| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. , S. 77 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        
                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber die Anwendung von Bohrmaschinen mit Diamantspitzen beim
                              									californischen Bergbau.
                           Die Bohrmaschinen mit DiamantspitzenDiese von dem französischen Ingenieur Leschot
                                    											construirte Bohrmaschine ist im polytechn. Journal Bd. CXCVIII S.
                                       												369 (erstes Decemberheft 1870) beschrieben. wurden
                              									zuerst von Severance, Holt und
                              										Comp. im Anfange des Jahres 1870 in Californien
                              									eingeführt und am Telegraphenhügel zu San Francisco zum Abbohren zwei Zoll weiter
                              									und zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß tiefer Sprenglöcher angewendet. Diese Löcher
                              									wurden einzig zu dem Zwecke gebohrt, die Leistungen der neuen Bohrmaschinen zu
                              									zeigen; zwanzig Fuß Tiefe wurden in drei bis vier, und eine Tiefe von
                              									sechsunddreißig Fuß in weniger als sechs Stunden erreicht. Der Contrahent, welcher
                              									das Gestein für die Anlage der neuen Schanze (Brustwehr) lieferte und zu diesem
                              									Zwecke nach dem alten Derbyshirer churn-Systeme
                              									(d. h. mit 4 bis 6 Fuß langen, an beiden Enden mit Meißeln versehenen Bohrern)
                              									Löcher abbohrte, die unten dieselben Durchmesser hatten, oben aber viel weiter waren
                              									und selbstverständlich von Hand gebohrt wurden — verwendete zum Abbohren
                              									eines einzigen Loches von gleicher Tiefe sechs Mann zwanzig bis fünfundzwanzig Tage
                              									lang; der laufende Fuß dieser Bohrlöcher kam ihm über zehn Dollars zu stehen. Die
                              									neuen Bohrmaschinen mit Diamantspitzen wurden von zwei Mann, einem Ingenieur und
                              									einem Heizer bedient. Die mit dem Diamantbohrer abgebohrten Löcher sind vollkommen
                              									rund und besitzen gleiche Dimensionen; in Folge davon ist ihre Wirkung beim Sprengen
                              									eine weit kräftigere, als die der nach der alten Methode abgebohrten. Drei Fuß tiefe
                              									Löcher wurden binnen sieben Minuten abgebohrt.
                           Die erste in der Nähe von San Francisco ausgeführte Tiefbohrung war zu Mission Creek;
                              									das durchbohrte Gestein war von demselben Charakter. Zweck dieser Bohrung war die
                              									Anlage eines artesischen Brunnens. Das Bohrloch erreichte bei drei Zoll Durchmesser
                              									dreihundert und siebenundzwanzig Fuß Tiefe.
                           In Tuolumne County bohrte die erwähnte Gesellschaft Bohrlöcher für
                              									Aufschließungsarbeiten (prospecting holes) bei Don Pedro
                              									Bar und Tuttletown. Am letzteren Orte bohrten die HHrn. Gould und Cooper sieben perpendiculäre
                              									Bohrlöcher durch Talkschiefer, Porphyr und Sandstein, um Kerne des Gesteines zur
                              									Beurtheilung seiner Beschaffenheit zu erhalten. Mittelst des Diamantbohrers wurden
                              									aber im Laufe eines Arbeitstages von zehn Stunden 10 bis 35 Fuß abgebohrt; die
                              									Löcher wurden 30 bis 157 Fuß tief abgesunken.
                           Am Carson's Hill in Calaveras County wendete die Gesellschaft eine Bohrmaschine auf
                              									der Union Mine zur Aufsuchung und Ausrichtung
                              									verschiedener Bleierzgänge an. Diese Bohrlöcher wurden 120 bis 317 Fuß tief
                              									abgesunken. Das durchsunkene Gestein war mit Quarz gemengter Schiefer. Die
                              									Bohrlöcher wurden sämmtlich unter einem Winkel von 45° abgebohrt; der Bohrer
                              									erreichte an einem einzigen zehnstündigen Arbeitstage in dem von Quarztrümen
                              									durchsetzten Schiefer 70 Fuß flache Teufe. In fünf Stunden wurden 13 Fuß weißer
                              									krystallinischer Quarz durchbohrt. Dieses war das härteste von allen in jenen
                              									Grubendistricten gefundenen Gesteinen.
                           Bei San Rafael, in Marin County, auf den Besitzungen von George Worn, bohrte die Gesellschaft zum Zwecke der Anlage von artesischen
                              									Brunnen mehrere 2½ Zoll im Durchmesser haltende Löcher von 100 bis 300 Fuß
                              									Tiefe. Das dortige Gestein war von sehr eigenthümlicher Beschaffenheit und
                              									durchgängig sehr hart. Es zeigte häufige Uebergänge aus einem harten, feinkörnigen
                              									Sandstein in ein aus Fragmenten von Schiefer, vulcanischen Gesteinen, Feuerstein und
                              									Basalt bestehendes Conglomerat.  Diese Bohrung war sehr schwierig; die Maschine bohrte
                              									aber doch 24 Fuß in sechs Stunden ab.
                           Die Gesellschaft hat ferner Maschinen auf der Pachecogrube in Monterey County und an anderen Punkten des Staates zu Bohrungen für
                              									Aufschließungsarbeiten aufgestellt; außerdem in dem bekannten White
                              									Pine-Districte; sie construirt jetzt eine solche die mit comprimirter Luft
                              									betrieben werden soll, für die Blue Point Gravel Mining
                                 										Company von Smartsville in der californischen Grafschaft Yuba, von
                              									derselben Art wie sie auf den Smartsville Hydraulic
                                 										Mines existirt. Sollte sich diese Maschine bezüglich ihrer Leistungen und
                              									ihrer Kosten als brauchbar herausstellen, was sich nach den zu Smartsville
                              									abgeführten Versuchen nicht bezweifeln läßt, so dürfen wir mit allem Grund erwarten,
                              									daß zahlreiche Entwässerungstunnels in Californien, welche früher wegen der
                              									bedeutenden Kosten als unausführbar betrachtet wurden, doch noch zur Ausführung
                              									kommen.
                           Diese Tunnelbau-Maschinen werden auf Bestellung von den für eine jede
                              									Tunnelanlage passenden Dimensionen ausgeführt. Die zur Bewegung einer solchen
                              									Maschine in einem langen Tunnel erforderlichen Compressoren sind für jede
                              									Betriebskraft geeignet; sie treiben nicht nur die Bohrmaschine, sondern vermitteln
                              									auch die nöthige Wetterhaltung im Tunnel.
                           Die meisten dieser Maschinen werden mit Dampf betrieben; die für Tunnels, Schächte,
                              									Stollen, Strecken etc. bestimmten sollen aber comprimirte Luft als Betriebskraft
                              									erhalten. Es werden Versuchsbohrmaschinen mit liegenden Kesseln und auf Rädern
                              									ruhend construirt, welche Bohrlöcher für Aufschließungsarbeiten etc. von
                              									nöthigenfalls 1000 Fuß Länge oder Tiefe, mit einem einzigen Kerne durch das ganze
                              									Loch hindurch zu liefern vermögen und dabei so kräftig sind, daß sie zur
                              									Schachtförderung oder sonstigen, große Kraft erfordernden Arbeiten benutzt werden
                              									können, ohne das Vorschreiten des Bohrers im Geringsten zu beeinträchtigen. (Engineering and Mining Journal, März 1871, S. 161.)
                           
                        
                           Schalengußräder von Ganz und Comp. in Ofen.
                           Auf Veranlassung des königl. ungarischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten und
                              									Communicationen wurden unter Beaufsichtigung der Delegirten von neun ungarischen
                              									Eisenbahnverwaltungen am 15. und 16. December v. I. vergleichende Proben mit
                              									verschiedenen Schalengußrädern der rühmlichst bekannten Fabrik von Ganz und Comp. in Ofen
                              									vorgenommen, und zwar mit:
                           1) doppelwandigen Rädern, vor dem Jahre 1867 gefertigt;
                           2) doppelwandigen Rädern, seit dem Jahre 1867 hergestellt;
                           3) einwandigen Rädern verschiedener Arten von neuester Construction.
                           Der Widerstand der Räder gegen Verticalschläge, sowie der Beginn und die Anzeichen
                              									des Schadhaftwerdens derselben wurden auf folgende Weise ermittelt:
                           Die Räder, zum Theil auf einen kurzen Achsenschenkel aufgepreßt, zum Theil
                              									unaufgepreßt wurden aufrecht stehend unter eine Fallvorrichtung gebracht. Als
                              									Unterlage diente eine Chabotte von 70 Centnern; als Zwischenlage zwischen Chabotte
                              									und Rad ein gerader viereckiger Stab; endlich als Aufsatz zwischen Rad und Fallklotz
                              									ein Klötzchen, welches der Kopfbreite einer gewöhnlichen Bahnschiene entsprach.
                           Die Schläge wurden mit einem Fallklotze von 1060 Zollpfunden Gewicht, bei zunehmender
                              									Fallhöhe auf den aufliegenden Klotz und zwar in der Weise geführt, daß jedesmal der
                              									erste Schlag einer Fallhöhe von einem Fuß, jeder folgende Schlag einer um einen Fuß
                              									größeren Fallhöhe entsprach, so daß also beispielsweise der zehnte Schlag bei einer
                              									Fallhöhe von 10 Fuß abgegeben wurde.
                           Zunächst wurden zwei doppelwandige, bereits mehrere Jahre benutzte Räder alter
                              									Construction, aus den Jahren 1860 und 1863, das eine aufgepreßt, das andere
                              									unaufgepreßt, probirt. Gewicht der Räder beziehentlich 572 und 575 Zollpfund. Beide
                              									Räder hielten nur den ersten Schlag ohne sichtbare Wirkung aus; beim zweiten Schlage
                              									zeigte sich ein feiner Langriß auf der Lauffläche; beim fünften Schlage wurden beide
                              									Räder zertrümmert.
                           Hiernach wurden zwei doppelwandige Räder neuer Construction, vom Jahre 1870, 630
                              									beziehungsweise 640 Zollpfund schwer, beide unaufgepreßt, untersucht. Beide  Räder hielten je sechs
                              									Schläge ohne sichtbare Wirkung aus; bei den folgenden Schlägen bildeten sich
                              									Wandrisse, von den Kernlöchern ausgehend, nach dem Laufkranze hin; beim 10.,
                              									beziehentlich 11. Schlage wurde jedes Rad in zwei Stücke zertrümmert.
                           Man probirte dann ein Ausschußrad aus dem Jahre 1870 mit einem klaffenden Härteriß
                              									quer auf der Lauffläche von etwa drei Zoll Länge und eine Linie Weite. Dasselbe
                              									wurde mittelst einer hydraulischen Räderpresse und eines Druckes von 781
                              									Zollcentnern auf einen Dorn gepreßt und die Schläge wurden in etwa 6 Zoll Entfernung
                              									vom Härteriß geführt Gewicht des Rades 625 Zollpfund. Sieben Schläge blieben ohne
                              									sichtbare Wirkung; bei den folgenden zeigten sich Wandrisse von einem Kernloche aus,
                              									beziehungsweise durch die Nabe, welche sich bis zum Laufkranze verlängerten; beim
                              									11. Schlage wurde das Rad zertrümmert, jedoch zeigte der Bruch keine Beeinflussung
                              									durch den Härteriß, letzterer blieb vielmehr unverändert.
                           Sodann wurden einwandige Räder neuester Construction den Fallproben unterworfen und
                              									zwar zuerst zwei Räder mit einfach geschweifter Wand vom Jahre 1870 und mit
                              									getheilter Nabe, das eine aufgepreßt 642 Pfund, das andere, mit durch lange Rippen
                              									verstärkter Wand, unaufgepreßt, 652 Pfd. schwer. Das erste Rad hielt 12 Schläge ohne
                              									irgend welche Beschädigung aus und zerbrach beim 13. in zwei Theile, diametral durch
                              									die Nabe; das andere Rad erlitt 13 Schläge ohne sichtbare Wirkung und zerbrach beim
                              									15. in gleicher Weise, wie das vorige, in zwei Theile.
                           Endlich probirte man fünf Räder mit doppelt geschweifter Wand, aus den Jahren 1867
                              									und 1870, theils aufgepreßt, theils unaufgepreßt, durchschnittlich 640 Zollpfd.
                              									schwer. Dieselben hielten 7 bis 12 Schläge ohne sichtbare Wirkung aus, erlitten bei
                              									den folgenden Schlägen radiale Wandrisse, auch einzelne Querrisse auf der Lauffläche
                              									und zertrümmerten beim 13. bis 17. Schlage meistens in zwei Stücke.
                           Aus diesen Resultaten werden nun, folgende Schlüsse gezogen:
                           1) Die doppelwandigen Räder neuer Construction besitzen eine entschieden größere
                              									Widerstandsfähigkeit, als die Räder älterer Construction.
                           2) Die neuesten einwandigen Räder widerstehen den Verticalschlägen mindestens eben so
                              									gut, als die doppelwandigen Räder neuer Construction. Unter den einwandigen Rädern
                              									sind diejenigen mit einfach gekrümmter Scheibe besonders widerstandsfähig, dürften
                              									jedoch zur Verwendung nicht zu empfehlen seyn, weil ihr Bruch plötzlich, ohne
                              									vorhergehende Anzeichen erfolgt.
                           Als bemerkenswerther Unterschied in der Art und Weise des Bruches der Räder alter und
                              									neuer Construction ist hervorzuheben, daß bei ersteren der Anbruch stets in
                              									Langrissen auf der Lauffläche beginnt, daher während des Betriebes der Beobachtung
                              									leicht sich entzieht und deßhalb der Bruch unvermuthet erfolgen kann; wogegen bei
                              									den doppelwandigen Rädern neuer Construction, so wie bei den einwandigen mit doppelt
                              									gekrümmter Scheibe, der Riß stets auf der Scheibe und zwar bei ersteren in der Regel
                              									zwischen zwei Kernlöchern, bei letzteren in radialer Richtung zwischen Nabe und
                              									Laufkranz, etwa in der Wandmitte, beginnt, also leicht sichtbar ist; endlich
                              									widerstehen die letzteren zwei Radarten auch nach eingetretenem Anbruch noch einer
                              									Reihe von gesteigerten Schlägen, ehe sie vollständig brechen.
                           Aus der Gleichartigkeit und Uebereinstimmung der obenstehend bezeichneten
                              									Probeergebnisse mit doppelwandigen Rädern alter und neuer Construction, in Vergleich
                              									mit anderen vielfach vorgenommenen Proben, läßt sich der sehr befriedigende Schluß
                              									ziehen, daß das Ganz'sche Etablissement in der
                              									Fabrication der Schalengußräder einen hohen Grad der Sicherheit und Gleichartigkeit
                              									erreicht hat.
                           Als weiterer Beweis für diese Thatsache dienen die Erfahrungen, welche mit den Rädern
                              									neuerer Construction seitens österreichischer Eisenbahnen gemacht wurden. Von den
                              									seit 1867 der Staats-Eisenbahngesellschaft, der Kaiser
                              									Ferdinands-Nordbahn, den ungarischen Staats-Eisenbahnen, der
                              									Graz-Köflacher, der Theißbahn, der Kaiserin Clifabethbahn und der
                              									Südbahngesellschaft gelieferten Rädern ist bislang nicht ein einziges Stück
                              									gebrochen, wiewohl z. B. jede der beiden erstgenannten Verwaltungen 13000 der Räder
                              									neuerer Construction in Verwendung genommen hat. (Zeitung des Vereines deutscher
                              									Eisenbahn-Verwaltungen, 1871, Nr. 13.)
                           
                        
                           
                           Dynamit als Sprengmittel für feste Geschiebe in Erdbohrlöchern
                              									etc.
                           Die Uebelstände beim Erdbohren, welche dadurch hervorgerufen werden, daß man auf
                              									feste Steine (Geschiebe, Feuersteine, Knauern etc. im Alluvium) oder Conglomerate
                              									stößt, lassen sich nach den zu Gjiddesdal in Schweden durch den Wasserbauinspector
                              									B. Paulsen gemachten Erfahrungen — wie im
                              									polytechn. Journal Bd. CC S. 77 (erstes Aprilheft 1871) mitgetheilt wurde —
                              									dadurch beseitigen, daß man die Bohrlochssohle reinigt, Dynamitpatronen aufbringt
                              									und dieselben durch elektrische Zündung zum Explodiren bringt. Durch die bekannte
                              									Eigenthümlichkeit des Dynamits, seine enorme Kraft vorzugsweise nur gegen die
                              									nächste Umgebung, namentlich gegen eine feste Unterlage zu richten, findet ein
                              									Zersprengen der Feuersteinsknauern statt, während der höhere, verrohrte Theil des
                              									Bohrloches unversehrt bleibt.
                           Wir sind im Stande, eine ähnliche Nutzanwendung des Dynamits constatiren zu können.
                              									Beim Rammelsberger Bergbau findet nämlich eine
                              									vortheilhafte Zerkleinerung der durch Sprengarbeit hereingewonnenen großen
                              									Schwefelkiesstücke dadurch statt, daß man eine Dynamitpatrone fest auf die obere
                              									Fläche eines solchen Erzstückes auflegt, mit feuchtem Letten (Thon) dicht überdeckt
                              									und mittelst des Zünders wegthut. Wird dabei das Erzstück nicht auseinandergeworfen,
                              									so ist es in seinem so sehr festen Zusammenhange doch so gelockert, daß es leicht
                              									zerschlagen, wenn nicht, mit einer zweiten Dynamitauflage gesprengt wird. F. W.
                              									(Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1871, Nr. 27.)
                           
                        
                           Quantitative Spectralanalyse.
                           W. Preyer und später R. Vierordt bestimmen aus dem Grade der Verdunkelung eines
                              									Spectralabschnittes durch einen transparenten Farbstoff die Menge des letzteren.
                              									(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 7.)
                           
                        
                           Ueber Condensation nascirenden Wasserstoffes durch Nickel; von
                              									Prof. Böttger.
                           Raoult (polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 88) hat beobachtet, daß ein Stück poröses metallisches Nickel, wie man solches bisweilen im
                              									Handel antreffe, nachdem er dasselbe in angesäuertem Wasser 12 Stunden lang als
                              									negative Elektrode benutzt, das 165fache Volumen Wasserstoffgas in sich aufgenommen,
                              									resp. verdichtet habe, und daß dasselbe nach Entfernung aus dem Kreise des
                              									galvanischen Stromes, in Wasser tauchend, die Gesammtheit des absorbirten
                              									Wasserstoffes innerhalb 2 bis 3 Tagen wieder habe entweichen lassen. Poröses Nickel
                              									verhält sich hiernach ähnlich porösem, mit Palladiumschwarz
                                 										überzogenen Palladium, mit dem Unterschiede daß letzteres, meinen
                              									Beobachtungen zufolge, in derselben Zeit mindestens das 800fache seines Volumens an
                              									Wasserstoffgas in sich verdichtet, und dieses Gas, nach Entfernung des Metalles aus
                              									dem Kreise des galvanischen Stromes und schnell bewerkstelligtem Abtrocknen, fast
                              									blitzschnell wieder entweichen läßt, hierbei sich so stark erhitzend, daß locker
                              									darum gewickelte Schießwolle verpufft. Da ich durch Hrn. Dr. C. Winkler in den Besitz einiger Stücke
                              									solch porösen, bei heller Rothgluth aus dem Nickeloxyd gewonnenen Nickels gekommen,
                              									so war dieß eine erwünschte Veranlassung, die von Raoult
                              									beobachtete Thatsache experimentell zu constatiren. Ward ein solcher Art mit
                              									Wasserstoff beladenes Stück porösen Nickels in ein mit Aether gefülltes Glas
                              									geworfen, so sah man in der That aus ihm lange Zeit hindurch eine unzählige Menge
                              									von Gasblasen im Aether emporsteigen; legte man es nur einige Minuten in eine
                              									verdünnte Lösung von schwefelsaurem Eisenoxyd, so konnte schon in dieser kurzen Zeit
                              									darin, bei Zusatz einiger Tropfen einer Ferridcyankaliumlösung, die Bildung von
                              									schwefelsaurem Eisenoxydul, d. h eine Reduction jenes Salzes constatirt werden. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1871, Nr. 10.)
                           
                        
                           
                           Schwefelcadmium zum Gelbfärben von Toiletteseifen.
                           Unter allen Mitteln, welche man anwendet, um Toiletteseifen ein lebhaftes, schönes
                              									Gelb zu ertheilen, hat sich das Schwefelcadmium (Cadmiumgelb) in der Praxis am
                              									meisten bewährt. Sonnenlicht und Zeit beeinträchtigen das Aussehen der damit
                              									gefärbten Seifen nicht und bedarf es nur eines verhältnißmäßig sehr geringen
                              									Zusatzes von Cadmiumgelb zur Seife, um diese schön gelb zu färben. Die Verwendung
                              									geschieht folgendermaßen. Man reibt das Cadmiumgelb mit etwas Oel sorgfältig und
                              									fein an, und setzt es der Seifenmasse unter fortwährendem Umrühren zu. Die Farbe ist
                              									in der Seife nicht gelöst, sondern nur fein vertheilt. Die chemische Fabrik von E.
                              										Schering in Berlin (Chausseestr. 21), in deren
                              									neuesten Mittheilungen auf diese Verwendung des Schwefelcadmiums aufmerksam gemacht
                              									wird, liefert zwei Sorten Cadmiumgelb, ein citronengelbes und ein orangegelbes.
                           
                        
                           Verbindung von Schwefelsäure mit Salpetersäure.
                           In einen Glaskolben, welcher concentrirte, von nitrösen Dämpfen möglichst befreite
                              									Salpetersäure enthält, und welcher mit Eis gut gekühlt wird, leitete Hr. Rudolph Weber langsam und vorsichtig Dämpfe von wasserfreier
                              									Schwefelsäure. Es trat unter starker Wärmeentwickelung eine Reaction der beiden
                              									Säuren auf einander ein, und nach einiger Zeit erschienen an der Wandung des Gefäßes
                              									Krystalle, welche von der Flüssigkeit wieder aufgelöst wurden. Bald wurde der Inhalt
                              									des Kolbens dickflüssig, ölartig, und schied bei einer gewissen Concentration
                              									Krystalle ab, die noch stark mit Mutterlauge getränkt waren und sehr sorgfältige
                              									Trocknung erforderten. Sie waren dann farblos und in hohem Grade zerfließlich.
                           Die chemische Analyse dieser Krystalle ergab, daß sie aus Schwefelsäure,
                              									Salpetersäure und Wasser bestehen, und zwar entsprachen die Mengen der Bestandtheile
                              									der Formel 4SO3, 1N2O5, 3H2O. Hr. Weber vermuthet, daß
                              									die Constitution dieser Krystalle einer Doppelverbindung von
                              									Schwefelsäure-Salpetersäure mit Schwefelsäurehydrat entspricht, und durch die
                              									Formel SO3
                              									N2O5 + 3SO3H2O ausgedrückt
                              									wird.
                           „Die Existenz dieser Verbindung setzt außer Zweifel, daß die stärksten
                                 										Säuren mit einander verbindbar sind; sie zählt zu den vielen anderen Thatsachen,
                                 										welche die Annahme als unhaltbar erwiesen haben, daß Körper von ähnlichen
                                 										Fundamentaleigenschaften nur in verhältnißmäßig wenigen Fällen mit einander sich
                                 										vereinigen sollen. Wie dieser Fall erweist, dürfte es vielmehr nur darauf
                                 										ankommen, die für eine Vereinigung derartiger Körper günstigen Bedingungen
                                 										herbeizuführen.“ (Poggendorff's Annalen,
                              									1871, Bd. CXLII S. 602.)
                           
                        
                           Klärung trüben Wassers.
                           C. Schloesing hat die Wahrnehmung gemacht, daß beim
                              									Schlämmen eines durch Waschen von seinen löslichen Salzen befreiten Bodens in
                              									destillirtem Wasser die Flüssigkeit wochenlang trübe bleibt, sich aber klärt auf
                              									Zusatz von Spuren von Kalk- oder Magnesiasalzen; die Klärung des trüben
                              									Wassers wird sofort bewirkt durch 0,001. Chlorcalcium, in einigen Minuten durch
                              									0,0002, durch weniger Salz später; salpetersaurer Kalk, schwefelsaurer,
                              									doppelt-kohlensaurer Kalk und Kalkhydrat wirken ebenso, die Magnesiasalze
                              									verhalten sich wie die Kalksalze, von Kalisalzen braucht man etwa fünfmal so viel,
                              									von Natronsalzen noch mehr als von Kalksalzen. Die suspendirte Substanz bildet
                              									Flocken und fällt zu Boden; die Schnelligkeit der Klärung hängt von der Menge des
                              									zugesetzten Salzes und nicht von dem Grade der Trübung ab. Der Niederschlag läßt
                              									sich leicht abfiltriren, während er sonst das Filter verstopft; nach dem Auswaschen
                              									läßt sich der Niederschlag wieder in Wasser suspendiren. Schloesing zieht hieraus mehrere Schlüsse auf die Beschaffenheit des
                              									Bodens und für die Klärung der Wässer.
                           Derselbe Gegenstand ist in gleicher Weise und mit gleichem Resultate schon von W. Knop behandelt worden; man vergl. dessen Lehrbuch der
                              									Agricultur-Chemie, Bd. I S. 304 u. 442. (Industrieblätter, 1871, Nr 24.)
                           
                        
                           
                           Ueber die Zusammensetzung des rohen Weinsteins; von I. C. Sticht.
                           Aus den nachstehenden Resultaten einiger Analysen von rohem Weinstein, welche ich
                              									ausgeführt habe, ist zu ersehen, wie sehr verschieden diese Waare im Handel
                              									vorkommt, und die Warnung zu entnehmen, daß man beim Einkauf derselben nicht
                              									vorsichtig genug seyn kann.
                           Blonde Rohweinsteine.
                           
                              
                                 
                                 
                                    Weinstein
                                    
                                 
                                    Weins. Kalk
                                    
                                 
                                    Bezugsquelle
                                    
                                 
                              
                                 1)
                                 41,36
                                 Proc.
                                 52,00
                                 Proc.
                                 Spanien
                                 
                              
                                 2)
                                 84,60
                                 Proc.
                                 10,40
                                 Proc.
                                 Spanien
                                 
                              
                                 3)
                                 34,00
                                 Proc.
                                 33,80
                                 Proc.
                                 Deutschland
                                 
                              
                                 4)
                                 84,50
                                 Proc.
                                 7,80
                                 Proc.
                                 Deutschland
                                 
                              
                                 5)
                                 77,00
                                 Proc.
                                 9,00
                                 Proc.
                                 Deutschland
                                 
                              
                                 6)
                                 75,00
                                 Proc.
                                 10,40
                                 Proc.
                                 Oesterreich
                                 
                              
                                 7)
                                 88,36
                                 Proc.
                                 9,00
                                 Proc.
                                 Messina
                                 
                              
                                 8)
                                 84,60
                                 Proc.
                                 7,80
                                 Proc.
                                 Messina
                                 
                              
                           
                              Rothe Rohweinsteine.
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                    Weinstein
                                    
                                 
                                    Weins. Kalk
                                    
                                 
                                    Bezugsquelle
                                    
                                 
                              
                                 1)
                                 90,00
                                 Proc.
                                 4,00
                                 Proc.
                                 Oporto
                                 
                              
                                 2)
                                 62,00
                                 Proc.
                                 11,70
                                 Proc.
                                 Oporto
                                 
                              
                                 3)
                                 48,00
                                 Proc.
                                 5,25
                                 Proc.
                                 Oporto
                                 
                              
                                 4)
                                 71,44
                                 Proc.
                                 7,80
                                 Proc.
                                 Oporto
                                 
                              
                                 5)
                                 77,00
                                 Proc.
                                 7,50
                                 Proc.
                                 Oporto
                                 
                              
                                 6)
                                 75,00
                                 Proc.
                                 13,00
                                 Proc.
                                 Messina
                                 
                              
                                 7)
                                 75,00
                                 Proc.
                                 9,00
                                 Proc.
                                 Messina
                                 
                              
                           (Wittstein's Vierteljahresschrift für
                              									praktische Pharmacie, 1871.)
                           
                        
                           Ueber die Benutzung der Molybdänsäure zum Färben von seidenen
                              									Geweben und Garnen.
                           Eine von Dr. Schönn gemachte
                              									Beobachtung, wornach concentrirte Schwefelsäure ein vortreffliches Reagens auf
                              									Molybdänsäure und deren Salze abgibt, veranlaßte uns, zu prüfen ob die bei
                              									Aufeinanderwirkung von Schwefelsäure in der Wärme entstehende prachtvoll blaue Farbe
                              									(das Auftreten von molybdänsaurem Molybdänoxyd) in der Farbentechnik überhaupt sich
                              									praktisch möchte verwenden lassen. Einige hierauf bezügliche Versuche stellten außer
                              									Zweifel, daß Seidenstoffe, ohne eines Beizverfahrens
                              									benöthigt zu seyn, sich in allen möglichen Nüancen ächt blau damit färben lassen.
                              									Löst man zu dem Ende Molybdänsäure in concentrirter Schwefelsäure in der Wärme bis zur Sättigung auf, so erhält man eine ungefärbte
                              									klare Flüssigkeit, eine Art Doppelsäure (schwefelsaure Molybdänsäure). Wird ein
                              									Wenig von dieser Doppelsäure in einer Porzellanschale oder in einem Glaskölbchen so
                              									stark erhitzt, daß sie anfängt weiße Dämpfe auszustoßen und dann eine gewisse Menge
                              									absoluten Alkohols allmählich hinzugefügt, so entsteht wie durch einen Zauber die
                              									prachtvollste blaue Farbflotte in welcher unmittelbar Seide ausgefärbt werden kann.
                              										(Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1871, Nr.
                              									10.)
                           
                        
                           Schlichte-Recept von van
                                 										Baerle in Worms.
                           Man erwärmt 150 Maaß Wasser auf 50 bis 60° Réaumur, läßt darin 2 Pfd. Talg
                              									vergehen und rührt ordentlich um; dann setzt man 34 Pfd. Kartoffelmehl zu, läßt das
                              									Ganze in der Mengmaschine ordentlich verarbeiten und kocht es dann zu Kleister.
                              									Hierauf gießt man langsam 4 bis 5 Pfd. Glycerin von 26° Baumé, welches mit
                              									ebenso viel heißem Wasser verdünnt worden ist, in die Mengmaschine und läßt diese so
                              									lange arbeiten, bis es kalt ist.
                           Auf diese Weise werden Glycerin und Fett mechanisch mit einander verbunden,  welche sonst immer
                              									geschieden seyn würden, so daß das Fett oben und das Glycerin sich unten im Kleister
                              									absetzte.
                           Diese Schlichte gibt nicht allein eine sehr weiche, sondern auch glatte Kette.
                              									(Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc., 1871, Nr. 25.)
                           
                        
                           Französischer Silberlack.
                           Als Silberlack (Laque argentine) bringt J. R. Simier in Paris eine Masse in den Handel, die dazu
                              									bestimmt ist, mit einem Klebmittel auf Holz, Papier, Metalle etc. aufgetragen,
                              									diesen Stoffen ein metallisches, silberähuliches Aussehen zu ertheilen. Dieser
                              										„Lack“ ist nach der französischen Patentbeschreibung nichts
                              									weiter als feinzertheiltes Zinn, das durch Zink aus seinen Lösungen ausgefällt ist.
                              									(Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 17.)
                           
                        
                           Färben von Butter mit Möhrenfarbftoff.
                           Zum Färben von Butter empfiehlt Alfraise im Moniteur scientifique (nebenbei bemerkt, wohl die
                              									einzige wissenschaftliche Zeitschrift, die in Paris während der Belagerung
                              									regelmäßig erschien) das Carotin, den Farbstoff der Möhren, zu dessen Gewinnung
                              									zerschnittene und getrocknete Möhren gepulvert und mit Schwefelkohlenstoff extrahirt
                              									werden. Das Carotin ist geruch- und geschmacklos und eignet sich zum Färben
                              									der Butter besser als das in Paris dazu (wie am Rhein zum Färben der Käse) viel
                              									verwendete Annatto, ist aber allerdings etwas theurer als dieses, so daß der
                              									Versuch, es zu verwenden, bald wieder aufgegeben wurde. (Deutsche
                              									Industriezeitung.)
                           
                        
                           Ueber Albumin aus Fischeiern (Rogen); von Wilh. Grüne in Berlin.
                           Als eine Quelle für Albumin, welche, wenn richtig ausgebeutet, ein sehr billiges,
                              									gutes Product liefert, hat Grüne vor mehreren Jahren die
                              									Fischeier, den Fischrogen, benutzt.Man vergl. den Bericht über das Fischlaich-Albumin von Georg Leuchs, im polytechn. Journal, 1862, Bd. CLXV S. 317. Dieses Material kann in
                              									ungeheuren Quantitäten beschafft werden. Tausende von Centnern Albumin wären daraus
                              									mit geringen Kosten für die Industrie zu gewinnen, wenn man die Sache, auf welche
                              									besonders unternehmende Bewohner der Küsten- und Seeplätze aufmerksam zu
                              									machen sind, mit gehörigem Capital geschäftlich in die Hand nehmen würde.
                           Man hat vor Allem darauf zu achten, daß der Rogen reif, d. h. so entwickelt als
                              									möglich sey, was bei jeder Fischart genau zu gewissen Zeiten stattfindet, und daß
                              									derselbe so frisch als möglich zur Verarbeitung gelange, da die leicht eintretende
                              									Fäulniß auf den Geruch des fertigen Productes von großem Einfluß ist. Einsalzen des
                              									rohen Rogens ist deßhalb empfehlenswerth, wenn ein längerer Transport nöthig ist.
                              									Die Bearbeitung des Rogens ist folgende:
                           Die Eierchen befinden sich in einer Art mit Blutadern durchzogenen Beutels; man
                              									schneidet denselben auf und drückt die Eier heraus. Ist von denselben eine größere
                              									Quantität zusammen, so wirft man sie auf ein ziemlich enges Drahtsieb und reibt sie
                              									mit einer harten Bürste klein. Das flüssige Albumin läuft durch, die Zellenmasse des
                              									Rogens bleibt dagegen zurück. Man wäscht dieselbe mit Wasser, dem auf 300 Theile 1
                              									Theil Ammoniak zugesetzt ist, auf dem Siebe etwas nach; hierdurch wird das noch
                              									anhaftende Eiweiß gelöst und ebenfalls durch das Metallgewebe geführt. Man läßt die
                              									gewonnene Lösung in hohen Gefäßen, welche in verschiedener Höhe mit Holzhähnen
                              									versehen sind, einige Tage stehen; sie klärt sich und wird dann vorsichtig in flache
                              									Schalen abgelassen, um in gut ventilirten Räumen ausgetrocknet  zu werden. Filtriren durch
                              									groben Sand oder gestoßenes Glas beschleunigt die Klärung.
                           Der Rogen von Süßwasserfischen, namentlich Hechten, gibt sehr schönes, klares, ganz
                              									geruchloses Albumin, wenn man einigermaßen vorsichtig arbeitet. Der Seefischrogen,
                              									namentlich der Rogen vom Dorsch, muß sehr frisch verarbeitet werden, wenn das
                              									Albumin nicht Spuren von Fischgeruch haben soll. Ist der Rogen alt, so läßt sich der
                              									bekannte penetrante Geruch nicht mehr entfernen. Grüne
                              									hat Stoffe mit Albumin aus altem Rogen in den
                              									prachtvollsten Anilinfarben bedruckt, trotz des Dämpfens und der verschiedenen
                              									Manipulationen zeigten die Stoffe, sobald feuchtes Wetter war, den unangenehmen
                              									Fischgeruch, bei trockener Luft aber nicht. Frisch verarbeiteter Rogen gibt dagegen
                              									Resultate, wie Hühnereier-Albumin.
                           Denjenigen Lesern, welche sich speciell für die Sache interessiren sollten, steht Grüne mit seinen Erfahrungen zu Diensten. (Musterzeitung,
                              									Zeitschrift für Färberei etc., 1871, Nr. 10.)
                           
                        
                           Ueber die Anwendung gläserner Gährgefäße in der
                              									Brauerei.
                           Wegen der bekannten Uebelstände, welche die hölzernen Gährgefäße darbieten, hat der
                              									Brauereibesitzer Hr. Gabriel Sedlmayr in München vor
                              									einigen Jahren einen Versuch mit einem gläsernen Gährgefäß angestellt, worüber von
                              										Dr. Lermer im polytechn.
                              									Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 359 berichtet wurde. Die
                              									Versuche über die Verwendung von Glas zu Gährbottichen sind nun von der großen Dreher'schen Brauerei zu Schwechat fortgesetzt worden,
                              									wobei man der Anleitung des Maschinenfabrik-Besitzers Hrn. v. Pryck in Wien Folge gab. Durch die getroffenen
                              									Constructions-Verbesserungen ist es gelungen, einen erwünschten Grad der
                              									Dauerhaftigkeit der gläsernen Gährgefäße zu erzielen, und man hat, nachdem man
                              									anfänglich probeweise vier gläserne Bottiche hergestellt hatte, jetzt eine ganze
                              									Gährkeller-Abtheilung damit ausgerüstet.
                           Die v. Pryck'schen Glasbottiche in Schwechat sind
                              									bedeutend kleiner als die Sedlmayr'schen. Ihre
                              									Bodenfläche mißt 1,60 Meter im Quadrat, und ihre Tiefe beträgt 1,50 Meter; sonach
                              									ist ihr Kubikinhalt = 3,84 Kubikmeter oder 23 bayerische Eimer. Mit Berücksichtigung
                              									des nöthigen Steigraumes dienen hierfür 20 Eimer, statt der Sedlmayr'schen 80 Eimer.
                           Als taugliches Glas wurde nur das „belgische“ Fabricat befunden;
                              									das böhmische hat sich bisher als zu spröde erwiesen. Die einzelnen Tafeln, welche
                              									je eine ganze Wand- oder Bodenfläche bilden, besitzen eine Dicke von 15
                              									Millimetern. Bei dem Bau der Bottiche wurde, in Anbetracht daß die Bodenplatten den
                              									am meisten gefährdeten Theil bilden, auf die Adjustirung dieser besondere
                              									Aufmerksamkeit verwendet.
                           Zur Sicherung der Bodenplatten werden dieselben nicht direct auf Mauerwerk, sondern
                              									auf Gußeisenplatten gelegt, welche gegen die Mitte zu 3 bis 4 Centimeter Vertiefung
                              									und am Rande einen 4 Centimeter hohen, aufrecht stehenden Rand haben, während an der
                              									unteren Fläche, von der Mitte ausgehend, Rippen zur Verstärkung des Tragvermögens
                              									angesetzt sind. Auf die Gußplatte wird vor dem Einlegen der genau passenden
                              									Glas-Bodenplatte Cementbrei gegossen, damit derselben eine möglichst contacte
                              									Unterlage geboten werde. Damit nicht bei dem Auflegen der Glasplatten Luftblasen
                              									eingeschlossen werden, sondern diese entweichen können, ist in die Gußplatte
                              									gleichmäßig vertheilt, auf je 900 Quadratcentimeter ein 6 bis 7 Millimeter weites
                              									Loch gebohrt. Die so adjustirte Bodenplatte wird alsdann auf dem
                              									Sockel-Mauerwerk zurecht gelegt und der Art solid untermauert, daß gegen ihre
                              									vordere Begrenzung, an deren Mitte das 7,5 Centim. weite Ablaßloch eingeschliffen
                              									ist, eine Neigung von 2 bis 3 Centimetern besteht Unter dem Abzugsloch wird für das
                              									in früherer Weise mit der Bodenplatte verbundene Abzugsrohr eine 0,5 auf 0,5 Meter
                              									weite Mauernische offen gelassen.
                           Ist die Bodenplatte in Ordnung gebracht, so folgt die Aufstellung der Seitenwände.
                              									Diese werden an ihren Stoßfugen vollkommen passend zusammengeschliffen und dann auf
                              									die Bodenplatten innerhalb des gußeisernen Falzes eingesetzt; zwischen die Stoßfugen
                              									wird ein Gutta-percha-Band gelegt und die Platten werden dann am
                              									oberen Theil mit eisernen Haken (Klammern) verbunden. Letzteres geschah früher  durch Eisenreifen, was
                              									sich minder bewährte. Die Verwendung von Stuttgarter Kittpulver statt
                              									Gutta-percha-Bänder wurde gleichfalls versucht, erwies sich jedoch als
                              									untauglich, da dasselbe bei einer Temperatur über 12° R. flüssig wird.
                           Nach der Ausstellung der Seitenwände wird eine solide, 0,40 bis 0,45 Meter starke
                              									Ummauerung mit Backstein und Cementmörtel vorgenommen, die schließlich mit gleichem
                              									Mörtel glatt verputzt und abgebiegelt wird.
                           Die Gesammtkosten eines solchen Gährbottiches belaufen sich auf 150 bis 160 fl.
                              									österr. Währ., was allerdings den vierfachen Preis eines gleich großen
                              									Eichenbottiches aufwiegt. Die großen Vortheile, welche die Glasbottiche bieten,
                              									gleichen jedoch die Mehrkosten zum Theil aus, so daß — wie es gelingt, die
                              									Anschaffungskosten um 1/3 zu verringern — die allgemeine Anwendung der
                              									Glasbottiche empfohlen werden kann. (Der bayerische Bierbrauer, 1871, Nr. 2.)
                           
                        
                           Petroleum-Production in Amerika.
                           Unseren letzten Mittheilungen über diesen Gegenstand (polytechn. Journal Bd. CC S. 341,
                              									zweites Maiheft 1871) fügen wir noch einige neuere Angaben hinzu. Im Jahre 1870 war
                              									die Production von rohem Petroleum in Pennsylvanien 5,650,000 Barrels (43 Gallons
                              									Inhalt per Faß), gegen 4,215,000 Barrels in 1869, also
                              										pro 1870 ein Plus von
                              									1,444,000 Barrels (über 34 Proc.); in Ohio and West-Virginien betrug die
                              									Production 511,000 Barrels (146,000 Barrels mehr als in 1869). In Canada wurden
                              									365,000 Barrels gegen 220,000 Barrels in 1869 gewonnen (circa 70 Proc. Plus pro 1870). Fassen wir
                              									hiernach die Gesammtproduction von Petroleum pro 1870 in
                              									Amerika zusammen, so ergibt sich eine Ziffer von 6,526,000 Barrels, resp. eine
                              									Mehrproduction von 1,818,000 Barrels gegen 1869 (über 30 Proc.), während der
                              									Productionsüberschuß von 1869 gegen 1868 nur 750,000 Barrels oder circa 19 Proc. war. In welch' rascher Weise daher die
                              									Petroleum-Gewinnung in Amerika von 1868 bis 1870 zugenommen hat, ist zur
                              									Genüge aus diesen Zahlen zu erkennen. — Von dieser Gesammtproduction wurden
                              									im Jahre 1870 141,208,155 Gallons in's Ausland exportirt (Canada participirt dabei
                              									mit 100,000 Barrels raffinirtem und circa 10,000 Barrels
                              									rohem Petroleum). — Der Preis von Petroleum stellte sich pro 1870 durchschnittlich niedriger als im Jahre 1869;
                              									nichts destoweniger kann man bei einem Durchschnittspreis von 3½ Dollars per Barrel, welchen man für Platz-Petroleum
                              									zahlte, eine Einnahme von 20 Millionen Dollars rechnen. — Schließlich sey
                              									noch bemerkt, daß die Verluste in Petroleum durch Feuer, Schiffbruch etc. sich im
                              									Jahre 1870 auf circa 232,000 Barrels (eine enorme
                              									Ziffer) berechnen. Mehr als die Hälfte kommt auf Rechnung von Feuer. — Bei
                              									dieser Gelegenheit mag noch die Notiz von Interesse seyn, daß im Jahre 1871 die
                              									Production von Petroleum eine erhebliche Zunahme
                              									aufweist, und zwar ein Durchschnitts-plus von circa 350 Barrels pro Tag.
                              									Im April 1871 z. B. betrug die Totalproduction 399,268 Barrels, was einer
                              									Tagesproduction von 13,308 Barrels gleichkommt (die durchschnittliche
                              									Tagesproduction pro April 1870 betrug nur 12,974
                              									Barrels, also 334 Barrels weniger). (Berggeist, 1871, Nr. 52.)
                           
                        
                           Ueber Besprengung von Straßen mit Salzlösungen.
                           Zur Besprengung von Straßen wurde in Hamburg ein Versuch mit Salzlösungen angestellt.
                              									Die Wassersprengwagen der Wall-Chaussee, welche 2500 Pfd. Wasser fassen,
                              									wurden mit 125 Pfd. Chlorcalcium und 125 Pfd. Chlornatrium (Kochfalz) versehen, und von dieser Lösung
                              									wurden zwei Füllungen über eine Fläche von 1500 Quadratmeter sorgfältig vertheilt,
                              									so daß die ganze Fläche stark genäßt erschien. Der Erfolg war zunächst ein
                              									penetranter Tintengeruch. Von der Bildung einer harten Kruste, welche in mehreren
                              									früheren Berichten erwähnt wurde, war nichts zu verspüren, auch hielt sich die
                              									Fläche nicht wesentlich länger feucht als andere Chausseestrecken, welche nur mit
                              									Wasser besprengt waren. Um zu untersuchen, ob sich eine Kruste bilden werde, wenn
                              									man der Fahrbahn eine Zeitlang Ruhe geben könne, was  sich freilich nie praktisch
                              									durchführen läßt, wurde auch eine vom Verkehr seitab gelegene Chausseefläche in den
                              									Anlagen begossen. Jedoch zeigte sich auch dort kein besseres Resultat. Eine
                              									Fortsetzung des Versuches durch tägliches Wiederholen des Aufgusses wurde
                              									unterlassen, weil man aus dem einmaligen Versuche die Unzulänglichkeit der Methode
                              									zu erkennen glaubte. Zu den technischen Mängeln treten noch die sehr erheblichen
                              									Kosten. Dieselben betrugen für den Versuch:
                           
                              
                                 250 Pfd Chlorcalcium, 2½ Thlr. Pro 100
                                    											Pfd.
                                 
                                 6
                                 Thlr.
                                 7½
                                 Sgr.
                                 
                              
                                 250 Pfd. Chlornatrium
                                 
                                 1
                                 Thlr.
                                 27
                                 Sgr.
                                 
                              
                                 Gespann und Arbeitslohn
                                 
                                 1
                                 Thlr.
                                 —
                                 Sgr.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Zufammen
                                 9
                                 Thlr.
                                 4½
                                 Sgr.
                                 
                              
                           oder bei Engros-Einkäufen der Salze doch mindestens 8
                              									Thlr. Für den Vergleich gibt es einen Maaßstab, daß eine Chaussee, deren Fläche
                              									25,000 Quadratmeter groß ist, im Sommer täglich zweimal mit Wasser besprengt wird.
                              									Die Kosten dieser Besprengung betragen pro Tag:
                           
                              
                                 80 Wasserfüllungen der Sprengwagen
                                 
                                 2
                                 Thlr.
                                 12
                                 Sgr.
                                 
                              
                                 Gespann und Arbeitslohn
                                 
                                 5
                                 Thlr.
                                 15
                                 Sgr.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Zusammen
                                 7
                                 Thlr.
                                 27
                                 Sgr.
                                 
                              
                           oder rund ebenfalls 8 Thlr. Man kann also 34 Mal oder länger
                              									als einen Monat einmal täglich mit Wasser besprengen, bevor man die Kosten einer
                              									einmaligen Salzbesprengung erreicht. Wenn man sich nun auch über den Tintengeruch
                              									hinwegsetzen und annehmen wollte, daß die Lösung nach öfterer Wiederholung des
                              									Aufgusses eine kurze Zeit lang den zerstörenden Einwirkungen der Passage Trotz
                              									bietet und ihre Aufgabe erfüllt, so wird doch jedes stärkere Regenwetter die Kruste
                              									auslösen und wegspülen, also jedesmal eine neue Reihe von Aufgüssen erforderlich
                              									machen.
                           Bei Besprechung dieser Versuche im Hamburger Architekten-Verein bestätigte
                              									Ingenieur Westphalen dieses Resultat aus früher von ihm
                              									angestellten Versuchen mit Seesalzlösungen und wies darauf hin, daß in unserem Klima
                              									bei stets wechselnder Witterung Monate lang gar keine Besprengung der Chaussee
                              									nöthig sey, wenn sie aber Bedürfniß werde, so müsse sie in sehr starkem Grad
                              									stattfinden, wobei es dann auf einige hundert Kubikfuß Wasser mehr oder weniger
                              									nicht ankomme. Nur in solchen Gegenden, wo Wassermangel herrsche und wo die Nächte
                              									stets feucht seyen, könne vielleicht durch Salzlösungen beim Besprengen der
                              									Chausseen gespart werden. Aehnlich äußerte sich Ingenieur Linnerbrügge, welcher die Resultate von trockenen Salzbestreuungen der
                              									Straßen in Spanien zur Sprache brachte. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr.
                              									25.)
                           
                        
                           Liernur's pneumatisches System zur
                              									Entfernung von Abortstoffen.
                           Ingenieurhauptmann Liernur aus Harlem hat an verschiedenen
                              									Orten sein System zur Entfernung der Abfallstoffe in Anwendung gebracht, welches
                              									neuerdings auch in Hanau erprobt worden ist. Dasselbe soll die Schattenseiten des in
                              									vielen Städten zur Anwendung gebrachten Schwemmsystems und die Mängel des
                              									Tonnen- oder Desinfectionsverfahrens beseitigen. Das System besteht in einer
                              									eisernen Röhrenleitung, welche die Aborte der Gebäude mit unter dem Straßenpflaster
                              									angelegten eisernen Reservoirs in Verbindung bringt und wobei letztere täglich durch
                              									eine mittelst Dampf getriebene Luftpumpe luftleer gemacht werden. Ist ein Reservoir
                              									luftleer gemacht, so öffnet man die vorher geschlossene Verbindung mit den eisernen
                              									Abtrittröhren und es stürzt dann der ganze Inhalt der letzteren in das Reservoir,
                              									von wo er durch ein auf einem Wagen befindliches, gleichfalls luftleer gepumptes Faß
                              									aufgesaugt und dann zur landwirtschaftlichen Verwendung abgefahren wird.
                           Versuche welche in Prag, Cöln und an anderen Orten mit dem Liernur'schen System angestellt wurden, haben sehr günstige Resultate
                              									ergeben. Ueber Prüfung der im Landkrankenhause zu Hanau in Betrieb befindlichen
                              									Einrichtung zur Entleerung der Aborte nach dem Liernur'schen System ist uns die nachstehende Erklärung mitgetheilt
                              									worden:
                           
                           Die Unterzeichneten erlauben sich, diejenigen Wahrnehmungen, die sie in einer am 12.
                              									d. M. in Hanau stattgefundenen Prüfung des seit einiger Zeit im dortigen
                              									Landkrankenhause in Betrieb gesetzten, zur Entleerung der Aborte dienenden Systemes
                              									des Capitän Liernur gemacht haben, der Oeffentlichkeit zu
                              									übergeben. Sie glauben um so mehr verpflichtet zu seyn, ihren Mitbürgern das
                              									Resultat dieser Prüfung mitzutheilen, da dasselbe in schneidendem Widerspruche zu
                              									denjenigen Anschauungen steht, die in Frankfurt a. M. bei Lösung der gleichen Frage
                              									bislang maßgebend waren.
                           Die in Rede stehende Prüfung wurde auf Veranlassung der Anwesenheit einer von der
                              									Stadtverordneten-Versammlung in Berlin abgeordneten Deputation, bestehend aus
                              									dem Professor Dr. Virchow,
                              									Stadtverordneten Margraf und städtischen Hülfsbaumeister
                              										Hacker, angestellt. Es handelte sich neben der
                              									Prüfung der Anlage im Allgemeinen speciell um die Feststellung der vom sanitären
                              									Standpunkte angeregten Bedenken und namentlich um die Constatirung der
                              									Geruchlosigkeit des Verfahrens. Der Arzt des Landkrankenhauses, Hr. Kreisphysikus
                              										Dr. Noll, hatte nach
                              									seiner Mittheilung am vorhergehenden Tage die Fenster fämmtlicher 13 Aborte des
                              									weitläufigen Gebäudes, die bis dahin in regelmäßigem Gebrauche gewesen waren,
                              									versiegelt, so daß die Lufterneuerung in den Zimmern, in welchen diese sich
                              									befanden, nur durch die zu den Anordnungen gehörigen Ventilationsanlagen
                              									bewerkstelligt werden konnte.
                           Bei der in Gegenwart der Berliner Commission erfolgten Oeffnung der Abortzimmer fand
                              									sich eine vollständig reine Luft vor; nicht der geringste Geruch war bemerklich und
                              									zeigte sich auch bei dem bis zum Nachmittag fortgesetzten Gebrauche der Aborte
                              									nicht. Die am Nachmittag vorgenommene pneumatische Entleerung nahm, nachdem die
                              									Maschinerie in Bewegung gesetzt war, kaum eine Minute in
                              									Anspruch und wurde von sämmtlichen Anwesenden die Ueberzeugung gewonnen, daß die
                              									ganze Manipulation weder für die Hausbewohner, noch die den Abort Benutzenden
                              									belästigend werden könnte. Für die Einfachheit der Einrichtung und die Leichtigkeit
                              									der Handhabung der Maschinerie sprach in überzeugender Weise der Umstand, daß das
                              									Inbewegungsetzen der Dampfluftpumpe und der sonstigen Vorrichtungen, welches in der
                              									Regel durch den Hausknecht der Anstalt besorgt wird, diesesmal durch den kaum
                              									16jährigen Sohn des Hrn. Capitän Liernur vorgenommen
                              									wurde.
                           Wir nehmen keinen Anstand, zu erklären daß die Firma Liernur und de Bruyn-Kops, in der uns
                              									vorgeführten Anlage, deren Ausführung und nach den gemachten
                                 										Wahrnehmungen, in einer größeren Ausdehnung zweifellos erscheint, die ihm
                              									gestellte Aufgabe vollständig gelöst hat und glauben zu der Erklärung berechtigt zu
                              									seyn, daß das uns vorgeführte System, welches der Landwirthschaft ein hochwerthiges
                              									Düngmittel erhält, den Städten einen namhaften (die Kosten weiterer Canalanlagen zur
                              									Abführung der Schmutz- und Spülwässer deckenden) Reingewinn durch den Verkauf
                              									der frischen Fäkalien sichert, die Flüsse vor Verunreinigung bewahrt, und überhaupt
                              									die vom Schwemmsystem unzertrennlichen, das Gemeinwohl in sanitärer,
                              									volkswirtschaftlicher und finanzieller Beziehung schädigenden Uebelstande vermeidet,
                              									und nach unserem Dafürhalten vor einem jeden anderen, namentlich dem englischen
                              									Schwemmsystem, den Vorzug verdient. Frankfurt a. M., den
                              									16. April 1871. Dr. Bagge,
                              									Physikus. L. W. Baist, Betriebsdirector. Dr. R. Böttger, Professor. L.
                              										Casselmann, Vorsitzender des landwirthschaftlichen
                              									Clubs. A. Collischon, Hospilalmeister. Dr. Ph. Fresenius. Dr. Georg Haag, Oekonom. Heller, Landwirth. Dr. J. Ch.
                              										Lucae, Professor. Dr. Melber, Physikus. J. C. Müller, Kaufmann. Reichard, Hospitalmeister. A. Passavant, Architekt. (Gewerbeblatt für das
                              									Großherzogthum Hessen, 1871, Nr. 22.)
                           
                        
                           Ueber die durch Drainage verloren gehenden Nährstoffe der
                              									Pflanze; von Dr. Völcker.
                           Ein längerer Vortrag über diesen Gegenstand von Dr. Völcker füllte kürzlich den Versammlungsabend der Chemical Society in London. Die HHrn. Lawes und Gilbert haben in
                              									ihren classischen Feldbau-Experimenten Jahre hindurch den Verlust von
                              									Stickstoff beobachtet. Der im Dünger dem Boden zugeführte Stickstoff, gleichviel ob
                              									in Gestalt von Ammonsalzen, oder Nitraten, oder stickstoffhaltiger organischer  Materie, war stets
                              									größer als der in den vermehrten Ernteerträgnissen wiedergewonnene. Die Vermuthung,
                              									daß der verloren gegangene Stickstoff in die Abzugswässer passirte, lag ziemlich
                              									nahe. Auf Dr.
                              									Völcker's Ansuchen wurden auf den Versuchsfeldern in
                              									Rothamsted geeignete Vorrichtungen angebracht, um die Drainwässer einzusammeln. Die
                              									Analysen von etwa 70 solchen Wassermustern bestätigten Dr.
                              									Völcker's Vermuthung; sie zeigten, daß, in welcher Form
                              									auch der Stickstoff dem Boden zugeführt wird, ein großer
                              									Theil desselben in Form von Nitraten fortgeht. Salpetersaures Natron scheint ganz
                              									besonders leicht aus den Feldern fortgeschafft zu werden. Dieses Salz muß somit im
                              									späten Frühlinge auf den Acker kommen. Es ist sonderbar, daß während Nitrate das
                              									ganze Jahr hindurch in den Abzugswässern sich finden, man kaum Spuren von Ammoniak
                              									antrifft. Dieß führt zur Vermuthung, daß die Pflanze hauptsächlich, wenn nicht gar
                              									ausschließlich, aus Salpetersäure ihre stickstoffhaltigen Bestandtheile bildet. Aus
                              									diesen Drainwasser-Analysen ging aber noch ferner hervor, daß so wichtige
                              									Pflanzenconstituenten wie Kali und Phosphorsäure vom Boden
                                 										beinahe vollständig zurückgehalten werden, während die für die Vegetation
                              									minder bedeutenden, wie Kalk, Magnesia, Schwefelsäure, mit Leichtigkeit von den
                              									Feldern austreten. Dieser Beobachtung fügte Dr.
                              									Gilbert jene hinzu, daß die Menge der in den
                              									Abzugsflüssigkeiten befindlichen Phosphorsäure nicht vermehrt wird durch einen
                              									vermehrten Zusatz von Ammoniak zum Boden; dieß zwingt die Theorie, der zufolge
                              									Ammoniak als Auflöser der Phosphorsäure dienen soll, zu verlassen. Aus dem Umstände,
                              									daß viele Mineralbestandtheile, besonders die Nitrate, in Folge ihrer Fähigkeit
                              									leicht aus dem Boden zu treten, nicht eher auf die Felder gebracht werden sollten,
                              									als bis das Pflanzenleben sehr rege geworden, zieht Hr. Warington den Schluß, daß die Anwendung von Cloakenstoffen zum Düngen
                              									mittelst Irrigation eine ziemlich unvortheilhafte seyn müsse, da in dieser Weise der
                              									Dünger auch zu jenen Zeiten auf die Felder gebracht wird, wo das Leben der Pflanzen
                              									beinahe auf Null reducirt ist.
                           In dieser Vorlesung besprach Dr.
                              									Völcker auch die Werthlosigkeit von Boden-Analysen
                              									behufs Beurtheilung der Ertragfähigkeit von Feldern. Unzählige Beispiele sind
                              									bekannt, aus denen hervorgeht, daß zwei Aecker vollkommen gleich seyn können
                              									bezüglich ihres Gehaltes an Kali, Natron, Kalk oder Phosphorsäure, und sich doch
                              									wesentlich von einander unterscheiden in Erzeugungsfähigkeit. Er will nicht in
                              									Abrede stellen, daß in einzelnen Fällen die Analyse den Grund der Unfruchtbarkeit
                              									eines Feldes ausmitteln und geeignete Mittel zur Abhülfe andeuten kann. Dieß ist z.
                              									B. so, wenn es sich um die Ausmittelung der Gegenwart eines schädlichen
                              									Bestandtheiles im Boden handelt. Sehr oft aber ist die Menge eines solchen
                              									Bestandtheiles so gering, daß die Analyse schwerlich genaue Daten geben kann. Dr.
                              									Völcker ist ferner nicht damit einverstanden, daß in
                              									einem rationellen Feldbausysteme eine genaue Soll- und Haben-Rechnung
                              									geführt werden solle bezüglich der in den Ernteerträgen fortgeführten
                              									Mineralbestandtheile und derjenigen die im Dünger dem Boden zugeführt werden. Die
                              									Fruchtbarkeit eines Feldes kann nicht aufrecht erhalten, viel weniger vermehrt
                              									werden, wenn man demselben nur so viel zuführt, als man in der Ernte herausgenommen.
                              										Dr.
                              									Völcker glaubt, man müsse wenigstens die drei- bis
                              									fünffache Menge des dem Boden Entführten wieder zuführen. (Berichte der deutschen
                              									chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 8.)