| Titel: | Verfahren zur Darstellung von Anthracen aus dem Pech von Steinkohlentheer, und zur Darstellung von Farbstoffen aus Anthracen; von J. Brönner und H. Gutzkow in Frankfurt a. M. | 
| Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. CXXV., S. 545 | 
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                        CXXV.
                        Verfahren zur Darstellung von Anthracen aus dem
                           								Pech von Steinkohlentheer, und zur Darstellung von Farbstoffen aus Anthracen; von
                           									J. Brönner und
                           									H. Gutzkow in
                           									Frankfurt a. M.
                        Bayerisches Patent vom 29. September 1869 und 26. Januar
                              									1870.
                        Brönner u. Gutzkow, Verfahren zur Darstellung von Farbstoffen aus
                           								Anthracen.
                        
                     
                        
                           I. Um das Anthracen und ähnliche Stoffe aus dem Asphalt,
                              									resp. Pech von Steinkohlentheer zu erhalten, destilliren wir dasselbe mit Hülfe von
                              									überhitztem Wasserdampf in einer Gasretorte und leiten die Dämpfe durch ein weites
                              									nur wenig aufsteigendes Rohr auf dem kürzesten Weg zuerst in ein Zwischengefäß, aus
                              									dem die darin condensirten rohen Anthracenmassen abgelassen werden können. Aus
                              									diesem Zwischengefäß leiten wir die noch nicht condensirten Gase durch eine
                              									geräumige Kühlvorrichtung entweder in einen Gasbehälter oder in's Freie, oder
                              									benutzen sie direct zur Heizung.
                           Aus dem auf diese Weise, und aus dem aus dem Schweröl des Steinkohlentheeres
                              									dargestellten, hinlänglich gereinigten Anthracen stellen wir die beiden Farbstoffe in folgender Weise dar:
                           Wir verwandeln das Anthracen durch Oxydationsmittel in ein neues Product und bedienen
                              									uns hierzu aller bekannten Oxydationsmittel, welche fähig sind diese Umwandlung
                              									herbeizuführen, z. B. des zweifachchromsauren Kalis und Schwefelsäure, oder der
                              									krystallisirten Essigsäure, vorzugsweise aber der Salpetersäure, und zwar entweder
                              									der verdünnten oder der concentrirten Salpetersäure. Das so erhaltene neue Product
                              									reinigen wir entweder durch Sublimation, Krystallisation oder auf andere Weise, und
                              									stellen durch Oxydation desselben die beiden Farbstoffe her, oder wir thun dieß,
                              									indem wir sofort das ungereinigte Product dazu verwenden.
                           In folgender Weise führen wir diese Sache vorzugsweise aus: Wir behandeln Anthracen
                              									in der Kälte oder auch bei erhöhter Temperatur mit seinem doppelten Gewicht einer
                              									Salpetersäure von 1,3 bis 1,5 spec. Gewicht, waschen das neue Product mit Wasser,
                              									und lösen es gereinigt oder ungereinigt in der erforderlichen Menge Schwefelsäure.
                              									Wir erwärmen zur besseren Lösung, und setzen dann die erforderliche Menge eines
                              									Quecksilbersalzes, z. B. des salpetersauren Oxyduls oder Oxyds hinzu. Nachdem sich
                              									die Farbstoffe gebildet haben, bringen wir sie auf beliebige Weise, sey es durch
                              									kaltes oder kochendes Wasser, oder Alkohol,  Aether, Schwefelkohlenstoff, Alaunlösungen, wässerige
                              									Alkalien oder durch sonstige Mittel in Lösung, doch behalten wir uns vor, die beiden
                              									Farbstoffe ehe wir sie in Lösung bringen zur vollständigen Entwickelung der Farbe,
                              									wenn es uns nöthig erscheint, zuvor noch mit Alkalien zu behandeln. Wir können sie
                              									sodann eindampfen, oder durch Säuren niederschlagen, und endlich durch
                              									Krystallisation aus ihren Lösungen, oder durch Sublimation oder auf andere Weise
                              									reinigen.
                           Je nach der Wahl der oxydirenden Stoffe die wir anwenden, oder nach ihren Mengen,
                              									oder nach der Höhe der Temperatur bei der Darstellung, erhalten wir einen Farbstoff
                              									der sich in Alkohol, Aether etc. mit gelber, und einen
                              									solchen welcher sich darin mit rother Farbe auflöst.
                           Unser Verfahren unterscheidet sich von dem der HHn. Graebe
                              									und LiebermannMitgetheilt im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 359. erstens dadurch, daß wir das aus dem Anthracen erhaltene erste Product
                              									oxydiren, während Graebe und Liebermann Wasserstoff durch Brom ersetzen und sodann zur Vertretung des
                              									Broms zweimal HO durch Alkalien einführen, und zweitens
                              									dadurch, daß wir nicht nur Alizarin, sondern auch einen Farbstoff erhalten, der sich
                              									ähnlich wie das Purpurin in Alkohol etc. mit rother Farbe, nicht wie das Alizarin
                              									mit gelber auflöst.
                           II. Nach dem neueren bayerischen Patent wenden I. Brönner und H. Gutzkow zur Darstellung des Alizarins aus dem Anthracen nachfolgendes
                              										verbessertes Verfahren an. Das Anthracen wird in oben
                              									angegebener Weise durch oxydirend wirkende Substanzen in Oxanthracen verwandelt,
                              									letzteres durch Sublimation gereinigt und daraus Alizarin dargestellt, indem man es
                              									mit concentrirter Natron- oder Kalilauge auf 200–250° C.
                              									erhitzt. Zu dem Ende wird circa das doppelte Gewicht an
                              									Natron- oder Kalilauge angewendet, nach Beendigung der Reaction mit Wasser
                              									verdünnt, das Alizarin mittelst einer Säure niedergeschlagen, dann filtrirt und so
                              									lange ausgewaschen, bis alle Säure entfernt ist. (Bayerisches Industrie- und
                              									Gewerbeblatt, 1870 S. 214.)