| Titel: | Ueber den Mejillones-Guano und seine Verwendbarkeit zu landwirthschaftlichen und chemisch-technischen Zwecken; von Dr. Herm. Vohl in Cöln. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. C., S. 402 | 
| Download: | XML | 
                     
                        C.
                        Ueber den Mejillones-Guano und seine
                           								Verwendbarkeit zu landwirthschaftlichen und chemisch-technischen Zwecken; von Dr.
                           								Herm. Vohl in Cöln.
                        Vohl, über den Mejillones-Guano.
                        
                     
                        
                           Nach den schätzenswerthen Mittheilungen des Hrn. Dr. Sauerwein (in der Berliner Bank- und
                              									Handelszeitung), welcher im Jahre 1866 die Guanolager in Mejillones (Bolivia)
                              									besuchte und dieselben in seiner Eigenschaft als Chemiker einer Untersuchung
                              									unterwarf, erhebt sich in der Bay von Mejillones, steil aus dem Meere ein 800 Fuß
                              									hohes Felsplateau von mehreren Meilen Ausdehnung, über welches an einigen Stellen
                              									noch ein Kamm einer hohen Bergkette emporragt.
                           Auf diesem Plateau herrscht vollständiger Wassermangel, keine Spur von Vegetation ist
                              									dort wahrzunehmen und die Lufttemperatur ist auf demselben beständig sehr hoch.
                           Am Fuße der eben erwähnten Gebirgskette liegt der Guano so zu sagen zu Tage, indem
                              									derselbe nur von einer dünnen Sandschicht bedeckt ist.
                           Bezüglich der Feststellung der Mächtigkeit dieser Lager sind seitens der betreffenden
                              									Regierungen Untersuchungen angestellt worden, welche jedoch bei der Ungewißheit und
                              									Unkenntniß der Bodensenkungen in ihren Schätzungen bedeutend von einander abweichen mußten und
                              									somit nicht vollkommen maaßgebend seyn können.
                           Nach diesen Schätzungen schwankt das Quantum der Gesammtmasse dieses Guanolagers
                              									zwischen 2 bis 4 Millionen Tonnen.
                           So viel geht jedoch aus diesen Schätzungen hervor, daß dieses Guanolager in seiner
                              									Bedeutung für die Versorgung des europäischen Düngermarktes vielleicht nur von den
                              									peruanischen Lagern übertroffen wird. Bezüglich der Mächtigkeit dieses Lagers ist
                              									noch zu bemerken, daß man nach Abtragung der eben erwähnten Sandschicht das Lager
                              									stellenweise 40 Fuß tief verfolgt hat, ohne jedoch das Ende der Ablagerung erreicht
                              									zu haben.
                           Die Mejillones-Guano-Lager liegen zwischen dem 23. und 25. Grade
                              									südlicher Breite in einem fast gänzlich regenlosen Klima und die
                              									Witterungsverhältnisse sind demnach denen Peru's ganz gleich; nichtsdestoweniger hat
                              									sich aber die Annahme, daß unter solchen Umständen der Stickstoffgehalt sich wie bei
                              									dem Peru-Guano erhalten müsse, nicht bestätigt, insofern der Stickstoffgehalt
                              									des Mejillones-Guano's bis auf 1/2 Proc. herabgesunken ist.
                           Welche Vorgänge das Verschwinden des Stickstoffes, resp. der stickstoffhaltigen
                              									Substanz bedingt haben und in welcher Form er ausgetreten ist, ist unbekannt. Man
                              									muß es dahingestellt seyn lassen, ob hier ein sehr hohes Alter der Lager oder
                              									Meerüberfluthung die Veranlassung waren.
                           Für letztere Annahme spricht zwar der Gehalt des Meerwassers an Chlorkalium,
                              									schwefelsaurer Magnesia und Chlormagnesium, wodurch das in Wasser schwer lösliche
                              									Kalimagnesiaphosphat und die zweibasisch-phosphorsaure Bittererde bei der
                              									Einwirkung auf den Guano entstanden seyn kann. Der Stickstoff konnte alsdann theils
                              									als Ammoniak verflüchtigt, theils als Ammoniaksalze ausgewaschen und letztere, in
                              									salpetersaure und salpetrigsaure Salze (Natronsalze) verwandelt, als leichtlösliche
                              									Verbindungen allmählich dem Untergrunde zugeführt worden seyn. Es ist demnach nicht
                              									unwahrscheinlich, daß sich an den tiefsten Stellen der
                                 										Mejillones-Guanolager Natronsalpeter (Chilisalpeter) finden wird.
                              									Nur durchgreifende Untersuchungen, an Ort und Stelle mit Sachkenntniß geleitet,
                              									können darüber Ausschlüsse geben und Gewißheit verschaffen.
                           ––––––––
                           Das Material zu meinen Untersuchungen habe ich von der Firma Gebrüder Schröder und Comp. in Hamburg erhalten und wurde dasselbe mir von
                              									dort in einer wohlverschlossenen Dose von Weißblech zugeschickt, so daß also ein
                              									Verlust an flüchtigen Bestandtheilen nicht gut möglich war.
                           
                           Der Mejillones-Guano ist von lederbrauner Farbe und feinpulveriger
                              									Beschaffenheit. Es sind demselben verhältnißmäßig nur geringe Mengen haselnußgroßer
                              									Knöllchen beigemischt, welche leicht zerdrückbar sind, im Inneren eine helle Farbe
                              									haben und auch einzelne Schichten einer dunkelbraunen, glänzenden, humusähnlichen
                              									organischen Substanz enthalten. Fragmente granitischen Gesteines enthält dieser
                              									Guano, jedoch nicht in erheblicher Menge. Der Gehalt an diesen Mineralsubstanzen
                              									übersteigt beim lufttrockenen Mejillones Guano niemals 3 Proc.
                           Beim Glühen im Platintiegel verliert er 14 bis 15 Proc. und hinterläßt 84 bis 85
                              									Proc. Asche. Die Ammoniakentwickelung ist beim Erhitzen schwach; die resultirte
                              									Asche ist fast weiß, in seltenen Fällen kaum gelblich gefärbt.
                           Mit Wasser behandelt werden von dem lufttrockenen Mejillones-Guano circa 6 Proc. gelöst. Die Lösung enthält schwefelsaure
                              									Magnesia, schwefelsauren Kalk neben Chlornatrium, Chlormagnesium, salpetrig-
                              									und salpetersaurem Natron und Spuren von Kali und
                              									Phosphorsäure.
                           In verdünnter Salzsäure löst sich der Mejillones-Guano unter
                              									Kohlensäureentwickelung und Hinterlassung einer braunen, humusähnlichen Substanz,
                              									mit großer Leichtigkeit auf. Der von der Säure nicht gelöste Rückstand hinterläßt
                              									beim Glühen nur Spuren von Asche. Die im Guano enthaltenen Granitstückchen bleiben
                              									selbstverständlich beim Behandeln mit Salzsäure ungelöst zurück.
                           Die quantitative Analyse ergab nachfolgende Resultate.
                           100 Gewichtstheile lufttrockenen Mejillones Guano's enthielten:
                           
                              
                                 Bestandtheile.
                                 I
                                 II
                                 III
                                 ImDurchschnitt.
                                 
                              
                                 KalkMagnesiaEisenoxydThonerdeKaliNatriumPhosphorsäureChlorSchwefelsäureKieselsäureKohlensäureWasser
                                    											(bei 100° C. flüchtig)organische Substanz (stickstofffrei)
                                    											und    gebundenes
                                    											WasserStickstoffGranittrümmer (unlösl. in
                                    											Salzsäure).Verlust
                                   30,6782    7,8453    0,1478    0,0048    0,5066    1,4497  35,8472    2,2251    1,5997    0,0438    1,6660    7,6858    6,5165    0,7700    2,3778    0,6357
                                   30,7134    8,0133    0,1498    0,0049    0,4988    1,4500  35,7114    2,2239    1,6003    0,0500    1,5980    7,6856    6,5174    0,7691    2,3802    0,6337
                                   30,5991    7,8994    0,1421    0,0046    0,5101    1,4601  36,0223    2,2260    1,6440    0,0440    1,5138    7,6858    6,5230    0,7635    2,3911    0,6041
                                   30,6636    7,9193    0,1466    0,0047    0,5051    1,4532  35,8603    2,2250    1,6036    0,0459    1,5926    7,6858    6,5189    0,7675    2,2830    0,7249
                                 
                              
                                 
                                 100,0000
                                 100,0000
                                 100,0000
                                 100,0000
                                 
                              
                           
                           Das in dem Mejillones-Guano enthaltene fertig gebildete Ammoniak betrug circa 0,02 Proc.; außerdem waren in demselben noch
                              									salpetersaure und salpetrigsaure Salze nachweisbar, deren quantitative Bestimmung
                              									jedoch der äußerst geringen Menge wegen unterlassen wurde.
                           Im verflossenen Sommer und Herbst wurde der Mejillones-Guano auch noch von den
                              									HHrn. Hermann v. Liebig in München, Fresenius und Neubauer in Wiesbaden, Louis Marquart in Hamburg, C. Karmrodt in Bonn (Versuchsstation), Th. Kyll in
                              									Cöln und Märcker in Halle a. S. (Versuchsstation)
                              										untersucht.Diese Analysen sind einer Brochüre entnommen, betitelt: Mejillones-Guano, Hamburg bei Carl Reese, 1871. Ich führe diese Analysen deßhalb hier an, weil sie in ihren Resultaten
                              									bedeutend von einander abweichen und die in Folge derselben gefällten Urtheile in
                              									mancher Hinsicht unrichtig und deßhalb werthlos sind und zu Täuschungen Veranlassung
                              									geben können;
                           Die beiden ersten Analysen sind mit großer Sorgfalt und ausführlich gemacht worden,
                              									weßhalb denn auch die Ergebnisse derselben uns ein richtiges Bild bezüglich des
                              									Düngerwerthes des Mejillones-Guano's darbieten können. Was die dritte Analyse
                              									anbetrifft, so vermißt man die Bestimmung der Alkalien, resp. die des Kalis,
                              									obgleich dieses für die Düngerwerthbestimmung nothwendig war. Bezüglich der vierten Analyse ist zu
                              									bemerken, daß bei der Alkalienbestimmung ein erheblicher
                                 										Fehler begangen wurde, welcher die Werthbestimmung bedeutend alterirt.
                           Was die fünfte, die Kyll'sche Analyse betrifft, so müssen
                              									wir leider gestehen, daß dieselbe höchst mangelhaft und
                                 										dürftig ausgeführt ist. Die Untersuchungen des Hrn. Kyll erstrecken sich nur auf die Bestimmung der
                                 										Gesammt-Phosphorsäure; der Gehalt ist nur annähernd angegeben.
                              									Nichtsdestoweniger erlaubt sich der Analytiker ein Urtheil bezüglich des
                              									Düngerwerthes des Mejillones-Guano's. Ich werde auf diese Untersuchung noch
                              									zurückkommen.
                           Bezüglich der letzten, der Märcker'schen Analyse ist zu
                              									bemerken, daß dieselbe höchst mangelhaft ausgeführt ist und die einzelnen Angaben
                              									unmöglich richtig seyn können. Märcker hat weder das
                              									Chlor noch die Kohlensäure bestimmt. Bei den Alkalien ist eine summarische
                              									Bestimmung derselben aufgeführt, obgleich es von der größten Wichtigkeit war den Kaligehalt genau zu kennen, da ja von diesem Körper der
                              									Düngerwerth des Mejillones Guano's mit abhängig ist. Die Schwefelsäure ist fast um
                              									das Vierfache zu hoch und die Phosphorsäure offenbar zu niedrig von ihm angegeben.
                           
                           Ferner ist bezüglich der Löslichkeit des Mejillones-Guano's in Wasser auch
                              									nicht das Geringste gesagt, nichtsdestoweniger aber die Unbrauchbarkeit desselben
                              									zur directen Düngerverwendung unbedingt ausgesprochen. Man begreift nicht, daß die
                              									Versuchsstation Halle a. S., auf eine derartige höchst mangelhafte Analyse sich
                              									stützend, ein derartiges Urtheil aussprechen konnte.
                           Die oben genannten Analytiker fanden in 100 Gewichtstheilen lufttrockenen
                              									Mejillones-Guano's:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 203, S. 405
                              Bestandtheile; Herm. v. Liebig in
                                 										München; Fresenius und Neubauer in Wiesbaden; L. Marquart in Hamburg; L.
                                 										Karmradt in Bann; Theod. Kyll in Cöln; Märckert in Halle a. d. S.;
                                 										Phosphorsäure; Phosphors. Eisenoxyd; Eisenoxyd; Kalk; Magnesia; Schwefelsäure;
                                 										Chlor; Kali; Natron; Natrium; Ammoniak; Salpetersäure; Stickstoff; Wasser;
                                 										organische Substanz u. gebundenes Wasser, Wasser (bei 150° C.); Sand und
                                 										in Salzsäure unlösl.; Mineralien
                              
                           Alle Analysen, außer der Kyll'schen, welche überhaupt so
                              									gut wie keinen Aufschluß gibt, rechtfertigen die Ansicht,
                              									daß außer dreibasisch-phosphorsaurem Kalk (3CaO, PO⁵) auch noch
                              									zweibasisch-phosphorsaure Magnesia (2MgO, HO, PO⁵) in dem
                              									Mejillones-Guano enthalten und daß demnach seine Zusammensetzung, der des
                              									Backer-Guano's sehr ähnlich ist, nur mit dem Unterschiede daß der
                              									Mejillones-Guano einen höheren Alkaliengehalt zeigt.
                           Unter dem Mikroskop zeigt sich der Mejillones-Guano als eine völlig amorphe
                              									Masse, wie man dieses auch beim Backer-Guano beobachtet hat.
                           
                           Die organische Substanz welche der Mejillones-Guano enthält, zeigt unter dem
                              									Mikroskop auch keine Spur von Structur, wohingegen der Backer-Guano
                              									Wurzelfasern von Grasarten deutlich erkennen läßt.
                           Was zunächst den Phosphorsäuregehalt des Mejillones-Guano's anbetrifft, so ist
                              									derselbe so hoch, daß dieser Guano eine der reichsten und
                                 										billigsten Phosphorsäurequellen darbietet und es dürfte daher seine Verwendung
                                 										nicht allein in der Landwirthschaft, sondern auch zu anderen
                                 										chemisch-technischen Zwecken angezeigt seyn.
                           Bezüglich seines reichen Phosphorsäuregehaltes gibt nachfolgende Zusammenstellung
                              									genügenden Aufschluß.
                           Durchschnittlich enthalten (im lufttrockenen Zustande) 100 Gewichtstheile an
                              									Phosphorsäure:
                           
                              
                                 
                                    Peru-Guano
                                    
                                    Jarvis-Guano
                                    
                                    rohes oder
                                       												gedämpftes Knochenmehl
                                    
                                    Beinschwarz
                                    
                                    Lahn-Phosphorit
                                    
                                    südamerikanische Knochenasche
                                    
                                    Navassa-Phosphorit
                                    
                                    Sombrero-Felsen-Guano
                                    
                                    Backer-Guano
                                    
                                 14
                                    											Gewichtstheile21          
                                    											„22          
                                    											„31          
                                    											„32          
                                    											„33          
                                    											„34          
                                    											„35          
                                    											„35          
                                    											„
                                 Phosphorsäure„„„„„„„„
                                 
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 nach Freseniusund Neubauer
                                 
                              
                                 
                                    Mejillones-Guano
                                    
                                 35,8603   „
                                 „
                                 
                                 nach Vohl.
                                 
                              
                           Der hohe Phosphorsäuregehalt des Mejillones-Guano's, sowie sein Gehalt an Kali
                              									und seine höchst feinpulverige amorphe Beschaffenheit sprechen für die Anwendung
                              									desselben in der Landwirthschaft; seine leichte Auflöslichkeit in Säuren, der
                              									äußerst geringe Eisengehalt und der verhältnißmäßig geringere Nasengehalt gegenüber
                              									den anderen Guanosorten empfehlen seine Anwendung zur Darstellung hochgrädiger
                              									Superphosphate.
                           Wenn auch die Chemie, resp. die Analyse allein uns nicht
                              									in den Stand zu setzen vermag, bezüglich der Wirkung eines Düngemittels ein vollgültiges Urtheil zu fällen, so gibt sie doch Anhaltspunkte, welche uns berechtigen einen mehr oder
                              									minder günstigen Erfolg in sichere Aussicht zu stellen.
                           Geben die chemischen, sachgemäßen und erschöpfenden
                                 										Untersuchungen uns ein günstiges Resultat und
                              									stellen sie demnach einen günstigen Erfolg in Aussicht, so ist der praktische Versuch im Großen angezeigt,
                              									welcher alsdann bezüglich des Effectes, resp. des eigentlichen Düngerwerthes
                              									entscheidet; prognosticiren uns hingegen die erschöpfenden chemischen Untersuchungen keinen günstigen Düngungserfolg, so ist der praktische Versuch
                                 										nutzlos.
                           Es handelt sich also zuerst darum, die Frage zu
                              									beantworten:
                           
                              „bietet die Zusammensetzung und das Verhalten des
                                    											Mejillones-Guano's zu Lösungsmitteln, irgend eine Aussicht zur
                                    											vortheilhaften directen Verwendung desselben als
                                    										Düngemittel?“
                              
                           Daß der Chemiker diese Frage zu beantworten vermag, unterliegt nicht dem geringsten
                              									Zweifel, wenn er die zur Beantwortung benöthigten richtigen
                                 										und erschöpfenden Untersuchungen mit Sachkenntniß und Beharrlichkeit
                              									anstellt. Eine bloße qualitative und quantitative Analyse ist nicht ausreichend.
                           Zur Beantwortung dieser Frage wurde zunächst das Verhalten des
                              									Mejillones-Guano's zu Wasser geprüft.
                           Schon früher habe ich angegeben, daß durch Behandeln des Mejillones-Guano's
                              									mit Wasser circa 6 Proc. von demselben gelöst werden und
                              									daß diese Lösung schwefelsaure Magnesia, Gyps, Chlornatrium, Chlormagnesium,
                              									salpetrig- und salpetersaures Natron neben Spuren
                              									von Kali und Phosphorsäure enthält.
                           Die Untersuchungen von Herm. v. Liebig, Marquart, und Fresenius
                                 										und Neubauer bestätigen diese Angaben, dagegen gibt Karmrodt an, daß der wässerige Auszug des Mejillones-Guano's die sämmtlichen Verbindungen der Alkalien (?) neben Gyps
                              									enthalte.
                           Diese Angabe Karmrodt's ist offenbar unrichtig, da das in dem Mejillones-Guano vorkommende Kali in der
                              									Form von Magnesia-Kaliphosphat enthalten und dieses Salz so gut wie unlöslich in Wasser ist, weßhalb dasselbe nicht in
                                 										dem wässerigen Auszug enthalten seyn kann. Aus diesem Grunde mag Karmrodt auch den Kaligehalt der
                                 										salzsauren Lösung übersehen und deßhalb den Kaligehalt zu gering gefunden haben.
                           Bezüglich der Phosphorsäuresalze gibt Karmrodt an, daß der
                              									Mejillones-Guano keine leichtlöslichen enthalte
                              									und wir werden später sehen, daß auch diese Angabe Karmrodt's
                                 										nicht richtig ist, daß vielmehr dieser Guano die phosphorsauren Salze in
                              									einer Form enthält wornach sie in Bezug auf die düngende Kraft derselben von allen
                              									Agricultur-Chemikern als leichtlösliche
                              									Phosphorsäuresalze bezeichnet werden müssen.
                           Es ist ja selbstverständlich, daß es hier nicht darauf ankommen kann, ob die
                              									Phosphorsäureverbindungen leicht von Wasser aufgelöst werden, sondern ob dieselben dem Boden
                              									zugemischt durch die Einwirkung der Verwitterung und Verwesung, resp. durch
                              									Einwirkung der Kohlensäure, in Wasser löslich und dadurch für die Pflanzen
                              									assimilirbar werden. Ist dieses der Fall, so nennt man sie in Bezug auf Verbindungen
                              									welche diese Eigenschaften nicht besitzen, z.B. die
                              									Lahn-Phosphorite, leicht löslich, d.h. leicht assimilirbar.
                           Um ein richtiges Urtheil in dieser Hinsicht fällen zu können, muß man bei den
                              									anzustellenden Versuchen diesen Anforderungen und Bedingungen Rechnung tragen; alle
                              									Schlußfolgerungen welche sich nur auf die einfache qualitative oder quantitative
                              									Analyse stützen (wie z.B. bei Kyll, Karmrodt und Märcker), sind zum Mindesten höchst gewagt und im
                              									Allgemeinen fast immer unrichtig.
                           Um über die Löslichkeit, resp. Assimilirbarkeit der im Mejillones-Guano
                              									enthaltenen phosphorsauren Salze einen genügenden Aufschluß zu erhalten, wurden
                              									nachfolgende Versuche von mir angestellt.
                           100 Gramme lufttrockener Mejillones-Guano wurden, nachdem sie mit kaltem
                              									destillirtem Wasser vollständig ausgezogen worden waren, mit kohlensäurehaltigem Wasser behandelt und das Filtrat einer genauen Analyse
                              									unterworfen.
                           Das kohlensaure Wasser enthielt circa die Hälfte seines
                              									Volumens Kohlensäure; 500 Kub. Cent. desselben passirten in 2 1/4 bis 2 1/3 Stunden
                              									das mit dem ausgewaschenen Guano gefüllte Filtrum, wobei das Niveau in demselben
                              									stets constant gehalten wurde.
                           Die Temperatur bei welcher die Versuche angestellt wurden, betrug + 9 bis +
                              									10° C.
                           Das erste Filtrat enthielt außer erheblichen Mengen Gyps, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia und Kali.
                           500 Kub. Cent. des ersten Filtrates enthielten außer Gyps:
                           
                              
                                 
                                    phosphorsauren Kalk
                                    
                                 0,214
                                 Gramme
                                 
                              
                                 
                                    phosphorsaure Magnesia
                                    
                                 0,037
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Kali
                                    
                                 0,040
                                 „
                                 
                              
                           Die zweiten 500 Kub. Cent. Auszug enthielten nur Spuren von
                                 										Gyps und der Kaligehalt hatte abgenommen, dagegen hatte sich der
                              									phosphorsaure Kalk vermehrt. Die Analyse ergab:
                           
                              
                                 
                                    phosphorsauren Kalk
                                    
                                 0,306
                                 Gramme
                                 
                              
                                 
                                    phosphorsaure Magnesia
                                    
                                 0,042
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Kali
                                    
                                 0,006
                                 „
                                 
                              
                           Nachdem 10 Liter kohlensäurehaltiges Wasser auf den Guano eingewirkt hatten,
                              									enthielten die letzten 500 Kub. Cent. Filtrat:
                           
                           
                              
                                 
                                    phosphorsauren Kalk
                                    
                                 0,279
                                 Gramme
                                 
                              
                                 
                                    phosphorsaure Magnesia
                                    
                                 0,039
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Kali
                                    
                                 Spuren
                                 
                                 
                              
                           Es unterliegt also keinem Zweifel, daß man durch Behandeln mit kohlensäurehaltigem
                              									Wasser den größten Theil der Phosphate dem Mejillones-Guano entziehen
                              									kann.
                           Ein zweiter Theil des mit destillirtem Wasser vollständig
                                 										erschöpften Mejillones-Guano's wurde noch feucht in eine mit
                              									Sauerstoff gefüllte und mit Quecksilber abgesperrte Glasglocke gebracht. Nach 24
                              									Stunden enthielt die Glocke kein reines Sauerstoffgas mehr, sondern der Inhalt
                              									bestand aus einem Gemisch von Sauerstoff und Kohlensäure, und zwar betrug letztere
                              									annähernd 20 Proc. des Gasgemisches. Nach 5 Tagen enthielt die Glocke fast reine Kohlensäure und das Gasvolumen hatte außerdem
                              									um 1/4 (seines Volumens auf 0° C. und Normalbarometerstand berechnet)
                              									abgenommen.
                           Ein ähnliches Resultat wurde erzielt, wenn statt des reinen Sauerstoffes
                              									atmosphärische Luft in Anwendung kam.
                           Es geht aus diesen Versuchen klar hervor, daß die im Mejillones-Guano
                              									enthaltene organische Substanz sehr leicht Sauerstoff aufnimmt und Kohlensäure
                              									bildet, welche letztere theilweise von demselben zurückgehalten wird.
                           Die Resultate dieses Versuches ließen a priori annehmen,
                              									daß ein Theil der Phosphate durch diesen Proceß leicht
                                 										löslich in Wasser geworden sey.
                           Zur Feststellung dieser Annahme wurde der sowohl mit reinem
                                 										Sauerstoff wie auch mit atmosphärischer Luft
                              									behandelte Guano mit destillirtem Wasser behandelt und das Filtrat untersucht.
                              									Dasselbe enthielt eine reichliche Menge phosphorsauren Kalk,
                                 										phosphorsaure Magnesia und Kali.
                           Ein dritter ausgewaschener Theil wurde nach der Methode
                              									von R. Fresenius mit einer Auflösung von citronensaurem
                              									Ammoniak behandelt und das Filtrat untersucht. Das Filtrat welches im Anfang fast
                              										nur Gyps enthielt, wurde später reich an Phosphorsäuresalzen. Es wurden auf diese Weise 4,568 Proc.
                              									Phosphorsäure oder circa 12,7 Proc. des
                              									Gesammt-Phosphorsäuregehaltes ausgezogen, und es unterliegt keinem Zweifel
                              									daß ein Theil der Phosphorsäure in dem sogenannten zurückgegangenen Zustande in dem Mejillones-Guano enthalten
                              									ist.
                           
                           Aus diesen Versuchen geht unzweifelhaft hervor, daß die in dem
                                 										Mejillones-Guano enthaltenen Phosphate durch kohlensaures Wasser leicht
                                 										gelöst werden und demnach für die Pflanzen als leicht
                                 										assimilirbar zu betrachten sind; daß ferner die in dem
                              									Mejillones-Guano enthaltene organische Substanz sich
                                 										mit großer Leichtigkeit oxydirt, Kohlensäure liefert und so zur Assimilirbarkeit
                                 										mit beiträgt, und daß endlich der Mejillones-Guano einen Theil seiner Phosphorsäure als sogenannte zurückgegangene enthält. Es ist demnach die directe Verwendung des Mejillones-Guano's auf
                                 										humusreichem Boden angezeigt, wie dieses auch von Herm. v. Liebig, Fresenius und Neubauer, und von Marquart angenommen wurde.
                           Seite 17 der angezogenen Brochüre sagt Herm. v. Liebig:
                           
                              „Trotzdem dürfte in vielen Fällen, wo sich humusreicher Boden findet, auf
                                 										feuchten Wiesen und mit Stallmist als Beimischung, seine Anwendung sich als
                                 										vortheilhaft bewähren.“
                              
                           Seite 21 sagt Marquart:
                           
                              „Die Chemie ist nicht im Stande, die Frage, ob der Mejillones-Guano
                                 										in rohem Zustande mit gutem Erfolge anwendbar ist,
                                 											a priori mit positiver Gewißheit zu entscheiden,
                                 										wohl aber liegt in der äußeren Beschaffenheit und in dem chemischen Verhalten
                                 										desselben viel Grund zu der Annahme vor, daß der Erfolg ein guter seyn muß.“
                              
                           
                              Am günstigsten wird sich sein Einfluß auf humusreichem Boden und auf sauren
                                 										Wiesen erweisen; in anderen Fällen dürfte der Erfolg vielleicht nicht so schnell
                                 										in die Augen springend seyn, dafür aber wird die Wirksamkeit um so nachhaltiger
                                 										seyn und sich noch im zweiten und vielleicht im dritten Jahre äußern, so lange
                                 										sich überhaupt noch etwas von dem Guano im Boden unzersetzt
                                 										vorfindet.“
                              
                           Seite 32 sagen Fresenius und Neubauer:
                           
                              „Außer dem hohen Phosphorsäuregehalt zeichnet sich der
                                 										Mejillones-Guano dadurch aus, daß er schon von Natur in einem sehr
                                 										feinpulverigen Zustand, oder doch in Knollen vorkommt, welche sich mit großer
                                 										Leichtigkeit zerdrücken und in Pulver verwandeln lassen, daß die darin
                                 										enthaltenen phosphorsauren Salze sich schon in schwach sauren Lösungsmitteln
                                 										relativ leicht lösen und daß der Guano fast ganz eisenfrei ist. Sind die ersten
                                 										Umstände geeignet, den Mejillones-Guano der
                                    											Landwirthschaft zur directen Verwendung zu empfehlen, so wird er durch
                                 										seine Leichtlöslichkeit und eisenfreie Beschaffenheit namentlich den
                                 										Düngerfabriken zur Bereitung eines ausgezeichneten und haltbaren Superphosphates
                                 										willkommen seyn.“
                              
                           Die Aeußerungen der anderen Analytiker stehen mit diesen wohlbegründeten Ansichten in directem Widerspruche; sie sind, auf
                              									mangelhafte und unrichtige Analysen gestützt, vollständig werthlos.
                           
                           Kyll sagt z.B. Seite 36:
                           
                              „Der Natur des Materiales nach paßt dasselbe weniger gut zur directen Verwendung als Dünger, sondern wird sich
                                 										dasselbe meiner Ansicht nach am besten als ausgedehntes Fabrikmaterial (soll
                                 										wohl heißen Fabricationsmaterial) zur Darstellung von
                                 										hochgradigen Superphosphaten u.s.w. empfehlen.“
                              
                           Wie schon früher erwähnt, hat Kyll nur annähernd den
                                 										Gesammt-Phosphorsäuregehalt bestimmt; die zur Beurtheilung
                              									nothwendigen Untersuchungen bezüglich des Verhaltens dieses Guano's zu
                              									Lösungsmitteln etc. wurden aber von ihm gänzlich unbeachtet gelassen, weßhalb er
                              									denn auch unberechtigt war, irgend ein maßgebendes Urtheil bezüglich der directen Verwendung zu fällen.
                           Kyll sagt auf derselben Seite, Zeile 7 v. o.:
                              										„Die Beschaffenheit dieses Guano's und seine Reinheit sind aber ganz
                                 											vorzüglich.“ Dieser Satz steht in
                              									directem Widerspruch mit seinem gefällten Urtheil, insofern zu einer vorzüglichen Beschaffenheit eines Guano's doch gewiß die
                                 										leichte Assimilirbarkeit desselben gehört und ein Guano ohne diese
                              									Eigenschaft offenbar nicht von vorzüglicher
                                 										Beschaffenheit ist.
                           Auf Seite 39 sagt Märcker:
                           
                              „Was nun die Verwendung des Mejillones-Guano's anbetrifft, so muß
                                 										allerdings anerkannt werden, daß sich die zur Untersuchung eingesandte Probe in
                                 										einem vorzüglichen Zustande von feiner Vertheilung
                                 										(!) befand, so daß nicht zu bezweifeln ist, daß die Lösung
                                    											der in ihm enthaltenen Phosphate im Boden verhältnißmäßig leichter vor sich
                                    											gehen wird, wie diejenige der auf Maschinen in pulverige Form
                                 										verwandelten mineralischen Phosphate; jedoch kann vor Ausführung von Versuchen,
                                 										bei dem ungünstigen Ausfall der bisher mit unaufgeschlossenen Phosphaten
                                 										angestellten Düngungsversuche, zu einer Verwendung des unaufgeschlossenen
                                 										Mejillones-Guano's nicht gerathen
                                 										werden.“
                              
                           Man versteht nicht, warum Märcker trotz der vorzüglichen feinen Zertheilung und der unzubezweifelnden
                                 										verhältnißmäßigen leichten Löslichkeit desselben im Boden, die Verwendung in
                                 										unaufgeschlossenem Zustande nicht für zulässig erachtet. Warum Märcker die
                              									Versuche bezüglich der Löslichkeit und Assimilirbarkeit des
                              									Mejillones-Guano's unterlassen hat, ist unerklärlich, besonders da sich die
                              									Versuchsstation über die directe Verwendung dieses
                              									Guano's aussprechen sollte. Die von ihm angestellte, theils mangelhafte, theils
                              									unrichtige Analyse konnte ihn zu einem vollwichtigen Urtheil nicht berechtigen.
                           
                           Was die Anwendung des Mejillones-Guano's zur Darstellung
                                 										von Kunstdünger (Superphosphaten) anbetrifft, so ist seine überaus vortheilhafte Verwendbarkeit hierzu allseitig
                                 										anerkannt.
                           Was jedoch die Art und Weise des Aufschließens betrifft, so sind die Ansichten
                              									bezüglich der Quantität und auch der Stärke der anzuwendenden Schwefelsäure sehr
                              									divergirend.
                           Die von Marquart gemachten Angaben verdienen eine
                              									besondere Beachtung. Sie zeugen von Sachkenntniß und praktischem Sinn, weßhalb ich
                              									sie hier anführen will.
                           Nach seinen Erfahrungen soll man 80 Gewichtstheile 50procentiger Schwefelsäure
                              									allmählich mit 100 Gewichtstheilen lufttrockenem Mejillones-Guano sorgfältig
                              									mischen, mit der Vorsicht daß man die Temperatur 60–70° C. nicht
                              									übersteigen läßt. Letzteres erreicht man durch fleißiges Umrühren, resp. Mischen.
                              									Man erhält auf diese Weise 173,7 Gewichtstheile eines Superphosphates welches
                              									zwischen 20 und 21 Proc. leicht lösliche Phosphorsäure enthält.
                           Durch meine Versuche habe ich die Angaben Marquart's
                              									bestätigt gefunden.
                           Es ist eine bekannte Thatsache, daß man zum Aufschließen der verschiedenen
                              									Düngemittel (Phosphorite, Guano, Knochen etc.) keine
                                 										concentrirte Säure anwenden darf, weil eben auf der einen Seite ein gewisser Wassergehalt zur Bildung der Zersetzungsproducte
                              									(Gyps, saure phosphorsauren Salzen und Sulphaten) unumgänglich nöthig ist, und auf
                              									der anderen Seite concentrirte Säure so heftig einwirkt, daß eine Erhitzung bis +
                              									100° C. und darüber eintritt, welche einen höchst nachtheiligen Einfluß auf
                              									den Proceß des Aufschließens ausübt; dabei wird die Masse so trocken, daß sich
                              									einzelne harte Klumpen bilden und ein Mischen rein unmöglich ist, weßhalb man eine
                              									unhomogene Masse erhält, welche viele nicht aufgeschlossene Theile enthält.
                           Auch ist Marquart durch seine Versuche mit
                              									Mejillones-Guano zu denselben Resultaten gelangt.
                           Wenn also Hr. Kyll (Seite 36, Zeile 8 von unten) angibt,
                              									daß man zum Aufschließen des Mejillones-Guano's 35 bis 38 Procent
                              									Schwefelsäure von der gewöhnlichen Stärke des Handels
                              									(66° Baumé) dem feingemahlenen Guano zusetzen, und damit gehörig
                              									mischen soll, so ist dieses unerklärlich und scheint ihm die Kenntniß der eben
                              									angeführten praktischen Erfahrungen zu mangeln.
                           Berechnet man den Wassergehalt der 66grädigen zuzusetzenden Schwefelsäure (wie Kyll angibt), so erhält man 10,26 Proc. Wasser (nach Bineau, Journal für praktische Chemie Bd. XLVI S. 98).
                              									Dieses Quantum Wasser reicht nicht hin, dem Gyps seine 2,
                              									dem Bittersalz seine 7 und dem Glaubersalz (entstanden aus dem Kochsalz) seine 10
                              									Mol. Wasser zu geben. Es geht hieraus unzweifelhaft hervor, daß das Verfahren Kyll's ein höchst unpraktisches ist. – Es wird
                              									keinem Düngerfabrikanten einfallen, concentrirte Säure beim Aufschließen anzuwenden,
                              									sondern er wird sich stets der billigeren und schwächeren Kammersäure bedienen. Die
                              									Mehrausgabe für Fracht, welche durch den höheren Wassergehalt bedingt wird, wird
                              									durch den niedrigeren Preis und das Umgehen einer Wasserzumischung mehr wie aufgewogen.
                           
                        
                           Verwendung des Mejillones-Guano's
                                 										zu chemisch-technischen Zwecken.
                           Durch die allgemeine Einführung der Phosphorzündhölzer ist die Phosphorconsumtion und
                              									mit dieser die Phosphorfabrication ganz enorm gesteigert worden. Die billige
                              									Beschaffung eines reichhaltigen Rohmateriales trat in den Vordergrund. Von den im
                              									Mineralreich vorkommenden phosphor- resp. phosphorsäurehaltigen Fossilien
                              									eignet sich außer dem Ostëolith keines zur Darstellung von saurem
                              									phosphorsaurem Kalk, weil die beigemischten großen Mengen kohlensaurer und
                              									kieselsaurer Salze eine so erhebliche Menge der Zersetzungssäuren (entweder
                              									Salzsäure oder Schwefelsäure) erforderten, daß die Darstellung des sauren
                              									phosphorsauren Kalkes aus Knochen den Vorzug behielt.
                           Der Mejillones-Guano hat durchschnittlich einen höheren Phosphorsäuregehalt
                              									wie die Knochenasche und bietet also in dieser Hinsicht den Knochen gegenüber einen
                              									Vortheil. In den Phosphorfabriken müssen die Knochen zuerst gebrannt und alsdann
                              									pulverisirt werden, ehe sie zur Darstellung des sauren phosphorsauren Kalkes
                              									geeignet sind. Wendet man den Mejillones-Guano an, so fällt das Brennen und
                              									Pulverisiren selbstverständlich weg. Er kann in seinem ursprünglichen Zustande zur
                              									Darstellung des sauren phosphorsauren Kalkes seine Verwendung finden.
                           Seine feinpulverige und amorphe Beschaffenheit begünstigt die Einwirkung der
                              									Schwefelsäure so, daß zum vollständigen Zersetzen desselben nur 1/3 der Zeit
                              									erforderlich ist, welche das Aufschließen resp. Zersetzen der Knochenasche
                              									erheischt.
                           100 Gewichtstheile Mejillones-Guano (lufttrocken) erfordern bei der
                              									Darstellung von saurem phosphorsaurem Kalk zwischen 33 und 34 Gewichtstheilen
                              									wasserfreier Schwefelsäure oder 41 bis 42 Gewichtstheile Schwefelsäurehydrat des
                              									Handels. Man mischt zuerst die Schwefelsäure mit dem 5fachen Gewichte Wasser und setzt dieser Mischung
                              									unter beständigem Umrühren allmählich den Mejillones-Guano zu.
                           Diese Operation geschieht zweckmäßig in einem mit Blei ausgefütterten Bottich,
                              									welcher mit einer Rührvorrichtung und einer Wärmschlange versehen ist. (Letztere
                              									wird mit Wasserdampf erwärmt.) Der Bottich ist mit einem gutschließenden Deckel
                              									versehen, in den ein Abzugsrohr mündet, welches mit einem gutziehenden Kamine in
                              									Verbindung steht.
                           Es treten nämlich bei dieser Behandlung salzsaure Dämpfe auf, welche sehr belästigend
                              									werden können und deßhalb aus dem Arbeitsraum entfernt werden müssen; nach 3 bis 4
                              									Stunden, während welcher Zeit die Masse zuweilen umgerührt wird, ist die Zersetzung
                              									vollendet.
                           Nach den bekannten Methoden wird alsdann die breiige Masse mit heißem Wasser ausgezogen und die Auszüge in bleiernen Pfannen eingedampft.
                              									Die letzten sehr schwachen Auszüge werden zum Verdünnen der Säure bei einer neuen
                              									Operation benutzt.
                           Dieser saure Auszug enthält außer saurem phosphorsaurem
                                 										Kalk noch Gyps, welcher sich fast vollständig
                              									während des Abdampfens abscheidet, ferner Magnesia, Kali,
                                 										Natron und Eisen, etwas überschüssige
                              									Schwefelsäure und eine geringe Menge organischer Substanz.
                           Die Magnesia, das Kali, Natron und Eisen bleiben bei dem sauren phosphorsauren Kalk,
                              									wirken jedoch bei der Phosphorbereitung durchaus nicht störend ein, und können
                              									demnach dem sauren phosphorsauren Kalk, wenn er zur Phosphorbereitung benutzt werden soll, beigemengt bleiben.
                           Der helllederbraune, sehr gypsreiche Rückstand enthält
                              									stets etwas Phosphorsäure und fast alle organische Substanz mit Einschluß des
                              									Stickstoffes. Derselbe beträgt zwischen 76 und 80 Proc. des angewandten Guano's. Er
                              									ist ein vortrefflicher Streudünger für Klee und
                                 										Wiesenpflanzen.
                           Der Mejillones-Guano kann auch mit Vortheil zur
                                 										Darstellung anderer phosphorsaurer Salze benutzt werden. Zu dem Ende ist
                              									eine größere Quantität Schwefelsäure zu seiner Zersetzung erforderlich.
                           Wie schon erwähnt, muß auch hier zuerst der Guano mit Schwefelsäure zersetzt werden
                              									und zwar verlangen in diesem Falle 100 Gewichtstheile Mejillones-Guano 48 bis
                              									49 Theile wasserfreier Schwefelsäure oder 59 bis 60,5 Theile Schwefelsäurehydrat.
                              									Die Schwefelsäure wird auch hier zuerst mit dem 4– bis 5fachen Gewichte
                              									Wasser verdünnt und der Guano allmählich unter Umrühren dem Säuregemisch zugesetzt.
                              									Das Digeriren und
                              									Ausziehen der Masse geschieht ganz so wie bei der Darstellung des sauren
                              									phosphorsauren Kalkes angegeben wurde.
                           Die vereinigten Auszüge (mit Ausschluß des letzten sehr schwachen) werden in
                              									Bleipfannen (mit Blei gefütterten eisernen Kesseln) bis zur Ausscheidung des Gypses
                              									eingedampft und der ausgeschiedene Gyps durch Decantation entfernt. Die resultirte
                              									stark saure Flüssigkeit, welche außer Phosphorsäure noch Kalk, Magnesia, Eisen,
                              									Kali, Natron und Schwefelsäure neben organischer Substanz enthält (sie ist bierbraun
                              									gefärbt), wird nun direct zur Darstellung des Ammoniaksalzes und der Alkalisalze
                              									benutzt.
                           
                        
                           I. Phosphorsaures Ammoniak zum Tränken
                                 										der Lichter-Dochte.
                           Zur Darstellung des neutralen phosphorsauren Ammoniaks versetzt man die erwärmte
                              									saure Lauge mit caustischem oder kohlensaurem Ammoniak im Ueberschuß. Letzterem
                              									Salze muß der Vorzug gegeben werden, obgleich das heftige Aufbrausen bei der
                              									Neutralisation manchmal recht störend und bei Unachtsamkeit verlustbringend ist.
                           Während dem Neutralisiren fällt alle Magnesia als
                              									phosphorsaure Ammoniak- und Kali-Magnesia nieder; gleichzeitig wird
                              									das Eisenoxyd und der Kalk gefällt.
                           Die filtrirte Lösung wird bis zur Salzhaut abgedampft und das Salz durch
                              									Krystallisation gewonnen. Schon der erste Anschuß ist farblos und fertige
                              									Handelsware; die späteren Ausscheidungen müssen durch Umkrystallisiren gereinigt
                              									werden.
                           Die letzten Mutterlaugen kann man mit Vortheil zur Darstellung von glasiger Phosphorsäure verwenden, indem man sie zur
                              									Trockne abdampft und durch stärkeres Erhitzen unter einem gutziehenden Rauchfang in
                              									offenen verplatinirten Kupfer- oder Porzellanschalen das Ammoniak austreibt.
                              									Die in der Mutterlauge enthaltene Schwefelsäure entweicht als schweflige Säure.
                              									Sollte die Säure nicht ganz farblos seyn, so erreicht man dieses durch einen Zusatz
                              									von salpetersaurem Ammoniak während des Erhitzens.
                           
                        
                           II. Phosphorsaures Natron
                              									(gewöhnliches).
                           Zur Darstellung wird die saure Lauge mit kohlensaurem Natron in
                                 										der Siedhitze im Ueberschuß gefällt, die Salzlauge durch Filtration von der
                              									ausgeschiedenen Magnesia (enthält auch alles Kali) getrennt und zur Krystallisation
                              									eingedampft. Durch einmaliges Umkrystallisiren aus siedendem Wasser erhält man das
                              									Salz rein.
                           
                        
                           
                           III. Phosphorsaures Kali.
                           Es wird ganz auf dieselbe Weise wie das Natronsalz erhalten, selbstverständlich mit
                              									dem Unterschiede daß man statt des Natronsalzes das Kalisalz anwendet. Alle Magnesia
                              									fällt hierbei als phosphorsaure Kali-Magnesia
                              									nieder.
                           Mit Bezugnahme auf das vorher Mitgetheilte kann man wohl mit unzubezweifelndem Rechte
                              									behaupten, daß der Mejillones-Guano eine der ergiebigsten und schätzbarsten
                              									Phosphorsäurequellen darbietet, welche nicht allein die Aufmerksamkeit der
                              									Agricultur, sondern auch der gesammten chemischen Technik in hohem Grade
                              									verdient.
                           Cöln, im Januar 1872.