| Titel: | Zur Darstellung von reinem Silber; von Dr. Gräger. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LXXIV., S. 292 | 
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                        LXXIV.
                        Zur Darstellung von reinem Silber; von Dr. Gräger.
                        Gräger, über Darstellung von reinem Silber.
                        
                     
                        
                           Kürzlich habe ich ein Verfahren zur Darstellung von reinem Silber resp. reinem
                              									salpetersaurem Silber mitgetheilt,In diesem Bande des polytechn. Journals S. 111
                                    											(zweites Januarheft 1872). welches sich auf das Verhalten einer Kupferlösung gegen kohlensauren Kalk in
                              									der Weise stützt, daß das neben dem Kupfer vorhandene Silber erst dann durch den
                              									kohlensauren Kalk sich abzuscheiden beginnt, nachdem sämmtliches Kupfer, als
                              									Kupferoxydhydrat, sich abgeschieden hat, natürlich unter der Voraussetzung daß ein
                              									Ueberschuß von kohlensaurem Kalk, dem Kupfer gegenüber, vorhanden sey. Der Umstand,
                              									daß beide Metalle, wenn auch nacheinander, durch
                              									kohlensauren Kalk gefällt werden, macht das Bedenken rege, ob nicht auch schon
                              									Silber gefällt werde, noch bevor alles Kupfer entfernt ist. Zwar besitzt man im
                              									Blutlaugensalz ein Mittel, um zu ersehen ob die Lösung noch Kupfer enthalte; man
                              									bleibt aber dabei in Ungewißheit, ob nicht schon auch Silber mit niedergefallen
                              									sey.
                           Ich habe nun, um den Punkt wo man mit dem Zusatz von kohlensaurem Kalk einzuhalten
                              									habe, genauer zu fixiren, noch weitere Versuche angestellt und hierbei gefunden, daß
                              									in Betreff dieses Punktes jede Unsicherheit schwindet, sobald man nur auf die
                              									während der Zersetzung ein tretende Kohlensäure Entwickelung achtet. Der Proceß geht
                              									bei der Zersetzung des Kupfersalzes mit, bei der des Silbersalzes ohne Kohlensäure-Entwickelung vor sich. So lange
                              									sich also noch Kohlensäure entwickelt, ist auch die Zersetzung des Kupfersalzes noch
                              									nicht zu Ende, d.h. darf man noch kohlensauren Kalk hinzufügen. Man nimmt aber diese
                              									Erscheinung deßhalb sehr gut wahr, weil sie schon bei einer Temperatur von 60 bis
                              									70° R. vor sich geht, man also nicht nöthig hat, die Flüssigkeit zum Sieden
                              									zu erhitzen. Bei dieser Temperatur (60 bis 70° R.) entwickelt sich die
                              									Kohlensäure mit einer solchen Lebhaftigkeit, daß ich auf den Gedanken geführt wurde,
                              									die Reaction zur Entwicklung von Kohlensäure in der Mineralwasserfabrication zu
                              									benutzen, um hier die Anwendung von freien Säuren, welche immer unangenehm ist, zu
                              									umgehen. In der That würde es sich hierbei nur darum handeln, ob man die entstehende
                              									schön blaugrüne Farbe zu einem angemessenen Preise würde absetzen können. Jedoch
                              									dieß nur nebenbei. – Indem man die Temperatur von 60 bis 70° R. nicht
                              									überschreitet und nur einigermaßen auf das Aufhören der
                              									Kohlensäure-Entwickelung Acht gibt, braucht man mit dem Zusatz von
                              									kohlensaurem Kalk auch gar nicht so ängstlich zu seyn, denn das Silber schlägt sich,
                              									wenn noch kohlensaurer Kalk vorhanden ist, erst allmählich beim Sieden nieder.
                           Bezüglich der Umwandlung oder vielmehr der Gewinnung des in der Lösung enthaltenen
                              									Silbernitrats digerirt man die Lösung der beiden Nitrate mit der entsprechenden
                              									Menge von oxalsaurem Silberoxyd, von letzterem einen kleinen Ueberschuß anwendend.
                              									Man verfährt hierbei in der folgenden Weise: Hat man die
                              									Silber-Kupferlegirung gewogen, so erfährt man auch die Menge des Kupfers, wenn man in einem
                              									abgemessenen Theile der Kalk-Silbernitratlösung mittelst Kochsalz den
                              									Silbergehalt ermittelt, und das gefundene Silber von dem Gesammtgewichte der
                              									Legirung abzieht. Der verbleibende Nest ist das Kupfer. Man hat nun zu überlegen,
                              									daß in der Lösung genau die dem Kupfer entsprechende Menge Kalk enthalten ist, und
                              									hiernach die anzuwendende Menge oxalsauren Silbers zu berechnen. 31,68 Kupfer
                              									verlangen 108 Silber. Es würde sehr umständlich seyn, wollte man sich jedesmal aus
                              									vorhandenem reinem salpetersauren Silber das Oxalat darstellen; vielmehr verwendet
                              									man hierzu die Lösung der beiden Nitrate selbst. Diese Ausführung ist sehr einfach.
                              									Gesetzt die Legirung sey eine 12löthige gewesen, habe also 25 Procent Kupfer
                              									enthalten. Um den an dessen Stelle getretenen salpetersauren Kalk durch oxalsaures
                              									Silber zu zersetzen, sind 85,23 Silber erforderlich (nämlich (108 × 25)/31,68
                              									= 85,23) die sich in 85,23/75 = 113,64 Volumtheilen der Lösung vorfinden. Man hat
                              									also nur nöthig, 100 Volumtheile der Lösung mit dem durch Fällung mittelst
                              									oxalsauren Ammoniaks aus 113,64 Volumtheilen derselben Lösung erhaltenen
                              									Niederschlage zu digeriren. Hätte die Legirung aus gleichen Aequivalenten Silber und
                              									Kupfer bestanden, also 22,68 Proc. Kupfer enthalten, so würde man die die beiden
                              									Nitrate enthaltende Flüssigkeit in zwei gleiche Theile zu theilen, die eine Hälfte
                              									durch oxalsaures Ammoniak zu fällen, und den entstandenen Niederschlag mit der
                              									anderen Hälfte der Flüssigkeit zu digeriren haben, um eine Lösung von salpetersaurem
                              									Silber zu bekommen. Es ist hier eine neutrale Lösung von Kupfer- und
                              									Silbernitrat vorausgesetzt, die sich auch dadurch leicht herstellen läßt, daß man
                              									die freie Säure, durch Abdampfen zur Trockne, verjagt. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1872, Nr. 2.)