| Titel: | Talmigold und Talmigold-Schwindel; von Dr. Clemens Winkler. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LXXV., S. 295 | 
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                        LXXV.
                        Talmigold und Talmigold-Schwindel; von Dr.
                           								Clemens Winkler.
                        Winkler, über Talmigold.
                        
                     
                        
                           Der Umstand, daß einerseits die Vergoldung der unächten Bijouterien wegen der durch
                              									die große Concurrenz bedingten Herabdrückung der Preise immer dünner, spärlicher und
                              									deßhalb unhaltbarer geworden ist, und daß andererseits die galvanische Vergoldung, weil
                              									die Goldschicht porös ist und sich nicht innig mit ihrer Unterlage verbunden hat, an
                              									und für sich nicht sehr dauerhaft ist, hat die galvanisch vergoldeten Bijouterien in
                              									Laufe der Zeit bedeutend in Mißcredit gebracht, und dieß hat die Fabrikanten
                              									veranlaßt, nach einem vollkommeneren Vergoldungsverfahren zu suchen. Den Beweis
                              									dafür, daß ein solches gefunden sey, gab das Auftreten des sogenannten Talmischmuckes, welcher seit einer Reihe von Jahren eine
                              									hervorragende Rolle auf dem Bijouteriemarkte spielt. Das Talmigold wurde zuerst von Paris aus in den Handel gebracht, und die
                              									daraus gefertigten Maaren besitzen in der That eine Schönheit und Dauerhaftigkeit,
                              									welche Aufsehen erregt. Der Verkauf derselben erfolgt zumeist unter Garantie, und
                              									gut gearbeiteter Talmischmuck kann wirklich viele Jahre lang getragen werden, ohne
                              									daß er an Glanz und Ansehen mehr einbüßt, als die ächte Goldwaare.
                           Gewöhnlich wird angenommen, daß das Talmigold aus einer besonders glücklich gewählten
                              									Composition von unedlen Metallen bestehe, und Sauerwein
                              									gibt an (polytechn. Journal, 1863, Bd. CLXX S. 154) daß er es aus
                           
                              
                                 Kupfer
                                 86,4
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Zink
                                 12,2
                                 „
                                 
                              
                                 Zinn
                                   1,1
                                 „
                                 
                              
                                 Eisen
                                   0,3
                                 „
                                 
                              
                           zusammengesetzt und schwach vergoldet gefunden habe. Aber eine
                              									derartige Legirung wird weder für sich, noch bei der stärksten galvanischen
                              									Vergoldung solche Dauerhaftigkeit zeigen, wie das Talmigold sie besitzt. Die
                              									Composition, welche den Kern, die Hauptmasse des Talmigoldschmuckes bildet, kann im
                              									Gegentheil sehr verschiedenartig zusammengesetzt seyn, und der Fabrikant braucht
                              									sich durchaus nicht an ein bestimmtes Recept zu binden; die Hauptsache ist die Art
                              									der Vergoldung, und zwar darf diese nicht auf galvanischem Wege, sondern sie muß
                              									durch die sogenannte Plattirung hergestellt seyn.
                           Das Material für die Anfertigung der Talmigoldwaaren wird erhalten durch Auswalzen
                              									von mit Goldblech belegten Kupfer-, Tombak- oder Messingplatten zu
                              									Blech oder durch Ausziehen derselben zu Draht, wodurch die unächte Unterlage einen
                              									Goldüberzug erhält, der nicht allein eine beträchtliche Stärke besitzt, sondern auch
                              									innig mit derselben verschmolzen ist, somit äußerst fest haftet und die Porosität
                              									der galvanischen Vergoldung nicht zeigt. Während man früher die unedle
                              									Metallcomposition zunächst formte und darnach in's Goldbad brachte, stellt man jetzt
                              									Blech und Draht daraus dar, welche auf dem Wege der Plattirung eine dauerhafte, verhältnißmäßig starke
                              									Goldbekleidung erhalten, und formt diese zu Schmuckgegenständen, indem man z.B. den
                              									vergoldeten Draht zu Kettengliedern biegt oder in das Blech Arabesken und andere
                              									Verzierungen drückt, wie wir sie an Brochen, Ohrgehängen etc. finden. Hierin liegt
                              									das ganze Geheimniß der Erzeugung des Talmigoldes und die Erklärung für die
                              									auffallende Unveränderlichkeit der unter diesem Namen in den Handel gebrachten
                              									Goldschmuck-Imitationen.
                           Läßt sich auch auf dem Wege der Plattirung ein verhältnißmäßig kleines Goldquantum
                              									über eine sehr große Fläche unedlen Metalles ausbreiten, so sind doch hier die
                              									Grenzen weit enger gezogen, als bei der galvanischen Vergoldung. Auf einem
                              									Quadratmeter galvanisch vergoldeten Tombakbleches liegen nicht mehr als 0,3 bis 0,5
                              									Grm. Gold, während die durch Plattiren erzeugte Goldbekleidung auf demselben
                              									Flächenraume 6 bis 10 Grm. beträgt, somit 20 Mal stärker ist. Die Vertheilung des
                              									Goldes durch fortgesetztes Auswalzen oder durch ursprünglich schwächeren Beleg
                              									weiter zu treiben, ist zwar möglich, aber nicht empfehlenswerth, weil dann die
                              									Schönheit und Gleichmäßigkeit der Farbe leidet, und leicht Flecke oder Streifen zum
                              									Vorschein kommen, die zum Theile von einer zu innigen Verschmelzung des Goldblattes
                              									mit der Unterlage herrühren. Hieraus ist ersichtlich, daß in der Verdünnung des
                              									Goldbeleges ein bestimmtes Maaß nicht überschritten werden kann, während bei Anwendung des galvanischen Stromes schon der leiseste
                              									Goldhauch sichtbar und glänzend hervortritt. Erwägt man außerdem, daß die
                              									galvanische Vergoldung einen nur lose aufsitzenden, porösen Ueberzug bildet, die
                              									Plattirung dagegen eine dichte, compacte, mit der unedlen Unterlage innig verbundene
                              									Golddecke liefert, so muß man dem Plattirungsverfahren den Vorzug ungleich größerer
                              									Solidität zugestehen.
                           Der Goldgehalt des sogenannten „ächten“ Talmigoldes, also einer
                              									auf dem Wege der Plattirung vergoldeten unedlen Metallcomposition, ist, trotz der
                              									Widerstandsfähigkeit desselben gegen atmosphärische Einflüsse, schwefelhaltige
                              									Ausdünstungen etc., kein hoher und überschreitet selten 1 Proc. Aber dieses eine
                              									Procent Gold bildet eine in günstigster Weise zur Schau gestellte Umhüllung des
                              									unedlen Kernes, aus welchem der Gegenstand geformt ist, und genügt vollständig, um
                              									diesen vor Oxydation und Schwärzung zu bewahren.
                           Es wurden einige Glieder einer Talmigold-Kette, welche vier Jahre lang
                              									unausgesetzt getragen worden war, ohne daß sie das Mindeste an Glanz eingebüßt
                              									hatte, der Untersuchung unterworfen. Die Kette rührte angeblich aus der Fabrik von
                              										Tallois in Paris her; doch war ein Stempel nicht an
                              									derselben zu entdecken. Beim Auflösen in Salpetersäure blieb die den Draht umhüllende
                              									Goldbekleidung in Form dünnwandiger Röhrchen theilweise unversehrt zurück, während
                              									die den Kern bildende Legirung sich oxydirte. Das Ergebniß der Analyse war:
                           
                              
                                 KupferZink
                                 89,889,32
                                 
                                    
                                    
                                 Kern
                                 
                              
                                 Gold
                                 1,03
                                 
                                 Beleg
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,23
                                 
                                 
                                 
                              
                           Ein hohler Talmigold-Ohrring, aus Paris, jedoch von unbekannter Firma
                              									herrührend, wurde in seine beiden Hälften, den in Arabeskenform gedrückten vorderen
                              									Theil und die platte Rückhälfte mit dem Schließhaken, zerlegt und beide in
                              									Salpetersäure gelöst. Auch hier konnte man beobachten, wie die Vergoldung sich als
                              									zusammenhängende Schicht ablöste, welche theilweise die ursprüngliche Form
                              									beibehalten hatte. Die Zusammensetzung beider Theile war nahezu gleich; es enthält
                              									nämlich die
                           
                              
                                 
                                 vordere Hälfte
                                 hintere Hälfte
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 90,74
                                 90,00
                                 
                              
                                 Zink
                                 8,33
                                 8,98
                                 
                              
                                 Gold
                                 0,97
                                 0,91
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,04
                                 99,89
                                 
                              
                           In diesem Falle erwies sich die Golddecke etwas silber- und kupferhaltig;
                              									wahrscheinlich war legirtes Gold aufgewalzt worden.
                           Bei vielen anderen Schmuckgegenständen aus Talmigold findet man die Ersparnis;
                              									beobachtet, daß nur der dem Auge zur Schau gestellte Theil vergoldet, der andere
                              									dagegen unbelegt geblieben ist. Dieß war z.B. der Fall bei Manschettenknöpfen aus
                              									der Fabrik von Savoir in Paris, deren Producte sich
                              									übrigens vortheilhaft auszuzeichnen scheinen. Diese Knöpfe waren äußerst sauber in
                              									der Ausführung, elegant in der Form und mit geschmackvoller Verzierung versehen. Die
                              									obere Platte bestand aus dünnem, plattirtem Tombakblech, welches sich über einen den
                              									Rückentheil bildenden Doppelknopf salzte; der Zwischenraum war durch eine kleine
                              									Pappscheibe ausgefüllt. Der Fabrikstempel erschien scharf und deutlich ausgeprägt,
                              									und lautete:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 203, S. 297
                              
                           Beim Auflösen des oberen, vergoldeten Theiles in Salpetersäure blieb der Goldüberzug
                              									in der Form der Platte bis auf die feinsten Zeichnungen und Riffelungen unversehrt
                              									zurück, ein Beweis daß die Plattirung sehr gut ausgeführt war. Die Zusammensetzung beider Theile
                              									war folgende:
                           
                              
                                 
                                 Deckplatte
                                 Knopf
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 89,57
                                 82,37
                                 
                              
                                 Zink
                                   7,55
                                 17,06
                                 
                              
                                 Zinn
                                   1,12
                                   1,03
                                 
                              
                                 Gold
                                   0,97
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,23
                                 100,46   
                                 
                              
                           Man sieht, daß in diesem Falle eine doppelte Ersparniß beobachtet worden ist.
                              									Einestheils ist nur die beim Gebrauche zur Schau gestellte dünne Deckplatte mit
                              									solider Vergoldung versehen, während der dem Gewichte nach die Hauptmasse betragende
                              									eigentliche Knopf gar keinen Goldgehalt aufweist, und anderntheils hat man sich zur
                              									Anfertigung des letzteren einer zinkreicheren, somit billigeren Legirung bedient,
                              									wozu man übrigens auch der Erreichung des richtigen Farbentones halber genöthigt
                              									gewesen seyn dürfte. Ein derartiger Knopf läßt betreffs der Unveränderlichkeit kaum
                              									etwas zu wünschen übrig, und doch hat das geschickte Anbringen des Goldes nur einen
                              									geringen Aufwand an Edelmetall nöthig gemacht. Die als Decke dienende vergoldete
                              									Platte wog circa 0,2 Grm. und enthielt nicht ganz 0,002
                              									Grm. Gold, deren Werth sich auf nur ungefähr 0,6 Pfennig beläuft.
                           Diese Thatsache spricht unbedingt zu Gunsten der Pariser
                              									Bijouteriewaaren-Industrie und beweist, daß diese es sich angelegen seyn
                              									läßt, mit geringen Mitteln und zu niedrigem Preise Waaren von großer Vollkommenheit
                              									darzustellen, und daß sie bemüht ist, durch Verbesserung der Fabricationsmethoden
                              									und weise Eintheilung des Materiales den unausbleiblichen Preisdrückungen Rechnung
                              									zu tragen, anstatt den bequemeren Weg der Unsolidität zu betreten. Dieß ist auch zum
                              									Theil die natürliche Ursache, warum gerade die Pariser Bijouterien allenthalben
                              									geschätzt und denen anderen Ursprunges vorgezogen werden.
                           Der politische Umsturz der jüngsten Zeit hat auch auf die
                              									Schmuckwaaren-Erzeugung seinen Einfluß geltend gemacht, und man ist in
                              									Deutschland ernstlich daran gegangen, die Pariser Waare durch heimisches Fabricat zu
                              									ersetzen. Die Verhältnisse können für dieses Bestreben nicht günstiger seyn, als sie
                              									augenblicklich sind, zumal sich mit der Vertreibung der deutschen Arbeiterschaft vom
                              									fränkischen Boden die Verpflanzung dieses bedeutenden Industriezweiges ganz von
                              									selbst vollziehen wird. Um so ernstlicher aber wird man bemüht seyn müssen, der
                              									deutschen Waare denselben und noch besseren Ruf zu verschaffen, dessen die
                              									französische sich bisher erfreute, und da gilt es denn zunächst, dem Schwindel nach Kräften zu
                              									steuern, der seit längerer Zeit auch auf diesem Gebiete Platz gegriffen hat.
                           Dieser Schwindel wird vorzugsweise in der österreichischen Metropole in der
                              									großartigsten und widerlichsten Weise getrieben, und fast ausnahmslos mit deutschen
                              									Producten. Jede österreichische Zeitung führt uns eine Menge pomphafter Anpreisungen
                              									von Talmigold Schmuck vor Augen, welche den Unkundigen glauben machen müssen, daß
                              									Wien der bedeutendste Platz der Welt für die Fabrication und den Markt von
                              									Goldschmuck-Imitation sey. Ein jeder der sogenannten
                              										„Fabrikanten“ weiß sich mit dem Glorienscheine der
                              									Großartigkeit zu umgeben, ein jeder spricht von seiner
                              										„Industriehalle,“ seinem „Waarenhause“
                              									und deren Abtheilungen, z.B. Abth. III für Talmi, Abth. V für Stahlwaaren, und ein
                              									jeder endlich stellt sich als den Erfinder des Talmigoldes hin. Halten wir aber
                              									einen Umgang in diesen Geschäften, so finden wir, daß die Inhaber derselben Juden
                              									sind, welche das leichtgläubige Publicum in der dreistesten Weise ausbeuten, daß ihr
                              									Lagerbestand in gar keinem Verhältniß zu der gemachten Reclame steht, und daß kein
                              									einziger dieser „Fabrikanten“ eine Fabrik besitzt, daß vielmehr
                              									die von ihnen verkaufte Waare, mit Ausnahme gewisser Sorten von Uhrketten, welche
                              									von böhmischen Gürtlern (z.B. J. Heller in Teplitz)
                              									geliefert werden, durchweg deutsches Erzeugniß ist und
                              									aus süddeutschen Fabriken, z.B. aus Schwäbisch-Gmünd, Pforzheim etc., bezogen
                              									wird.
                           Es macht einen unangenehmen Eindruck, wenn man sieht, wie die deutsche
                              									Bijouteriewaaren-Fabrication sich in solcher Weise von Wiener Schwindlern
                              									mißbrauchen läßt, während diese gleichzeitig Pariser Waare mit der richtigen
                              									Quellenangabe verkaufen; noch verwerflicher aber muß es erscheinen, wenn man das
                              									Erzeugniß deutscher Industrie mit französischem Stempel versehen findet, weil es zu
                              									schlecht ist, um sich unter eigener Firma an's Licht zu wagen. Denn alle die
                              									Bijouterien, welche die Wiener Händler aus süddeutschen Fabriken beziehen und als
                              									Talmigold verkaufen, sind kein eigentliches Talmigold, sondern ordinärer, galvanisch
                              									vergoldeter Zehnkreuzerkram. Dieß beweisen die Untersuchungen verschiedener, in den
                              									betreffenden Geschäften gekaufter Schmucksachen, deren Resultate der Verf. nebst den
                              									bezüglichen Annoncen hier mittheilt.
                           In den österreichischen Tageszeitungen findet man in großem Druck folgende
                              									Annonce:
                           
                              „Neu erfundenes Edelmetall!
                              
                           
                              Talmigold!
                              
                           
                              Es wird garantirt, daß dieser Schmuck sich selbst nach langjährigem Tragen nicht verändert und
                                 										vom ächten nicht zu unterscheiden ist. (Folgen die Preise.)
                              
                           
                              Brillantschmuck, so ausgeführt wie ächter, da damit
                                 										selbst Kenner getäuscht werden. Dieser Schmuck ist aus ächtem Chinasilber oder
                                 										aus ächtem Talmigold, die Steine aus ächtem, mit Diamantstaub geschliffenen
                                 										Bergkrystall, welche niemals das lebende Feuer verlieren etc.
                              
                           
                              N. Glattan's
                              
                           
                              erster Pariser Bazar für Oesterreich in Wien, Kärnthnerstraße 51, Palais
                                 										Todesco.“
                              
                           Manschettenknöpfe, bei N. Glattan gekauft, waren sauber
                              									gepreßt und zeigten die Farbe röthlichen Goldes. Die Decke derselben war galvanisch
                              									vergoldet, der eigentliche Knopf nicht. Der Hohlraum zwischen beiden enthielt eine
                              									Einlage von gelber Pappe. Der Stempel war undeutlich ausgeprägt und lautet:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 203, S. 300
                              
                           Beim Auflösen in Salpetersäure blieb der Goldbeleg nicht als zusammenhängendes Ganze
                              									zurück, sondern erschien in spärlichen dünnen Flittern. Die Zusammensetzung beider
                              									Theile war folgende:
                           
                              
                                 
                                 Deckplatte
                                 Knopf
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 90,69
                                 88,16
                                 
                              
                                 Zink
                                   8,97
                                 11,42
                                 
                              
                                 Gold
                                   0,05
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,71
                                 99,58
                                 
                              
                           In einer anderen Anzeige heißt es:
                           
                              „Alle von anderen Firmen annoncirten Talmigold-Gegenstände sind
                                 										Nachahmungen von geringerer Qualität, wovor gewarnt wird.
                              
                           
                              Allein ächtes gediegenes Talmigold.
                              
                           
                              Dieses Talmigold ist eine patentirte Imitation von achtem 18karätigem Gold.
                              
                           
                              Talmigold Schmuck für die Ewigkeit!
                              
                           
                              (Folgen weitere Anpreisungen und Preisliste.)
                              
                           
                              Vereinigte Industriehalle Anton Rix, Wien, Praterstr.
                                 										16.“
                              
                           Diese „patentirte Imitation von 18karätigem Golde“, welche
                              									ebenfalls in Form von Manschettenknöpfen der Untersuchung unterworfen wurde, zeigte
                              									leichte Goldfarbe und war geschickt aus dünnem Blech gedrückt. Die Einlage bestand
                              									theils auß gelber, theils aus grauer Pappe; der Stempel war derselbe, welchen die Glattan'sche Waare trug. Die Analyse ergab:
                           
                              
                                 
                                 obere Platte
                                 unterer Theil mit Knopf
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 87,48
                                 83,13
                                 
                              
                                 Zink
                                 12,44
                                 16,97
                                 
                              
                                 Gold
                                   0,03
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,95
                                 100,10
                                 
                              
                           Die Vergoldung der Deckplatte war daher eine äußerst spärliche.
                           Noch sey einer Ankündigung gedacht, welche sich durch komische Originalität
                              									auszeichnet. Sie lautet:
                           
                              „Was ist Talmigold?“
                              
                           Was ist Talmigold? ist die allgemeine Frage. In den Schmuckwaaren-Fabriken des
                              									Waarenhauses Traugott Feitel wird, wie allgemein bekannt,
                              									das Talmigold erzeugt. Der Name Talmi kommt jedoch daher, daß unsere französischen
                              									Arbeiter, welche dort beschäftigt sind, den Namen Traugott auf Talmi abkürzten. Den überraschend
                              									großen Aufschwung, den unsere Erzeugung des Talmigold Schmuckes genommen, beweist am
                              									deutlichsten, daß wir bereits 1200 Arbeiter speciell für dieses Fach beschäftigen.
                              									Die täuschende Aehnlichkeit mit dem ächten, sowie die Solidität und Dauerhaftigkeit
                              									desselben machen den ächten Goldschmuck überflüssig, und die zahlreichen Aufträge
                              									aus den höchsten Kreisen des großen Publicums und Adels beweisen es, daß der ächte Talmigold-Schmuck sich allgemein Bahn
                              									bricht. Wir machen daher auf unsere Hauptniederlage,
                                 										Kärnthnerring 2, als das alleinige Depot von
                                 										Talmigold aufmerksam und warnen vor pomphaft angekündigten
                              									Nachahmungen.
                           Waarenhaus Traugott Feitel's,
                              									Talmigold-Abtheilung,Wien, Kärnthnerring 2.“
                           Die Waare, welche dieser bescheidene, fabriklose „Fabrikant“
                              									liefert, ist nicht um ein Haar besser, als die seiner Concurrenten. Auch bei ihm
                              									wurden Manschettenknöpfe getauft, die, was Farbe, Ausführung, Stempel etc. anlangt,
                              									an die durch Glattan erhaltenen erinnerten. Ihre
                              									Zusammensetzung wurde gefunden, wie folgt:
                           
                              
                                 
                                 Deckplatte
                                 Knopf
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 93,46
                                 84,55
                                 
                              
                                 Zink
                                   6,60
                                 15,79
                                 
                              
                                 Gold
                                   0,05
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,11   
                                 100,34   
                                 
                              
                           Angesichts solchen Schwindels muß man zunächst den Wunsch hegen, daß derselbe vom
                              									deutschen Boden verbannt bleiben möge, sowie daß die deutsche
                              									Bijouteriewaaren-Fabrication sich recht bald mindestens dieselbe Achtung
                              									erringen möge, deren die Pariser sich zeither erfreute, damit sie nicht nöthig habe,
                              									sich unter fremder Firma hinter Lug und Trug zu verkriechen, sondern mit offenem
                              									Visir in die Welt hinaus treten könne. Wie soll das Publicum Vertrauen zu einer
                              									Waare fassen, die ihm unter der bestimmten Versicherung ihrer Solidität, unter
                              									Garantieleistung entgegen gebracht wird, wenn es hinterher findet, daß es schändlich
                              									belogen wurde? Muß ein solches Gebahren nicht den ganzen Industriezweig schädigen,
                              									und muß der Fabrikant, welcher wirklich den redlichen Willen hat, Besseres zu
                              									liefern, nicht in seinen Bestrebungen und seinen Erfolgen gehemmt werden?
                           Die allgemeine Einführung der Goldplattirung an Stelle der leichten galvanischen
                              									Vergoldung würde unbedingt ein Schritt vorwärts seyn. Durch sie würde dem Publicum
                              									ein ebenso schöner als dauerhafter Schmuck zugänglich gemacht werden, ja, sie könnte
                              									berufen seyn, den jetzt bestehenden grellen Unterschied zwischen ächter und unächter
                              									Waare abzuschwächen, sobald durch gesetzliche Bestimmung der Goldgehalt der
                              									Plattirung in gewissen Abstufungen normirt würde, ganz so, wie die Löthigkeit des
                              									Silbers und die Karätigkeit des Goldes den Gehalt an Edelmetall bezeichnen, für
                              									welchen der Goldarbeiter einstehen muß. Wir wissen, daß die 1procentige Plattirung
                              									eine auf viele Jahre hinaus schützende Golddecke bildet; es hindert uns jedoch
                              									nichts, diese Plattirung 5-, 10-, 50- und mehrprocentig
                              									herzustellen, sobald von Seiten der Käufer Nachfrage darnach stattfindet. In der
                              									Kraft des Gesetzes liegt das einzige Mittel, dem auf Kosten des Publicums
                              									betriebenen unsinnigen Wettjagen der Concurrenz zu steuern, und an Stelle des
                              									jetzigen Legirungsverfahrens das viel rationellere Plattirungsverfahren zu setzen, welches, unbeschadet der Schönheit, die
                              									Anbringung einer stabilen unedlen Unterlage und die Bekleidung derselben mit einer
                              									Goldschicht von beliebiger Dicke und beliebigem, aber genau bestimmbarem Werth
                              									zuläßt. Es würde Vorurtheil seyn, wollte man sich scheuen, solid plattirte
                              									Schmucksachen zu tragen; ist es doch auch allgemeiner Brauch, furnirte Meubles zu
                              									führen, statt sie massiv aus Mahagoni anfertigen zu lassen. Die Goldplattirung
                              									hindert den Reichen nicht, sich nach Willkür mit Schätzen zu behängen, aber sie
                              									ermöglicht es dem Unbemittelten, sich mit gleichem und dauerndem Effect zu schmücken. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 39
                              									und 40.)