| Titel: | Ueber die Zusammensetzung der Laugen, welche behufs der Wiedergewinnung des Schwefels aus den Sodarückständen durch Oxydation und Auslaugen derselben erhalten werden; von C. Stahlschmidt. | 
| Autor: | C. Stahlschmidt | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXVIII., S. 230 | 
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                        LXVIII.
                        Ueber die Zusammensetzung der Laugen, welche
                           								behufs der Wiedergewinnung des Schwefels aus den Sodarückständen durch Oxydation und
                           								Auslaugen derselben erhalten werden; von C. Stahlschmidt.
                        Stahlschmidt, über die Zusammensetzung der oxydirten Laugen der
                           								Sodarückstände.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich werden die Sodarückstände im Großen nach zwei Hauptverfahren auf Schwefel
                              									verarbeitet, welche jedoch im Princip nicht wesentlich von einander abweichen. Das
                              									erste Verfahren ist das von Guckelberger und Mond
                              									Mond's Beschreibung seines Verfahrens ist im
                                    											polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCI S. 378 mitgetheilt. eingeführte, das zweite wurde von Schaffner
                              									Schaffner's Beschreibung seines Verfahrens ist im
                                    											polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCII S. 308 mitgetheilt. zuerst angewendet. Beide Methoden findet man den Verhältnissen angepaßt
                              									nicht selten combinirt; man hat auch hier geprüft und das Beste gewählt und
                              									behalten.
                           Bevor ich daher auf die Untersuchung der Schwefellauge eingehe, sey es mir gestattet
                              									die Art und Weise der Gewinnung der von mir in Arbeit genommenen Lauge und daraus
                              									die Darstellung des Schwefels hier kurz zu besprechen, wobei ich zunächst vorausschicke,
                              									daß das beschriebene Verfahren auf der chemischen Fabrik Rhenania in Stolberg (bei Nachen) in Anwendung ist, von welcher Fabrik ich
                              									auch die Lauge erhalten habe.
                           Die Sodarückstände werden aus den Auslaugkästen direct in die Oxydationskästen
                              									gebracht, von denen je vier Stück zu einem System verbunden sind, im Uebrigen aber
                              									ganz die Einrichtung der Sodaauslaugkästen besitzen. Die Größe der Kästen bei den
                              									einzelnen Systemen variirt, einige sind 4 Fuß breit und 8 Fuß lang, andere haben dem
                              									entsprechend die Dimensionen 8 : 8 und 8 : 16 Fuß. Die Kästen sind mit einem
                              									doppelten Siebboden versehen und steht der Raum zwischen beiden durch ein, mit einem
                              									Register zur Regulirung der Luftmenge versehenes Rohr mit der Hauptwindleitung in
                              									Verbindung. – Nachdem die Kästen mit den Sodarückständen angefüllt sind,
                              									werden letztere 12–16 Stunden lang durch Einpressen von Luft, welche durch
                              									einen Ventilator geliefert wird, und deren Druck 4 Millimet. Wassersäule entspricht,
                              									oxydirt, hierauf mit früher erhaltener schwacher Lauge ausgelaugt und von Neuem die
                              									Oxydation während einer gleich langen Zeit mit jedesmaligem darauffolgenden
                              									Auslaugen, 5 bis 6mal wiederholt. Zuletzt erhält der Kasten zur vollständigen
                              									Erschöpfung reines Wasser, worauf er entleert und mit frischen Rückständen beschickt
                              									wird. Die auf diese Weise systematisch als Auslaugflüssigkeit benutzte und dadurch
                              									auf 10–12° Baumé verstärkte Schwefellauge, wird in einem Gefäße
                              									gesammelt und aus diesem in Klärpfannen abgelassen, aus welchen sie dann schließlich
                              									nach dem Zersetzungsapparat gelangt. – Letzterer ist ein geräumiger runder,
                              									mit Blei ausgefütterter hölzerner Bottich, mit luftdicht verschlossenem Deckel
                              									versehen, in welchem sich ein weites Ableitungsrohr für die sich entwickelnden Gase
                              									und eine Stopfbüchse zur Aufnahme der Achse eines Rührwerkes befindet. Das
                              									Ableitungsrohr steht durch einen Canal mit dem Fabrikschornstein in Verbindung. Auf
                              									der einen Seite des Bottiches befinden sich, ungefähr einen Fuß vom Deckel entfernt,
                              									die Einflußröhren für Lauge und Salzsäure, auf der entgegengesetzten Seite ein
                              									zweizölliges Rohr zum Ablassen des in der zersetzten Lauge suspendirten Schwefels.
                              									Letzteres Rohr ist vom Boden des Bottiches in einer Entfernung angebracht, welche
                              									1/3 der ganzen Bottichhöhe beträgt. – Ein durch den Deckel eingeführtes
                              									Dampfrohr gestattet durch directe Dampfeinströmung den Inhalt des Bottiches auf ca. 60° C. zu erwärmen. In verschiedener Höhe des
                              									Bottiches sind kleine Probirhähne angebracht, um während der Zersetzung durch
                              									Probenehmen den richtigen Zusatz von Salzsäure constatiren zu können.
                           
                           Schwefellauge und Salzsäure von 20° Baumé werden in dem Verhältniß von
                              									8 : 1 bis 7 : 1 in kleinen Portionen abwechselnd und zwar zuerst die Lauge, darauf
                              									die Säure in den Fällungsbottich gebracht. Eine jede einzelne Beschickung von Säure
                              									und Lauge gibt ungefähr eine 3 Centimeter hohe Schicht in dem Apparate. Die
                              									abwechselnde Beschickung von Lauge und Säure wird, während das Rührwerk in Gang
                              									gesetzt ist, bis zur Füllung des Apparates fortgesetzt; alsdann wird die Mischung
                              									auf 60° C. erwärmt, eine Zeitlang noch durchgerührt und schließlich noch mit
                              									soviel Säure versetzt, daß eine Probe deutlich nach schwefliger Säure riecht. Hierzu
                              									genügt meistens eine kleine Quantität Säure. – Dem geübten Arbeiter wird es
                              									leicht, den Punkt der vollständigen Fällung an der Farbe und dem Geruche einer
                              									gezogenen Probe zu erkennen. Nachdem auf diese Weise die Bedingungen erfüllt sind,
                              									wird die zersetzte Lauge durch das Ablaßrohr, und zwar wegen der Lage des letzteren,
                              									bis auf 1/3 der ganzen Bottichhöhe, in die Absetzkästen abgelassen. Der in dem
                              									Bottich zurückbleibende, schweflige Säure enthaltende Theil der Lauge soll bei einem
                              									neuen Zusatz von Lauge das Auftreten von Schwefelwasserstoffgas hindern. Der
                              									Schwefel sinkt in dem Absetzkasten fast vollständig und rasch zu Boden, während die
                              									Chlorcalciumlauge, nachdem der erste Kasten gefüllt ist, in einen zweiten
                              									tieferstehenden und von diesem in einen gleich hochstehenden dritten Kasten fließt,
                              									in welchen beiden letzten Kästen sich der Schwefel vollständig absetzt. Die
                              									Chlorcalciumlauge gelangt durch eine Rinne als werthlose Flüssigkeit in einen
                              									Abflußgraben. – Aus dem Absetzkasten wird der Schwefel in einen
                              									trichterförmigen Wagen gehoben und aus diesem direct in den bekannten Schaffner'schen Raffinirapparat gestürzt.
                           Ueber die Zusammensetzung der Schwefellaugen resp. der in denselben enthaltenen
                              									Verbindungen, gehen die Ansichten der einzelnen Chemiker welche sich mit der
                              									Untersuchung derselben beschäftigt haben, nicht unwesentlich auseinander. Besonders
                              									ist dieses in Betreff der höheren Schwefelungsstufe des Calciums der Fall, welche
                              									als in der Lauge existirend angenommen wird; nicht minder abweichend sind die
                              									verschiedenen Erklärungen, nach welchen sich die Verbindungen in den Rückständen bei
                              									der Oxydation oder während des Auslaugens derselben bilden. – Nach W. Hofmann zerlegt sich das in den Rückständen angenommene
                              									Einfach-Schwefelcalcium in Aetzkalk und Zweifach-Schwefelcalcium,
                              									welches erstere nachher durch die Kohlensäure der Luft in kohlensauren Kalk
                              									übergeht, das letztere aber durch Oxydation sich in unterschwefligsauren Kalk
                              									verwandelt. – Letzterer soll dann durch die bei der Oxydation eintretende
                              									Temperaturerhöhung sofort in Schwefel und schwefligsauren Kalk gespalten, und dieser durch
                              									weitere Oxydation in schwefelsauren Kalk verwandelt werden. Der frei gewordene
                              									Schwefel soll einen anderen Theil Zweifach-Schwefelcalcium in höhere
                              									Polysulfurete und zwar in CaS³ und CaS⁴ überführen.
                           C. Méne, welcher seiner Zeit das Mond'sche Verfahren beschrieben hat, nimmt den Verlauf
                              									der Oxydation der Rückstände so an, daß sich auf 1 Molecül unterschwefligsauren
                              									Kalk, 2 Molecüle Einfach-Schwefelcalcium bilden, eine Ansicht die auch von
                              										Mond selbst vertreten wird. Nach Mond bilden sich zuerst Calciumsulfhydrat und
                              									Zweifach-Schwefelcalcium, welche sich beide später zu unterschwefligsaurem
                              									Kalk oxydiren. Ein Theil desselben zersetzt sich wieder zu Calciumsulfhydrat und
                              									schwefligsaurem Kalk, welcher letztere als unlöslicher Körper Verlust an Schwefel
                              									verursacht. – Die gewonnene Lauge enthält nach Mond stets unterschwefligsauren Kalk, Calciumsulfhydrat und
                              									Calciumpolysulfuret von der Formel CaS².
                           Interessant ist die von Mond zuerst ausgesprochene und auf
                              									Versuche gestützte Ansicht, daß beim Zersetzen der Laugen durch Salzsäure der
                              									unterschwefligsaure Kalk nicht in schwefligsauren Kalk und Schwefel zerfällt,
                              									CaS²O³ = CaSO³ + S, sondern in trithionsauren Kalk, welchem
                              									geringe Mengen von pentathionsaurem Kalk beigemengt sind: 5 CaS²O³ + 6
                              									ClH = 3 CaCl² + 3 H²O + 2 CaS³O⁶ + 4 S. – Der
                              									trithionsaure Kalk soll dann beim Erhitzen in schwefelsauren Kalk, Schwefel und
                              									schweflige Säure zerfallen, von denen die letztere wieder einen anderen Theil
                              									unterschwefligsauren Kalk in trithionsauren Kalk überführt unter Abscheidung von
                              									Schwefel: 2 CaS²O³ + 3 SO² = 2 (CaS³O⁶) + S.
                              									– In gleicher Weise soll dann die Zersetzung und Bildung von trithionsaurem
                              									Kalk weiter gehen und dadurch die Gegenwart des schwefelsauren Kalkes in dem
                              									präcipitirten Schwefel erklärt werden. – Schaffner
                              									tritt dieser Ansicht entgegen und erklärt das Auftreten des schwefelsauren Kalkes
                              									durch die Gegenwart der Schwefelsäure in der zur Zersetzung verwendeten rohen
                              									Salzsäure. Nach ihm bilden sich in den Rückständen durch die Oxydation
                              									unterschwefligsaurer Kalk und die Polysulfurete CaS² und CaS⁵.
                           Wenn man berücksichtigt daß der Sodaproceß in sämmtlichen bestehenden Fabriken auf
                              									dieselbe Weise ausgeführt wird, so darf man auch annehmen daß hinsichtlich der
                              									qualitativen Zusammensetzung der Rückstände keine Unterschiede auftreten und daß
                              									ferner in gleicher Beziehung auch die oxydirten Rückstände und die daraus erzielten
                              									Laugen sich gleich verhalten müssen. – Die quantitative Zusammensetzung der
                              										Schwefellaugen kann
                              									jedoch, wie dieß Richters
                              									Polytechn Journal, 1869, Bd. CXCII S. 60. schon gezeigt hat, große Unterschiede aufweisen, d.h. die einzelnen durch
                              									den Oxydationsproceß gebildeten Verbindungen können in wechselnden Verhältnissen in
                              									den Schwefellaugen vorhanden seyn. Der Grund der Verschiedenheit in der
                              									Zusammensetzung der Laugen liegt in der Zeitdauer der Oxydation, der dabei
                              									vorhandenen Temperatur und theilweise auch wohl in dem verschiedenen
                              									Feuchtigkeitsgehalt der Rückstände. – Allseitig ist man nun der Ansicht, daß
                              									sich in der Schwefellauge die Verbindungen des Natrons und des Kalkes mit der
                              									unterschwefligen Säure vorfinden, ebenso die Sulfhydrate dieser beiden Metalle.
                              									Ueber die Verbindungen der schwefligen Säure mit den beiden genannten Metalloxyden
                              									sind die Angaben ungenau, es wird nur erwähnt, daß der schwefligsaure Kalk unlöslich
                              									sey und zu Verlust an Schwefel bei der Zersetzung Veranlassung gebe. – Ganz
                              									widersprechend sind nach dem Angeführten die Angaben über die Polysulfurete der
                              									beiden Metalle, indem man, jenachdem es gerade für die Erklärung irgend eines
                              									Processes paßt, annimmt, es sey außer Calciumsulfhydrat noch Zweifach-,
                              									Dreifach-, Vierfach- oder Fünffach-Schwefelcalcium in der Lauge
                              									vorhanden. Ein Mehrfach-Schwefelnatrium ist meines Wissens nie erwähnt
                              									worden, obgleich es sehr wahrscheinlich ist, daß ein solches, je nach der Bereitung
                              									der Lauge, gebildet werden kann.
                           Merkwürdiger Weise sind nun hinsichtlich der Verbindung des Calciums mit dem Schwefel
                              									die ausgezeichneten Arbeiten von Emil Schöne
                              									Poggendorff's Annalen, 1862, Bd. CXVII S. 58;
                                    											Journal für praktische Chemie, Bd. LXXXVII S. 94. nicht berücksichtigt worden, aus denen unzweideutig hervorgeht, daß die
                              									langjährigen Ansichten über die Calciumsulfurete als irrige aufgefaßt werden
                              									müssen.
                           Aus den Versuchen von Vauquelin, welche schon 1817
                              									angestellt wurden, geht hervor, daß auf trockenem Wege keine Calciumpolysulfurete zu
                              									erhalten sind. Von Buchner 1816 und von Herschel 1820 wurden auf nassem Wege krystallisirte
                              									Verbindungen des Calciums und Schwefels erhalten, welche indessen, was ihre
                              									Zusammensetzung anbelangt, als aus Calciumoxyd, Schwefelwasserstoff und Wasser
                              									bestehend angesehen wurden. Später, im Jahre 1842 erhielt Heinrich Rose auf andere Weise wie Buchner und Herschel Krystalle, die jedoch den,
                              									von letzteren dargestellten im äußeren Ansehen ähnlich waren und von Rose analysirt die Formel CaS⁵, 5 CaO + 20
                              									H²O erhielten. Die Verbindung enthielt demnach das von Berzelius nachgewiesene CaS⁵, welches sich beim Sättigen des CaS
                              									mit Schwefel in Lösung bildet.
                           Schöne, welcher diesen Gegenstand zu einer umfassenden
                              									Untersuchung benutzt hat, fand, daß Lösungen von Calciumpolysulfureten beim
                              									Abdampfen niemals reine Polysulfurete krystallinisch ausscheiden oder nachher im
                              									festen und reinen Zustande zurücklassen; sie zersetzen sich vielmehr mit Wasser
                              									unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff und unter Abscheidung einer festen Masse,
                              									welche aus Kalkhydrat und Schwefel besteht. Um nun festzustellen, welche höheren
                              									Schwefelcalcium-Verbindungen in Lösung existenzfähig sind, wurde
                              									Einfach-Schwefelcalcium, aus reinem kohlensauren Kalk, Schwefelkohlenstoff
                              									und Kohlensäure bei höherer Temperatur dargestellt, mit verschiedenen Mengen von
                              									Schwefel und Wasser gekocht. Aus den Versuchen ergab sich, daß das Calcium mit
                              									weniger als vier Molecülen Schwefel in Lösung nicht existiren kann, und daß wenn
                              									weniger als drei Molecüle Schwefel auf 1 Molecül CaS mit Wasser in Berührung
                              									gebracht wurden, nur soviel Schwefelcalcium in Lösung ging als zur Bildung von
                              									CaS⁴ nothwendig war, daß der andere übrig bleibende Theil CaS sich
                              									indifferent gegen den Schwefel verhielt und sich mit dem Wasser nach der von H. Rose angegebenen Weise in Kalkhydrat und
                              									Calciumsulfhydrat zersetzte, welcher erstere theilweise, letzterer aber ganz mit dem
                              									Tetrasulfuret in Lösung ging. Schöne hat für diese höchst
                              									interessante Bildungsweise folgende Formeln aufgestellt:
                           1) 6 S + 6 CaS + 4 H²O = 2 CaS⁴ + 2 CaH²S² + 2
                              									CaH²O²
                           2) 12 S + 6 CaS + 2 H²O = 4 CaS⁴ + CaH²S² +
                              									CaH²O²
                           3) 18 S + 6 CaS = 6 CaS⁴
                           Bei den Versuchen 1) und 2) konnte durch Mangansulfatlösung das Calciumsulfhydrat
                              									nachgewiesen werden, in der Lösung 3) fanden sich jedoch nur Spuren dieser
                              									Verbindung. Das bei diesen Versuchen gebildete CaS⁴ kann noch ein Molecül S
                              									auflösen, in der Wärme sogar noch mehr, und es correspondirt somit vollständig mit
                              									den gleichnamigen Schwefelverbindungen des Strontiums und Baryums. – Wie
                              									diese letzteren Verbindungen besitzt das CaS⁴, jedoch in weit höherem Maaße
                              									die Eigenschaft, mit dem Kalk zusammen zu krystallisiren und jene Verbindungen zu
                              									bilden die zuerst von Herschel und Buchner und später von H. Rose untersucht
                              									worden sind. Schöne erhielt die Herschel'sche Verbindung, indem er reinen gebrannten Kalk mit Schwefel und
                              									vielem Wasser eine Stunde lang kochen ließ, die heiße Lösung filtrirte und dann mit
                              									reinem Kalkhydrat stehen ließ. Die nach einigen Tagen auf dem letzteren
                              									angewachsenen Krystalle besaßen nach dem Trocknen über Schwefelsäure die Zusammensetzung 3 CaO,
                              									CaS⁴ + 12 H²O. Zu der Bildung dieser Verbindung soll nach Schöne die Gegenwart von Kalk und unterschwefligsaurem
                              									Kalk nothwendig seyn, ohne welch letzteres Salz dieselbe nicht entsteht.
                           Die von H. Rose erhaltenen Krystalle, welche nach ihm die
                              									oben angegebene Formel repräsentirten, entstanden aus einer
                              									Calciumsulfhydrat-Lösung, wenn dieselbe bei Luftzutritt eingedampft wurde.
                              										Schöne erhielt die Krystalle, indem er eine große
                              									Menge Kalkmilch während mehrerer Tage mit Schwefelwasserstoff behandelte, und die
                              									filtrirte Lauge nicht ganz fest verschlossen 1/2 Jahr lang hinstellte. Hierauf wurde
                              									die gelbgewordene Lauge auf das halbe Volumen eingedampft, wobei eine große Menge
                              									Schwefelwasserstoff entwickelt und Kalkhydrat abgeschieden wurde. Nach einigen
                              									Wochen ruhigen Stehens an einem kühlen Orte, hatte sich eine große Menge
                              									orangegelber prismatischer Krystalle angesetzt, welche bei der Analyse die
                              									Zusammensetzung 4 CaO, CaS⁴ + 18 H²O ergaben. In der Verbindung ist
                              									also nicht, wie H. Rose annahm, CaS⁵ enthalten,
                              									sondern CaS⁴ mit CaO und H²O verbunden; sie entsteht nach Schöne höchst wahrscheinlich immer dann, wenn CaS⁴
                              									mit CaH²O² und CaH²S² zusammentrifft.
                           Aus dem Mitgetheilten geht zur Evidenz hervor, daß es unstatthaft ist, in den aus den
                              									Sodarückständen erhaltenen Laugen ein anderes Polysulfuret des Calciums als
                              									CaS⁴ und CaS⁵ anzunehmen, und zwar aus den von Schöne experimentell bewiesenen Gründen, nach welchen niedrige
                              									Polysulfurete in Lösung nicht existenzfähig sind. – Die große Neigung des
                              									CaS⁴, mit dem CaO und Wasser sich zu krystallisirten Verbindungen zu
                              									vereinigen, läßt es voraussehen, daß auch in den hier zur Sprache kommenden
                              									Schwefellaugen diese Verbindungen vertreten seyn Müssen und zwar in erster Linie die
                              									Verbindung 4 CaO, CaS⁴ + 18 H²O, weil dieselbe unter den bei der
                              									Darstellung der Laugen beobachteten Vorsichtsmaßregeln, durch bei gewöhnlicher oder
                              									wenig erhöhter Temperatur sich vorzugsweise bilden kann. Da, wie ich weiter unten
                              									zeigen werde, die unterschweflige Säure sowohl als auch ein Theil der
                              									Sulfhydratverbindung in der Lauge als Natriumverbindungen vorhanden sind, so wäre es
                              									nicht unmöglich, daß auch unter Umständen die Verbindung 3 CaO, CaS⁴ + 12
                              									H²O gebildet werden könnte, vorausgesetzt daß die Ansicht richtig ist, zu der
                              									Bildung der beiden Verbindungen sey die Gegenwart des Calciumsulfhydrats resp. des
                              									unterschwefligsauren Kalkes erforderlich In diesem Falle möchte ich jedoch diese
                              									Ansicht dahin vervollständigen, daß die Bildung der beiden Salze überhaupt von der
                              									Gegenwart eines Sulfhydrats oder eines unterschwefligsauren Salzes abhängig ist.
                           
                           Nach Schaffner ist der Natriumgehalt der Sodarückstände so
                              									groß, daß er 4–5 Proc. schwefelsaurem Natron entspricht; durch den
                              									Oxydationsproceß soll derselbe fast ganz gelöst erhalten werden, woraus hervorgeht,
                              									daß bei der Untersuchung der Laugen die Natriumverbindungen wohl zu berücksichtigen
                              									sind.
                           Ich wende mich nun zu der speciellen Untersuchung der im Anfang erwähnten Lauge, und
                              									will hier erwähnen daß ich zu derselben hingeführt wurde durch die Bildung von 3 bis
                              									5 Zoll langen, prachtvollen orangerothen, glänzenden spießigen Krystallen, welche
                              									sich in der Lauge beim Stehen derselben während mehrerer Monate unter Luftabschluß
                              									gebildet hatten und die sich bei der Analyse als die Verbindung 4 CaO, CaS⁴ +
                              									18 H²O ergaben.
                           Von der Lauge getrennt, zersetzten sich die Krystalle in noch feuchtem Zustande,
                              									indem sie immer heller und zuletzt ganz weiß wurden. Mit Wasser längere Zeit
                              									hingestellt oder mit demselben erwärmt, trat vollständige Zersetzung ein, unter
                              									Bildung von Kalkhydrat und Schwefel, und unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff.
                              									Eine Schwefel- und Calciumbestimmung des feuchten Salzes, um die relativen
                              									Mengen beider Elemente festzustellen, ergab 15,7 Proc. Schwefel auf 23,64 Calcium;
                              									die Formel 4 CaO, CaS⁴ + 18 H²O verlangt das Verhältniß 15,13 Schwefel
                              									auf 23,64 Calcium.
                           Das zwischen Fließpapier getrocknete Salz bei 100° C. getrocknet, ergab 35,21
                              									Proc. Verlust. Nach Schöne verliert dasselbe unter diesen
                              									Verhältnissen beiläufig dreiviertel des ganzen Wassergehaltes und etwa die Hälfte
                              									des durch Säuren aus demselben entwickelten Schwefelwasserstoffes. Es würde demnach
                              									der Verlust sich auf 36,2 Proc. belaufen, eine Zahl welche in diesem Falle genügend
                              									mit der gefundenen harmonirt.
                           0,4955 Grm. des Salzes wurden mit Königswasser oxydirt, der nicht oxydirte Schwefel
                              									abfiltrirt, in dem Filtrat zuerst durch Ammoniak und oxalsaures Ammoniak der Kalk
                              									gefällt und darauf die gelöste Schwefelsäure durch Chlorbaryum bestimmt. Es wurden
                              									erhalten 0,347 Grm. CaCO³ und in Summa 0,0842 Schwefel.
                           0,311 Grm. wurden mit Kupferoxyd und Bleisuperoxyd, wie bei der Elementaranalyse im
                              									Luftstrom schwach erhitzt und gaben 0,138 Grm. Wasser.
                           
                              
                                 
                                 Gefunden
                                 nach Schöne im
                                    											Mittel
                                 berechnet.
                                 
                              
                                 Ca
                                 28,01
                                 28,47
                                 27,93
                                 
                              
                                 S
                                 17,00
                                 16,99
                                 17,88
                                 
                              
                                 H²O
                                 44,34
                                 45,27
                                 45,25
                                 
                              
                           
                           Im getrockneten Zustande sind die Krystalle viel beständiger als im feuchten
                              									Zustande, jedoch hauchen sie selbst über Schwefelsäure aufbewahrt fortwährend
                              									Schwefelwasserstoff aus, und verlieren bald ihr glänzendes Aussehen unter Annahme
                              									einer dunkleren Farbe. Krystalle dieser Art enthielten 29,49 Proc. Ca auf 19,68
                              									Proc. S.
                           Versetzt man die klare Schwefellauge mit absolutem Alkohol, so entstehen fast
                              									augenblicklich in derselben schillernde Blättchen und Nadeln von gelber Farbe welche
                              									sich bei mehrstündigem Stehen zu dünnen Täfelchen vergrößern. Gegen Reagentien
                              									verhalten sie sich wie die großen Oxytetrasulfuretkrystalle und haben auch dieselbe
                              									Zusammensetzung.
                           
                              
                                 0,6367
                                 Grm. gaben
                                 0,109 S und 0,176 Ca
                                 
                              
                                 0,226
                                   
                                    											„        „
                                 0,100 H²O.
                                 
                              
                           Es ergibt dieses 17,10 Proc. S, 27,6 Proc. Ca und 44,2 Proc. H²O.
                           Schöne hat sich zur Schwefelbestimmung in den Krystallen
                              									der Chloranalyse bedient, indem er die mit Wasser versetzten Krystalle durch einen
                              									Chlorstrom zersetzte und in der Flüssigkeit Schwefel und Calcium auf die oben
                              									angegebene Weise bestimmte. Auf diesem Wege hat er einem Verlust an Schwefel,
                              									hervorgerufen durch Schwefelwasserstoff-Entwickelung. vorbeugen wollen. Wie
                              									jedoch meine Analysen zeigen, ist die Bestimmung des Schwefels mit Hülfe von
                              									Königswasser mindestens ebenso genau. Ein anderer Weg, welcher jeden Verlust an
                              									Schwefel ausschließt, genaue Resultate gibt und sich für alle ähnlichen
                              									Schwefelverbindungen sehr gut eignet, ist folgender: Man versetzt die Verbindung mit
                              									sehr wenig Wasser, fügt alsdann festes gepulvertes Kupferchlorid zu, und hierauf
                              									wenig verdünnte Salz- oder Salpetersäure. Dadurch wird der sonst freiwerdende
                              									Schwefelwasserstoff, sowie ein Theil des übrigen Schwefels sofort in Schwefelkupfer
                              									übergeführt. Durch einen Zusatz von starker Salpetersäure und Erhitzen des Ganzen
                              									erhält man eine klare Kupferlösung, in welcher die Schwefelsäure bestimmt wird. Der
                              									nicht oxydirte Schwefel wird vorher abfiltrirt und ebenfalls bestimmt. Eine auf
                              									diese Weise mit dem Calciumoxytetrasulfuret ausgeführte Bestimmung ergab 17,35 Proc.
                              									Schwefel.
                           Wird das Calciumoxytetrasulfuret mit Salzsäure versetzt, so scheidet sich Schwefel ab
                              									und es entwickelt sich das von A. W. Hofmann in den
                              									zersetzten Laugen nachgewiesene Wasserstofftrisulfid; aus diesem Grunde ist das
                              									Quantum des gefällten Schwefels geringer als es nach der Rechnung seyn müßte. Die
                              									directe Bestimmung ergab denn auch 12 Proc. S, während die Formel für die drei
                              									Molec. S 13,4 Proc. S verlangt.
                           Versucht man die Lauge über Schwefelsäure zu concentriren, so zersetzt sich dieselbe
                              									unter Entfärbung und unter Abscheidung von Schwefel. In der Flüssigkeit befinden sich
                              									die Salze der unterschwefligen Säure und der Schwefelsäure.
                           Wird die gelbe Lauge in einem Kolben eingekocht, so färbt sie sich hellbraun; es
                              									entsteht ein beträchtlicher Niederschlag, hauptsächlich aus schwefligsaurem Kalk
                              									bestehend, vermengt noch mit Kalkhydrat und schwefelsaurem Kalk. Beim Erkalten nimmt
                              									die Flüssigkeit die ursprüngliche Farbe wieder an, und verhält sich ganz so wie die
                              									ungekochte Lauge. Mit Alkohol erhält man sofort die bekannten goldgelben Blättchen
                              									und Nadeln; nach längerem Stehen scheiden sich dieselben in solcher Menge aus, daß
                              									die Flüssigkeit einem Breie gleicht. – Während nun die aus der normalen Lauge
                              									sich abscheidenden Krystalle in derselben unveränderlich sind, zersetzen sich bei
                              									nicht vollständigem Abschluß der Luft nach wochenlangem Stehen, die Krystalle in der
                              									concentrirten Lauge, ohne daß letztere selbst entfärbt wird.
                           Wird die mit Alkohol versetzte und dadurch bis zu einem gewissen Grade von dem
                              									Oxytetrasulfuret befreite Lauge von Neuem mit absolutem Alkohol solange versetzt,
                              									als noch ein Niederschlag entsteht, so erhält man im Anfange ein gelbgefärbtes
                              									Präcipitat, welches aber nachher vollständig weiß erhalten wird. Dasselbe ist
                              									unlöslich in Wasser und kann durch Waschen leicht rein erhalten werden; in Salzsäure
                              									löst sich dasselbe vollständig klar unter Entwicklung von schwefliger Säure auf, und
                              									es gab bei der Analyse Zahlen, die es außer Zweifel stellten, daß die Verbindung
                              									schwefligsaurer Kalk sey. Sie gab nämlich getrocknet 42,33 Proc. Kalk; der
                              									schwefligsaure Kalk CaSO³ + 1/2 aq verlangt 43,4
                              									Proc. Kalk. – In den letzten Antheilen des Niederschlages, besonders dann
                              									wenn ein großer Ueberschuß von Alkohol zugesetzt wird, findet sich
                              									unterschwefligsaurer Kalk welcher sich aus dem Natronsalze durch Umsetzung gebildet
                              									hat.
                           Merkwürdigerweise löst sich der einmal gefällte schwefligsaure Kalk, selbst wenn er
                              									großen Mengen frischer Lauge zugesetzt wird, bei wochenlanger Einwirkung nicht
                              									wieder auf. Es ist nicht unmöglich, daß diese Eigenthümlichkeit dadurch ihre
                              									Erklärung findet, daß der schwefligsaure Kalk nicht frei, sondern in chemischer
                              									Verbindung mit einer anderen Schwefelverbindung in der Lauge existirt, die durch
                              									Aenderung des Lösungsmittels zersetzt wird. Daß solche Verbindungen des
                              									schwefligsauren Kalkes existiren, hat Kuhlmann bewiesen,
                              									welcher die Verbindung CaSO³ + 2 CaS + 6 aq in
                              									der Form von schönen gelben Krystallen in alten Haufen von Sodarückständen
                              									beobachtet hat.
                           Bleibt die mit Alkohol gefällte Lauge mehrere Monate in einer erschlossenen Flasche
                              									stehen, so scheiden sich schöne und deutlich ausgebildete Krystalle von
                              									unterschwefligsaurem Natron in nicht unbedeutender Menge aus. Andere Säuren des
                              									Schwefels, als schweflige Säure, unterschweflige Säure und Schwefelsäure, waren in
                              									der Lauge nicht vorhanden, wenigstens gab die Lauge welche man mit Kohlensäure so
                              									lange behandelt hatte bis aller Schwefelwasserstoff verjagt war, keine einzige der
                              									von Keßler angegebenen Reactionen auf Tetrathionsäure
                              									oder Pentathionsäure. – Die für die Trithionsäure sprechenden Reactionen,
                              									welche hierbei erhalten wurden, galten für die unterschweflige Säure, welche sich
                              									der Trithionsäure gleich verhält; es geht dieß besonders daraus hervor, daß die mit
                              									Salzsäure vollständig zersetzte Lauge nur Spuren von Schwefelsäure enthält, welche
                              									letztere in diesem Falle als Zersetzungsproduct der Trithionsäure in größerer Menge
                              									hätte vorhanden seyn müssen.
                           Leitet man in die Schwefellauge solange Kohlensäure, als noch Zersetzung eintritt und
                              									bis aller Schwefelwasserstoff ausgetrieben ist, und erhitzt nachher kurze Zeit zum
                              									Kochen, um den in der freien Kohlensäure gelösten kohlensauren Kalk zu präcipitiren,
                              									so erhält man nach dem Filtriren einen gelblichen Niederschlag und ein farbloses
                              									Filtrat. Der erstere besteht aus reinem kohlensauren Kalk und Schwefel, das letztere
                              									enthält wenig kohlensaures Natron und größere Mengen von unterschwefligsaurem
                              									Natron, welches beim Abdampfen krystallisirt und vollständig kalkfrei erhalten wird.
                              									Bei diesem Processe werden die Schwefelverbindungen des Natriums in der Lauge in
                              									kohlensaures Natron verwandelt, welches wiederum den in unterschwefligsauren Kalk
                              									umgewandelten schwefligsauren Kalk zersetzt unter Abscheidung von kohlensaurem Kalk.
                              									Der Ueberschuß des kohlensauren Natrons verbleibt in der Lauge.
                           Macht man dasselbe Experiment mit der durch einen Ueberschuß von Alkohol von den
                              									Kalksalzen befreiten Lauge, so erhält man als Niederschlag ebenfalls nur reinen
                              									kohlensauren Kalk und Schwefel; das Filtrat bleibt durch aufgelösten Schwefel gelb
                              									gefärbt und wird beim Erwärmen olivengrün; mit Wasser versetzt wird es unter
                              									Schwefelabscheidung farblos und liefert abgedampft wie vorhin Krystalle von
                              									kohlensaurem Natron und unterschwefligsaurem Natron, welche ebenfalls frei von Kalk
                              									sind. In diesem Falle ist jedoch, wie Bestimmungen ergaben, das Quantum des
                              									kohlensauren Natrons beträchtlich größer, denn der schwefligsaure Kalk ist durch den
                              									Alkohol abgeschieden und wird daher nicht wie im ersteren Falle durch das gebildete
                              									kohlensaure Natron zersetzt, welches dem entsprechend in größerer Menge
                              									auftritt.
                           Wurde die Lauge mit Schwefelkohlenstoff geschüttelt und letzterer in einer Schale
                              									verdampft, so blieb eine beträchtliche Menge von reinem Schwefel zurück, ein Beweis
                              									daß in der Lauge freier Schwefel gelöst enthalten ist und zwar gelöst durch die
                              									Polysulfurete des Calciums. Daß die Lauge noch im Stande ist, weitere Mengen von
                              									Schwefel aufzulösen, geht aus dem Umstande hervor, daß der durch wenige Tropfen
                              									Säure zuerst gefällte Schwefel sich beim Schütteln wieder auflöst.
                           Wurde ferner die Lauge mit Manganoxydullösung versetzt, so entwickelte sich
                              									Schwefelwasserstoff, ein Beweis daß in derselben Sulfhydrate vorhanden sind und zwar
                              									hier das Natrium- und Calciumsulfhydrat. Aus weiteren analytischen Versuchen
                              									darf angenommen werden, daß außer den direct nachgewiesenen Verbindungen sich noch
                              									Fünffach-Schwefelcalcium in der Lauge befindet. Es sind demgemäß in der Lauge
                              									vorhanden: CaS⁵; 4 CaO, CaS⁴ + 18 aq;
                              									CaSO⁴; CaSO³; Na²S²O³; NaHS, CaH²S²
                              									und S.
                           Um die Mengenverhältnisse der einzelnen Verbindungen festzustellen, wurden auf weiter
                              									unten beschriebene Weise nachfolgende Bestimmungen ausgeführt. Es wurden die
                              									schweflige Säure, unterschweflige Säure und Schwefelsäure und der
                              									Schwefelwasserstoff des Sulfhydrats, ferner sämmtliches Natrium und Calcium und die
                              									Gesammtmenge des Schwefels, und schließlich der Schwefel und das Calcium bestimmt,
                              									welche durch Kohlensäure abgeschieden wurden. – Aus den erhaltenen Daten
                              									konnten die Verbindungen festgestellt und berechnet werden.
                           
                        
                           Bestimmung der schwefligen und
                                 										unterschwefligen Säure und der Schwefelsäure.
                           Gewöhnlich wird in der Praxis die schweflige, und unterschweflige Säure zusammen
                              									bestimmt, indem man die Lauge mit einer neutralen Zinkvitriol- oder
                              									Zinkchloridlösung versetzt, das gebildete Schwefelzink nebst Schwefel abfiltrirt,
                              									auswäscht und in dem Filtrat die Säuren durch eine bekannte Jodlösung bestimmt.
                              									Diese Methode hat jedoch ihre Nachtheile, denn erstens läßt sich das schleimige
                              									Schwefelzink schwer auswaschen und zweitens wird der Gehalt an Säuren zu hoch
                              									gefunden, wenn ohne Weiteres filtrirt und nicht vorher der gelöste
                              									Schwefelwasserstoff durch Erwärmen verjagt wird. Analytisch leichter und bequemer
                              									wird die Methode, wenn statt des Zinksalzes neutrales Manganchlorür angewendet wird,
                              									weil das entstandene Schwefelmangan leichter und vollständiger ausgewaschen werden
                              									kann. Am zweckmässigsten zersetzt man die Lauge durch Kohlensäure, welche bis zum
                              									Verjagen des Schwefelwasserstoffes durchgeleitet wird; es scheidet sich dann bloß
                              									kohlensaurer Kalk und Schwefel aus, von denen die Flüssigkeit außerordentlich leicht
                              									abfiltrirt werden kann. Das Filtrat wird dann erhitzt, um den in der freien
                              									Kohlensäure gelösten kohlensauren Kalk zu präcipitiren, und dann ohne Weiteres mit
                              									Jodlösung titrirt. – Versuche haben bestätigt, daß auf diese Weise ganz genau
                              									dasselbe Resultat, als wie mit Zink- oder Mangansalzlösung erhalten wird.
                              									– In allen diesen Fällen geht das schwefligsaure Salz durch den frei
                              									werdenden Schwefelwasserstoff in unterschwefligsaures Salz über, so daß also die
                              									verbrauchte Jodlösung für diese Säure in Rechnung gebracht werden muß.
                           25 Kubikcentimeter Lauge gebrauchten im Durchschnitt 76,4 K. C. Normaljodlösung.
                           Es wurden nun 25 K. C. Lauge mit absolutem Alkohol ausgefällt, der entstandene
                              									Niederschlag abfiltrirt, und zuerst mit Alkohol und nachdem mit Wasser gewaschen, um
                              									das mitgefällte unterschwefligsaure Natron und das gleiche durch Umsetzung
                              									entstandene Kalksalz wieder in Lösung zu bringen. Der auf dem Filter zurückbleibende
                              									schwefligsaure Kalk wurde sammt Filter in ein Becherglas gebracht und mit Jodlösung
                              									titrirt. – Gebraucht wurden 45,85 K. C. Jodlösung, ca. 0,0032 Grm. schwefliger Säure entsprechend. Bei der ersten Titrirung
                              									war die schweflige Säure als unterschweflige Säure vorhanden, sie gebrauchte also
                              									nur die Hälfte der Jodlösung, mithin = 22,9 K. C. und es kamen somit auf Rechnung
                              									der unterschwefligen Säure = 76,4 – 22,9 K. C. = 53,5 K. C., ca. = 0,0096 unterschwefliger Säure. Demnach sind in 25
                              									Kubikcentimeter Lauge enthalten:
                           45,85 . 0,0032 = 0,1467 schweflige Säure und
                           53,5   . 0,0096 = 0,5136 unterschweflige Säure.
                           0,1467 schweflige Säure entsprechen 0,275 schwefligsaurem Kalk mit 0,0733 Schwefel
                              									und 0,0917 Calcium.
                           0,5136 unterschweflige Säure geben 0,8453 unterschwefligsaures Natron mit 0,3424
                              									Schwefel und 0,2461 Natrium.
                           25 K. C. Lauge gaben 0,057 schwefelsaurem Baryt, entsprechend 0,0333 schwefelsaurem
                              									Kalk mit 0,008 Schwefel und 0,01 Calcium.
                           Bestimmung des Gesammtkalkgehaltes. – 25
                              									Kubikcentimeter Lauge wurden mit einem Ueberschuß von Ammoniak versetzt und darauf
                              									der Kalk durch oxalsaures Ammoniak gefällt. Nach weiteren bekannten Operationen
                              									wurden 1,247 Grm. kohlensaurer Kalk erhalten, entsprechend 0,499 Grm. Calcium.
                           Bestimmung des Gesammtnatrons. – 25
                              									Kubikcentimeter Lauge wurden mit Salzsäure zersetzt und solange gekocht, bis der
                              									abgeschiedene Schwefel sich zusammengeballt hatte, dann wurde filtrirt, der Kalk
                              									durch oxalsaures Ammoniak und Ammoniak gefällt, und im Filtrat das Natrium als
                              									Chlornatrium bestimmt. Es resultirten 1,032 Grm. Chlornatrium, entsprechend 0,405
                              									Grm. Natrium.
                           Bestimmung des Gesammtschwefels in 25 K. C. Lauge.
                              									– 5 K. C. Lauge
                              									wurden mit wenig Wasser und alsdann mit festem gepulvertem Kupferchlorid versetzt;
                              									hierauf wurde rauchende Salpetersäure zugefügt und erwärmt. Der ungelöst gebliebene
                              									Schwefel betrug 0,175 Grm.; in der Form von schwefelsaurem Baryt wurden 0,0756 Grm.
                              									Schwefel, in Summa also 0,2506 Grm. Schwefel bestimmt. In 25 K. C. Lauge sind mithin
                              									enthalten 1,253 Grm. Schwefel.
                           Bestimmung des Sulfhydrates. – Der aus dem
                              									Sulfhydrat in der Lauge durch Jodlösung freigemachte Schwefelwasserstoff wurde nach
                              									dem Mond'schen Verfahren mit einer bekannten Kalilösung
                              									bestimmt. – Es bedurften 25 K. C. Lauge 43,75 K. C. Kalilösung, circa 0,00321 Schwefelwasserstoff entsprechend. Für das
                              									freigewordene Molecül Schwefelwasserstoff betrug dieses 0,14 Schwefelwasserstoff und
                              									für den Gesammtschwefel der Sulfhydrate also 0,263 Schwefel. Zieht man nun von den
                              									0,405 Natrium das in dem unterschwefligsauren Natron enthaltene Natrium = 0,2461 ab,
                              									so bleiben noch 0,1589 Natrium als Natriumsulfhydrat übrig; dasselbe beträgt 0,3869
                              									Grm. mit 0,1174 Grm. Schwefelwasserstoff. Diese Menge von den oben gefundenen 0,14
                              									Grm. subtrahirt, bleiben noch 0,0226 Grm. Schwefelwasserstoff für Calciumsulfhydrat
                              									übrig. Sie geben 0,0704 Grm. Calciumsulfhydrat mit 0,0266 Grm. Calcium.
                           Bestimmung der Polysulfurete. – Subtrahirt man von
                              									der ganzen Schwefelmenge = 1,253 Grm. den Schwefel der schwefligen und
                              									unterschwefligen Säure und der Schwefelsäure, sowie den der Sulfhydrate, im Ganzen
                              									0,6867 Grm., so resultiren noch 0,5663 Grm. S; deßgleichen bleiben, wenn man das
                              									Calcium des schwefligsauren und schwefelsauren Kalkes und des Calciumsulfhydrates
                              									von der Gesammtmenge des gefundenen Calciums also von 0,499 Grm. subtrahirt, noch
                              									0,3707 Grm. Calcium übrig. Vorstehende 0,5663 Schwefel sind nun mit den 0,3707
                              									Calcium zu Polysulfureten verbunden.
                           Weiter vorn habe ich bemerkt, daß der Lauge durch Schwefelkohlenstoff Schwefel
                              									entzogen werden konnte. Diese Beobachtung sowohl, als auch diejenige daß bei der
                              									Oxydation der Sodarückstände an der Luft, sich in den Haufen derselben Schwefel in
                              									Krystallen ausscheidet, beweist daß außer dem in der Lauge befindlichen
                              									Tetrasulfuret auch noch das Pentasulfuret in derselben vorkommen muß und ebenso
                              									freier Schwefel. Die beiden für Calcium und Schwefel resultirenden Zahlen ergeben
                              									auf 1 Molec. Calcium 1,9 Molec. Schwefel, wodurch man versucht seyn könnte die
                              									Verbindung CaS² in der Lauge anzunehmen. Die Gegenwart sehr großer Mengen
                              									Tetrasulfurets, dann die durch Kohlensäure abscheidbare Menge Schwefels aus der
                              									Lauge, widersprechen aber dieser Auffassung vollständig, abgesehen davon daß ja Schöne die Nichtexistenz dieser Verbindungen in Lösung
                              									bewiesen hat. Sämmtliches Calcium als 4 CaO, CaS⁴ + 18 aq anzunehmen, ist wohl nicht thunlich, da in diesem Falle eine zu große
                              									Menge, nämlich 1/4 des Gesammtschwefels als freier gelöster Schwefel vorhanden seyn
                              									müßte.
                           Versucht man Calcium und Schwefel zu Tetra- und Pentasulfuret vereinigt
                              									auftreten zu lassen, so paßt am besten das Verhältniß welches die Formel CaS⁵
                              									+ 4 CaO, CaS⁴ + 18 aq repräsentirt. Nach dieser
                              									Auffassung kommen auf 5 Gewichtstheile Calcium 6 Gewichtstheile Schwefel und dem
                              									entsprechend auf 0,3707 Calcium 0,445 Schwefel. Der Rest des Schwefels 0,5663
                              									– 0,445 = 0,1213 Grm. ist dann als solcher gelöst vorhanden. Hiernach sind
                              									nun in 25 K. C. Lauge vorhanden:
                           0,309 CaS⁵ mit 0,0618 Calcium und 0,246 Schwefel;
                           1,106 (4 CaO, CaS⁴) + 18 aq
                              									mit 0,309 Calcium und 0,198 Schwefel.
                           Wird die Lauge durch Kohlensäure zersetzt, so sind es nur diese beiden letzten
                              									Verbindungen welche unter Schwefelabscheidung zersetzt werden, und zwar liefert die
                              									erstere 4/5 ihres Schwefels, während die zweite 3/4 ihres Schwefels abscheidet, im
                              									Ganzen also 0,246 . 0,8 + 0,198 . 0,75 = 0,3453 Schwefel; dazu die 0,1213 Grm.
                              									freier Schwefel, gibt zusammen 0,4666 Grm. – Der directe Versuch ergab 0,468
                              									und 0,472, im Mittel also 0,470 Grm. Schwefel, ein Quantum welches mit dem
                              									berechneten fast vollständig übereinstimmt.
                           Aus der Gesammtuntersuchung geht ferner hervor, daß durch Kohlensäure aller Kalk als
                              									kohlensaurer Kalk gefällt werden muß, denn das Natriumsulfhydrat welches hierbei in
                              									kohlensaures Natron umgewandelt wird, ist in hinreichender Menge vorhanden um den
                              									schwefligsauren Kalk vollständig zu fällen. In der That lieferte die durch
                              									Kohlensäure zersetzte Lauge, nachdem sie gekocht und filtrirt worden war, keine
                              									Reaction mehr auf Kalk.
                           Faßt man die erhaltenen Resultate zusammen, so ergibt sich, daß in 25 Kubikcentimeter
                              									der untersuchten Lauge enthalten waren:
                           
                              
                                 CaS⁵
                                 0,309   Grm.
                                 
                              
                                 4 CaO, CaS⁴ + 18 aq        
                                 1,106      „
                                 
                              
                                 CaSO⁴
                                 0,0333    „
                                 
                              
                                 CaSO³
                                 0,275      „
                                 
                              
                                 Na²S²O³
                                 0,8453    „
                                 
                              
                                 CaH²S²
                                 0,0704    „
                                 
                              
                                 NaHS
                                 0,3869    „
                                 
                              
                                 S
                                 0,1213    „
                                 
                              
                           
                        
                           
                           Verhalten der Schwefellauge zu
                                 										schwefliger Säure.
                           Bekanntlich wird bei dem Schaffner'schen Verfahren die
                              									Lauge durch Salzsäure zersetzt und die bei der Zersetzung, nach der
                              									Schwefelwasserstoffentwickelung auftretende schweflige Säure in frische Lauge
                              									geleitet, wodurch die Sulfurete unter Abscheidung von Schwefel in
                              									unterschwefligsaure Salze übergeführt werden, welche dann wieder durch Salzsäure
                              									zersetzt zur Abscheidung von Schwefel und zur Entwickelung von schwefliger Säure
                              									Veranlassung geben. Der bei diesen Processen in den Ausfällbottichen resultirende
                              									Schwefel enthält bedeutende Mengen von schwefelsaurem Kalk, dessen Entstehung von
                              										Schaffner auf Kosten der in der rohen Salzsäure
                              									enthaltenen Schwefelsäure gesetzt, von Mond jedoch, wie
                              									vorhin erwähnt wurde, durch die Bildung von Trithionsäure erklärt wird, welche sich
                              									bei dem Zersetzungsproceß bildet und später bei höherer Temperatur in Schwefelsäure,
                              									schweflige Säure und Schwefel gespalten wird. Letztere Ansicht ist die allein
                              									richtige, denn die Bedingungen der Bildung der Trithionsäure sind unter den
                              									gegebenen Verhältnissen vorhanden. Natürlich wird der auf diesem Wege gebildete
                              									schwefelsaure Kalk noch vermehrt durch den aus der Schwefelsäure der rohen Salzsäure
                              									entstandenen schwefelsauren Kalk.
                           Leitet man reine gewaschene schweflige Säure in die Schwefellauge, so wird dieselbe
                              									unter Entwickelung beträchtlicher Mengen von Schwefelwasserstoff und unter
                              									Entstehung eines gelben Niederschlages vollständig zersetzt, unter
                              									Temperaturerhöhung. In dem vorliegenden Falle wurde die Einwirkung der schwefligen
                              									Säure gerade solange fortgesetzt, bis Bleipapier nicht mehr geschwärzt wurde, die
                              									Flüssigkeit völlig neutral reagirte und demgemäß keinen Ueberschuß von schwefliger
                              									Säure enthielt. – Dieselbe enthielt in diesem Stadium unterschwefligsauren
                              									Kalk und unterschwefligsaures Natron, und war vollständig frei von schwefligsauren
                              									Salzen. – Der abfiltrirte gelbe Niederschlag war vollständig reiner Schwefel,
                              									frei von Kalkhydrat oder schwefligsaurem Kalk; er verbrannte auf Platinblech ohne
                              									einen Rückstand zu hinterlassen. – Die Zersetzung findet also nicht in der
                              									Weise statt, daß sich schwerlöslicher schwefligsaurer Kalk ausscheidet, sondern die
                              									schweflige Säure wirkt hier gerade wie die Kohlensäure oder Salzsäure, sie zersetzt
                              									jede einzelne Verbindung und zwar unter Abscheidung von Schwefel und
                              									Schwefelwasserstoff, und geht indem sie sich mit den Basen verbindet durch den
                              									freiwerdenden Schwefelwasserstoff sofort in unterschweflige Säure über. –
                              									Dieser von Schaffner schon längst betretene Weg, eignet
                              									sich vorzüglich zur Gewinnung von unterschwefligsaurem Natron, indem die mit
                              									schwefliger Säure bis zum Neutralisationspunkt behandelte Lauge entweder mit Glaubersalz oder Sodalösung
                              									zersetzt wird, wodurch unter Abscheidung von schwefelsaurem oder kohlensaurem Kalk
                              									eine concentrirte Lösung von unterschwefligsaurem Natron erhalten wird, welche beim
                              									Abdampfen das Salz in fast reiner Form erhalten läßt. Für Laugen welche wie die hier
                              									untersuchte durch Einleiten von Kohlensäure vollständig vom Kalk befreit werden,
                              									kann auch dieser Weg zur Gewinnung von unterschwefligsaurem Natron benutzt werden;
                              									man erhält aber alsdann einen Theil des Natriums als kohlensaures Salz. Hierbei
                              									möchte jedoch die Gewinnung des Schwefels, der mit großen Mengen kohlensauren Kalkes
                              									verunreinigt ist, mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
                           Leitet man in die mit schwefliger Säure neutralisirte und filtrirte Lauge weiter
                              									schweflige Säure ein, so findet keine Schwefelabscheidung statt, zum Beweise daß das
                              									entstandene unterschwefligsaure Kalksalz nicht weiter zerlegt wird; erwärmt man
                              									jedoch die Flüssigkeit auf dem Wasserbade, so entsteht sehr bald ein Niederschlag
                              									von schwefelsaurem Kalk und Schwefel. Um dieses Verhalten weiter aufzuklären, wurde
                              									eine Lösung von reinem unterschwefligsaurem Kalk erhitzt, wodurch nach den
                              									bisherigen Angaben das Salz in schwefligsauren Kalk und Schwefel gespalten werden
                              									soll. – Ich habe mich nun überzeugt, daß diese Zersetzung selbst nach
                              									längerem Kochen nur ganz untergeordnet eintritt, daß vielmehr unter bescheidener
                              									aber stetiger Entwicklung von Schwefelwasserstoffgas, das Salz unter Bildung von
                              									schwefelsaurem Kalk hauptsächlich nach der Formel CaS²O³ + H²O
                              									= CaSO⁴ + SH² zersetzt wird.
                           Fügt man der Lösung des unterschwefligsauren Kalkes schweflige Säure hinzu und
                              									erhitzt das Ganze auf dem Wasserbade, so wird die Flüssigkeit gelb gefärbt und bei
                              									einiger Concentration entsteht plötzlich ein starker Niederschlag von schwefelsaurem
                              									Kalk, welcher der Menge nach mit dem ohne Zusatz von schwefliger Säure entstandenen
                              									nicht verglichen werden kann. Ich war versucht anzunehmen, diese Zersetzung gehe aus
                              									dem Grunde so vor sich, weil die schweflige Säure den Proceß wie vorhin einleite;
                              									dieses ist jedoch nicht der Fall, denn wenn der unterschwefligsaure Kalk mit wenig
                              									schwefliger Säure versetzt wird, so scheidet sich wohl wenig Schwefel ab und die
                              									Flüssigkeit enthält Schwefelsäure, aber selbst nach längerem Erhitzen derselben auf
                              									dem Wasserbade, entsteht kein Niederschlag von schwefelsaurem Kalk; erst dann wenn
                              									schweflige Säure im Ueberschuß zugesetzt wird, entsteht gleich darauf die starke
                              									Ausscheidung von schwefelsaurem Kalk. – Bei Gegenwart von schwefliger Säure
                              									geht also die Zersetzung des unterschwefligsauren Kalkes in anderer Weise vor sich,
                              									als ohne diese, und zwar entsteht, da die Bedingungen zur Bildung von Trithionsäure
                              									gegeben sind, zuerst trithionsaurer Kalk, welcher sich dann beim Erhitzen in
                              									schwefelsauren Kalk, schweflige Säure und Schwefel zersetzt.
                           Wird der unterschwefligsaure Kalk mit wenig Salzsäure versetzt und erhitzt, so
                              									entsteht ein Niederschlag von Schwefel und schwefelsaurem Kalk; auch hier hat die
                              									aus der unterschwefligen Säure gebildete schweflige Säure Trithionsäure gebildet,
                              									welche darauf unter Bildung von Schwefelsäure zersetzt wurde. – Setzt man die
                              									zur vollständigen Zersetzung nöthige Menge Salzsäure auf einmal zu, so findet eine
                              									Bildung von schwefelsaurem Kalk nicht statt. Wie der unterschwefligsaure Kalk, so
                              									verhält sich auch das Natronsalz; es bildet je nach der Salzsäuremenge beim Erhitzen
                              									Schwefelsäure oder solche nicht, indem im letzteren Falle beim Ueberschuß von
                              									Salzsäure die unterschweflige Säure in Schwefel und schweflige Säure zerlegt
                              									wird.
                           Wie die reinen Lösungen der unterschwefligen Säure gegen schweflige Säure, so
                              									verhalten sich auch dieselben in den Schwefellaugen zu schwefliger Säure, mag
                              									letztere direct zugesetzt oder erst in der Lauge gebildet werden, welches Letztere
                              									stets der Fall ist, wenn dieselbe durch Salzsäure zersetzt wird.
                           Versetzt man die auf 60° C. erwärmte Schwefellauge behutsam mit Salzsäure, so
                              									findet momentan eine Schwefelabscheidung unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff
                              									statt. Der Schwefel löst sich jedoch, wie ich dieses früher schon bemerkt habe,
                              									wieder auf. Bei fernerem Zusatz von Salzsäure scheidet sich dann der Schwefel ab,
                              									die Lauge entfärbt sich und entwickelt ganz zuletzt schweflige Säure. Daraus geht
                              									hervor, daß auch hier zunächst die Sulfo- und Sulfhydratverbindungen und
                              									nachher erst die schwefligsauren und unterschwefligsauren Salze zersetzt werden,
                              									unter Entwickelung von schwefliger Säure. Ist nun das Volumen der zersetzten Lauge,
                              									welche ein bestimmtes Quantum von freier schwefliger Säure enthält, so gewählt daß
                              									in der zugesetzten frischen Lauge gerade sämmtliche Sulfo- und
                              									Sulfhydratverbindungen in unterschwefligsaure Verbindungen übergeführt werden, so
                              									ist die Operation ganz untadelhaft geführt, d.h. es wird das geringste Quantum von
                              									schwefelsaurem Kalk gebildet. Wird hingegen die Operation der Laugenzersetzung so
                              									geführt, daß nach der Entstehung dieser Verbindungen noch schweflige Säure
                              									vorherrscht, so wird sofort trithionsaures Salz erzeugt, welches gleich darauf durch
                              									Zersetzung schwefelsaures Salz, also in unserem Falle schwefelsauren Kalk
                              									bildet.
                           Bei dem Schaffner'schen Verfahren, bei welchem nach der
                              									Zersetzung der Laugen durch Salzsäure die freie schweflige Säure in frische Lauge
                              										geleitet wird, tritt
                              									eine große Menge von schwefelsaurem Kalk auf, was darauf hinzudeuten scheint, daß
                              									das Quantum der schwefligen Säure zu groß ist. Meines Erachtens liegt dieses daran,
                              									daß die oxydirten Rückstände besonders reich an unterschwefligsauren Salzen sind und
                              									demgemäß bei der Zersetzung der Laugen durch Salzsäure zu große Quantitäten von
                              									schwefliger Säure in Freiheit setzen.
                           Ich bin nicht im Stande, das in der Praxis einzuschlagende Verfahren genau zu
                              									präcisiren, da, wie schon von Anderen bewiesen ist, die Zusammensetzung der Laugen
                              									großen Schwankungen unterliegt; immerhin aber spielt die von Mond hervorgehobene Bedeutung der trithionsauren Salze eine große Rolle
                              									bei diesem Verfahren, und es ist jedenfalls zu empfehlen, die Zersetzung der Laugen
                              									durch Salzsäure und die Einwirkung der schwefligen Säure, oder diejenige der
                              									zersetzten Lauge auf frische Lauge so zu leiten, daß eine Bildung von trithionsauren
                              									Salzen ausgeschlossen ist.
                           Aachen, den 5. Juli 1872.