									sich sofort aus folgender Zusammenstellung der Sätze ergibt:In Durchschnittswerthen, wobei der Salpeter als Potasche in Rechnung gebracht
                                    											ist und die Nebenbestandtheile vernachlässigt sind.
                           
                              
                                 
                                 
                                    Sand
                                    
                                 
                                    Mennige
                                    
                                 
                                    Potasche
                                    
                                 
                              
                                 Gewöhnlicher Bleikrystall
                                 100
                                 66
                                 33
                                 
                              
                                 Flintglas
                                 100
                                 100
                                 20
                                 
                              
                                 Satz zu Goldrubin nach Kohn
                                 100
                                 125
                                 36
                                 
                              
                                 Satz zu Goldrubin nach Pohl
                                 100
                                 189
                                 17
                                 
                              
                           Ob man das Bleiglas mit Potasche oder mit Soda schmilzt, ist von keinem merklichen
                              									Einfluß auf die Tiefe der Farbe, wohl aber auf ihre Reinheit, insofern Kaligläser
                              									unter gleichen Umständen stets reiner und farbloser ausfallen als Natrongläser. Es
                              									ist daher praktisch durchaus gerechtfertigt, der Potasche und dem Kalisalpeter den
                              									Vorzug zu geben.
                           Bei dem entschieden günstigen Einfluß eines hohen Bleigehaltes für die Färbung mit
                              									Gold, wäre es nahe gelegt Versuche mit bloßem Bleisilicat von möglichst hohem
                              									Vleigehalt und Ausschluß jeder anderen Basis anzustellen. Bleisilicate in
                              									verschiedenen Abstufungen des Bleigehaltes sind von J. Percy (dessen Metallurgie) sehr genau beschrieben worden. Sie vertragen
                              									sich schlecht mit den Schmelzgefäßen, die sie bei der hohen Temperatur, wie man sie
                              									doch anwenden muß, rasch und plötzlich durchlöchern. Man konnte aus diesem Grund
                              									nicht wohl über das Verhältniß von gleichen Atomen Kieselerde und Bleioxyd
                              									hinausgehen. Dieses entspricht dem Satze Nr. XI, also
                              									auf 100 Gewichtstheile Sand 258 Gewth. Mennige, welcher mit 1 Zehntausendtel Gold
                              									ein leicht und  mit
                              									tiefem Farbeton, mit 1 Tausendtel Gold ein Glas gab, welches schon beim bloßen
                              									Ausgießen ohne Anlaufen mit der Farbe eines sehr gedeckten Rothweines auftrat. Durch
                              									Anlaufenlassen dunkelte die Farbe noch merklich bis zu der Tiefe des
                              									Roussillonweines auf.
                           Aus obigen Beobachtungen über den Einfluß von dem chemischen Bestand des Glases geht
                              									sehr bestimmt hervor, daß die Fähigkeit sich mit Gold zu färben bei keinem Glase
                              									ausgeschlossen, ein Bleigehalt nicht unerläßliche Bedingung ist; daß dagegen eine
                              									reichliche Aufnahme von Gold und eine satte tiefe Purpurfarbe nur durch Bleigehalt
                              									und zwar einen hohen, über den des Flintglases hinausgehenden Bleigehalt zu erzielen
                              									ist. Damit stimmt die Hüttenpraxis — obwohl sie in einzelnen Fällen auch
                              									bleifreies Weißglas zu Goldrubin verarbeitet — vollkommen überein. Es blieb
                              									nur noch übrig,, die in eben dieser Praxis üblichen Zusätze einer näheren Prüsung zu
                              									unterwerfen. In Bezug auf das Zinnoxyd ist seine völlige Entbehrlichkeit schon von
                              									früheren Beobachtern dargethan und findet in den vorstehenden Schmelzversuchen
                              									vielfache Bestätigung, insofern Zinnoxyd niemals angewendet und Gläser von der
                              									reichsten Farbe erhalten wurden. Eine andere Gattung von Zusätzen zum Goldrubin
                              									bilden die Antimonverbindungen, das Antimonium crudum
                              									und das Vitrum antimonii. Cin Zusatz des letzteren zu
                              									einem Satz für Kalk-Natronglas in dem Verhältniß in welchem es in der Praxis
                              									vorgeschrieben zu werden pflegt (Satz Nr. X) mit 1
                              									Zehntausendtel Gold gab ein verneinendes Ergebniß. Man erhielt ein Glas welches sich
                              									genau wie Kalk-Natronglas ohne Antimon verhielt, d. h. schwierig und mit
                              									einer schwachen hellen Farbe anlief. Das Gold hatte sich zum großen Theil in
                              									Kügelchen zu Boden gesetzt; der aufgenommene Theil zeigte eine große Neigung sich
                              									vor der Gebläseflamme auszuscheiden. Wenn demnach das Antimon die Färbung des Glases
                              									nicht vermehrt, so scheint doch der Zusatz desselben einen bestimmten anderen Zweck
                              									zu haben, denn PohlDieses Journal Bd. CLXXV S. 386. merkt ausdrücklich an, daß der
                              									Erfolg beim Rubinschmelzen ohne Antimon derselbe sey, aber der Rubin dann violett
                              									ausfalle.
                           Einfluß der Temperatur und
                                 										Schmelzdauer.
                           Ein richtiger Versatz des Glases mit Gold sowie ein geeigneter chemischer Bestand des
                              									zu färbenden Glases sind nach obigen Erfahrungen entscheidende Bedingungen, aber
                              									durchaus keine volle Gewährleistung für den Erfolg. Ohne einen geeigneten Satz mit
                              									geeignetem Zusatz von Gold kann kein Goldrubin erhalten werden, wohl aber und sehr
                              									leicht  können sie ein
                              									Glas geben, welches kein Goldrubin ist. Ob das Eine oder das Andere erfolgt, hängt
                              									in eben dem Grade von der Behandlung beim Schmelzen, wie von Mischung des Satzes und
                              									Bestand des Glases ab. Die Behandlung beim Schmelzen dreht sich wieder um mehrere
                              									Punkte von gleicher Wichtigkeit : um den Hitzegrad beim Schmelzen des Rubinglases,
                              									um die Dauer der Einwirkung dieses Hitzegrades, endlich um die Art der
                              									Abkühlung.
                           Der näheren Darlegung der in dieser Richtung erworbenen Erfahrungen sind einige
                              									Bemerkungen über die dabei gebrauchten Hülfsmittel zum besseren Verständniß
                              									vorauszuschicken. Die Schmelzungen der vorhergehenden wie der folgenden Versuche
                              									sind in hessischen Tiegeln angestellt, soweit sich diese mit der Natur des Glases
                              									vertragen. Für den entgegengesetzten Fall, also für Glas von sehr hohem Bleigehalt,
                              									namentlich für bloße Bleisilicate haben sich Obertassen von hartem Porzellan
                              									trefflich bewährt; man schlägt den Henkel ab und setzt sie (mit oder ohne
                              									Zwischenfüllung von Sand) in hessische Tiegel ein. Unter dieser Vorsicht erhielt man
                              									nach dem Erkalten stets Glasflüsse die auf dem Bruch scharf von der Wand des
                              									Tiegels, beziehungsweise von der Porzellantasse, abgegrenzt erschienen. Das
                              									Einfressen des Glases in die Wand der Schmelzgefäße hängt mindestens ebenso von der
                              									Porosität als von der Feuerfestigkeit der Masse ab, und ist die Dichte des harten
                              									Porzellans in dieser Beziehung von ganz besonderem Vortheil. Ein tragbarer Windofen
                              									mit Holzkohle, mit einem sogenannten „Dom“ d. h. einem
                              									beweglichen Zugrohr von vierthalb Fuß, diente für die niederen Hitzegrade bis zur
                              									guten Rothgluth; ein gemauerter Zugofen mit einem scharfziehenden, über 40 Fuß hohen
                              									Kamin, mit Kohksfeuer, für die höheren Hitzegrade, Schmelztemperatur des Roheisens
                              									und Weißgluth. Er ist im Folgenden kurzweg als „Essenofen,“
                              									jener dagegen ebenso als „Windofen“ bezeichnet.
                           Eine Schmelzung von 300 Grm. des Satzes (Nr. I) nach Kohn, mit 0,02 Grm. Gold im Windofen 1½ Stunden
                              									geschmolzen, ergab kein Rubinglas. Das Glas behielt trotz seines hohen Bleigehaltes
                              									während der ganzen Schmelzdauer eine gewisse Dickflüssigkeit. — In dem
                              									Gedanken, das Glas durch größere Leichtflüssigkeit der Schmelzhitze des Windofens
                              									bezügl. Holzkohlenfeuers besser anzupassen, ersetzte man in dem Kohn'schen Satz einen Theil der Potasche durch eine
                              									starke Zumischung von Borax. Die Schmelzung von 344 Grm. dieses Satzes (Nr. VI) gab ebensowenig Goldrubin, sondern ein Glas von
                              									derselben Beschaffenheit wie vorher, sogenanntes „leberiges“
                              									Goldglas. Dieses Glas ist im auffallenden Licht braun und getrübt, und erscheint im
                              									durchfallenden  Licht
                              									durchsichtig in einem weichen Ton von Himmelblau. Es verhält sich vollkommen wie
                              									Goldlösungen die das Gold als feinzertheilten braunen Niederschlag enthalten, wie
                              									dieses Metall z. B. durch Eisenvitriol gefällt wird. — Im Essenofen
                              									geschmolzen gaben beide Sätze (unter den weiter unten noch zu erörternden
                              									Vorsichtsmaßregeln) dagegen rubinroth anlaufende Gläser. Die Schmelzungen bei
                              									niederer Temperatur im Windofen hatten einigen Verdacht hinterlassen, als sey das
                              									Ergebniß die Folge von zufällig in den Tiegel und seinen Inhalt gerathenen Theilen
                              									von Holzkohle. Goldrubin aus dem Satz von Kohn wie oben
                              									erhalten, zerkleinert, mit Holzkohlenpulver gemischt und einer abermaligen
                              									Schmelzung von 1½ Stunden im Essenofen unterworfen, zerstreute diesen
                              									Verdacht vollkommen, denn das Glas erschien mit unveränderten Eigenschaften, leicht
                              									und fchön rubinroth anlaufend. Die vorliegenden Beoachtungen weisen entschieden
                              									darauf hin, daß eine hohe Schmelztemperatur, welche der Temperatur des schmelzenden
                              									Roheisens naheliegt oder sie noch um Einiges übertrifft, zu den Grundbedingungen der
                              									Entstehung von Goldrubin, von rothanlaufendem Goldglas gehört. Noch bestimmter thun
                              									dieß folgende, in rückläufigem Sinne angestellte Versuche.
                           Im Essenofen gewonnener, wohl anlaufender Goldrubin aus Satz von Kohn, nach dem Ausgießen im Windofen bei absichtlich
                              									möglichst niedrig gehaltener Temperatur umgeschmolzen, verwandelte sich in leberiges
                              									Glas. Gerade so verhielt sich eine andere ProbeDie zuerst erwähnte Probe war vor dem Anlaufen theils farblos, theils
                                    											braungelb; die andere nur braungelb und zwar ziemlich tief. Von diesen
                                    											Färbungen vor dem Anlaufen wird weiter unten die Rede seyn. etwas
                              									abweichender Beschaffenheit aus demselben Satz. Der bereits erwähnte, in der Farbe
                              									ungemein reiche Goldrubin aus bloßem Bleisilicat (Nr. XI) ging beim Umschmelzen im Windofen ebenfalls durch, wie man in der
                              									Hüttensprache sagt, wurde nicht bloß leberig, sondern zeigte auch viele Kügelchen
                              									von zusammengeschmolzenem Gold. Als man umgekehrt leberiges Glas (120 Grm. aus Satz
                              									von Kohn) einfach im Essenosen 1½ Stunden lang
                              									umschmolz und ausgoß, hatte sich dasselbe in einen vortrefflich anlaufenden
                              									farblosen Goldrubin verwandelt.
                           Obwohl hohe Schmelztemperatur im Allgemeinen die Eigenschaft des Goldglases roth
                              									anzulaufen (unter Voraussetzung der richtigen weiteren Behandlung) gewährleistet, so
                              									konnte man sich doch nicht verläugnen, daß die verschiedenen Schmelzproben innerhalb
                              									dieser Eigenschaft gewisse Schwankungen und Abweichung in der Beschaffenheit vor dem
                              									Anlaufen und in der Art dieser Farbenwandlung zeigten. Diese Erscheinungen  wiesen darauf hin, daß
                              									neben der Höhe der Temperatur noch Anderes mitspreche, namentlich und zunächst die
                              									Dauer ihrer Einwirkung. Zu dem Ende empfahl es sich, während fortgesetzter
                              									Schmelzung in kürzeren Zeitabschnitten Proben aus dem Tiegel zu nehmen und auf die
                              									fortschreitende Entwickelung des Goldrubins zu prüfen. Die Schmelzung war 320 Grm.
                              									Satz von Kohn mit 0,03 Grm. Gold im Essenofen. Eine halbe
                              									Stunde nach dem Einsetzen befand sich das Glas im vollen dünnen Fluß. Die erste in
                              									diesem Zeitpunkt gezogene Probe zeigte unter der zum Anlaufenlassen üblichen
                              									Behandlung nur eine sehr schwache Röthung; bei der zweiten, eine Viertelstunde
                              									später gezogenen Probe hatte die Farbe schon wesentlich zugenommen und war bei der
                              									dritten Probe erst auf der Stärke angekommen, welche dem Goldrubin entspricht. Die
                              									bloße Schmelzung bei hoher Temperatur ist mithin unzureichend, Glas und Gold müssen
                              									bei dem entsprechenden Hitzegrad geraume Zeit aufeinander wirken. Aus diesem Grunde
                              									ist bei den mitgetheilten Versuchen stets die 1½ stündige Schmelzdauer als
                              									Minimum eingehalten; aus diesem Grunde ist die Schmelztemperatur des zu färbenden
                              									Glases an sich durchaus kein Anhaltspunkt, leichtflüssige Gläser bedürfen hoher
                              									Hitzegrade ebenso bestimmt als strengflüssigere Gläser.
                           Einfluß der Glasgalle.
                           Eine aus obigen Erfahrungen gezogene Anweisung zum Schmelzen des Rubinglases würde
                              									folgendermaßen lauten: hochbleihaltiger Satz; möglichste Vertheilung des Goldes in
                              									dem Satz durch methodisches Zusammenreiben von verdünnter Lösung des Chlorides; sehr
                              									hohe Schmelztemperatur (Weißgluth); mindestens stundenlange Dauer ihrer Einwirkung.
                              									Man mußte indessen bei der wiederholten Anwendung dieser Anweisung die unliebsame
                              									Erfahrung machen, daß sie in einzelnen Fällen die Bildung von Goldrubin nicht
                              									gewährleistet. So gab eine Schmelzung aus Kohn's Satz ein
                              									farbloses Glas in welchem keinerlei Anlauffarbe hervrzubringen war; es verhielt sich
                              									vollkommen wie goldfreies Glas. Beim Zerschlagen des erkalteten Flusses fand sich
                              									das Gold in Körnern abgeschieden am Boden des Tiegels, ohne daß man vorerst einen
                              									Grund dieser Erscheinung zu entdecken vermochte. Eine genaue Vergleichung der
                              									gelungenen Schmelzproducte mit diesem mißlungenen ergab einen einzigen Unterschied:
                              									auf dem Glas des mißlungenen Productes befand sich eine gewisse Menge Galle
                              									ausgeschieden. Nach dem Zerstoßen und Auslaugen des Glases, also Entfernung der
                              									Galle, gab es mit neuem Goldzusatz geschmolzen sofort Rubinglas. Aber auch
                              									umgekehrt: 100 Grm. Rubinglas mit 12 Grm. einer Mischung von schwefelsaurem Kali und
                              										 Chlorkalium
                              									(gleichsam als künstlicher Galle) geschmolzen, ließ das Gold in Kügelchen fallen und
                              									verwandelte sich in gewöhnliches Glas, als ob es gar nicht mit Gold versetzt sey.
                              									Dieß erfolgte so in zwei verschiedenen Versuchen; bei einem dritten, wo die
                              									Temperatur besonders hoch, der Zug des Ofens kräftig war, jedoch nicht, vermuthlich
                              									weil die Galle dann „ausgeschört“ wurde. Zu den genannten
                              									Bedingungen gelungener Schmelzung gehört mithin noch die Abwesenheit von Galle in
                              									der Zeit wo das goldhaltige Glas sich bildet.
                           Einfluß der Abkühlung.
                           Die Bildung des goldhaltigen Glases ist natürlich die Voraussetzung der Erzeugung von
                              									Goldrubin (d. h. eines Glases welches die Fähigkeit besitzt, roth anzulaufen); aber
                              									mit dem kunstgerechten Schmelzen ist die Herstellung von Goldrubin noch keineswegs
                              									geschlossen oder gesichert. Wie bei dem Schmelzen die Steigerung der Temperatur und
                              									ihre Dauer so ist nach dem Schmelzen die Abnahme derselben und die besondere Art wie
                              									sie stattfindet, also die Abkühlung vom größten Einfluß oder entscheidend über die
                              									Beschaffenheit des Productes. Sehr verschiedenartige Erscheinungen können dabei
                              									Platz greifen, wie folgende Beobachtungen näher erweisen.
                           Man ließ eine Probe Satz nach Kohn, 151 Grm. Gold mit 0,01
                              									Grm. versetzt und im Essenofen nach den gewonnenen Regeln und sogar fünf Stunden
                              									lang geschmolzen, in dem festgeschlossenen Ofen unberührt stehen und erkalten. Das
                              									erkaltete Glas erschien nach dem Zerschlagen des Tiegels in seiner ganzen Masse
                              									getrübt, undurchsichtig, schwarzgrau von Farbe. Nur an dem Rande des Tiegels gegen
                              									die Oberfläche hin fand sich eine schwache Schichte farblosen und grünlichen
                              									durchsichtigen Glases. Das schwarzgraue Glas vor der Lampe erweicht, lief in keiner
                              									Weise roth an, sondern erschien in dünne Fäden ausgezogen schmutzig grün, trüblich.
                              									Eine Wiederholung dieses Versuches mit 320 Grm. Satz nach Kohn mit 0,03 Grm. Gold, bei gleicher Schmelzzeit und über Nacht mit dem
                              									Ofen abkühlen gelassen, hatte genau denselben Erfolg, nur war die Farbe des Glases
                              									etwas dunkler. Die Vermuthung, daß der trübende schwärzliche Körper ausgeschiedenes
                              									Gold im Zustande der höchsten Zertheilung sey, wie man es durch Fällung von
                              									Goldlösung mittelst Quecksilberoxydulsalzen (Porzellanvergoldung) erhält, lag nahe.
                              									In diesem Fall mußte das abgeschiedene Gold sich durch Umschmelzen bei geeignetem
                              									Hitzegrade wieder auflösen und bei entsprechender Behandlung wieder Rubinglas geben.
                              									Der Versuch bestätigte die Vermuthung: als man den mit schwarzgrauem Glas
                              									beschickten Tiegel nach 1½ stündigem Schmelzen im Essenofen aus dem  Feuer hob und ausgoß,
                              									so war ein Theil des Glases, namentlich der an der Tiegelwand befindliche, beim
                              									Ausgießen zurückbleibende Theil in ein farbloses hier und da leicht rosa gefärbtes
                              									Glas verwandelt, welches in hohem Grade die Eigenschaft besaß rubinroth anzulaufen.
                              									Der größere Theil des schwarzen Glases war noch unverändert, offenbar in Folge von
                              									etwas schwachem Gang des Feuers und unzureichender Dauer der Schmelzung.
                           Die beschriebenen Erscheinungen beweisen, daß das gebildete Rubinglas durch sehr
                              									langsames Abkühlen im Ofen unter Ausscheidung des Goldes wieder zerstört wird und
                              									seine Eigenschaft roth anzulaufen wieder verliert. Diese Thatsache hat übrigens ihre
                              									volle Geltung nur für Gläser die mit Gold mehr oder weniger gesättigt sind. Gläser
                              									mit viel weniger Gold, als sie aufzunehmen vermögen, zeigen bei gleicher Behandlung
                              									nur die letztere Erscheinung, ohne die erstere; sie laufen nicht an, scheiden aber
                              									auch kein Gold ab. Eine Schmelzung von 121 Grm. Satz nach Kohn mit 0,024 Grm. (also 1 Fünfzigtausendtel) Gold im Feuer erkaltet, gab
                              									ein ungetrübtes, durchsichtiges, in gewissen Regionen farbloses, in anderen
                              									dunkelbraunes Glas, welches nicht anlief. Derselbe Satz nach Kohn, mit etwas feingeriebenem Rubinglas von Theresienthal gemischt, gab
                              									bei gleicher Behandlung ein völlig farbloses, beim Erhitzen vor der Lampe nicht roth
                              									anlaufendes aber vorübergehend gelbgrün aufdunkelndes Glas. Diese letztere
                              									Farbenwandlung hat mit dem Goldgehalt nichts zu schaffen, sie ist eine Eigenschaft
                              									der hochbleihaltigen Gläser für sich, auch ohne Zusatz von Gold. Diese Thatsachen
                              									zusammengefaßt erweisen, daß man mit zweierlei Erscheinungen zu thun hat, die sich
                              									nebeneinander bethätigen: Abscheidung von einem Theil des Goldes als Niederschlag;
                              									dann das Unwirksamwerden des im Glase zurückgebliebenen Theiles des Goldes. Das
                              									langsam erkaltende Glas verliert allmählich an Fähigkeit, das in der Weißgluth
                              									aufgenommene Gold zu halten; in einem gewissen Zeitpunkt fängt das Gold an sich
                              									abzuscheiden und zwar in einem Zeitpunkt wo die herrschende Temperatur nicht mehr
                              									zureicht das Gold in einer dichteren Form zu fällen (brauner Niederschlag), dasselbe
                              									mithin gezwungen ist im Zustand äußerster Zertheilung (schwarzer Niederschlag) zu
                              									verharren. Daß endlich mit beginnender Erstarrung noch ein kleiner Antheil Gold in
                              									dem Glase unausgeschieden verbleibt, aber zum Anlaufen in Rubin nicht fähig ist,
                              									beweisen die sehr goldarmen Gläser bei denen nicht mehr Gold vorhanden ist, als das
                              									Glas zuletzt noch zu halten vermag, so daß gar keine Ausscheidung von Gold in
                              									Gestalt von Niederschlag erfolgt.
                           Wie die goldarmen Gläser einerseits, so werfen andererseits die am  stärksten zur Aufnahme des
                              									Goldes befähigten Gläser helle Schlaglichter auf die in Rede stehenden
                              									Erscheinungen. Es sind dieß die bloßen Bleisilicate. Man schmolz 322 Grm.
                              									Bleisilicat (Satz Nr. XII) mit 0,03 Grm. Gold im
                              									Essenofen unter den für Rubinglas günstigsten Bedingungen, ließ nach vollzogener
                              									Schmelzung das Feuer abgehen und zog im Verlauf der Abkühlung fünf Proben
                              									hintereinander in gleichen Zeitabschnitten mit einem Eisenstab aus dem Tiegel, bis
                              									das Glas steif geworden, dicht am Erstarren war. Die erste Probe sofort nach der
                              									Schmelzung (Weißgluth), sowie die zweite, der hohen Rothgluth entsprechende Probe
                              									liefen leicht und schön, als vorzügliches Rubinglas an; die dritte und vierte, den
                              									mittleren Regionen der Rathgluth entsprechend, hatten eine Syrup- oder
                              									Bernsteinfarbe; bei der fünften Probe war das Glas ähnlicher, aber hellerer Farbe,
                              									schon steif. Die dritte bis fünfte Probe dunkelten beim nachträglichen Erhitzen auf,
                              									ohne eigentlich anzulaufen. Ebenso verhielt sich der Rest im Tiegel.Es fanden sich einige vereinzelte kleine Goldkörnchen am Boden des Tiegels,
                                    											die sich offenbar schon beim Schmelzen des Glases abgeschieden
                                    										hatten. Das Glas war weder leberig noch schwarz geworden, sondern
                              									durchsichtig geblieben. Derselbe Satz Nr. XII mit 1
                              									Tausendtel Gold geschmolzen und dem gleichnamigen Versuch unterworfen, gab nur ein
                              									roth-madeirafarbiges Glas, welches keinerlei Anlauferscheinungen zeigte.
                              									Offenbar ist die große Fähigkeit des bloßen Bleisilicates Gold aufzunehmen, im
                              									Zeitpunkt der Erstarrung noch so wenig erschöpft und groß genug um das Gold vor der
                              									Ausscheidung zu bewahren; alles Gold ist im Glas geblieben, aber in einem Zustand,
                              									in welchem es die Wandlung der Farbe bei dem Anlaufen mangelhaft oder nicht mehr
                              									bewirkt.
                           Dieselben goldhaltigen und kunstgerecht geschmolzenen Gläser, welche bei sehr
                              									langsamer Abkühlung theils schwarz wurden, theils nicht, aber sämmtlich nicht mehr
                              									anliefen, zeigten sehr verschiedene Eigenschaften bei beschleunigter Abkühlung.
                              									Schon im Vorhergehenden ist erwähnt, daß schwarzes, bei hoher Temperatur
                              									umgeschmolzenes Glas gut anlaufendes Rubinglas gab, als man den Tiegel, statt ihn in
                              									dem Feuer erkalten zu lassen, vielmehr herausnahm und ausgoß. Sowohl die an der
                              									Tiegelwand haften gebliebene Schichte, als auch das Ausgegossene besaßen die
                              									Fähigkeit anzulaufen. Ebenso verhielt es sich mit einer großen Zahl theils schon
                              									erwähnter, theils noch zu erwähnender Proben von Goldglas, die nach dem Schmelzen
                              									auf eine kalte Eisen-, Thon- oder Schieferplatte ausgegossen wurden.
                              									So oft angegeben ist, daß die Schmelzproducte anliefen und Rubinglas lieferten, so
                              									oft ist diese Behandlung —  rasches Herausnehmen aus dem Feuer und Ausgießen z. B.
                              									auf eine Platte — vorausgegangen; diese oder eine ähnliche Behandlung. Denn
                              									noch plötzlichere Abkühlung, eben so häufig versucht, ist noch wirksamer, so Umgeben
                              									des aus dem Feuer genommenen Tiegels mit nassen Tüchern, namentlich aber
                              										„Schrengen“ des gewonnenen Glases, d. i. Ausgießen in viel
                              									kaltes Wasser. In den meisten und schon in den ältesten Vorschriften zu Rubinglas
                              									spielt dieses Schrengen eine Rolle. Zuweilen läßt man das Glas wiederholt schrengen,
                              									umschmelzen und wieder schrengen. Um zu erfahren, ob und welchen Einfluß die
                              									schroffere und die weniger schroffe Abkühlung äußere, schmolz man 320 Grm. Satz nach
                              										Kohn (Nr. 1) mit 0,022 Grm. Gold im strengsten Feuer
                              									und ließ beim Ausgießen des Goldglases einen Theil in Quecksilber, einen Theil in
                              									kaltes Wasser, einen Theil auf eine heiße und den Rest auf eine kalte Eisenplatte
                              									fließen. Die verschiedenen so erhaltenen Proben desselben Glases zeigten nach dem
                              									Erkalten ungleiches Ansehen (worüber weiter unten Näheres) und abweichendes
                              									Verhalten.
                           Die Probe aus Quecksilber lief am leichtesten, die aus Wasser leicht, beide sehr
                              									schön an, die beiden Proben auf der Eisenplatte nicht so leicht und weniger schön
                              									an. — Eigenthümlich zum Theil und interessant ist auch in Bezug auf die
                              									Abkühlung das bloße Bleisilicat. Man schmolz zwei Proben von Satz Nr. XII jede 322 Grm. im Gewicht, die eine mit 0,03 die
                              									andere mit 0,3 Grm., also der zehnfachen Menge Gold, jede 1½ Stunden im
                              									strengen Feuer des Essenofens und goß das Glas in kaltes Wasser. Das Glas mit dem
                              									niederen Goldgehalt, von topasgelber Farbe, lief bis zum Erweichen erhitzt leicht
                              									und mit reichem Ton rubinroth an; auf die andere Probe mit dem zehnfachen Goldgehalt
                              									hatte die rasche Abkühlung eine so starke Wirkung, daß es sofort beim Eingießen in
                              									Wasser eine tief weinrothe Farbe annahm.
                           Im Allgemeinen, namentlich bei dem Blei-Alkali-Glas ist plötzliche
                              									Abkühlung, also mehr oder weniger rascher Uebergang vom flüssigen in den festen
                              									Aggregatzustand, wenn nicht Bedingung doch bedeutendes Förderungsmittel zu leichtem
                              									Anlaufen und schöner Farbe des Goldrubins.
                           Farben des goldhaltigen Glases und ihre
                                 										Wandlungen.
                           Die Farbenwandlung des goldhaltigen Glases beim Anlaufen ist die für die Praxis
                              									wichtigste und maaßgebende Eigenschaft; die Bedingungen unter denen sie auftritt,
                              									abgeändert oder aufgehoben wird, waren bis dahin der einzige Zielpunkt der hier
                              									mitgetheilten Untersuchung. Schon in den obigen Mittheilungen sind indessen
                              									gelegentlich und mehrfach Andeutungen von noch anderen Phasen und Wandlungen des
                              									goldhaltigen  Glases
                              									unterlaufen. In der That sind diese sehr mannichfaltig und sehr beweglicher Natur.
                              									Die Vollständigkeit des Gesammtbildes erfordert eine eingehendere Besprechung.
                           Vor allen Dingen sind zwei Hauptformen des goldhaltigen Glases zu unterscheiden: 1)
                              									das Glas worin sich das Gold in Gestalt eines Niederschlages abgeschieden findet,
                              									das durchgegangene Goldglas; 2) das Glas worin das Gold wirklich in die Masse
                              									eingegangen ist, das nicht durchgegangene.
                           Die Gläser mit abgeschiedenem Gold sind wieder wesentlich zweierlei: solche die das
                              									Gold als schwarzen Niederschlag, und solche die es als braunen Niederschlag
                              									enthalten, die leberigen Goldgläser. Die leberigen Gläser welche in Folge von
                              									Schmelzen oder Umschmelzen bei zu niedriger Temperatur entstanden sind, erscheinen
                              									im auffallenden Licht leberbraun getrübt, im durchfallenden Licht (noch bei einigen
                              									Millimetern Dicke) ausgezeichnet schön himmelblau. Mitunter, namentlich wenn das
                              									ausgeschiedene Gold zu dünn im Glase vertheilt ist, kommt dieses Himmelblau nicht
                              									zum Vorschein. Das leberige Goldglas, obwohl im auffallenden Lichte von gleichem
                              									Ansehen wie das vorige, erscheint alsdann im durchfallenden Lichte aber nur
                              									schmutzig rothgelb.
                           Was die nicht durchgegangenen Goldgläser anbelangt, welche das Gold als homogenen
                              									Bestandtheil aufgenommen enthalten, so ist deren Beschaffenheit, an sich und
                              									abgesehen vom Anlaufe, noch viel wechselnder. Sie wechselt innerhalb ein und
                              									desselben Glases, sie wechselt je nach seinem chemischen Bestand und je nach der
                              									Behandlung des Glases beim Abkühlen.
                           Bleifreie Gläser mit Kalk, Baryt, Strontian und Alkalien geschmolzen, welche nur
                              									äußerst wenig Gold aufnehmen, wie oben gezeigt worden, erscheinen unter allen
                              									Umständen vor dem Anlaufen als gewöhnliches weißes farbloses oder fast farbloses
                              									Glas. Nicht so die bleihaltigen Gläser, welche wieder etwas abweichendes Verhalten
                              									zeigen, je nachdem sie Bleioxyd allein, oder zugleich ein Alkali enthalten. Schmilzt
                              									man z. B. den Satz nach Kohn (Nr. I) mit 1 Zehnö- bis 1 Fünfzehntausendtel Gold unter den für die
                              									Erzeugung von Goldrubin erforderlichen Maßregeln und läßt den aus dem Feuer
                              									gehobenen Tiegel mit dem fertigen Glas auf einer Eisenplatte in der Luft oder mit
                              									umgeschlagenen nassen Tüchern erkalten, so findet man den Stand der Dinge nach dem
                              									Zerschlagen wie folgt:
                           Das Glas ist nie von homogener Farbe, es zeigt vielmehr regelmäßig drei, zuweilen
                              									vier verschiedene Zustände. Die oberste Schichte ist weißes farbloses Glas, dann
                              									folgt Glas von grünlicher Farbe, dann  solches von der Farbe des gebrannten Zuckers. Das
                              									letztere geht oft, aber nicht immer, gegen den Boden des Tiegels in's Leberige über.
                              									Dieses leberige Glas ist nicht blau im durchscheinenden Lichte. Das weiße Glas der
                              									Oberfläche zeigt die Erscheinung des Anlaufens nicht, dagegen alle folgenden
                              									einschließlich des leberigen Glases.Das leberige Glas, blau im durchfallenden Licht, läuft in der Regel nicht
                                    											roth an. Bei noch rascherer Abkühlung des Tiegels sind die
                              									Erscheinungen im Wesentlichen dieselben, nur fällt dann das Glas gegen den Boden hin
                              									nicht leberig, auch nicht wie gebrannter Zucker aus, sondern matt röthlich zwischen
                              									Zwiebelroth und der Farbe des mit Wasser verdünnten Rothweines. Diese Modificationen
                              									verlaufen im Allgemeinen unter zunehmender Verdunkelung von oben nach dem Boden des
                              									Tiegels, doch ist das farblose und das gefärbte Glas meist in auffallender Weise
                              									scharf mit den Sprüngen und Rissen abgegrenzt, welche bei der Abkühlung entstehen.
                              									Die Erscheinung, daß die Eigenschaft des Anlaufens nicht bis in die oberste Schicht
                              									des Glases reicht, scheint darauf hinzuweisen, daß das Gold anfangs zu Boden sinkt
                              									und von da allmählich in das Glas aufgenommen wird, aber die Oberfläche nicht
                              									erreicht. Als man 75 Grm. Satz nach Kohn mit 2 Grm. des
                              									mehr erwähnten trefflichen farblosen Rubinglases von Theresienthal zerrieben
                              									zusammenschmolz, war das Ergebniß dasselbe, unten röthliches Glas, oben weißes nicht
                              									anlaufendes Glas. Hierbei war das Gold von vornherein schon im Glase enthalten.
                              									Entweder hat sich das Gold in diesem Falle bei dem Beginn des Schmelzens
                              									niedergeschlagen und später von unten nach oben wieder aufgelöst, oder man muß
                              									annehmen daß sich das Gold in dem ruhig fließenden Glase zu senken vermag, was
                              									weniger wahrscheinlich ist. Die Ursache dieser Verschiedenheit bei Gläsern ein und
                              									derselben Schmelzung liegt zunächst darin, daß während des Schmelzens nicht
                              									umgerührt worden ist. Der Tiegel muß nämlich, um die rechte Hitze im Essenofen zu
                              									erreichen, ganz und gar in die Kohks eingebettet stehen und da unter diesen
                              									Umständen der Deckel regelmäßig festschmilzt, so ist das Glas für Rührwerkzeuge
                              									nicht zugänglich. Eine andere Ursache ist die ungleiche Abkühlung, welche natürlich
                              									oben viel rascher seyn muß als in der Region des dicken Bodens und der
                              									beträchtlicheren Wandstärke. Darauf weisen die Erscheinungen beim Ausgießen des
                              									Glases sehr deutlich hin, wobei natürlich der Einfluß der Abkühlung ungleich mehr
                              									hervortritt. Beim Ausgießen ist das vom ausfließenden Glas an der Tiegelwand haften
                              									bleibende und eine dünne Schichte bildende Glas in der Regel weiß und stark
                              									anlaufend, das am Boden des  Tiegels zurückbleibende von der Farbe des gebrannten
                              									Zuckers. Das ausgelaufene Glas ist, wo es am raschesten gesteht — in Wasser,
                              									oder in sehr dünnem Strahl auf eine Platte gegossen als strohhalmdicke Fäden
                              									— sehr oft ganz und gar farblos, häufiger gelb mit einem Stich in Grün, also
                              									topasfarbig, in beiden Modificationen stark und gut anlaufend; wo das ausfließende
                              									Glas dicker läuft, stärkere Streifen oder Massen bildet, erscheint es dem oben
                              									beschriebenen Glase von der Farbe des gebrannten Zuckers ähnlich, genauer gesagt von
                              									Madeirafarbe; auch diese Art läuft noch gut, wenn auch nicht ganz wie das
                              									topasfarbige oder weiße an. Am gewöhnlichsten stellen die stärkeren Partien des
                              									ausgegossenen Glases unter einander gezogene Bänder von weißem oder topasfarbigem
                              									mit madeirafarbigem Glase dar, dann immer sehr gut anlaufend. Bei dem weiter oben
                              									beschriebenen Versuch, wo man Goldrubinglas aus demselben Tiegel in Quecksilber, in
                              									Wasser und auf Eisenplatten goß, zeigten sich ebenso viele Farben des Glases: das
                              									vom Ausfließen an der Tiegelwand haftende war farblos, das in Quecksilber und Wasser
                              									geschrengte topasfarbig, das auf der Platte madeirafarbig; die hellen Gläser liefen
                              									stärker und besser an, als die dunklen. Setzt man neben die Platte ein Gefäß mit
                              									Wasser und fährt beim Ausgießen in einem Zug über beide hinweg, so daß ein Theil
                              									desselben Glases als dicker Faden auf die Platte, ein anderer in's Wasser fällt, so
                              									sind beide Theile verschieden in Farbe, der erstere gelb bis madeira-, der
                              									letztere weiß oder topasfarbig. Daß das auf eine Platte ausgegossene Glas durchweg
                              									rein weiß ausfällt, ist ebenfalls, aber nur ausnahmsweise vorgekommen. Am stärksten
                              									entwickelten die mit Borax versetzten Bleigläser die Madeirafarbe. Sie wurde zwar
                              									beim Herausnehmen von Proben mit dem Bindeisen aus halberkalteten Tiegeln, niemals
                              									aber beim Probenehmen aus in voller Gluth stehendem Tiegel beobachtet; das Glas am
                              									Hefteisen erschien farblos oder topasfarbig.
                           Bei den alkalifreien Bleigläsern (Satz Nr. XII) sind
                              									diese Erscheinungen, wie alle Charaktere des Goldglases, viel stärker ausgesprochen,
                              									auch nach einigen Seiten abweichend. Mit 1 Zehntausendtel Gold war ein
                              									alkalihaltiges Bleiglas in Wasser gegossen topasfarbig, auf die Platte gegossen
                              									madeirafarbig. Bleisilicat mit 1 Tausendtel Gold in Wasser gegossen, erschien tief
                              									granatroth, in Masse gesehen sehr gedecktem Rothwein ähnlich; auf die Platte
                              									gegossen leberig, auf dem Bruch mehr roth, etwas streifig, achatähnlich, im
                              									durchgehenden Licht gesehen kaum blau. Beide Arten laufen an; das bereits
                              									granatrothe wird beim Erweichen sichtlich dunkler, zur höchsten Sättigung des
                              									Rubinroth gelangend. — Als man zu Goldrubin mit 1 Zehntausendtel Gold
                              									geschmolzenes Bleisilicat  im Feuer erkalten ließ und von Zeit zu Zeit Proben nahm, so liefen nur die ersten
                              									Proben gut an, die der unteren Rothgluth entsprechenden mangelhaft, wie bereits
                              									angegeben. Dasselbe Bleisilicat mit 1 Tausendtel Gold geschmolzen, gab beim
                              									Probeziehen in derselben Weise und auf die Temperatur erkaltet, wo sich zwischen
                              									Hefteisen und Tiegel ein mehr als bleistiftdicker Faden spann, ein durchsichtiges,
                              									nicht getrübtes Glas von besonderer Farbe, ziemlich dunkel Madeira, aber mit sehr
                              									merklicher Beimischung von Roth. Beim Erhitzen vor der Lampe lief es nicht weiter
                              									an. Ein Theil dieses Glases im Essenofen bei strengem Feuer umgeschmolzen und heiß
                              									ausgegossen, erschien auf der Platte von der Farbe des hellen Gerstenzuckers, in
                              									Wasser geschrengt topasfarbig. Weder das eine noch das andere liefen rubinroth
                              									an.
                           Die in obigen Versuchen dargelegte verwirrende Wandelbarkeit des goldhaltigen Glases
                              									lichtet sich einigermaßen, wenn man von den beiden folgenden Thatsachen ausgeht:
                              									Beim Schmelzen wird das zugesetzte Gold nur ausnahmsweise vollständig aufgenommen,
                              									in der Regel findet sich ein Theil in kleinen glänzend gelben Körnchen am Boden des
                              									Tiegels, auch bei anscheinend ganz gleicher Behandlung; der Goldgehalt des Glases
                              									ist daher stets unsicher und schwankend. Ebenso unsicher ist aber auch die Raschheit
                              									der Abkühlung; wie geschickt man auch arbeiten und wie viel Mühe man sich auch geben
                              									mag, das einemal wird das Glas etwas heißer, das anderemal weniger heiß, das einemal
                              									schneller, das anderemal langsamer auf die Platte oder in's Wasser gelangen. Gehalt
                              									des Glases an Gold und rasche Abkühlung sind, wie über jeden Zweifel feststeht, die
                              									am meisten entscheidenden Momente für das Verhalten des Glases, und ist das
                              									goldhaltige Glas in hohem Grad empfindlich für geringe Aenderungen in der einen und
                              									in der anderen Richtung. Indem bei den Versuchen jene Momente sich unvermeidlich
                              									ändern und ihre Einflüsse fortwährend sich kreuzen, erfolgen die mannichfachen
                              									Wandlungen welche man beobachtet.
                           Das Anlaufen.
                           Aehnliche Einflüsse erstrecken sich auch auf den Vorgang des Anlaufens selbst und
                              									machen sich als Phasen desselben geltend. In der That findet es nicht immer in
                              									gleicher Weise und unter ganz gleichen Bedingungen statt. Unter Anlaufen versteht
                              									man die Entwickelung der rothen, in dem zunächst durch Schmelzen gewonnenen Glase
                              									nicht vorhandenen Rubinfarbe, durch nachträgliches Erhitzen auf mäßige Temperatur.
                              									Bei dem gewöhnlich zu Goldrubin verarbeiteten Glase, wie bei dem aus Satz (Nr. I) nach Kohn, zeigt sich die
                              									Rubinfarbe nur sehr 
                              									ausnahmsweise schon unmittelbar nach dem Erkalten des geschmolzenen Glases, und dann
                              									nur an einzelnen Stellen oder Regionen der Glasmasse. Die weitaus herrschende Regel
                              									ist, daß das goldhaltige Glas, nach dem Schmelzen und Erstarren farblos, topasgelb,
                              									auch wohl von der Farbe des Madeira oder gebrannten Zuckers, erst des Anlaufens zur
                              									Entwickelung der rothen Farbe bedarf. Diese Entwickelung beginnt bei gutem Rubinglas
                              									schon in den ersten Stadien der Rothgluth, bei einer Temperatur wobei die
                              									schneidenden Kanten sich eben etwas abrunden, das Glas noch nicht bis zum Biegen und
                              									Ausziehen erweicht ist. Bei anderen Rubingläsern muß man die Erhitzung bis zu dem
                              									Grade treiben daß sie anfangen Tropfen zu ziehen. In vielen Fällen geht die Wandlung
                              									der Farbe in Roth sehr rasch, in wenigen Augenblicken, in anderen Fällen langsam und
                              									mitunter so schwierig vor sich, daß man das Glas mehrmals hintereinander vor der
                              									Lampe ausziehen und wieder zusammenschmelzen muß. Endlich fällt auch die Farbe
                              									selbst verschieden aus in verschiedenen goldhaltigen Gläsern: einige nehmen dunkle,
                              									andere helle Töne an; einige mehr Roth, namentlich schönes Rubin- und
                              									Granatroth, andere einen mehr blauen Ton an. Vergleicht man dieses verschiedene
                              									Verhalten der goldhaltigen Gläser mit ihren übrigen Eigenschaften, so gelangt man zu
                              									der im Allgemeinen feststehenden Folgerung: je mehr Gold das Glas beim Schmelzen
                              									aufgenommen und assimilirt hat, um so leichter, um so rascher und mit um so tieferer
                              									Farbe läuft es an. Auf der äußersten Linie nach der einen Seite stehen die
                              									bleifreien Kalk-(Strontian-, Baryt-) Alkaligläser, welche nur
                              									nach fortgesetztem Erhitzen sehr schwer rosaroth anlaufen. Zollstarke Zapfen von
                              									Theresienthaler Goldrubin liefen vor der Gebläselampe ungleich rascher an, als ein
                              									kirschkerngroßes Stück dieser bleifreien Goldgläser. Auf der äußersten Linie nach
                              									der anderen Seite stehen die Bleisilicate ohne Alkali (Satz Nr. XII) mit 1 pro mille Gold,
                              									welche ohne Anlaufen gleich beim Schrengen in Wasser eine ausgezeichnet satte
                              									Rubinfarbe annehmen; aber auch diese laufen beim zweiten Erhitzen noch dunkler an.
                              									Neben dem größeren oder geringeren Goldgehalt ist die raschere oder langsamere
                              									Abkühlung noch ein bedingendes Moment; dasselbe Goldglas läuft rascher und besser
                              									an, je schroffer es abgekühlt ist, d. h. je größer der Temperaturintervall von der
                              									Schmelzhitze bis zum Erstarren und in je kürzerer Zeit dieser Intervall durchlaufen
                              									wird. Madeirafarbiges Glas läuft unter Umständen gar nicht, unter Umständen nur so
                              									weit an, daß es aufdunkelt und einen mehr oder weniger in's Rothe gehenden Ton
                              									annimmt, zuweilen kaum anders als das weiße oder topasfarbige Goldglas. Dieses
                              									letztere und das madeirafarbige Goldglas sind zwei Formen entgegengesetzter Natur,
                              										 die aber doch
                              									nebeneinander in demselben Glase vorkommen können und sehr gewöhnlich vorkommen. Je
                              									heller das madeirafarbige Glas, um so leichter und besser läuft es an und umgekehrt,
                              									d. h. das madeirafarbige Glas läuft an sich gar nicht an, je heller seine Farbe um
                              									so weniger ist davon und um so mehr von der anderen Gattung vorhanden, die zu
                              									Goldrubin anläuft. Gerade so verhält es sich mit dem leberigen Glase von blauer
                              									Farbe im durchfallenden Lichte; zuweilen ist es unvollständig durchgegangen und
                              									enthält noch einen Antheil unzersetztes anlaufendes Goldglas; in diesem Falle mischt
                              									sich das Rubinroth vom Anlaufen mit dem Blau des leberigen Theiles zu einer oft
                              									prachtvollen Farbe, ganz wie dort das Rubinroth mit dem vorhandenen Madeira zu einer
                              									unansehnlichen Mischfarbe.
                           Bleisilicat mit 1 Zehntausendtel Gold geschmolzen und im Feuer belassen bis das Glas
                              									nicht mehr gut floß und steif wurde, verhielt sich eigenthümlich. Mit dem Hefteisen
                              									in diesem Zeitpunkt herausgenommene Proben erschienen, wie schon oben angegeben,
                              									dunkel und schmutzig bernsteingelb, liefen aber beim Wiedererhitzen nicht zu
                              									rubinrothem Glase an, sondern dunkelten nur stark zu madeirafarbigem Glas auf.
                              									Bleisilicat mit 1 pro mille Gold, ebenso erkaltet wie
                              									jenes, hatte in den nach theilweiser Abkühlung aus dem Tiegel gezogenen Proben eine
                              									Art Madeirafarbe mit viel Roth angenommen. Bei hoher Temperatur umgeschmolzen und in
                              									Wasser gegossen, verwandelte sich die Farbe in Topasgelb; beim nachträglichen
                              									Erhitzen fand ein starkes Anlaufen mit starkem bleibendem Nachdunkeln statt, aber
                              									die Anlauffarbe ist nicht Rubin, sondern diejenige welche das Glas vor dem
                              									Umschmelzen besaß; statt in Wasser auf eine Platte gegossen, nahm das Glas nur eine
                              									helle Gerstenzuckerfarbe an, zeigte aber das ganz gleiche Anlaufen.
                           In der für die Allotropie und die Physik der Atome so interessanten Erscheinung des
                              									Anlaufens ist eine merkwürdige, anscheinend paradoxe Thatsache enthalten. Der
                              									Goldrubin erscheint nach dem Schmelzen topasgelb oder farblos; erst wenn er in
                              									diesem Zustand zum zweitenmal und zum beginnenden Erweichen erhitzt wird, entwickelt
                              									sich die rothe Farbe. Nun muß das Rubinglas aber beim Abkühlen und Erstarren doch
                              									nothwendig durch jenen dem Anlaufen entsprechenden Temperaturgrad hindurchgehen;
                              									dabei erfolgt aber durchaus keine Wandlung in Roth. Das goldhaltige Glas erleidet
                              									die Farbenwandlung in Rubin bei einer bestimmten Temperatur, aber lediglich wenn
                              									diese Temperatur in der Richtung von der Kälte nach der Glühhitze, also beim
                              									Erhitzen, nicht aber wenn sie in umgekehrter Richtung durch Abkühlen nach dem
                              									Schmelzen auftritt. 
                              									Eine und dieselbe Temperatur hat auf ein und denselben Körper unter diesen
                              									Voraussetzungen ganz entgegengesetzte Wirkung.
                           Die Sache folgt indessen sehr natürlich aus den bekannten (bez. im Obigen
                              									festgestellten) Eigenschaften des goldhaltigen Glases. Zunächst hat das goldhaltige
                              									Glas, wie jedes Glas überhaupt, die Eigenschaft durch rasche Abkühlung in derjenigen
                              									Verfassung zu erstarren, die es im geschmolzenen Zustande besaß. Um in eine andere
                              									Verfassung überzugehen, bedarf es unumgänglich eine gewisse Zeit, und wenn ihm diese
                              									Zeit durch den Verlauf der Abkühlung nicht vergönnt ist, so verbleibt es in der
                              									anfänglichen Verfassung. Alles Glas hat z. B. von Natur die Neigung krystallinische
                              									Beschaffenheit anzunehmen; die gewöhnliche Verarbeitung entzieht ihm aber dazu die
                              									Zeit und es ist gezwungen amorph zu bleiben. Ebenso ist das goldhaltige Glas
                              									verschiedener Zustände fähig, welche verschiedenen Färbungen entsprechen, und kann
                              									durch rasche Abkühlung gezwungen werden in statu quo zu
                              									erstarren. Die verschiedenen Zustände in denen das goldhaltige Glas aufzutreten
                              									vermag, sind aber — dieß ist ein weiteres Moment zur Erklärung der fraglichen
                              									Thatsache — Functionen der Temperatur. Jede von den Phasen in welchen das
                              									goldhaltige Glas auftritt, entspricht einem bestimmten Hitzegrad und zwar
                              									thatsächlich nach folgender Reihe:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 201, S. 139
                              Hitzegrad:; Weißgluth:; Rothgluth:
                                 										mäßige.; hohe.; mittlere.; niedere.; Phase des goldhaltigen Glases:; Farblos
                                 										oder topasfarbig.; Madeira- oder melassenfarbig.; Durchgegangen oder
                                 										leberig.; Rubinroth (Anlauffarbe).
                              
                           Ein Blick auf diese Zusammenstellung genügt zur Erklärung der Thatsachen. Die erste
                              									Bedingung zur Erzeugung von Goldrubin ist die Aufnahme einer genügenden Menge Gold,
                              									die Sättigung des Glases mit Gold; diese ist nur bei der Weißgluth möglich. Bei
                              									allmählicher Erkaltung, welche dem so geschmolzenen Glase Zeit läßt in andere
                              									Molecularverfassungen überzugehen, kann es unmöglich diejenige erreichen, welche der
                              									rubinrothen Farbe oder der niedersten Rothgluth entspricht, denn schon der nächst
                              									höhere Temperaturgrad der mittleren Rothgluth ist nicht mehr zureichend, um das Gold
                              									im Glase zu erhalten. Das Gold scheidet sich aus (das Glas geht durch) und indem es
                              									sich ausscheidet geht die Grundbedingung zum Anlaufen verloren. Bei plötzlicher
                              									Abkühlung wird das Gold verhindert sich auszuscheiden, es wird gezwungen im Glase zu
                              									verbleiben. Die rasche Abkühlung ist lediglich ein Kunstgriff, das Gold ohne
                              									Ausscheidung also in einem Zustande in das starre  Glas zu bringen, in welchem es
                              									noch der allotropischen Wandlung fähig ist. Diese Wandlungen müssen nun
                              									selbstverständlich mit derjenigen beginnen, welche der niedrigsten Temperatur
                              									entspricht, also mit der Wandlung im Rubinroth. Geht man weiter, so folgt die
                              									Abscheidung des Goldes, geht man noch weiter, so folgt die Wiederauflösung und
                              									Rückbildung von madeirafarbigem, bezügl. topasgelbem und farblosem Rubinglas.
                              									— Die rothe Modification des goldhaltigen Glases kann unter Umständen auch
                              									direct bei der ihr entsprechenden Temperatur entstehen. Den Beweis liefert die
                              									Vergoldung des Porzellans durch Einbrennen von niedergeschlagenem Golde unter der
                              									Muffel. In der Regel bleiben nach Abnutzung der Goldränder u. s. w. purpurne in der
                              									Glasur sitzende Flecken. Diese Färbung findet demnach bei einer Temperatur statt,
                              									bei der die harte (immer bleifreie, oft auch alkalifreie) Glasur noch nicht
                              									erweicht, eine Temperatur die noch weit unter dem Schmelzpunkt des Goldes liegt.
                           Die hier in Bezug auf das Anlaufen und die damit zusammenhängenden Erscheinungen
                              									aufgestellte Regel gilt zunächst nur für die gewöhnlichen d. h. aus alkalihaltigem
                              									Bleiglas geschmolzenen, mit Gold gesättigten Gläser. Sie findet eine wesentliche
                              									Erweiterung in der Thatsache, daß die einer bestimmten Modification des goldhaltigen
                              									Glases entsprechende Temperatur je nach dem chemischen Bestand des Glases (oder was
                              									damit auf's Innigste zusammenhängt, mit der Menge des in den Bestand des Glases
                              									aufgenommenen Goldes) beträchtliche Abweichungen zeigt. So liegt die der rubinrothen
                              									Modification entsprechende Temperatur bei den bleifreien Gläsern mit alkalischen
                              									Erden bedeutend höher, bei den alkalifreien Bleisilicaten bedeutend tiefer, als bei
                              									dem gewöhnlichen Bleiglas, und wechselt auch bei diesem mit dem Goldgehalt, je nach
                              									der Sättigung oder dem Gegentheil. Namentlich zeigen die alkalifreien Bleisilicate
                              									mit 1 pro mille Gold, wesentliche Verschiedenheiten des
                              									Verhaltens. In der vorstehenden Untersuchung sind diese jedoch, weil ohne
                              									praktisches Interesse, nicht soweit verfolgt um endgültige Schlußfolgerungen
                              									aufstellen zu können.
                           Alles was hier über das goldhaltige Glas mitgetheilt ist, und zwar mit reinen
                              									Materialien, namentlich auch reinem Goldchlorid, bezieht sich nur auf Versuche und
                              									Beobachtungen im Kleinen; leider war es mir nicht vergönnt, dieselben auf die Regeln
                              									und Kunstgriffe der Herstellung des Goldrubins in den Glashütten auszudehnen, da
                              									keine derselben in der weiten hiesigen Umgegend sich damit beschäftigt. Die
                              									Verhältnisse auf den Glashütten sind im Ganzen viel günstiger, namentlich in Bezug
                              									auf hohe und gleichmäßige Temperatur, sowie auf Schmelzdauer, als im  Laboratorium. Im Großen stehen
                              									dagegen keine reinen Materialien zu Gebote. Die Erscheinungen stellen sich daher in
                              									mancher Beziehung and ers dar, als bei den Versuchen und Beobachtungen im
                              									Laboratorium.
                           Constitution des goldhaltigen
                                 									Glases.
                           Ueber die Frage: wie und in welchem Zustand befindet sich das Gold in dem Rubinglase,
                              									ist es nicht gelungen experimentell etwas festzustellen. In dem gewöhnlichen
                              									Rubinglas ist die Menge des Goldes äußerst unbedeutend; die zu diesem Zwecke eigens
                              									herangezogenen alkalifreien Bleisilicate nehmen zwar mehr, aber doch höchstens nur 1
                              										pro mille Gold auf und erfüllten die darangeknüpften
                              									Erwartungen insofern nicht. Eine so kleine Menge Gold, in der tausend- und
                              									zehntausendfachen Menge Glas enthalten, entzieht sich den Mitteln der Untersuchung
                              									viel zu weit, um daraus experimentelle Anhaltspunkte über die Constitution des
                              									Rubinglases und den Zustand des Goldes darin zu liefern.
                           
                        
                           Zusatz zu obiger Abhandlung.
                           Abweichungen zwischen den im Laboratorium zu beobachtenden Erscheinungen und der
                              									Praxis im Großen sind in der That in nicht geringem Maaße vorhanden. Hr. Director
                              										Pohl von Josephinenhütte bei Schreiberau, wohl der
                              									erfahrenste Praktiker im Fache des Goldrubins, hat die große Zuvorkommenheit gehabt,
                              									mir zur Ergänzung seiner bereits citirten Abhandlung nähere Mittheilungen zu machen.
                              									Man schmilzt auf Josephinenhütte mehrere gänzlich verschiedene Gattungen Goldrubin,
                              									nämlich: solchen zu Zapfen behufs des Ueberfangens, dann sogenannte Composition zu
                              									massiven Gegenständen, wie Steine, Knöpfe u. s. w.; endlich den Rubin aus
                              									Weißglassatz.
                           Der letztere Rubin wird aus einem Satz zu gewöhnlichem bleifreien
                              									Kalk-Kali-Glas mit der erforderlichen Menge Gold, wie gewöhnliches
                              									weißes Glas eingelegt und im Glasofen geschmolzen. Er ist heller in Farbe und dient
                              									zu nicht überfangenem Farbenglas. — Der Rubin zu Zapfen ist ebenfalls im
                              									Glasofen im offenen Hafen, neben Krystall und anderen Glassorten, also bei hoher
                              									Temperatur, mit einer Auflösung von gleichen Theilen Gold und Zinn geschmolzen. Der
                              									Satz dazu ist verschieden, je nachdem der Rubin zum Ueberfang von Krystall oder von
                              									matten Gläsern (Alabaster) bestimmt ist. Zu Krystall dient ein Satz mit Borax und
                              									Salpeter, der zwar etwas theurer kommt, aber bei weitem die schönste und
                              									gleichmäßigste Farbe liefert; zu mattem Glas ein Satz aus Mennige und Salpeter.
                              									Nachdem der Satz soweit geschmolzen, daß  er ein rohes Glas voll ungelöster Quarzkörner u. dgl.
                              									bildet, schöpft man dieses aus und schmilzt es mit den gleichnamigen Abfällen der
                              									vorhergehenden Arbeit um, worauf die Zapfen gleich aus dem Hafen gearbeitet werden.
                              									Je nach der dabei herrschenden Temperatur laufen die Zapfen theils sogleich, theils
                              									erst beim Wiedererwärmen an. — Die sogenannte Composition ist ein eigenes
                              									Glas, aus einem weichen bleihaltigen Satz in Töpfen oder Krügen in einem besonderen
                              									(Compositions-) Ofen bei geringer Hitze geschmolzen. Das fertige Glas wird
                              									erkalten gelassen, dann wieder angewärmt und verarbeitet.
                           Das Abschrecken in Wasser (Schrengen) gilt auf Josephinenhütte als vollkommen
                              									überflüsstg für die Entwickelung der Farbe und wird nur zu Nebenzwecken, nämlich zur
                              									bequemeren Verwerthung der Abfälle vorgenommen.
                           Das Uebrige ist in der Pohl'schen Abhandlung bereits
                              									ausführlicher mitgetheilt. — Soviel ist aus dem Vergleich der Praxis im
                              									Großen mit den Versuchen im Kleinen ersichtlich, daß das Goldrubinglas einer
                              									bestimmten Darstellung nicht bloß ein äußerst wandelbarer Körper ist, sondern daß
                              									seine Eigenschaften und Wandlungen auch mit den Bedingungen der Darstellung vielfach
                              									wechseln. Um die Erfahrungen im Großen auf die im Laboratorium gewonnenen
                              									zurückzuführen, müßte man nicht bloß der Beschaffenheit der Materialien Rechnung
                              									tragen, man müßte vor allen Dingen auch feststellen, in welchem Verhältniß die auf
                              									beiden Seiten zur Anwendung gekommenen Temperaturen stehen, anderer bedingender
                              									Umstände, wie die Schmelzdauer, ganz zu geschweigen.
                           Uebersicht der in obiger Abhandlung vorkommenden Glassätze.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 201, S. 142
                              Mennige; Potasche; Soda; Potasche;
                                 										Kalisalpeter; Natrosalpeter;
                              
                           Was die Frage von der Art anbelangt, wie das Gold in dem Rubinglas enthalten seyn
                              									mag, so kann es nicht der Zweck von Untersuchungen  wie die obige seyn, die
                              									Literatur mit neuen „Theorien“ bereichern zu wollen. Für
                              									diejenigen aber, welche sich damit abgeben, oder den Gegenstand nach dieser Seite
                              									weiter bearbeiten, möge folgenden Betrachtungen eine Stelle gegönnt werden, die
                              									vielleicht den Schlüssel zur Lösung der Frage enthalten:
                           In allen bisher gepflogenen Discussionen über diese Frage ist die Aufnahme des Goldes
                              									durch das Glas von der einen Seite ohne weiteres und wie selbstverständlich als ein
                              									chemischer Proceß aufgefaßt, das Gold als in chemischer Verbindung vorhanden
                              									betrachtet worden. Von der anderen Seite lehnt man diese Ansicht entschieden und mit
                              									guten Gründen ab, bleibt aber bei der Negative stehen, ohne eine positive Erklärung
                              									an die Stelle zu setzen. Nur dahin sprach man sich mit Bestimmtheit aus, daß die
                              									Farbenwandlungen des goldhaltigen Glases Aeußerungen der Allotropie des Goldes
                              									seyen. — In der That ist aber alle Wahrscheinlichkeit weitaus dafür, daß man
                              									bei dieser Aufnahme nicht mit einem chemischen, sondern mit einem physikalischen
                              									Vorgang zu thun hat. Die überlieferte Anschauung der Chemiker gestattete keinem
                              									Bestandtheil anders in das Glas einzutreten, als in der Verbindung mit Kieselerde,
                              									als Silicat. Man weiß aber nunmehr, daß manche Körper unverändert in das Glas
                              									eingehen und sich ganz homogen mit dem Glase mischen, auch nach dem Erkalten in
                              									keiner Weise als heterogener Bestandtheil auftreten. So hat Pelouze seiner Zeit nachgewiesen, daß Spiegelglas bis zu 3 Proc.
                              									schwefelsaures Natron enthalten kann, ohne daß man dieß im mindesten äußerlich
                              									wahrnimmt. Läßt man Glas, welches solche Körper aufgenommen, erkalten, so erstarrt
                              									es als Lösung, d. h. die aufgenommenen Körper bleiben ihm homogen beigemengt. Glas
                              									im glühenden Fluß ist ein starkes Lösungsmittel für viele Stoffe, unzweifelhaft
                              									nimmt es Metalle im regulinischen Zustande auf, so das Kupfer, das Silber und das
                              									Gold. Die Anschauung ist daher sehr nahe gelegt, das Gold in dem Rubinglas sey gar
                              									nicht chemisch gebunden, sondern einfach gelöst, die Anschauung mithin daß das
                              									Rubinglas in fester Form lediglich eine erstarrte Lösung von regulinischem Gold in
                              									Glas ist. Das Rubinglas ließe sich demnach füglich mit geschmolzenem Zucker oder mit
                              									Gelatine vergleichen, die mit jeder vorher zugesetzten Farbe ohne Ausscheidung
                              									erstarren.
                           Sollte dasselbe Gold, welches schon bei niederen Hitzegraden seinen Sauerstoff nicht
                              									mehr zu binden vermag, etwa weiterhin Bleioxyd oder Kieselerde reduciren? Oder
                              									sollte es sich durch den Salpeter oxydiren, von dem man doch weiß daß er außerhalb
                              									des Glases keine Wirkung darauf äußert? Ist überhaupt Salpeter als solcher noch
                              									vorhanden zur Zeit der Aufnahme des Goldes durch das Glas? Auch goldhaltiges  Bleiglas schwärzt sich
                              									vor der Flamme des Gasgebläses wie gewöhnliches Bleiglas.Es ist eine auffallende Thatsache, daß das bleihaltige Glas sich ebenso
                                    											sicher und ebenso rasch schwärzt, ob die Beschaffenheit der Flamme
                                    											reducirend, oder ob sie noch so oxydirend ist. Die Schwärzung ist nur
                                    											oberflächlich und verschwindet sofort, wenn man einen Krystall von Salpeter
                                    											auf dem Glase schmelzen läßt. Müßte sich Bleiglas nicht schwärzen
                              									unter einer etwaigen reducirenden Einwirkung des Goldes? Man sieht, die chemische
                              									Erklärung ist ebenso gezwungen, wie die physikalische natürlich. Zu allotropischen
                              									Wandlungen ist das Gold in Lösungen erfahrungsmäßig sehr geneigt, schon in den
                              									gewöhnlichen Vehikeln; die Lösung in Glas könnte dieser Neigung nur förderlich seyn.
                              									Dieselben Färbungen, welche man in einem Krystallglas durch Schmelzen mit Gold
                              									erhält, lassen sich auch auf nassem Wege, namentlich, wie Ebelmen„Ueber den künstlichen Hyalith und Hydrophan,“ in diesem
                                    											Journal, 1848, Bd. CVII S. 212.
                              									gezeigt hat, durch Vermischen von Kieseläther mit etwas Chlorgold hervorbringen,
                              									indem moleculare Wandlungen dann in der Kieselgallerte Platz greifen, welche jener
                              									Aether an feuchter Luft hinterläßt.
                           Ueber diese Materie, die eigentliche Natur des goldhaltigen Glases, kann nicht
                              									endgültig abgeschlossen werden, ohne gründliches Studium eines nahe verwandten ganz
                              									analogen Gegenstandes, des mit Kupfer gefärbten Rubinglases. Auch bei diesem Glase
                              									kommen ähnliche Wandlungen vor, auch dieses Glas ist des Anlaufens vom farblosen
                              									Zustande in Roth fähig, auch bei diesem Glase ist die gezwungenste, um nicht zu
                              									sagen eine unmögliche Anschauung in Bezug auf seine Constitution traditionell
                              									geworden: während alle starken Säuren das Kupferoxydul in Metall und Oxyd zersetzen,
                              									während kein einziges Sauerstoffsalz dieses Oxyduls mit einer stärkeren Säure
                              									constatirt ist, definirt man den rothfärbenden Bestandtheil des Kupferrubinglases
                              									stets als kieselsaures Kupferoxydul, eine gänzlich hypothetische Verbindung, die für
                              									sich niemals dargestellt worden, deren Existenz einer so starken Säure gegenüber,
                              									wie die Kieselerde, in hohem Grade unwahrscheinlich ist.
                           Schließlich noch die Bemerkung, daß Goldrubinglas auch im bloßen Licht ohne
                              									Mitwirkung der Wärme eine Art von Anlauf zeigt. Eine Anzahl in meinem Besitz
                              									befindlicher Zapfen von farblosem bleihaltigem Rubinglas aus Theresienthal (die in
                              									obiger Abhandlung erwähnten) sind in einem flachen Pappkasten in einem Glasschrank
                              									aufbewahrt worden. Es machte sich eine zunehmende röthliche Färbung bemerklich, die
                              									nunmehr nach sieben Jahren als ein ziemlich starkes Zwiebelroth erscheint. Nur ein
                              									einziger Zapfen, durch die vordere Seitenwand des Pappkastens  geschützt, ist farblos
                              									geblieben. Nie hat directes Sonnenlicht, immer nur das zerstreute Tageslicht in der
                              									Tiefe des Zimmers (nach Norden) eingewirkt.
                           Braunschweig, 26. Juni 1871.
                           
                              Dr. Fr. Knapp.