| Titel: | Ueber die Trennung von Kali und Natron; von Th. Schlösing. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. XXXII., S. 119 | 
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                        XXXII.
                        Ueber die Trennung von Kali und Natron; von Th.
                              									Schlösing.
                        Aus den Comptes rendus,
                              									t. LXXIII p. 1269; November 1871.
                        Schlösing, über die Trennung von Kali und Natron.
                        
                     
                        
                           In einer der letzten Sitzungen der (französischen) Akademie hob Chevreul die mit der Trennung von Kali und Natron verbundenen
                              									Schwierigkeiten hervor;Man s. Peligot's Arbeit über die Vertheilung des
                                    											Kalis und Natrons in den Pflanzen, im polytechn. Journal, 1871, Bd. CCII E.
                                    											536. dieß veranlaßt mich, meine so eben beendeten Untersuchungen über diesen
                              									Gegenstand mitzutheilen.
                           Es ist bekannt, daß das Studium der überchlorsauren Salze Serullas zu einem sehr einfachen Verfahren zur Bestimmung des Kalis
                              									geführt hat. Nachdem er gefunden, daß dieß die einzige Base unter den bei Analysen
                              									häufiger vorkommenden ist, welche mit der Ueberchlorsäure ein in Alkohol unlösliches
                              									Salz bildet, rieth er, die Basen in überchlorsaure Salze überzuführen und zwar je
                              									nach Bedürfniß mittelst überchlorsauren Silbers oder Baryts, um Chlor oder
                              									Schwefelsäure auszufällen und zu bestimmen, und dann das überchlorsaure Kali mit
                              									40procentigem Alkohol auszufällen. Diese Bestimmungsmethode, zur Zeit ihrer
                              									Veröffentlichung angenommen, scheint heute verlassen zu seyn. Vielleicht hat Serullas den Fehler begangen, in seiner Abhandlung keine
                              									analytischen Resultate in Zahlen anzuführen, was doch die wirksamste Art ist, die
                              									Vorzüge einer Methode darzuthun; der Hauptmangel seines Verfahrens ist aber, glaube
                              									ich, das Reagens, auf dessen Anwendung es gegründet ist. In der That ist die
                              									Ueberchlorsäure lange Zeit nur ein Sammlungspräparat von sehr zweifelhafter Reinheit
                              									gewesen, und trotz der schönen Arbeit des Hrn. Roscoë, die uns gelehrt, sie in reinem Zustande aus chlorsaurem
                              									Kali darzustellen, hat sie sich doch noch keinen Platz unter den Präparaten zu
                              									erringen gewußt, welche man gewöhnlich in den Laboratorien antrifft.
                           Ich werde nun zeigen, daß das Serullas'sche Verfahren zu
                              									einer der genauesten analytischen Methoden wird, wenn man die aus überchlorsaurem
                              										Ammoniak
                              									dargestellte reine Ueberchlorsäure anwendet. Später werde ich auch eine
                              									Darstellungsweise dieses Salzes beschreiben, welche erlaubt, es zu einem
                              									Handelsproducte zu machen; vorderhand aber will ich annehmen, wir hätten es in
                              									reinem Zustande und seine Anwendung, beschreiben.
                           H. Sainte-Claire Deville hat uns schon lange
                              									gelehrt, das Ammoniak bei der Analyse durch schwaches Königswasser zu zerstören; ich
                              									wandle auf gleiche Weise das überchlorsaure Ammoniak in einigen Minuten in ein
                              									Gemenge von Ueberchlorsäure, Salpetersäure und Salzsäure um. Nun treibt aber die
                              									Ueberchlorsäure vermöge ihrer größeren Feuerbeständigkeit und Verwandtschaft sowohl
                              									die Salpetersäure als auch die Salzsäure aus ihren Salzen vollständig aus, und das
                              									Gemenge der drei Säuren verhält sich salpetersauren Salzen und Chlormetallen
                              									gegenüber wie Ueberchlorsäure allein (die Basen werden ganz in überchlorsaure Salze
                              									übergeführt), vorausgesetzt daß die Menge der Säure die der Basen übertrifft und daß
                              									die Temperatur genügend gesteigert wird. Man ersieht daraus, daß es überflüssig ist,
                              									zu überchlorsaurem Silber und Baryt zu greifen, wie dieß Serullas angibt, um Chlor und Schwefelsäure zu bestimmen. Chlorbaryum und
                              									salpetersaures Silber können wie gewöhnlich angewandt werden, da die durch sie
                              									eingeführte Salzsäure oder Salpetersäure später von der Ueberchlorsäure ausgetrieben
                              									werden.
                           Ich betrachte jetzt ein Gemenge von Kali und Natron in Form von Chlormetallen oder
                              									salpetersauren Salzen, und setze voraus, man habe die Lösung in einer gewogenen
                              									kleinen Porzellanschale auf dem Sandbade concentrirt. Man fügt das Gemenge der drei
                              									Säuren hinzu und verdampft zur Trockne. Wenn die Masse fast trocken ist, entwickeln
                              									sich dicke weiße Dämpfe; dieß ist das Zeichen, daß Ueberchlorsäure vorwaltet und daß
                              									die Umwandlung der Salze vollendet ist. Nach Beendigung dieser Entwickelung läßt man
                              									erkalten, wäscht das überchlorsaure Kali mehrmals mit kleinen Quantitäten von
                              									36procentigem Alkohol, und decantirt durch ein kleines Filter, welches die
                              									mitgerissenen Theilchen des Kalisalzes zurückhält. Je mehr Natron vorhanden ist,
                              									desto mehr davon hält das überchlorsaure Kali in seinen Krystallen zurück. Daher
                              									erscheint es räthlich, das überchlorsaure Salz nach dem ersten Auswaschen in
                              									möglichst wenig heißem Wasser aufzulösen und zur Trockne zu verdampfen. Wäscht man
                              									dann noch zweimal mit Alkohol, so ist das Salz vollkommen rein. Das auf dem Filter
                              									befindliche überchlorsaure Kali löst man in ein paar Tropfen kochenden Wassers,
                              									fängt dieselben in der Schale auf, verdampft von Neuem zur Trockne und erhitzt bis
                              									auf etwa 250° C. Das Salz ist dann vollkommen trocken und zur Wägung
                              									geeignet. Die
                              									alkoholische Lösung des Überchlorsauren Natrons verdampft man in einem
                              									kleinen langhalsigen Kölbchen, zersetzt darin das Salz durch Erhitzen, nimmt mit
                              									Wasser auf und verdampft in einer Platinschale zur Trockne. Da jedoch das so
                              									erhaltene Chlornatrium meist noch etwas überchlorsaures Natron enthält, so ist es
                              									für genaue Bestimmungen besser, es in schwefelsaures Natron überzuführen. Statt das
                              									überchlorsaure Natron durch Erhitzen zu zersetzen, kann man es gleich mit
                              									Schwefelsäure behandeln; man bedient sich dazu eines Porzellangefäßes.
                           Folgendes sind die analytischen Resultate:
                           
                              
                                 Angewandt
                                 Gefunden
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 0,6432 Grm.
                                 überchlors. Kali 1,1939 Grm. =
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 0,3855    „
                                 0,6432 Grm. KCl
                                 
                              
                                 überchlors. Ammon
                                 2,2000    „
                                 schwefels. Natron 0,4678 Grm. =
                                 
                              
                                 36proc. Alkohol
                                    30 K. C.
                                 0,3854 Grm. NaCl
                                 
                              
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 0,0358 Grm.
                                 überchlors. Kali 0,0640 Grm. =
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 1,2967    „
                                 0,0345 Grm. KCl
                                 
                              
                                 überchlors. Ammon
                                 3,0000    „
                                 schwefels. Natron 1,5705 Grm. =
                                 
                              
                                 36proc. Alkohol
                                    40 K. C.
                                 1,2940 Grm. NaCl
                                 
                              
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 0,7772 Grm.
                                 überchlors. Kali 1,1430 Grm. =
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 0,0023    „
                                 0,7770 Grm. KCl
                                 
                              
                                 Überchlors. Ammon
                                 2,0000    „
                                 schwefels. Natron 0,0029 Grm. =
                                 
                              
                                 36proc. Alkohol
                                    20 K. C.
                                 0,0024 Grm. NaCl
                                 
                              
                           Man ersieht, daß die Ueberchlorsäure die Trennung von Kali und Natron ermöglicht,
                              									selbst wenn eine der beiden Basen in einer im Verhältniß zur Menge der anderen sehr
                              									kleinen Quantität zugegen ist. Ich konnte sogar nachweisen, daß mein durch
                              									dreimaliges Umkrystallisiren gereinigtes Chlorkalium noch Spuren von Natron
                              									enthielt; 3,5 Grm. dieses Salzes, in überchlorsaures umgewandelt, gaben an Alkohol
                              									0,005 Grm. überchlorsaures Natron ab, entsprechend 0,0025 Grm. Chlornatrium. Dieses
                              									Natron stammte nicht aus den Gefäßen, denn ein Gegenversuch mit den Reagentien
                              									allein ergab keines.
                           Sind Kali und Natron von Schwefelsäure oder feuerbeständigen Säuren begleitet, so
                              									müssen diese zunächst auf gewöhnliche Weise fortgeschafft werden. Die Gegenwart von
                              									Kalk, Baryt und Magnesia dagegen hindert, wie ich gefunden habe, in keiner Weise die
                              									genaue Bestimmung des überchlorsauren Kalis. Hier ein Beispiel dafür; angewandt:
                           
                              
                                 Chlorkalium
                                 0,0835 Grm.
                                 
                              
                                 schwefelsaure Magnesia
                                 0,574     „
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 1,298     „
                                 
                              
                                 Chlorcalcium
                                 0,233     „
                                 
                              
                           
                           Nach der Abscheidung der Schwefelsäure durch Chlorbaryum und
                              									Umwandlung der Basen in Ueberchlorsäuresalze wurde gefunden:
                           überchlorsaures Kali . 0,1531 Grm. = 0,0824 Grm.
                              									Chlorkalium.
                           Ich bemerke noch, daß die Trennung des Kalis von den übrigen Basen gleich im Anfange
                              									einer Analyse ausgeführt werden kann und daß in dieser Weise das Verfahren sehr
                              									rasch zum Ziele führt, sofern es sich nur um die quantitative Bestimmung dieses
                              									Alkali's handelt.
                           Darstellung des überchlorsauren Ammoniaks. –
                              									Dieselbe umfaßt drei Operationen: Darstellung des chlorsauren Natrons, Umwandlung
                              									desselben in überchlorsaures Salz durch Erhitzen, und Umsetzung des überchlorsauren
                              									Natrons in überchlorsaures Ammoniak durch Salmiak.
                           Chlorsaures Natron läßt sich in großen Mengen darstellen, entweder durch Behandlung
                              									des Gemisches von Chlorcalcium und chlorsaurem Kalk, welches man durch Kochen einer
                              									Lösung von mit Chlor gesättigtem Chlorkalk erhält, mit kohlensaurem Natron, oder
                              									durch unmittelbare Sättigung einer Sodalösung mit Chlor. In mehreren chemischen
                              									Werken ist angegeben, die Trennung des Chlornatriums und gleichzeitig gebildeten
                              									chlorsauren Natrons sey schwierig; dieß ist jedoch ein Irrthum, welcher durch
                              									nachstehende Zahlen widerlegt wird:
                           
                              
                                 
                                 ChlorsauresNatron.
                                 Chlornatrium.
                                 
                              
                                 100 Theile Wasser von 12° C. Temperatur lösen
                                   89,3  Th.
                                 
                                 
                              
                                 100 Theile Wasser von 12° C., mit einem
                                    											Ueberschusse       von
                                    											Chlornatrium und chlorsaurem Natron
                                    											geschüttelt,      
                                    											lösen
                                   50,75  
                                    											„
                                 24,4 Th.
                                 
                              
                                 100 Theile kochendes Wasser lösen bei 122° C. von
                                    											einem       Ueberschusse der
                                    											beiden Salze
                                 249,6    
                                    											„
                                 11,5   „
                                 
                              
                                 100 Theile dieser kochenden Lösung enthalten nach
                                    											dem       Erkalten auf
                                    											12° C
                                   68,6     „
                                 11,5   „
                                 
                              
                           Daraus ersieht man, daß sich aus 100 Theilen des bei 122° C. mit chlorsaurem
                              									Natron in Gegenwart von Chlornatrium gesättigten Wassers beim Erkalten 181 Th.
                              									Chlorsäuresalz absetzen, während das Kochsalz vollständig in Lösung bleibt. Die
                              									Trennung der beiden Salze bietet daher durchaus keine Schwierigkeit dar.
                           Die Umwandlung des chlorsauren Natrons in überchlorsaures durch Erhitzen ist
                              									derjenigen analog, welche das chlorsaure Kali unter denselben Umständen erleidet;
                              									sie erfolgt sogar noch schärfer, weil sich fast gar kein Sauerstoff entwickelt,
                              									nachdem die Masse die teigige Consistenz angenommen hat.
                           Das Resultat der Operation ist ein Gemenge von überchlorsaurem Natron mit Chlornatrium und
                              									einem Reste von chlorsaurem Natron. Man löst in der möglich geringsten Menge Wasser;
                              									nach der Digestion erhält man eine syrupdicke Lösung von Ueberchlorsäuresalz,
                              									während der größere Theil des Chlornatriums und des chlorsauren Natrons als
                              									krystallinischer Niederschlag abgeschieden ist, welchen man auf einem Trichter durch
                              									Abtropfenlassen von der Lösung trennt. Die Lösung des überchlorsauren Natrons wird
                              									heiß mit einer kochenden gesättigten Lösung von Salmiak in Wasser vermischt und
                              									setzt dann nach dem Erkalten große Krystalle von überchlorsaurem Ammoniak ab.
                           Der Chemiker wird bei Ausführung dieses Verfahrens die Hälfte der Materialien
                              									verlieren; er wird aus 1 Kilogrm. chlorsaurem Natron nur 250 bis 300 Gramme
                              									überchlorsaures Ammoniak gewinnen; bei fabrikmäßiger Darstellung arbeitet man
                              									hingegen vortheilhafter, weil man die Salzniederschläge methodisch auswaschen und
                              									die Mutterlaugen verwerthen kann. Ich empfehle zur Umwandlung des
                              									Überchlorsauren Natrons den Salmiak, weil die Mutterlauge, nachdem sie zur
                              									Ausscheidung des Ammoniaks mit kohlensaurem Natron gekocht wurde, kein anderes Salz
                              									als Chlornatrium, chlorsaures Natron und überchlorsaures Natron enthalten wird,
                              									daher wieder zum Lösen von überchlorsaurem Natron benutzt werden kann.
                           Wenn überchlorsaures Ammoniak in Gegenwart von Kalisalzen krystallisirt, so nimmt es
                              									Kali auf, von welchem es durch wiederholtes Umkrystallisiren nicht befreit werden
                              									kann; es ist daher wesentlich, daß das chlorsaure Natron von vornherein kalifrei
                              									sey. Man prüft es auf seine Reinheit nach dem oben beschriebenen Verfahren. Ein
                              									zweites Krystallisiren genügt zu seiner Reinigung.
                           Um sich von der Reinheit des überchlorsauren Ammoniaks zu überzeugen, zersetzt man
                              									dasselbe mit schwachem Königswasser und verdampft zur Trockne; es darf gar keinen
                              									Rückstand hinterlassen.