| Titel: | Patent-Continue-Selfactor von Dreyscharff & Comp. in Chemnitz; beschrieben von Joh. Zeman. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. V., S. 6 | 
| Download: | XML | 
                     
                        V.
                        Patent-Continue-Selfactor von Dreyscharff & Comp. in
                           								Chemnitz; beschrieben von Joh. Zeman.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									I.
                        Dreyscharff's continuirliche Spinnmaschine.
                        
                     
                        
                           Kürzlich wurde von anderer Seite die Aufmerksamkeit auf die continuirliche
                              									Spinnmaschine von Dreyscharff und Comp., sowie auf deren Eigenthümlichkeiten und Vorzüge gelenkt.Der Spinnereitechniker J. D. Fischer hatte
                                    											Gelegenheit gehabt, das in natürlicher Größe ausgeführte Modell des
                                    											patentirten continuirlich spinnenden Selfactors von Dreyscharff und Comp. in seiner
                                    											Wirksamkeit zu beobachten und faßt seine Ansicht darüber in folgenden Sätzen
                                    											zusammen:1) Das Problem continuirlich zu spinnen und in Kötzerform aufzuwinden, ist in
                                    											einfacher Weise aber vollständig gelöst; in gleichem Verhältniß und mit
                                    											gleicher Geschwindigkeit, wie der Faden von den Streckwalzen abläuft, wird
                                    											derselbe auch auf die Spindel aufgewunden.2) Die Maschine erspart Raum und Kraft, weil der Wagenauszug vermieden ist,
                                    											die Belastung der Obercylinder wegfällt etc.3) Die Maschine beseitigt manche Fehler der früheren Spinnmaschinen und
                                    											Selfactors, z.B. durch unrichtige Stellung der Cylinder entstehende Spitzen,
                                    											beim Herausspinnen vorkommende Schleifen etc. Die Cylinder sind glatt und
                                    											unbeledert; der Fadenabschlag ist wegen der gleichen Windung nach
                                    											auf- und abwärts in Wegfall gekommen.4) Die Maschine liefert unter gewissen Verhältnissen ein gleichmäßigeres
                                    											Gespinnst als andere Spinnmaschinen.In ihrer jetzigen Zusammenstellung wird die Maschine namentlich für
                                    											Streichwoll-Barchentspinnerei etc. am meisten zu empfehlen und am
                                    											vortheilhaftesten zu verwenden seyn. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr.
                                    											31.)
                              								
                           Da nun keine weitere Beschreibung dieser Maschine vorliegt, so scheint es nicht ohne
                              									Interesse zu seyn, etwas Näheres von dieser Neuerung auf dem Gebiete der
                              									Spinnereibranche mitzutheilen, um so mehr, als der erste continuirlich spinnende
                              									Selfactor mit 144 Spindeln zur Zeit in der Maschinenwerkstätte der oben genannten
                              									Firma sich im Gang befindet.
                           Vor der Erklärung der Durschnittsskizze dieser Maschine, Figur 9, muß jedoch das
                              									von dem bisherigen abweichende Spinnsystem, welches Dreyscharff zur Grundlage seiner Erfindung aufgestellt
                              									hat, kurz mitgetheilt werden.
                           
                           Das Rohmaterial – Baumwolle oder Schafwolle – wird ähnlich wie bei der
                              									Streichgarnfabrication nach vorausgegangener Reinigung, Auflockerung und Kardirung
                              									auf Vorspinnkrempeln in Vorgarn übergeführt und hierauf in eine Art Watermaschine,
                              									welche mit dem Continue-Selfactor ein Ganzes bildet, mit einem Theil des für
                              									das Feingespinnst erforderlichen Drahtes versehen. Den noch fehlenden Twist gibt man
                              									auf dem Selfactor selbst, indem an der rückwärtigen Seite desselben die
                              									Vorgarnspulen auf verkehrt angeordneten Waterspindeln aufgesteckt werden. Das
                              									Streckwerk, in welches alsdann das gedrehte Vorgespinnst eingeleitet wird, besteht
                              									aus zwei, in beträchtlichem Abstand von einander liegenden Walzenpaaren. Um jedoch
                              									das Verziehen des scharf gedrehten Vorgarnes zu
                              									ermöglichen, ferner um dem Faden bei der weiten Walzenstellung eine Unterstützung zu
                              									bieten, geht derselbe durch ein Röhrchen (tube)
                              									hindurch, welches zwischen den vorderen und hinteren Streckcylindern gelagert ist
                              									und in entgegengesetzter Richtung der Vorgarndrehung
                              									rasch in Rotation gesetzt wird.
                           Da auf diese Weise kein Draht verloren geht, so liefert das Streckwerk einen Faden,
                              									welcher eine gemäß dem stattgehabten Verzuge reducirte Drehung besitzt und welcher
                              									unmittelbar zur Aufwickelung auf eine Spindel gelangt.
                           Sollte zur Erreichung einer gewissen Nummer der einmalige Durchgang durch die
                              									Spinnmaschine nicht genügen, so wird das erste Product derselben neuerdings als
                              									Vorgespinnst behandelt und ein zweites Mal durch die Maschine geführt.
                           Dieß vorausgesendet, werden zur Erläuterung der Abbildung des
                              									Continue-Selfactors (Figur 9) wenige Worte
                              									genügen.
                           Von den Vorgarnspulen A laufen die einzelnen Vorgarnfäden
                              									durch Führungsösen nach dem Streckwerk. Je nach dem zu gebenden Draht erhalten die
                              									Waterspindeln, welche behufs bequemen Aufsteckens verkehrt aufgestellt sind, eine
                              									verschiedene Drehgeschwindigkeit von der liegenden Blechtrommel E.
                           Das Streckwerk besteht aus je drei Walzen B und C, innerhalb welcher die Röhrchen D von der Trommel F in rasche Rotation
                              									versetzt werden. Der Verzug richtet sich nach dem Material, sowie nach der zu
                              									erzielenden Garnnummer und beträgt im Maximum 3.
                           Der von den vorderen Streckwalzen C abgegebene Faden
                              									läuft über zwei Gegenwinder I, K und wird durch den
                              									Aufwinder L in Kötzerform auf die mit ungleichförmiger
                              									Geschwindigkeit, aber continuirlich sich drehende Spindel
                              										H aufgewunden.
                           
                           In Folge dieser ununterbrochenen WindungDreyscharff windet mit gleicher auf- und
                                    											absteigender Spirale der Kötzerschichte. Um schärfere Kreuzwindungen an der
                                    											Spitze jeder Schichte zu bekommen, wird die Spindeldrehung thatsächlich
                                    											innerhalb jener Zeit unterbrochen, während welcher der Winder L die erforderliche Verstellung durchführt. und in Folge der präcis einsetzenden Regulirung der Fadenspannung sind die
                              									Kötzer sehr fest und da die Spindeln voller wie sonst bewickelt werden können, so
                              									ist es erklärlich, daß auf eine Spindel mehr als das Doppelte aufgebracht wird.
                           Das auf dem Continue Selfactor – mit 144 Spindeln, für welche 40 Spindeln der
                              									Water-Vorspinnmaschine genügend erachtet werden – in Anwesenheit des
                              									Verfassers und verschiedener anerkannter Spinnereitechniker erzeugte Gespinnst
                              									– Barchentgarn Nr. 6 bis 8 – fand alle
                              									Anerkennung, da das geringe Material sonst auf selbstthätigen Mulemaschinen etwa nur
                              									auf Nr. 4 versponnen werden konnte. Was die Bedienung des Continue-Selfactors
                              									betrifft, so ist diese keine schwierige. Es finden auffallend wenige Fadenbrüche
                              									statt. Zum Durchziehen gerissener Vorgarnfäden durch die Röhrchen, deren nähere
                              									Gestalt in Fig.
                                 										10 zu ersehen ist, dient ein langer Drahthaken. Während des Anknüpfens
                              									kann jede Spindel eingestellt werden, indem der auf dem Laufbrete N stehende Spinnjunge mit dem Beine die federnde
                              									Sperrklinke M in das Sperrrädchen der betreffenden
                              									Spindel einrückt. Zwischen je zwei Spindeln liegt ein solcher Sperrhebel M.
                           Bewähren sich daher die von dem Erfinder in Aussicht gestellten Vortheile der
                              									beschriebenen Spinnmaschine auch in der großen Praxis, so kann derselben eine
                              									Zukunft zugesprochen werden. Auf alle Fälle hielt es der Verf. gerechtfertigt, durch
                              									Veröffentlichung dieser Mittheilung das Princip des Spinnsystemes und des
                              									Continue-Selfactors von Dreyscharff in weiteren
                              									Kreisen zu verbreiten. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 50.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
