| Titel: | Th. Shaw's Rammmaschine mit Schießpulverbetrieb; Bericht von F. C. Prindle über ihre Wirksamkeit an dem neuen Landungsquai zu League Island (Amerika). | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XXVIII., S. 91 | 
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                        XXVIII.
                        Th. Shaw's
                           								Rammmaschine mit Schießpulverbetrieb; Bericht von F. C. Prindle über ihre Wirksamkeit an dem neuen Landungsquai zu League Island
                           								(Amerika).
                        Nach dem Journal of the
                                 									Franklin Institute at Philadelphia, Juni 1872, S. 403.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Ueber Shaw's Rammmaschine mit Schießpulverbetrieb.
                        
                     
                        
                           Im Jahrgang 1870 dieses Journals, Bd. CXCVI S. 13, wurde die Beschreibung eines von
                              									Th. Shaw construirten Fallhammers mit Schießpulverbetrieb
                              									für die Zwecke des Schmiedens mitgetheilt, und zugleich in einer Anmerkung ein
                              									kurzer Bericht über eine Reihe von Versuchen, welche mit einer nach demselben
                              									Princip construirten Rammmaschine im Juni 1869 in Philadelphia angestellt
                              									wurden.
                           Da inzwischen die Pulverramme aus dem Stadium der Versuche in das der praktischen
                              									Anwendung getreten ist, so dürfte nachfolgender Bericht über ihre Leistungen beim
                              									Bau des neuen Landungsquai's zu League Island für den Techniker von Interesse seyn.
                              									Das im Bau begriffene Quai liegt am Fuße der Broad-street und erstreckt sich
                              									vom Damm aus, in einer Breite von 100 Fuß, 300 Fuß weit in den Delaware. Die 10 Zoll
                              									im mittleren Durchmesser haltenden Rostpfähle aus Fichtenholz, 807 an der Zahl,
                              									wurden der Längenrichtung nach in Abständen von 8 Fuß, der Querrichtung nach in
                              									Abständen von 5 Fuß, durch weichen thonhaltigen Schlamm hindurch in eine sehr harte Bodenschicht
                              									eingerammt, welche sich bis zu einer Tiefe von ungefähr 21 Fuß unter den mittleren
                              									Wasserstand erstreckte.
                           Fig. 3 stellt
                              									die neue Rammmaschine in der Frontansicht, Fig. 4 in der
                              									Seitenansicht dar. Sie wurde in üblicher Weise auf einem großen Rollwagen befestigt,
                              									der zugleich eine kleine Maschine zum Aufziehen und Richten der Pfähle enthielt. Das
                              									aufwärts gerichtete „Geschütz“ (gun) K wiegt 1800 Pfund und hat 6 1/4 Zoll Bohrung
                              									bei einer Tiefe von 24 Zoll. Das untere Ende des Geschützes besitzt eine Vertiefung,
                              									welche sich über den Kopf des einzurammenden Pfahles C
                              									legt. Der 1300 Pfund wiegende Rammbär H bewegt sich in
                              									den nämlichen Führungen wie das Geschütz und ist mit einem von seinem unteren Ende
                              									hervorragenden Kolben S versehen, der genau in die
                              									Bohrung des Geschützes paßt. Sein oberes Ende besitzt eine cylindrische Bohrung von
                              									größerem Durchmesser, in welche ein am höchsten Punkte des Gerüstes befestigter
                              									Kolben I paßt. Letzterer bildet bei seinem Eindringen in
                              									die cylindrische Bohrung des Rammbären, wenn dieser bei seinen ersten Schlägen auf
                              									sehr lange Pfähle bis zu jener Höhe emporgeschleudert wird, einen Luftbuffer,
                              									welcher der Bewegung des Rammbären ein Ziel setzt. An dem höchsten Punkte angelangt,
                              									wird der Rammbär mit Hülfe einer auf der einen Seite angebrachten Frictionsbremse
                              									zwischen beiden Laufbahnen festgehalten, um nachher von dem Arbeiter für den
                              									folgenden Schlag wieder ausgelöst zu werden.
                           Die aus einem langsam verbrennenden Pulver angefertigten Patronen sind cylindrisch,
                              									haben einen Durchmesser von 1 1/4 Zoll, eine Länge von 1 bis 1 1/2 Zoll, ein Gewicht
                              									von 1 bis 1 1/2 Unzen, und sind mit einem dünnen Ueberzug von Paraffin bekleidet.
                              									Für den ersten Schlag bedient man sich gewöhnlich einer Unzenpatrone, für die
                              									folgenden Schläge, je nach den Dimensionen des Pfahles, einer Patrone von 1 1/4 oder
                              									1 1/2 Unzen. Die Patronen werden aus freier Hand in den Lauf des Geschützes
                              									geschoben und dann hinabgestoßen.
                           Die Operation des Rammens geht in folgender Weise vor sich. Zunächst werden Rammbär,
                              									Geschütz und Pfahl niedergelassen, bis letzterer auf dem Grunde aufsitzt. Hierauf
                              									wird das Geschütz herabgelassen, so daß die oben erwähnte Vertiefung den Kopf des
                              									Pfahles umfaßt. Sodann wird eine Patrone in den Lauf geschoben, worauf der Arbeiter
                              									den von dem Bremsapparat festgehaltenen Rammbären auslöst. Beim Herabfallen dringt
                              									der Kolben S des letzteren in den Lauf des Geschützes,
                              									welches deßhalb an der Mündung etwas trichterförmig erweitert ist. Durch Compression
                              									der Luft übt nun der Rammbär einen sich steigernden Druck auf das Geschütz und den
                              									Pfahl aus, bis die Trägheit beider überwältigt ist. In demselben Momente wird die
                              									Patrone durch den Kolben zerdrückt und durch die in Folge der plötzlichen und
                              									starken Zusammendrückung der eingeschlossenen Luft entwickelte Hitze entzündet. Es
                              									erfolgt eine Explosion, welche den Rammbären in die Höhe schleudert und zugleich den
                              									Pfahl nach unten treibt. Es vereinigen sich somit die durch den Fall erlangte
                              									directe Stoßkraft des Rammbären und die rückwirkende Kraft der Explosion zur
                              									gemeinschaftlichen Wirkung auf den Pfahl. Der emporgeschleuderte Rammbär wird
                              									aufgefangen und durch die Bremsvorrichtung festgehalten, worauf dieselbe Operation
                              									beliebig oft wiederholt werden kann. Der Unterschied in der Wirkung des vorstehenden
                              									Systemes und der gewöhnlichen Ramme springt deutlich in die Augen. Bei ersterem ist
                              									der Pfahl bereits in Bewegung, worauf plötzlich eine furchtbare Kraft nach derselben
                              									Richtung auf ihn einwirkt; bei der letzteren empfängt der Pfahl in ruhendem Zustande
                              									einen heftigen Stoß, und ein beträchtlicher Theil der Kraft wird zur Zerstörung des
                              									Pfahlkopfes nutzlos verwendet, bevor die Trägheit des Pfahles überwältigt ist. Bei
                              									der gewöhnlichen Methode muß daher der Kopf des Pfahles, um seine Zersplitterung zu
                              									verhüten, mit einem starken eisernen Reif beschlagen werden, eine Maßregel welche
                              									bei der in Rede stehenden Rammmaschine ganz hinwegfällt.
                           Die Arbeit des Einrammens der Pfähle beim Bau des Landungsquai's zu League Island
                              									begann am 9. November 1871, wurde mit mehreren Unterbrechungen bis zum 4. December
                              									fortgesetzt, und sodann für den Winter ausgesetzt. Am 12. und 13. Januar 1872 wurde
                              									die Arbeit wieder aufgenommen, jedoch wegen des kalten Winters nach wenigen Stunden
                              									wieder eingestellt. Am 15. März wurde die Arbeit fortgesetzt, und am 4 April
                              									vollendet. Die ganze eigentliche Arbeitszeit beläuft sich auf 187 Stunden, wornach
                              									durchschnittlich 4,3 Pfähle per Stunde eingetrieben
                              									wurden. Am 13. Januar wurden in einer einzigen Stunde unter günstigen Umständen 12
                              									Pfähle bis zu einer Tiefe von 21 Fuß, und am 30. März in einem Tage 50 Pfähle bis zu einer Tiefe von 16 1/2 bis 18 Fuß eingerammt.
                              									Die durchschnittliche Tiefe betrug 19,4 Fuß. Einige der kleineren Pfähle wurden mit
                              									drei Schlägen in harten Boden getrieben, im Allgemeinen waren jedoch, je nach den
                              									Dimensionen des Pfahles, 5 bis 8 Schläge, in einzelnen Fällen 15 Schläge
                              									erforderlich. Die mittlere Zahl derselben betrug 5,2 per
                              									Pfahl, das durchschnittliche Gewicht des Pulvers 8,2 Unzen per Pfahl. Nach Vollendung der Arbeit zeigte kein einziger Pfahl auch nur
                              									die geringste Beschädigung oder Spur der heftigen Einwirkung.
                           
                           Um die Wirksamkeit der in Rede stehenden mit der gewöhnlichen Methode näher vor Augen
                              									zu führen, wurde über die Mündung des Geschützes ein schwerer Eichenklotz gelegt und
                              									dem Stoße des Rammbären ausgesetzt. Dann beseitigte man den Eichenklotz, ließ den
                              									Rammbären in der beschriebenen Weise auf die Patrone wirken und notirte beide
                              									Effecte. Es stellte sich zu Gunsten der neuen Methode ein Resultat im Verhältniß von
                              									4 : 1 bis 8 : 1 heraus.
                           Es unterliegt demnach die ganz praktische Anwendbarkeit dieser neuen Methode sowie
                              									ihre Ueberlegenheit keinem Zweifel. Sie sichert ein weit kräftigeres Eindringen und
                              									zwar mit weniger Umständlichkeiten, als das gewöhnliche Verfahren. Die Pfahlköpfe
                              									bedürfen keines Eisenbeschlages zum Schutz gegen das Zersplittern, und ohne weitere
                              									richtende Beihülfe finden die Pfähle beim Eintreiben ihre sichere Führung.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
