| Titel: | Ueber die neueren Vorrichtungen zum Vor- und Rückwärtswalzen; von P. Ritter u. Tunner. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LXXXVII., S. 338 | 
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                        LXXXVII.
                        Ueber die neueren Vorrichtungen zum Vor-
                           								und Rückwärtswalzen; von P. Ritter u. Tunner.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für
                                 								Berg- und Hüttenwesen, 1872, Nr. 7.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Tunner, über neuere Vorrichtungen zum Vor- und
                           								Rückwärtswalzen.
                        
                     
                        
                           Im Journal of the Iron- and Steel-Institute
                              									vom 1. Mai 1871 ist ein sehr beachtenswerther Artikel von Hrn. B. Walker in Leeds über die neueren Vorrichtungen zum
                              									Vor- und Rückwärtswalzen enthalten, der auch bei den Mitgliedern des
                              									Institutes, vor welchen der Verfasser denselben vorgetragen hat, allgemeinen Beifall fand.
                              									Leider sind die Zeichnungen und Beschreibungen dieser Vorrichtungen nicht detaillirt
                              									genug, um vollständig klar und verständlich zu seyn. Dessenungeachtet soll hier, in
                              									Anbetracht der praktischen Wichtigkeit des Gegenstandes, das Wesentlichste davon
                              									mitgetheilt werden.
                           Der vermehrte Bedarf an großen gewalzten Platten und Stäben hat das Vor- und
                              									Rückwärtswalzen zu einer Nothwendigkeit gemacht. Nenn alle übrigen Verhältnisse
                              									unverändert bleiben, so ist einleuchtend, daß durch die Umkehrung der
                              									Bewegungsrichtung der Walzen, anstatt des Ueberhebens und leeren Zurückgehens des
                              									Walzstückes über die Oberwalze, eine wirkliche Ersparung an Zeit und Arbeit die
                              									Folge seyn muß. Ueberdieß, bei dem leeren Zurückgehen des Walzstückes über die
                              									Oberwalze, bleibt das heiße Eisen zweimal so lange mit der Oberwalze in Berührung,
                              									daher letztere auch die doppelte Erhitzung empfängt; wie aber allgemein bekannt, ist
                              									die Begrenzung des in einer bestimmten Zeit zu erzeugenden Quantums an ausgewalzter
                              									Waare hauptsächlich durch die Erhitzung der Walzen bedingt. Daraus erhellt, daß
                              									unter übrigens gleichen Umständen die in ihrer Bewegungsrichtung umzukehrenden
                              									Walzen mehr Arbeit zu verrichten im Stande sind, als dieß bei Walzen ohne
                              									Umkehrvorrichtung möglich ist, und dazu kommt noch der Wegfall, das heiße Walzstück
                              									heben oder senken Zu müssen. Außerdem ist unter praktischen Walzern bekannt, wie
                              									vortheilhaft es bei dem Walzen großer Stücke aus Packeten in der Regel ist, wenn das
                              									zuletzt aus den Walzen kommende Ende bei dem nächsten Durchgang zuerst in die Walzen
                              									gelangt.
                           Das gewöhnliche Mittel zum Umkehren der Walzen in ihrer Bewegungsrichtung besteht in
                              									der Anordnung von fünf Zahnrädern, von welchen sich zwei auf derselben Achse
                              									befinden und in entgegengesetzten Richtungen laufen. Jedes dieser zwei lose auf der
                              									Achse sitzenden Zahnräder ist mit einer Klauenhülse versehen, deren Klauen aber
                              									gegenseitig in entgegengesetzter Richtung gestellt sind; und zwischen diesen beiden
                              									Klauenhülsen befindet sich auf derselben Hauptachse eine an beiden Rändern mit
                              									Klauen versehene und auf einem sogenannten Mitnehmer verschiebbare Hülse, kurz
                              									gesagt, es ist ein doppeltes Ausrückzeug. Der zu
                              									bewegende Walzentrain befindet sich mit dieser Hauptachse in einer Linie. Die
                              									mittlere, auf dem Mitnehmer verschiebbare Ausrückklaue wird in eine der beiden, mit
                              									den Zahnrädern verbundenen Seitenklauen, d. i. nach links oder rechts verschoben,
                              									bevor das Walzstück zwischen die Walzen gesteckt wird, und in dem Momente, bevor die
                              									Klauen des Ausrückzeuges fassen, befindet sich die Seitenklaue mit ihrem Zahnrade in
                              									voller Geschwindigkeit, während die verschobene Ausrückklaue und die Walzen noch in Ruhe sind. Die
                              									Verschiebung der Ausrückklaue erfolgt gewöhnlich vermittelst eines zweiarmigen.
                              									Hebels durch die Hand des Steuermannes; sie kann übrigens mit Vortheil durch Dampf
                              									oder hydraulischen Druck bewerkstelligt werden.
                           Diese Art der Umsteuerung muß nothwendig einen Stoß verursachen, dessen Gewalt von
                              									der Geschwindigkeit der Seitenklauen, dem Gewichte des Schwungrades, der
                              									Verbindungstheile und der Walzen abhängt. Die gewöhnliche Geschwindigkeit für
                              									derartige Walzvorrichtungen kann mit 25 Umgängen in der Minute angenommen werden. Es
                              									existiren zwar mehrere derlei Walzvorrichtungen mit Umsteuerung, welche bei Walzen
                              									mit 22 Zoll Durchmesser bis 35 Umgänge in der Minute machen; allein es ergeben sich
                              									dabei in Folge der gewaltigen Stöße nicht feiten Betriebsstörungen.
                           Zur Beseitigung dieses plötzlichen Stoßes oder Schlages sind verschiedene Vorschläge
                              									gemacht worden; Hr. Walker weiß aber nur eine dergleichen
                              									Anordnung namhaft zu machen, welche nach dem Entwurfe des Hrn. Bladen bei einem neu erbauten Walzwerke zu Jarrow wirklich versucht worden
                              									ist. Diese bestand darin, daß die Klauen des Ausrückzeuges in ähnlicher Art wie die
                              									Buffers bei den Eisenbahnwaggons etwas nachgiebig waren. So lange diese Einrichtung
                              									aushielt, entsprach sie dem Zwecke ganz gut, allein wegen fehlerhafter Construction
                              									wurde sie bald wieder beseitigt. Hr. Walker äußert
                              									jedoch, daß bei richtiger Ausführung durch dieses Mittel in der That eine
                              									wesentliche Verminderung des Stoßes erzielt werden könnte.
                           Hr. Walker selbst baute in der eigenen Werkstätte zu Leeds
                              									ein Grobeisenwalzwerk, welches mit 18zölligen Walzen und bei 40 Umgängen in der
                              									Minute eine Umsteuerungsvorrichtung mit doppeltem Ausrückzeug hat, ohne im Betriebe
                              									ungewöhnliche Störungen zu veranlassen; allein die Ursache der seltenen Brüche dabei
                              									ist nur in dem Umstande gelegen, daß damit ein kleineres Schwungrad verbunden wurde,
                              									als sonst üblich ist, und seine Erfahrungen führen ihn zum Ausspruche, daß ein
                              									schweres Schwungrad, im Interesse einer guten und billigen Walzarbeit zwar sehr
                              									erwünscht, zugleich aber eine der Hauptursachen von Brüchen sey. Walzwerke mit den
                              									vorgenannten Ausrückzeugen haben gewöhnlich zu wenig Dampfkraft, und zu große
                              									Schwungräder. Die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Plattenwalzwerkes, welches
                              									mit den Ausrückklauen umgesteuert wird, glaubt Hr. Walker
                              									mit entsprechender Sicherheit gegen Brüche zu 30 Umgängen in der Minute annehmen zu
                              									sollen. Diese Geschwindigkeit ist jedoch viel zu gering, sowohl für das Walzen der
                              									Platten wie der Bahnschienen und sonstiger größerer Stäbe, und deßhalb ist das seit Jahren bestehende
                              									allgemeine Verlangen der praktischen Walzer nach einem Mittel zur Umsteuerung der
                              									Walzen bei einer größeren Geschwindigkeit ein vollkommen berechtigtes. Die
                              									Geschwindigkeit der Walzen soll nur durch jene Grenze beschränkt seyn, wo die Kraft
                              									der Arbeiter in der Handhabung des Eisens bei dem Walzen unzureichend wird, sie soll
                              									daher bei den Walzen mit Umsteuerungsvorrichtungen nicht geringer seyn als bei jenen
                              									ohne Umsteuerung. Eine solche Geschwindigkeit ist jedoch bei der vorstehend
                              									erwähnten Umsteuerungsvorrichtung nicht zulässig.
                           Hr. Nasmyth gab zuerst den Vorschlag (und Hr. Ramsbottom führte denselben mit einigen Verbesserungen
                              									zuerst durch) für die Anwendung eines Systemes zum Umsteuern der Walzen, welches von
                              									der Geschwindigkeit ziemlich unabhängig ist. Der erste nach diesem System von Ramsbottom angelegte Walzentrain war durch horizontale
                              									Dampfmaschinen betrieben; später aber ist er mit diesem System auf den Betrieb durch
                              									zwei stehende Maschinen übergegangen. Die hierbei in Anwendung gebrachte Umsteuerung
                              									ist die bei Locomotiven gewöhnliche, nur ist anstatt des Umsteuerungshebels ein
                              									kleiner hydraulischer Cylinder vorhanden, worauf Ramsbottom ein Patent erhalten hat. Die hierbei zur Umsteuerung
                              									erforderliche Arbeit ist sehr gering, indem bloß ein mit dem hydraulischen Cylinder
                              									in Verbindung stehender Hahn zu drehen ist. Die Anordnung der Handhaben für die
                              									Regulirung des Dampfes und des Hahnes für den hydraulischen Cylinder ist derart
                              									getroffen, daß sowohl die Geschwindigkeit, wie die Umsteuerung der beiden Maschinen
                              									ganz in das Belieben des Steuermannes gestellt sind.
                           Bei diesem System beginnen die Walzen ihre umgekehrte Bewegung bei jeder Umsteuerung,
                              									ebenfalls nach einem Zustande der Ruhe, allein die Geschwindigkeit wird nur
                              									allmählich in dem Maaße vermehrt, als der Dampf in die Maschine gelangt, wodurch der
                              									Stoß vermieden wird. Das fast plötzliche Anhalten der Maschine, und somit der
                              									Walzen, wird durch Wendung der Dampfventile bewirkt, wodurch der Dampf auf die
                              									entgegengesetzte Seite des Kolbens gelangt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß,
                              									wenngleich die Maschine mit einer bedeutenden Geschwindigkeit läuft, durch das
                              									plötzliche Anhalten kein gewaltiger Stoß erfolgt, indem der Dampf selbst als Polster
                              									wirkt.
                           Das System des Hrn. Ramsbottom erlaubt jedoch nicht die
                              									Anwendung eines Schwungrades, sondern die Dampfcylinder müssen so groß seyn, daß
                              									ohne die Nachhülfe eines Schwungrades sogleich die volle Arbeit der Walzen beginnen
                              									kann. Nach Ansicht des Hrn. Walker verdient Hr. Ramsbottom alle Anerkennung für die Art und Weise, in
                              									welcher er dieses System bei den Walzen ausgebildet hat, indem er ursprünglich mit dem Glauben, daß
                              									Platten ohne Beihülfe eines Schwungrades ausgewalzt werden können, so ziemlich
                              									allein stand. Nachdem das Zahnräder-Verhältniß bei Ramsbottom 's Vorrichtung 7 : 18 ist, die Walzen einen Durchmesser von 24
                              									Zoll haben, und der Dampfkolben mit seiner gewöhnlichen Geschwindigkeit von 378 Fuß
                              									in der Minute sich bewegt, so ergibt sich eine Umfangsgeschwindigkeit für die Walzen
                              									von 125 Fuß per Minute, und die Zahl der Umdrehungen per Minute stellt sich nur auf 21.
                           Ein anderes System zur Umkehrung der Walzenbewegung ist das dem Hrn. F. W. Kitson, Besitzer von Monkbridge
                                 										Iron Works in Leeds, und dem Hrn. Chalas,
                              									Ingenieur dieser Hütte, patentirte. Hr. Kitson hat durch
                              									längere Zeit sich mit den Umkehrvorrichtungen der Walzen beschäftigt, und
                              									gegenwärtig befinden sich in Monkbridge Iron Works
                              									mehrere Walzentrains, welche mit der Umsteuerung nach seinem System versehen sind,
                              									im besten Betriebe.
                           Bei diesem System werden flache oder conisch geformte, auf der Hauptachse befindliche
                              									Fangscheiben durch hydraulischen Druck aneinander gerückt und fest gedrückt, wofür
                              									das Wasser durch das Centrum der Achse zugeführt wird. Hierbei ist ein gewöhnliches
                              									Schwungrad zulässig, und kann die Umkehrung der Walzenbewegung bei jeder
                              									Geschwindigkeit derselben erfolgen. Hr. Kitson verwendet
                              									gewöhnliche ebene Scheiben und die hydraulischen Cylinder wirken in einer Linie mit
                              									der Hauptachse. Wie leicht einzusehen, ist nur eine sehr geringe Bewegung der
                              									Fangscheiben, von etwa 1/8 Zoll erforderlich, daher der Bedarf an Wasser ein sehr
                              									geringer ist; auch sind bei diesem System zwei Cylinder nicht nothwendig.
                              									Thatsächlich können von einem Cylinder zwei Walzentrains betrieben werden, und läßt
                              									sich diese Vorrichtung mit Leichtigkeit bei jeder vorhandenen Maschine mit ihren
                              									Walzentrains anbringen. Es laufen bei diesem System die Maschine und die Räder immer
                              									in ein und derselben Richtung, nur die Bewegungsrichtung der Walzen wird umgekehrt.
                              									Die Reibungsfläche der beiden Fangscheiben ist so groß gemacht, daß dieselben durch
                              									den hydraulischen Druck festgehalten bleiben, ungeachtet sie eingeschmiert werden,
                              									um ein gegenseitiges Abreiben der Scheiben zu vermeiden. Wenn die Walzen in Betrieb
                              									gesetzt werden, laufen dieselben anfangs leer, daher hierbei nur so viel Reibung
                              									zwischen den Scheiben erforderlich ist, als zur Ingangsetzung der Walzen benöthigt
                              									wird und der vermehrte hydraulische Druck zum festeren Zusammenpressen der Scheiben
                              									stellt sich erst ein, nachdem dieselben bereits in Bewegung sind. Da der
                              									hydraulische Druck nur in der Richtung der Hauptachse wirkt, so wird dadurch auf die
                              									Lager der Achse kein Druck ausgeübt.
                           Hrn. Walker's Firma (Tannett,
                                 										Walker und Comp.) hat anstatt diesen Fang- oder
                              									Reibungsscheiben zum Umkehren der Walzenbewegung eine andere, allem Anscheine nach
                              									entschieden bessere Einrichtung getroffen, indem die Reibung auf einer cylindrischen
                              									Trommel mittelst einer schmiedeeisernen Bandbremse bewerkstelligt, daher bei relativ
                              									geringerem Druck eine größere Reibung erzielt wird. Das Anziehen der Bandbremse
                              									erfolgt durch einen hydraulischen Cylinder, welcher unter einem rechten Winkel zur
                              									Hauptachse wirkt. Das Wasser für diesen Cylinder wird durch das Centrum der Achse
                              									zugeführt. Das Bremsband kann mit einem Futter aus hartem Holze versehen oder gleich
                              									der Bremstrommel glatt bearbeitet und geschmiert werden. Es zeigt sich, daß eine
                              									sehr geringe Pressung zureichend ist, das Bremsband fest um die Trommel anzuziehen.
                              									Unmittelbar unter dem hydraulischen Cylinder ist ein Gleitstück vorhanden, welches
                              									auf der Bremstrommel ruht, wodurch der zur Anspannung des Bremsbandes erforderliche
                              									Druck auf der Trommel seinen Stützpunkt findet und somit jede Aeußerung desselben
                              									auf eine Biegung der Hauptachse behoben wird. Um die Außenseite des Bremsbandes sind
                              									Spiralfedern angebracht, welche in dem Augenblicke wo die Spannung durch den
                              									hydraulischen Druck aufhört, das Bremsband von der Bremstrommel abziehen.
                           Hrn. Walker's Firma in Leeds hat ein Paar
                              									Condensationsmaschinen mit 42zölligen Dampfcylindern und 5 Fuß Kolbenlauf gebaut,
                              									welche zwei Walzentrains für Platten betreiben, deren bis 8 Fuß lange Walzen 26 Zoll
                              									Durchmesser haben und in der Minute 35 Umdrehungen machen. Beide dieser Walzentrains
                              									sind mit der beschriebenen Umkehrungsvorrichtung versehen und zugleich von einander
                              									unabhängig. Selbst während die in der Walzung begriffene Platte noch zwischen den
                              									Walzen sich befindet, können die Walzen durch Aufhebung der hydraulischen Spannung
                              									nach Belieben augenblicklich in Stillstand versetzt und ebenso durch Wiedergabe der
                              									hydraulischen Spannung neuerlich, nach einer oder der anderen Richtung, in Bewegung
                              									gesetzt werden. Es ist das Aufheben und deßgleichen die Herstellung der
                              									Walzenbewegung in jedem Momente vollkommen in der Gewalt des Steuermannes gelegen.
                              									Dieses ist ein sehr großer Vortheil, im Falle die Platte sich um die Walzen zu
                              									biegen droht, indem die Walzen sogleich in Stillstand versetzt und sofort durch
                              									rückwärtige Bewegung die Platte zurückgebracht werden kann. Gewöhnliche Ausrückzeuge
                              									könnten bei der Größe und Geschwindigkeit dieser Walzen nicht angewendet werden; und
                              									selbst bei geringerer Geschwindigkeit, welche den Gebrauch des gewöhnlichen
                              									Ausrückzeuges zulassen würde, wäre es nicht möglich, eine sich umzuwickeln, oder
                              									sonst unrichtig durch die Walzen zu gehen beginnende Platte wieder
                              									zurückzugeben.
                           
                           Die hydraulische Umkehrvorrichtung kann in jedem gewünschten Augenblick zur Wirkung
                              									gebracht werden, während bei den gewöhnlichen Ausrückzeugen der Moment abgewartet
                              									werden muß, in welchem die Fangklauen die gegenseitig richtige Stellung erlangen.
                              									Durch das unzeitig versuchte Einrücken bei den gewöhnlichen Ausrückzeugen haben sich
                              									in früherer Zeit ernstliche Unglücksfälle ergeben, welche zuerst Hrn. Menelaus bestimmten, für die bewegliche Ausrückklaue eine
                              									eigene Führung für das richtige Eingreifen anzubringen.
                           Die vorgenannten Walzentrains mit der hydraulischen Umkehrvorrichtung wurden vorerst
                              									nur mit einem Schwungrade von 25 Tonnen (500 engl. Ctr.) versehen. Nachdem dieses
                              									sich im Gebrauche als ungenügend erwiesen hat, wurde es gegen ein anderes von 35
                              									Tonnen (700 engl. Ctr.) ausgewechselt. Die Umfangsgeschwindigkeit der Walzen kann
                              									dabei rund zu 240 Fuß in der Minute gerechnet werden, während die
                              									Kolbengeschwindigkeit an 500 Fuß in der Minute beträgt. Es dürfte dieß die größte
                              									Geschwindigkeit seyn, welche bisher bei irgend einem Plattenwalzwerke erzielt worden
                              									ist. Die gewöhnliche Umfangsgeschwindigkeit der Plattenwalzen beträgt nicht viel
                              									mehr als die Hälfte der angegebenen.
                           Bei den Walzwerken mit hydraulischer Umkehrvorrichtung, welche die Firma des Hrn. Walker bisher gebaut hat, ist zu dem Ende stets eine
                              									eigene, gewöhnliche Pumpe und ein Accumulator errichtet worden. Es wäre jedoch
                              									unbedenklich zulässig, diese dadurch zu vermeiden, die Vorrichtung zu vereinfachen,
                              									daß der Dampfdruck unmittelbar auf einen cylindrischen Wasserbehälter wirkend
                              									gemacht würde, indem eine Spannung von 4–6 Atmosphären ausreichend ist. Hr.
                              										Walker spricht die Ueberzeugung aus, daß in Zukunft
                              									die hydraulische Umkehrvorrichtung bei den schon bestehenden Platten-,
                              									Grobeisen- und Railswalzwerken in ausgedehnter Weise zur Anwendung gelangen
                              									wird, welche Ueberzeugung gewiß jeder Praktiker insolange theilen wird, als diese
                              									wichtige Verbesserung in der Walzwerksmaschinerie nicht durch eine andere Erfindung
                              									überboten wird.
                           Die beigegebene Zeichnung Fig. 1 und Fig. 2 ist eine getreue
                              									Copie aus dem Eingangs genannten Journal und bezieht sich dieselbe auf die Anlage,
                              									welche Hrn. Walker's Firma zum Betrieb von zwei
                              									Plattenwalzen-Trains mit 26zölligen Walzen für Hannach
                                 										und Sohn in Glasgow gemacht hat. Als Motor sind zwei Dampfcylinder von je
                              									42 Zoll Durchmesser vorhanden, und werden von diesen zwei verschiedene, auf den
                              									entgegengesetzten Seiten gelegene Walzentrains in Bewegung gesetzt. Eine nähere
                              									Beschreibung davon ist jedoch nicht gegeben, sondern es werden bloß einige
                              									Leistungsbeispiele von diesen und einigen anderen, nach demselben Systeme
                              									eingerichteten Walzentrains angeführt.
                           Deßgleichen ist nach der genannten Quelle in Figur 3 und 4 die genaue
                              									Copie einer von Hrn. Walker angegebenen
                              									Walzenbetriebs-Vorrichtung zu ersehen, welche sehr wirksam, nicht
                              									kostspielig, wenig Dampf verbrauchend und zum Betriebe von 24zölligen
                              									Platten- oder 28zölligen Stahlrails-Walzen anwendbar wäre. Der
                              									liegende Dampfcylinder ist mit 42 Zoll Durchmesser und 5 Fuß Kolbenweg angegeben;
                              									zur Ersparung an Dampf soll die Maschine mit Condensation versehen seyn. Eine nähere
                              									Beschreibung ist auch bei diesen Figuren nicht gegeben.
                           Bei der unter den anwesenden Mitgliedern des Iron and
                                 										Steel-Institute über diese Mittheilungen des Hrn. Walker eingetretenen Discussion berührten Sir John Alleyne von Butterly Iron
                                 										Works und Hr. Menelaus von Dowlais noch ein
                              									anderes System der Umkehrvorrichtungen für Walzen, welches von Hrn. Napier zu Glasgow versucht wird und auf dem Principe des
                              									Differentialhebels basirt. Die Einfachheit soll sehr für dieses letztere System
                              									sprechen, allein es scheint bisher noch nicht so erprobt zu seyn, wie dieß bei dem
                              									besprochenen hydraulischen System der Fall ist.
                           Mit voller Ueberzeugung sprach Hr. Bladen von Blochairn Iron Works Gunsten des Systemes der
                              									hydraulischen Umkehrvorrichtung, und es ist auf dessen Aeußerung um so mehr Gewicht
                              									zu legen, als er es praktisch mit zwei von Walker's Firma
                              									gelieferten Walzentrains mit hydraulischen Umkehrvorrichtungen zu thun hat. Jeder
                              									dieser beiden Trains enthält mehrere Walzenpaare, und haben die Walzen des einen 26
                              									Zoll starke, bis 8 Fuß lange, die des anderen 22zöllige Walzen; erstere werden bei
                              									45, letztere bei 55 Umgängen in der Minute anstandslos umgekehrt. Alle von Hrn. Walker im Vorhergehenden angeführten Vortheile dieser
                              									Umkehrvorrichtung bestätigt Hr. Bladen nach wiederholt
                              									damit gemachten Erfahrungen, wodurch Brüche oder ein Verderben des Walzgutes
                              									hintangehalten wurden. Bezüglich der Größe der Production äußert Hr. Bladen, daß mit einem solchen Walzentrain wöchentlich bei
                              									300 Tonnen (6000 Ctr.) Platten erzeugt werden; selbst bei sehr dünnen Platten werden
                              									in der zwölfstündigen Schicht 25 bis 26 Tonnen producirt.
                           Platten von 40 Fuß Länge und 38 Zoll Breite werden mit Leichtigkeit in einer Hitze ausgewalzt. Eine Platte, 11 Fuß 9 Zoll lang
                              									und 47 Zoll breit, mit einer Stärke von 7/16 Zoll wurde mit 15 Durchgängen zwischen
                              									den weichen Walzen, und 4 Durchgängen zwischen den harten Walzen, in 3 1/4 Minuten
                              									fertig gewalzt.
                           
                           Hr. Jeremiah Head und schließlich der Präsident des
                              									Institutes, Hr. Bessemer, erklärten sich ebenfalls ganz
                              									zu Gunsten der hydraulischen Umkehrvorrichtungen, und drückte der Präsident dem Hrn.
                              										Walker für seine Mittheilungen den Dank der
                              									Versammlung aus.
                           –––––––––
                           Mit den Figuren
                                 										5 und 6 und der folgenden Beschreibung soll hier versucht werden, die Anordnung
                              									dieser mechanischen Einrichtung in Uebereinstimmung mit Fig. 3 und 4 deutlicher zu machen.
                              										Fig. 5
                              									stellt einen horizontalen, durch die Mitte der Achsen geführten Schnitt dieser
                              									Vorrichtung dar.
                           A ist die von der Maschine betriebene Achse mit dem
                              									Schwungrade; B ist die Hauptachse, welche auf der Seite
                              										a mit dem Walzentrain verkuppelt wird, auf der Seite
                              										b die Zuführung des Wassers aufnimmt; c ist die Hülfs- oder Vorgelegsachse.
                           Das auf der Schwungradachse A befindliche Zahnrad c, sowie die beiden Zahnräder d und e der Achse C sitzen auf der betreffenden Achse fest; dagegen die Zahnräder f und g können sich auf der
                              									Achse B frei bewegen. Mit der Hauptachse B fest verbunden ist die Scheibe h, welche der Träger für das Bremsband, den hydraulischen Cylinder und die
                              									Kranzleisten ist, und zwar trägt dieselbe die gleichen, jedoch gegentheilig
                              									gestellten Bremsbänder k, k, hydraulische Cylinder l, l und Kranzleiste m, m,
                              									auf beiden Seiten. Die Bremstrommel n ist mit dem
                              									Zahnrade g und die Bremstrommel o mit dem Zahnrade f fest verbunden; auf der
                              									Achse B aber können sich diese Trommeln mit ihren
                              									verbundenen Zahnrädern frei bewegen, so lange die Bremse außer Wirkung ist. Jeder
                              									der zwei hydraulischen Cylinder l, l findet an dem
                              									Gleitstücke p, p seinen Stützpunkt, wodurch die
                              									hydraulische Spannung keinen Druck auf Biegung der Scheibe h und der Hauptachse B äußern kann.
                              									Selbstverständlich muß jedes dieser Gleitstücke, wie die hydraulischen Cylinder,
                              									eine auf der Scheibe h angebrachte Führung erhalten.
                           In b, q, r und b, q, s ist
                              									die Zuleitung des von dem hydraulischen Accumulator kommenden Wassers angedeutet.
                              									Damit das gespannte Wasser entweder nach r oder nach s geleitet werden kann, muß bei q eine außerhalb b regulirbare
                              									Umsteuerungsvorrichtung angebracht sehn. Diese Umsteuerung, von welcher in der
                              									englischen Quelle, als einer einfachen, sich gleichsam von selbst ergebenden
                              									Vorrichtung gar keine Erwähnung gemacht ist, kann durch eine von b nach q reichende Röhre
                              									oder Kolbenstange bewirkt werden, welche in der bei b
                              									anzubringenden Stopfbüchse ihre Drehung findet, oder mit der Achse B die Drehung mitmachen kann, und in der Achsenrichtung um den
                              									bei q angedeuteten Abstand der beiden nach r und s führenden
                              									Seitencanäle verschiebbar seyn muß, falls man es nicht vorziehen wollte, beide diese
                              									Seitencanäle im gleichen Abstande von b anzubringen. In
                              									der Zuleitungsröhre des Wassers muß jedenfalls ein Hahn angebracht seyn, durch
                              									dessen Drehung einerseits die Verbindung der Wassercirculation mit der innern
                              									Leitung nach r oder s, und
                              									andererseits die Verbindung dieser letzteren mit dem freien Austritte des Wassers
                              									bei dem Hahn hergestellt werden kann. Durch eine kleine Drehung dieses Hahnes wird
                              									daher das Anspannen wie das Nachlassen der Bandbremse, somit die Bewegung oder der
                              									Stillstand der Walzen vermittelt; wogegen die Entscheidung, ob die Bewegung der
                              									Walzen vor- oder rückwärts erfolgt, von der bei q
                              									vorhandenen, von b aus zu regulirenden Stellung der
                              									Röhren- oder Kolbensteuerung abhängt.
                           Bei der ersten Anwendung dieser hydraulischen Umkehrvorrichtungen ergaben sich
                              									Anstände zweifacher Art. Für's Erste geschah es bei dem Gebrauche des
                              									schmiedeeisernen Bremsbandes ohne Holzbelegung, daß in der Nachtschichte, wo die
                              									Arbeiter das Einschmieren vernachlässigten, die Bremse unerwartet so viel Reibung
                              									gab, daß die leer stehenden Walzen in Bewegung gesetzt wurden. Und zweitens blieben
                              									die Walzen oft nicht so augenblicklich stehen, als erwartet wurde, indem das
                              									Bremsband nicht rasch und vollkommen die Bremstrommel frei ließ, wie es seit der
                              									Einführung der sechs Spiralfedern t, t in Fig. 5 und 6 der Fall ist,
                              									welche auf der Außenseite des Bremsbandes wirksam sind, und augenblicklich, wie der
                              									Steuermann die hydraulische Spannung aufhebt, das Bremsband mit der Holzbelegung von
                              									der Berührung mit der Trommel abziehen.
                           Offenbar muß bei der raschen Walzung, wie sie im Vorhergehenden angegeben ist, für
                              									Plattenwalzen auch eine andere Walzenstellung, als mit den gewöhnlichen
                              									Stellschrauben eingeführt werden; denn die Stellung der Walzen mittelst dieser
                              									Stellschrauben erfolgt namentlich bei den ersten Durchgängen viel zu langsam.
                              									Vielleicht, daß auch hierbei der hydraulische Druck zu Hülfe genommen ist, oder daß
                              									die Drehung der Stellschrauben mit Dampfkraft erfolgt. Die englische Quelle berührt
                              									diesen Umstand gar nicht. Sollte wider Erwarten in dieser Beziehung keine Aenderung
                              									vorgenommen worden seyn, so würde daraus nur erhellen, daß die Vortheile, welche
                              									diese einfache, sinnreiche und praktische Umkehrvorrichtung mit der Bandbremse zu
                              									gewähren vermag, noch nicht gehörig ausgenutzt worden sind.
                           Möchte recht bald wenigstens eines der größeren Eisenwalzwerke in Oesterreich sich
                              									zur Annahme dieser hydraulischen Vorrichtung zum Vor- und Rückwärtswalzen
                              									entschließen, und sofern die hiermit gegebenen Erklärungen nicht genügen sollten, sich
                              									dieserwegen am besten unmittelbar an die genannten Firmen zu Leeds wenden. Uebrigens
                              									findet sich im Jahrg. 1871 des polytechn. Journals, Bd. CC S. 3–5 (aus Engineering, Februar 1871, S. 97) eine Beschreibung und
                              									Zeichnung des englischen Patentes von Walker und Pflaum, aus welcher wenigstens
                              									bezüglich der Umsteuerungsvorrichtung eine nähere Belehrung geschöpft werden kann,
                              									die sich von der im Vorhergehenden angedeuteten wesentlich unterscheidet. Daß durch
                              									diesen älteren Artikel in Dingler's Journal die
                              									vorliegende Mittheilung nicht überflüssig gemacht wird, ist am besten aus der
                              									Vergleichung zwischen beiden zu ersehen.
                           Leoben, im Januar 1872.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
