| Titel: | Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser. | 
| Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. CXI., S. 449 | 
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                        CXI.
                        Constructions-Bedingungen für
                           								Artillerie-Distanzmesser.
                        v. Paschwitz, über die Constructionsbedingungen für
                           								Artillerie-Distanzmesser.
                        
                     
                        
                           Der in diesem Bande des polytechn. Journals S. 249
                              									(zweites Februarheft 1872) enthaltene Artikel über den „Muencke'schen (compendiösen) Distanzmesser“
                              									veranlaßt mich, im Nachstehenden die Anforderungen, welche die neuere Artillerie an
                              									Distanzmesser stellt, in Kürze aufzuzählen, aus diesen sodann die
                              									Constructions-Bedingungen abzuleiten und auf diese Weise einen Maaßstab für
                              									die Beurtheilung der verschiedenen Distanzmesser-Systeme aufzustellen.
                           
                        
                           Anforderungen der
                                 									Artillerie.
                           Die große Tragweite der gezogenen Geschütze und die Präcision des Schusses derselben bei bekannter Distanz stellen auch an Distanzmesser große
                              									Anforderungen; diese Instrumente müssen demnach ebenfalls auf weite Entfernungen
                              									reichen, dabei wegen des besonders bei weiten Schußdistanzen sehr steilen
                              									Einfalls-Winkels des Geschoßes große Genauigkeit
                              									gewähren, dürfen aber der allgemeinen und raschen Verwendbarkeit wegen nur eine kurze Basis erfordern und müssen in jedem Terrain gleich gute Resultate geben.
                           
                        
                           Constructions-Bedingungen.
                           Zur Erfüllung genannter Anforderungen ist es daher unumgänglich nothwendig, daß vor
                              									Allem optische Vergrößerung zur Anwendung kommt und auf
                              										fester Unterlage operirt wird. Ferner muß das
                              									Instrument möglichst einfach und solid construirt seyn,
                              									damit nicht leicht Beschädigungen oder Störungen vorkommen; es müssen daher alle
                              									entbehrlichen Zwischenglieder, wie drehbare Spiegel, eingetheilte Kreise,
                              									Mikrometerschrauben, gekreuzte Fernrohre u.s.w. wegbleiben. Schließlich sollen auch
                              										Dreiecks-Auflösungen oder statt derselben
                              									tabellarische oder mechanische Hülfsmittel möglichst einfach seyn, am besten ganz wegfallen.
                           
                           Vergleichen wir das von mir in diesem Journal Bd. CCII S. 235 (erstes Novemberheft
                              									1871) beschriebene System, gegen welches Eingangs citirter Artikel gerichtet ist,
                              									mit vorstehenden Constructions-Bedingungen, so finden wir, daß sämmtliche
                              									Punkte erfüllt sind; es besitzt die Vortheile der optischen Vergrößerung und festen
                              									Unterlage; das eigentliche optische Instrument ist von der denkbar einfachsten
                              									Construction, während die Distanz unmittelbar abgelesen wird; es läßt sich somit
                              									jener hohe Grad von Leistungsfähigkeit theoretisch voraussetzen, den es factisch
                              									besitzt und der die Verwendung zweier Stative – deren Gewicht und
                              									Transportschwierigkeit nicht größer ist, als die zweier Infanterie-Gewehre
                              									– vollständig gegenstandslos erscheinen läßt.
                           Bei Systemen aber, wie das Eingangs genannte und sämmtliche andere, bei denen die
                              									Sicherheit der Unterstützung und theilweise auch die optische Vergrößerung fehlt,
                              									geht auch die Sicherheit des Resultates verloren; beträgt doch bei 25 Meter Basis
                              									und 3000 Meter Distanz ein Fehler von 1 Millimeter, rechtwinkelig zur Basis
                              									gemessen, bereits 1/2 Procent der Distanz; wie leicht kann man da, wenn man auf
                              									Geradewohl auf das seitliche Object, besonders auf unebenem Terrain zuschreitet und
                              									aus freier Hand operirt, um einen Viertelmeter fehlen und wie groß ist dann wohl der
                              									Fehler eines solchen „compendiösen
                                    											Distanzmessers?“
                              								
                           Bodenwöhr, im März 1872.
                           Ernst v. Paschwitz.