| Titel: | Arbeiten aus dem chemisch-technologischen Laboratorium in Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz. | 
| Autor: | H. Schwarz | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CIII., S. 422 | 
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                        CIII.
                        Arbeiten aus dem chemisch-technologischen
                           								Laboratorium in Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz.
                        Schwarz, Arbeiten aus dem chemisch-technischen
                           								Laboratorium.
                        
                     
                        
                           1. Analyse krystallisirten und amorphen
                                 										Flaschenglases.
                           Aus der Fr. Siemens'schen Glashütte in Dresden wurde dem
                              									chemisch-technologischen Cabinet des Joanneums in Graz eine Sammlung von
                              									krystallisirten Gläsern, Zeichnungen des Regenerator-Wannen-Glasofens
                              									etc. in der liebenswürdigsten Art übersendet. Die Krystalle waren theilweise in
                              									kugeligen, wavellitartigen Massen innerhalb einer durchsichtigen amorphen Glasmasse
                              									ausgeschieden. Die Sonderung ging leicht und in vollkommener Art vor sich, und
                              									benutzte der Verfasser die hierdurch gebotene Gelegenheit, eine Vergleichung
                              									zwischen der Zusammensetzung beider Arten Glas anzustellen. Es ergab die Analyse bei
                              									den Krystallen:
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 im Mittel
                                 Sauerstoff
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 58,42 Proc.
                                 58,71 Proc.
                                 58,81 Proc.
                                 58,65 Proc.
                                 31,25 Proc.
                                 
                              
                                 ThonerdeEisenoxyd
                                     –  2,02
                                   7,17  1,93
                                   7,31  2,13
                                   7,22  2,03
                                   3,36  0,61
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 ManganoxydulKalkMagnesiaNatronKali
                                   5,7515,30  0,29    –    –
                                   6,0715,05  0,37  9,97  1,03
                                   5,2215,18  0,27    –    –
                                   5,6815,18  0,31  9,97  1,03
                                   1,27  4,39  0,12  2,57  0,17
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                   100,07
                                 
                                 
                              
                           Rechnen wir der Kieselsäure gegenüber Thonerde und Eisenoxyd als R²O³,
                              									und die übrigen Basen als RO zusammen, so haben wir die Annäherungsformel 16
                              									SiO³, 2 Al²O³, 13 RO. Berechnen wir den
                              									Feuerfestigkeits-Quotienten nach Bischof und nach
                              									der Formel
                           a(R²O³ b SiO³) RO, d. i. 0,156 (Al²O³,
                              									7,62 SiO³) RO
                           so ergibt 0,156/7,26 = 0,021 Feuerfestigkeitscoefficient, was
                              									die Leichtschmelzbarkeit des Gemisches genügend documentirt. Ich habe hier entgegen
                              									den Ansichten Bischof's beim Thon das Eisenoxyd zur
                              									Thonerde gerechnet, während Bischof es als FeO zu RO
                              									setzt, da in dem bräunlichen Glase aller Wahrscheinlichkeit nach Eisenoxyd vorhanden
                              									ist, und das Eisenoxydul durch den Zusatz von Mangansuperoxyd jedenfalls in Eisenoxyd übergeführt
                              									wird. Das spec. Gewicht des krystallisirten Glases ist 2,656 – 2,660 gefunden
                              									worden (Wasser bei 15° C. = 1).
                           Das amorphe Glas ergab dagegen folgende nur wenig
                              									abweichende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 im Mittel
                                 Sauerstoff
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 59,54 Proc.
                                 59,55 Proc.
                                 58,90 Proc.
                                   59,33 Proc.
                                 31,62 Proc.
                                 
                              
                                 ThonerdeEisenoxyd
                                   7,69  1,82
                                     –    –
                                   7,68  1,96
                                     7,69    1,89
                                   3,18  0,56
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 ManganoxydulKalkMagnesiaNatronKali
                                   5,8714,28  0,35    –    –
                                   6,8713,98  0,35  9,70  1,36
                                   6,1614,13    –    –    –
                                     6,30  14,13    0,35    9,70    1,36
                                   1,42  4,04  0,14  2,50  0,23
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 100,75
                                 
                                 
                              
                           Die am meisten angenäherte Formel ist 17 SiO³ + 2 Al²O³ + 13 RO.
                              									Es ist augenscheinlich kein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Glassorten in
                              									der Zusammensetzung vorhanden. Sie verhalten sich wie eine eingetrocknete reine
                              									Mutterlauge zu den daraus vorher abgeschiedenen Krystallen. Das spec. Gewicht ist
                              									2,641 – 2,648 gefunden worden, also etwas geringer, als beim krystallisirten
                              									Theile. Es wäre möglich, daß das krystallisirte und das amorphe Silicat sich analog
                              									der krystallisirten und der geschmolzenen Kieselsäure in Beziehung auf ihr
                              									specifisches Gewicht verhielten.
                           Ich will noch auf den bedeutenden Mangangehalt aufmerksam machen, der sicher auch als
                              									Flußmittel analog dem Bleioxyd, wirkt. Der starke Gehalt an Kalk bei geringem
                              									Alkaligehalte scheint das Krystallisiren zu befördern. Das gefundene Kali rührt vom
                              									Zusatz kalihaltiger Gesteine (Feldspath, granitischem Sand etc.) oder von
                              									ausgelaugter Holzasche wahrscheinlich her.
                           Die Eigenschaft des Manganoxyduls als Flußmittel zu dienen, legt es nahe, die
                              									Schlacken mancher Hohöfen, welche Spatheisensteine etc. verblasen, als Zuschlag beim
                              									Glasschmelzen zu verwerthen.
                           Eine Hohofenschlacke von Praevali in Kärnthen, wo Spatheisenstein von Hüttenberg
                              									verschmolzen wird, zeigte sich steinig, grauweiß gefärbt. Sie ergab bei der Analyse
                              									als Mittel mehrerer Bestimmungen in 100 Theilen folgende Zahlen:
                           
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 34,76
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 11,11
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                 0,66
                                 
                              
                                 Kalk
                                 37,09
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 4,60
                                 
                              
                                 Kali
                                 0,90
                                 
                              
                                 Natron
                                 0,71
                                 
                              
                                 Schwefelmangan
                                 9,12
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit, angezogene Kohlensäure u. Verlust
                                 1,05
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Ich fand 3,71 Proc. Schwefel, die ich nach früheren Untersuchungen von mir, als an
                              									Mangan gebunden annehme. Beim Digeriren des Pulvers mit neutrale:
                              									Kupfervitriollösung färbt die Schlacke sich schwarz von Schwefelkupfer, und in der
                              									Lösung findet sich schwefelsaures Manganoxydul. Man kann durch Zusammenschmelzen der
                              									Schlacke mit mehr Kieselsäure und Zusatz von Alkali, in der Form von schwefelsaurem
                              									Natron, leicht ein brauchbares Flaschenglas erhalten. Dadurch daß die Schlacke schon
                              									für sich schmilzt, daß in ihr der Kalk etc. schon eine Verbindung mit der
                              									Kieselsäure eingegangen ist, wird die Schmelzung und die weitere Aufnahme der
                              									Kieselsäure sehr erleichtert. Daß das Mangan hier in der Verbindung mit Schwefel
                              									vorliegt, schadet nicht, sobald man schwefelsaures Natron als Alkalizusatz
                              									verwendet, sondern bietet eher einen Vortheil. Nach der Formel
                           MnS + 3 NaO, SO³ = MnO + 3 NaO + 4 SO²
                           wird die gegenseitige Zersetzung beider Substanzen die Bildung
                              									der Silicate ihrer Basen, die Elimination des Schwefels als schweflige Säure sehr
                              									erleichtern. Es ist dieß genau dieselbe Formel welche die gegenseitige Zersetzung
                              									des rohen und gerösteten Bleiglanzes bedingt
                           (PbS + 3 PbO, SO³ = 4 PbO + 4 SO²).
                           Es wäre vielleicht möglich, auf diese Art sehr reinen Bleiglanz in Verbindung mit
                              									schwefelsaurem Natron zum Glasschmelzen zu verwenden. Es lohnt sich jedenfalls,
                              									statt der bisher zugeschlagenen Holzkohle beim Gebrauch des Glaubersalzes, die
                              									Zersetzung durch Bleiglanz zu versuchen. Wenn das Manganoxydul als Flußmittel beim
                              									Glasschmelzen in größerer Ausdehnung Anwendung fände, so könnten die chemischen
                              									Fabriken den Chlorbereitungs-Rückstand sehr gut hierfür verwenden, entweder,
                              									indem sie durch Neutralisation mittelst kohlensaurem Kalk und längere Digestion
                              									damit das Eisen eliminiren und dann das Manganoxydul durch mehr Kalk fällen, oder
                              									indem sie zur Fällung eines Theiles die gelbe Lauge der Sodarückstände verwenden.
                              									Wenn man nach Weldon überschüssigen Kalk der von Eisen
                              									befreiten Manganlauge zusetzt, so entsteht bei der Berührung des Niederschlages mit der Luft Kalkmanganit
                              									(CaO, MnO²). Diese Verbindung könnte gleich dem Pyrolusit zum Entfärben des
                              									Glases durch Oxydation dienen, würde aber bei stärkerem Zusatze leicht das Glas
                              									violett färben. Wenn man indessen einen Antheil des nach der zweiten Methode
                              									erzeugten Schwefelmangan-Niederschlages zusetzte, oder die eisenfreie Lauge
                              									gleich mit einem Gemisch von Kalk und Mehrfach-Schwefelcalcium fällte, so
                              									winde man leicht, selbst bei starkem Manganzusatze, ein farbloses Glas damit
                              									darstellen können. Bei Anwendung von schwefelsaurem Natron müßte man entsprechend
                              									dem oben Angedeuteten die Dosis des Schwefelmangans etwas steigern.
                           
                        
                           2. Venetianische
                                 									Mosaikgläser.
                           Bei einem Aufenthalte in Venedig hatte ich durch freundliche Vermittelung des
                              									dortigen österreichischen Generalconsuls, Baron Teixeira do
                                 										Mattos, Gelegenheit, die berühmte Anstalt für Glasarbeiten von Salviati kennen zu lernen. Ich erhielt später durch den
                              									eben genannten Herrn für mein technologisches Cabinet eine vollständige, aus fast
                              									500 Stück bestehende Sammlung der dort zum Mosaik verwendeten Glasstäbchen in den
                              									verschiedensten Farbennummern. Ich bin leider im Laboratoriumsraume sehr beschränkt
                              									und nur auf meine eigene Arbeitskraft angewiesen. Sollte endlich der Misere der
                              									hiesigen Laboratoriums-Einrichtungen abgeholfen werden und ich eine Anzahl
                              									Schüler um mich sammeln können, so würde ich mit deren Hülfe im Stande seyn, durch
                              									zahlreiche Analysen dieses ziemlich dunkle Feld der Glasmacherkunst aufzuhellen. Die
                              									Gläser sind sämmtlich, bis etwa auf die dunkelsten, opak, wie es der Effect der
                              									Glasmosaik verlangt. Sie sind zu Stäbchen von rechteckigem Querschnitt geformt, die
                              									wahrscheinlich aus stärkeren vierkantigen Stäben durch Ausziehen oder Durchziehen
                              									durch ein so geformtes Ziehloch in einer stark erhitzten Eisenplatte gebildet
                              									werden. Das Glas ist weich und leicht schmelzbar. Etwa 1/2 Zoll lange Stückchen
                              									werden nach dem Einritzen mit einer Feile mittelst einer Pincette abgebrochen und
                              									nach der Zeichnung neben einander in einen bräunlichen Kitt eingedrückt, der in der
                              									Fassung ausgebreitet ist. Nachdem dieser Kitt erhärtet, wird bei der eigentlichen
                              									venetianischen Mosaikarbeit die Bildfläche eben geschliffen, während bei der
                              									sogenannten byzantinischen Mosaik die Figuren in Relief auf dem Grunde stehen
                              									bleiben, die Länge der Stäbchen daher schon beim Einsetzen in den Kitt darnach
                              									bemessen werden muß.
                           Die Opacität scheint nach der folgenden Analyse hauptsächlich durch Antimonoxyd
                              									hervorgebracht zu werden.
                           
                           Eine Probe hellblauen matten Glases ergab folgende Resultate in 100 Theilen:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 64,70
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 2,00
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 0,54
                                 
                              
                                 Antimonoxyd
                                 5,92
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 9,76
                                 
                              
                                 Kupferoxyd
                                 1,32
                                 
                              
                                 Kalk
                                 3,04
                                 
                              
                                 Kali
                                 2,05
                                 
                              
                                 Natron
                                 9,98
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,31
                                 
                              
                           Es ist also ein Bleioxyd-Kalk-Natronglas, welches durch Antimonoxyd
                              									opak gemacht, durch Kupferoxyd, nicht durch Kobaltoxydul blau gefärbt ist. Die
                              									türkisblauen Gläser sind bekanntlich meist mit Kupferoxyd gefärbt, welches
                              									durchsichtige Gläser grün, undurchsichtige blau färbt.
                           Alle diese Mosaikgläser zeigen weniger brillante Farben, als man sie sonst bei
                              									gefärbten Gläsern zu sehen gewohnt ist. Dieß scheint allen venetianischen Gläsern,
                              									so z.B. den Glasperlen von Murano gemeinsam zu seyn. Es trägt sicher zu dem
                              									künstlerischen Effecte der venetianischen Glasarbeiten wesentlich bei, daß die
                              									Farben etwas abgedämpft erscheinen, und hat dieß seinen Grund in dem dort zum
                              									Glassatze angewendeten leicht schmelzenden, aber gelblich gefärbten, Eisenoxyd
                              									haltenden Sande. Den harmonischen Effect der alten Glasgemälde erhält man jetzt erst
                              									wieder, seitdem man unreinere grünliche Gläser als Unterlage der farbigen Gläser
                              									benutzt. Was Künstler gebrauchen können, deckt sich keineswegs mit dem, was die
                              									Technik in ihren vollkommensten Producten liefert.
                           Eine weitere Verfolgung dieser Arbeit behalte ich mir vor, und werde neben der
                              									Analyse auch der Synthese dieser Mosaikgläser besondere Aufmerksamkeit zuwenden.
                           
                        
                           3. Thonerde-Goldpurpur.
                           Bekanntermaßen nimmt man in neuerer Zeit allgemein an, daß der Cassius'sche Goldpurpur aus sehr feinvertheiltem Golde besteht, welches
                              									innig mit Zinnoxydhydrat gemischt ist. Ich habe einen freilich sehr hellen, auf
                              									Porzellan sich gut einbrennenden Rosapurpur erhalten, als ich eine verdünnte
                              									Thonerde-Natron-Lösung mit etwas verdünnter Goldchloridlösung mischte.
                              									Die gefällte Thonerde vermischte sich innig mit dem gleichzeitig niederfallenden
                              									Goldoxyd. Beim Trocknen und Glühen wurde die Masse schön Hellroth, eine Farbe die
                              									sie auch nach dem Einbrennen mit Bleifluß beibehielt.
                           
                        
                           
                           4. Darstellung von krystallisirtem
                                 										Traubenzucker.
                           Zur Bestimmung des aus Rohzuckersorten zu gewinnenden reinen Zuckers wende ich häufig
                              									neben Polarisation und Aschenbestimmung das Auswaschen einer abgewogenen Menge mit
                              									angesäuertem, dann mit neutralem, immer stärker gewählten Alkohol an, das zuletzt
                              									mit nahezu absolutem Alkohol abgeschlossen wird. Damit die den Krystallen anhängende
                              									Melasse sich überhaupt in Alkohol löst, müssen die in starkem Alkohol unlöslichen
                              									organisch-sauren Melassensalze durch Zusatz von Salzsäure oder Essigsäure in
                              									Chlormetalle oder essigsaure Salze übergeführt werden, welche in mäßig starkem
                              									Alkohol löslich sind. Die verdrängten organischen Säuren lösen sich leicht in
                              									Alkohol auf. Während sich der Rohzucker mit neutralem Alkohol klumpig zusammenballt,
                              									und beim allmählichen Zusatz solchen Alkohols zu einer wässerigen Lösung des
                              									Rohzuckers bald eine Trübung und der Absatz einer öligen Schicht am Boden erfolgt,
                              									zerfällt der Rohzucker beim Anrühren mit Alkohol von circa 85 Gewichtsprocenten, dem man circa 3
                              									Proc. reine Salzsäure zugesetzt hat, in reine Krystalle und eine braune dünnflüssige
                              									Melassenlösung. Die zugesetzte Salzsäure muß natürlich genügen, um sämmtliche
                              									Alkalien des Rohzuckers in Chlormetalle überzuführen. Auf 10 Grm. Rohzucker braucht
                              									man höchstens 20 Kub. Centim. solchen sauren Alkohols und kann sogar mit weniger
                              									auskommen, wenn man mittelst einer Luftpumpenvorrichtung den Zucker auf dem Filter
                              									abnutscht. Man deckt dann mit 10–20 K. C. neutralem Alkohol von 85 Proc.,
                              									hernach mit eben so viel von 90 und 95 Proc. aus. Letzteren erhält man aus den
                              									Colonnenapparaten sehr leicht und kann ihn aus jeder Spiritushandlung beziehen. Was
                              									die Droguisten als absoluten Alkohol verkaufen, ist meistentheils dasselbe Product.
                              									Man trocknet dann unter der Luftpumpe über Schwefelsäure, löst den vollkommen weißen
                              									und trockenen Zucker vom Filter, was ohne Verlust geschehen kann, und wiegt. Man
                              									kann natürlich auch das Filter vorher trocknen und wiegen, oder zwei gleichschwere
                              									Filter in einander steckend anwenden, von denen das äußere nachher als Tara dient.
                              									Obwohl die Menge Zucker, welche in den angewendeten kleinen Mengen Alkohol löslich
                              									ist, vernachlässigt werden kann, so empfiehlt es sich doch, den Alkohol vorher mit
                              									reinem Zucker zu sättigen, was durch Schütteln mit Zuckerpulver und Absetzenlassen
                              									leicht zu erreichen ist. Alkohol, welcher über 95 Proc. stark ist, löst fast gar
                              									keinen Zucker auf, während bei schwächeren Alkoholen die aufgelösten Zuckermengen
                              									mit dem Wassergehalte im Verhältnisse stehen. Bei dem salzsauren Alkohol war die
                              									sich allmählich auflösende Zuckermenge auffallend groß. Nach einiger Zeit zeigte
                              									sich aber in der Aufbewahrungsflasche ein in undeutlichen Warzen krystallisirender schön
                              									weißer Absatz in beträchtlicher Menge, der sich leicht als reinster Traubenzucker zu
                              									erkennen gab. Während in wässeriger Lösung und beim Kochen der Rohrzucker durch
                              									verdünnte Säuren bekanntlich in linksdrehenden Invertzucker übergeführt wird, der
                              									nur nach längerer Zeit und durch das Licht in Traubenzucker sich umwandelt, scheint
                              									in der alkoholischen Lösung und in der Kälte direct Traubenzucker gebildet zu
                              									werden. Durch einfaches Abwaschen mit neutralem Alkohol, besser noch durch Zerreiben
                              									damit, Abfiltriren und Auswaschen beseitigt man die anhängenden Säurespuren, welche
                              									beim Trocknen eine Schwärzung herbeiführen könnten, und erhält dann beim Trocknen
                              									ein vollkommen reines Product, das man als Normal-Substanz bei den hierher
                              									gehörigen Maaßanalysen direct verwenden kann.
                           Erwähnen will ich noch, daß man, um das Kali in Melasse oder Rohzucker zu bestimmen,
                              									die Mohr'sche Methode der Kalibestimmung mit saurem
                              									weinsaurem Natron direct anwenden kann. Man erspart dadurch das so lästige
                              									Einäschern des Zuckers, was selbst wenn man nach Scheibler vorher Schwefelsäure zuletzt, nur in der Muffel vollkommen gut
                              									vor sich geht. Bei einzelnen Proben lohnt es sich kaum, die Muffel anzuheizen. Ohne
                              									Schwefelsäure die Kohle gänzlich fortzubrennen, gelingt nie; bei Steigerung der
                              									Temperatur verflüchtigt sich Alkali, besonders Chlorkalium. Man muß verkohlen, die
                              									Kohle auswaschen, den Rückstand verbrennen und nochmals auslaugen, dann das Filtrat
                              									vorsichtig in gewogener Platinschale eindampfen, im Luftbade schwach austrocknen und
                              									hernach sehr gelinde glühen.
                           Ich verfahre statt dessen meistens folgendermaßen. Ich löse 20 Grm. Zucker oder 5
                              									Grm. Melasse in einer gesättigten Weinsteinlösung, filtrire, falls nöthig, von
                              									mechanischen VerunreinigungenEs könnten auch Spuren von Weinstein dadurch fallen, daß Zucker oder Melasse
                                    											Wasser zu ihrer Lösung in Anspruch nehmen, welches früher zur Lösung des
                                    											Weinsteines diente; die Menge des Niederschlages ist jedenfalls
                                    											verschwindend klein.
                              									ab, und setze eine Lösung von saurem weinsaurem Natron
                              									in gesättigter Weinsteinlösung zu, bis ein Ueberschuß davon vorhanden ist, den man
                              									nöthigenfalls durch ein Kalisalz, bei einer herausgenommenen Probe constatiren kann.
                              									Nach 12stündigem Absetzen filtrirt man ab, wäscht mit gesättigter Weinsteinlösung
                              									aus, und läßt über Schwefelsäure trocknen. Man kann die Weinsteinkrystalle ohne
                              									Verlust vom Filter lösen und wiegen. Ebenso gut kann man ihre Menge acidimetrisch
                              									mit Normal-Alkali ermitteln; 1/4 ihres Gewichtes besteht aus Kali. Alle
                              									Kalisalze des Zuckers werden so gleichzeitig ermittelt. Die Natronsalze fallen
                              									freilich aus. Nimmt man an, daß die löslichen Aschenbestandtheile der Melasse aus
                              										circa
                              								
                           
                           70 Proc. kohlensaurem Kali,
                           10 Proc. Chlorkalium,
                           10 Proc. schwefelsaurem Kali und
                           10 Proc. kohlensaurem Natron
                           bestehen, so sind darin in runden Zahlen 60 Proc. Kali
                              									enthalten, wornach man leicht aus dem Kali auf die Totalsalzmenge schließen kann. Da
                              									1 Proc. Salze 5 Proc. Zucker unkrystallisirbar machen, so macht 1 Proc. so
                              									gefundenes Kali (5 . 10)/6 = 8 1/3 Proc. Zucker unkrystallisirbar. Es ist eine
                              									ähnliche Correctur, wie sie bei dem Scheibler'schen
                              									Verfahren für die schwefelsauren Salze nöthig ist. Kalibestimmungen, die mit Zucker
                              									und Melasse einerseits direct, andererseits mit der Asche daraus durchgeführt
                              									wurden, ergaben gut übereinstimmende Resultate. Die Durchschnittszahl von 60 Proc.
                              									Kali der Totalaschenmenge wurde ebenfalls constatirt.
                           
                              
                                             
                                    											Kali aus Rohzucker
                                 Nr.  I,
                                 direct
                                 0,771 Proc.
                                 
                              
                                               
                                    											„      „        
                                    											„
                                  „    „
                                 aus der Asche
                                 0,803    „
                                 
                              
                                               
                                    											„      „        
                                    											„
                                 Nr. II,
                                 direct
                                 0,918    „
                                 
                              
                                               
                                    											„      „        
                                    											„
                                  „    „
                                 aus der Asche
                                 0,960    „
                                 
                              
                                             
                                    											Kali aus Melasse,
                                 
                                 direct 
                                 4,10      „
                                 
                              
                                               
                                    											„      „        
                                    											„
                                 
                                 aus der Asche
                                 4,07      „
                                 
                              
                                 3,650 Grm. Melassenasche gaben 2,1049 Grm. Kali = 59,3
                                    											Proc.
                                 
                              
                           
                        
                           5. Dynamit.
                           Es wird jetzt der Nobel'sche Dynamit vielfältig nachgeahmt
                              									und das nachgebildete Product unter verschiedenen Namen (Dualin, Lithofracteur
                              									u.s.w.) in den Handel gebracht. Der explosive Körper, das Nitroglycerin, bleibt sich
                              									in allen diesen Präparaten gleich, der Unterschied liegt einzig und allein in den
                              									Substanzen, durch welche man das Nitroglycerin absorbiren läßt, und in den
                              									verschiedenen Mengen Nitroglycerin, die von denselben aufgenommen werden.
                           Der Verfasser erhielt von der Fohnsdorfer Braunkohlen-Gewerkschaft
                              									(Obersteyermark) zwei Proben, eine stärkere und eine schwächere, letztere mit dem
                              									Namen Kohlendynamit bezeichnet, zur Analyse. Es waren Patronen, aus einem nicht sehr
                              									durchscheinenden Pergament gefertigt, sehr weich und etwas Nitroglycerin
                              									durchschwitzen lassend. Die Masse selbst war grauweiß und halbflüssig. Es wurde mit
                              									wasserfreiem Aether extrahirt, der Aetherauszug in einer gewogenen Platinschale bei
                              									gelinder Temperatur verdampft und gewogen. Der auf gewogenem Filter gesammelte,
                              									getrocknete und gewogene Rückstand bestand aus viel Kreide und etwas Sägespänen.
                           
                           
                              
                                 Es enthielt Nr. I (stark)
                                 Nr. II (schwach) Kohlendynamit
                                 
                              
                                 Nitroglycerin
                                   67,50 Proc.
                                             56,90
                                    											Proc.
                                 
                              
                                 Kreide und Sägespäne
                                   30,11    „
                                             42,13    „
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit und Verlust
                                     2,39    „
                                               0,97    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––        
                                           –––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 100,00
                                           100,00
                                 
                              
                           Der Nobel'sche Dynamit ist bräunlich, trocken teigartig;
                              									es sickert selbst bei langem Liegen kein flüssiges Nitroglycerin aus. Die Patronen
                              									sind fester, außen vollkommen trocken, ihre Hülle von Pergamentpapier ist stark
                              									durchscheinend. Er enthält 75 Proc. Nitroglycerin. Man sieht, daß das hierzu
                              									verwendete Infusorienmehl, welches unter dem Mikroskop viele Diatomeenschalen zeigt,
                              									absorbirender wirkt, und daß die etwaige kleine Preisdifferenz durch den Mehrbetrag
                              									des explosiven Materiales und die sonstigen bequemen Eigenschaften des Präparates
                              									mehr als ausgeglichen wird. Man könnte für die Kreide höchstens den Vortheil
                              									anführen, daß sie geeignet ist, Spuren von Säure, die in dem Nitroglycerin enthalten
                              									sind, wegzunehmen. Dieß könnte man indeß bei Nobel's
                              									Präparat durch einige Procente Kreidezusatz eben so gut erreichen. Wie energisch das
                              										Nobel'sche Präparat wirkt, ergab sich bei einem
                              									Versuche, eine gebrochene Blechwalze vom besten Mariazeller Gußeisen, von 26 Zoll
                              									Durchmesser, für das Umschmelzen in kleinere Stücke zu zertheilen. Mittelst eines
                              									Bohrloches von 1 Zoll Weite und 13 Zoll Tiefe, welches mit circa 1/4 Pfd. Nobel'schem Dynamit, einer
                              									Zünopatrone und Formsandverschluß besetzt war, gelang es dieses äußerst feste
                              									Material beim ersten Schuß mit Sprüngen zu versehen, beim zweiten Schuß in
                              									zahlreiche Stücke zu zerbrechen, von denen einige fast 100 Fuß weit fortgeschleudert
                              									wurden. Dieses Walzenstück hatte allen bisherigen Zertrümmerungsversuchen, auch mit
                              									Wasser und Stahlkeil widerstanden. Auch Pulver, soweit eine Ladung in der engen
                              									Bohrung Platz gefunden, hätte sicher nicht die Zertrümmerung bewirken können. Wer
                              									die vorzügliche Festigkeit gerade dieser halbirten Eisensorte kennt, wird die Größe
                              									der Dynamitwirkung zu würdigen wissen.
                           
                        
                           6. Entfärbende Wirkung der
                                 										Knochenkohle.
                           Man nimmt an, daß die entfärbende Wirkung der Knochenkohle für verschiedene
                              									Farbstoffe wesentlich eine Flächenanziehung ist und sich mit der Färbung der
                              									Gewebefasern parallelisiren läßt. Die Knochenzellen und ihre Verästelungen, welche
                              									aus schwer schmelzbarem phosphorsauren Kalk bestehen, sollen mit stickstoffhaltiger
                              									Kohle aus der Knorpelsubstanz bekleidet, die große absorbirende Oberfläche
                              									darbieten. Man kann die Frage aufwerfen, welchen Antheil an der Entfärbungsfähigkeit
                              									die weißgebrannten Knochen besitzen, welche doch auch eine bedeutende Flächenentwickelung darbieten,
                              									ferner ob es möglich sey, die Knochenkohle durch Mischen der Knochenasche mit Zucker
                              									oder Leim, Trocknen und Glühen zu regeneriren, dann, wie die Kohle allein, nachdem
                              									man 3 CaO, PO⁵ und CaO, CO² durch Salzsäure entfernt, wirke, welchen
                              									Einfluß die Körnung, die Behandlung in der Wärme und Kälte, das Auswaschen, die
                              									saure oder neutrale Reaction der Farbstofflösung habe.
                           Ehe ich die Resultate der Versuche gebe, will ich die angewendeten Materialien, die
                              									Methode der Operation und die Berechnung der Resultate kurz berühren. Als
                              									Farbstofflösungen wandte ich Indigblauschwefelsäure mit Ueberschuß von Schwefelsäure
                              									und Indigcarmin oder indigschwefelsaures Natron an.
                           10 Gramme reines Indigblau (aus Vitriolküpe, durch Ausziehen mit Salzsäure von Kalk
                              									und Eisen befreit), 50 Grm. englische und 50 Grm. Nordhäuser rauchende Schwefelsäure
                              									wurden mit Glasperlen in eine Flasche mit Glasstopfen gebracht und längere Zeit
                              									unter öfterem Schütteln warm gestellt. Der Inhalt wurde dann durch einen Trichter in
                              									einen Glaskolben mit destillirtem Wasser gebracht, die Flasche vollkommen
                              									ausgespült, die auf dem enghalsigen Trichter liegen gebliebenen Perlen vollkommen
                              									abgewaschen und die Flüssigkeit dann auf 1500 K. C. gebracht. Ein Theil dieser
                              									Lösung wurde mit kohlensaurem Natron übersättigt, mit gesättigter klarer
                              									Kochsalzlösung gefällt, nach dem Abfiltriren erst mit concentrirter Kochsalzlösung,
                              									dann mit essigsaurer Natronlösung, endlich mit Alkohol gewaschen und schließlich in
                              									reinem Wasser gelöst. Die Lösung war verdünnter, als die der Indigblauschwefelsäure.
                              									Wenn man, wie es meistens geschah, 20 K. C. der Indigblauschwefelsäure abmaß und mit
                              									80 K. C. reinem Wasser verdünnte, so brauchte man zur vollständigen Entfärbung 12,2
                              									K. C. einer Chamäleonlösung, von der jeder K. C. 0,010 Eisen entsprach. 100 K. C.
                              									der Indigcarminlösung dagegen, wurden nach dem Ansäuern mit Salzsäure schon durch
                              									8,3 K. C. derselben Chamäleonlösung vollkommen entfärbt.
                           Das Aequivalent von 1 K. C. Chamäleon an Indigblau ließ sich auf zwei Arten
                              									berechnen. Nach der angewendeten Menge Indigblau kamen auf 20 K. C. Indigblaulösung
                              									0,133 Grm. Indigblau; nach der Formel der Zersetzung
                              									C¹⁶H⁵NO² + 2 O = C¹⁶H⁵NO⁴
                              									der Titrirung des Chamäleons dagegen 0,142, eine Differenz, die wahrscheinlich
                              									dadurch entsteht, daß auch die vorhandene Unterschwefelsäure der Oxydation
                              									unterliegt oder die Oxydation über das Isatin hinausgeht. Ich habe der Einfachheit
                              									halber, die erstere, aus der Synthese hervorgegangene Zahl für das Indigblau als
                              									maßgebend angenommen, wornach 1 K. C. Chamäleon 0,01092 Grm. Indigblau
                              									entspricht.
                           Die Knochenkohleproben wurden aus einer größeren Partie gut gebrannter grober
                              									Kohlenstücke durch Stampfen in einem eisernen Mörser dargestellt und dann durch
                              									Siebe in drei Sorten getheilt. Es wurden sowohl grobe Stücke als feiner Staub durch
                              									ein grobes Metall- und ein feines Haarsieb abgeschieden und die eigentlichen
                              									Proben durch zwei Siebe von 4 und 2 Quadratmillimeter Maschenweite in drei
                              									Sorten:
                           a grob, was auf dem ersten Siebe blieb,
                           b mittel, was auf dem zweiten Siebe blieb,
                           c fein, was durch das zweite Sieb ging, geschieden.
                           Der Staub wurde auf kalkfreie Kohle durch Ausziehen mit roher Salzsäure, Auskochen,
                              									Auswaschen, Kochen mit kohlensaurem Natron (um den gebildeten Gyps zu zersetzen),
                              									Auswaschen, Kochen mit reiner Salzsäure und definitives langdauerndes Auswaschen und
                              									Trocknen an der Luft verarbeitet. Die Knochenkohle selbst enthielt als Durchschnitt
                              									der Analyse 4,50 Proc. Feuchtigkeit, 10,5 Proc. Kohlenstoff, den Rest 85 Proc.
                              									unorganische Substanz. Die kalkfreie Kohle enthielt 8,0 Proc. Feuchtigkeit, 9,9
                              									Proc. Asche (Sand) und 82,1 Proc. reinen Kohlenstoff.
                           Ein Theil der groben Knochenkohle wurde in der Muffel bei Rothgluth weiß gebrannt
                              									(Knochenasche). 50 Grm. dieser wurden mit 5 Grm. Zucker, in wenig Wasser gelöst,
                              									gemischt, getrocknet und geglüht. – 50 Grm. der groben Knochenkohle wurden
                              									mit 7 Grm. Knochenleim in warmer Lösung imprägnirt und ebenso behandelt. Das Glühen
                              									geschah im Platintiegel. Die so erhaltene regenerirte Zucker- respective
                              									Leim-Knochenkohle war matt, aber etwas weniger dunkel gefärbt, als die
                              									eigentliche Knochenkohle.
                           Die Bestimmung der entfärbenden Wirkung geschah dadurch, daß man gewöhnlich 10 Grm.
                              									der Knochenkohle mit 20 K. C. Indigschwefelsäure und 80 K. C. reinem Wasser
                              									zusammenbrachte oder statt dessen 100 K. C. der Indigcarminlösung anwendete. Bei der
                              									kochenden Behandlung geschah das Kochen in einem Kolben, welcher sammt Inhalt vorher
                              									tarirt wurde. Nach dem Kochen wurde das verdampfte Wasser durch frisches ersetzt,
                              									bis die Tara wieder erreicht war. Man konnte dann einen aliquoten Theil der
                              									angewendeten 100 K. C. abgießen oder auch auf ein Filter bringen, dann in den Kolben
                              									frisches Wasser nachgießen und kochen, und dieß so lange wiederholen, bis sich das
                              									Filtrat nur noch ganz schwach blau gefärbt zeigte und etwa 250 K. C. desselben durch
                              									einen einzigen Tropfen Chamäleon sich nicht allein entfärbten, sondern sogar eine
                              									röthliche Färbung annahmen. Man mußte oft 4–5mal das Auskochen wiederholen, ehe
                              									diese Erschöpfung der Kohle eintrat. Wenn der Endpunkt bald erreicht, zeigte es sich
                              									beim Erkalten, daß die Kohle etwas Farbstoff wieder aufnahm, die Flüssigkeit
                              									vollkommen farblos wurde.
                           Auch färbte sich das frisch aufgegossene Wasser erst beim Erwärmen intensiver. Da
                              									hiernach die Kohle beim Kochen absorbirten Farbstoff abzugeben schien, wurde
                              									dieselbe Operation der Digestion und Auswaschung in der Kälte vorgenommen, und die
                              									Wirkungszeit jedes Aufgusses auf 12 Stunden verlängert. Es war dann die Erschöpfung
                              									schwieriger, schließlich wurden indessen nahezu dieselben Resultate gewonnen.
                           Beim Indigcarmin wurde ganz eben so operirt. Hier fiel die durch freie Schwefelsäure
                              									eintretende Bildung von Gyps hinweg.
                           Wenn nun das nöthigenfalls angesäuerte Filtrat aus einer graduirten Bürette mit der
                              									Chamäleonlösung versetzt wurde, trat eine Aufhellung, eine Grünfärbung und durch den
                              									nächsten Tropfen eine gelbe Isatinfärbung ein. Zog man die verbrauchten K. C
                              									Chamäleon von den zur Entfärbung der Substanz vor der Kohlenwirkung nöthigen 12,2
                              									resp. 8,3 K. C. ab, so ergab die Differenz, mit dem Aequiv. eines K. C. Chamäleons
                              									an Indigo (0,01092 Grm.) multiplicirt, die Menge Indigo, welche durch die Kohle
                              									zurückgehalten wurde. Man berechnete sie gewöhnlich in Procenten des in der
                              									betreffenden Kohle enthaltenen reinen Kohlenstoffes. Die der angewendeten Kohle
                              									selbst entsprechenden Procente ergaben sich, da man meistens 10 Grm. Kohle abwog,
                              									durch einfache Verstellung des Komma's. Ich unterlasse es, jedesmal die verbrauchten
                              									K. C. Chamäleon und die Differenz derselben mit 12,2 resp. 8,3 anzugeben, sondern
                              									führe nur den absorbirten Indigo in Grm. und die Procente desselben von 100
                              									Kohlenstoff an.
                           
                              a. Einfluß der Korngröße.
                              
                                 
                                        10 Grm. Knochenkohlesaurer
                                       												Indigolösung:
                                    grob,
                                    mittel,
                                    fein,
                                    absorbiren aus
                                    
                                 
                                            kochend
                                       												ausgewaschen
                                    0,0999 Grm.
                                    0,0988 Grm.
                                    0,101 Grm.
                                    Indigo
                                    
                                 
                                            auf
                                       												100 Kohlenstoff
                                          9,5
                                          9,4
                                      10,2 Proc.
                                    
                                    
                                 
                                        10 Grm. Knochenkohlekalt
                                       												ausgewaschen,
                                    grob,
                                    mittel,
                                    fein,
                                    aus saurer Lösung,
                                    
                                 
                                    absorbiren
                                    0,119 Grm.
                                    0,1025 Grm.
                                    0,1005 Grm.
                                    Indigo
                                    
                                 
                                    auf 100 Kohlenstoff
                                      11,3
                                       9,76
                                       9,56 Proc.
                                    
                                    
                                 
                              Man sieht, daß bei kochendem Auswaschen das feinere Korn mehr absorbirt, bei
                                 										kaltem Auswaschen umgekehrt. Im ersteren Falle bietet die feinere Kohle etwas
                                 										mehr Oberfläche; in letzterem Falle erleichtert sie das vollkommene Auswaschen.
                                 										In das grobe Korn dringt das kalte Wasser wahrscheinlich nicht ganz in's Innere
                                 										ein. Man sieht übrigens aus der immerhin kleinen Differenz der
                                 										Absorptionsfähigkeit, daß die ganze Knochenkohle durchdrungen und wirksam wird, daß
                                 										die Absorption nicht bloß von der äußeren Fläche ausgeht.
                              Das Mittel aus allen 6 Resultaten bei saurer Lösung ist 9,95 Proc. Indigo per 100 Kohle.
                              
                           
                              b. Einfluß der sauren oder neutralen Reaction.
                              Die saure Indigolösung gibt, wie man eben gesehen, im Mittel 9,95 Proc. Indigo
                                 											per 100 Kohlenstoff ab. Vergleicht man damit die
                                 										Wirkung auf den neutralen Indigcarmin, so findet man Folgendes:
                              
                                 
                                          10 Grm.
                                       												Kohle,Indigcarmin:
                                    
                                    grob,
                                    mittel,
                                    fein,
                                    absorbiren mit 100 K. C.
                                    
                                 
                                              kochend          kalt
                                    
                                       
                                       
                                    behandelt
                                    0,02020,0677
                                    0,02560,0720
                                    0,0426
                                       												Grm.0,060      „
                                    Indigo    „
                                    
                                 
                                              kochend          kalt
                                    
                                       
                                       
                                    behandelt
                                    1,926,45
                                    2,286,86
                                    4,06    
                                       												Proc.5,72        „
                                    auf 100
                                       												Kohlenstoff  „  100        
                                       												„
                                    
                                 
                              Es ergibt sich eine bedeutend geringere Absorptionsfähigkeit für Indigcarmin, was
                                 										uns bei der geringen Absorptionsfähigkeit der Kohle gerade für Natronsalze nicht
                                 										wundern wird. Dieß tritt beim kochenden Auswaschen viel stärker hervor, als bei
                                 										der kalten Extraction. Bei kochender Behandlung wirkt die feine Kohle bedeutend
                                 										stärker, was durch eine Wiederholung des Versuches bestätigt wurde; bei kalter
                                 										Behandlung tritt das umgekehrte Verhältniß ein. Bei kochender Behandlung wurden
                                 										im Mittel 2,75 Proc., bei kalter Behandlung 6,34 Proc. Indigo per 100 Kohlenstoff absorbirt.
                              
                           
                              c. Wirkung der kalkfreien extrahirten Kohle.
                              1 Grm. lufttrockene Kohle (0,821 Grm. reiner Kohlenstoff) absorbirte bei
                                 										kochendem Auswaschen I. aus saurer – II. aus neutraler Lösung
                              
                                 
                                    
                                    I.
                                    II.
                                    
                                 
                                    Indigo Grm.
                                    0,0414
                                    0,0158
                                    
                                 
                                    in Proc. von Kohlenstoff
                                    5,04
                                    1,92
                                    
                                 
                              Man sieht deutlich die Differenz der Absorptionsfähigkeit für saure und neutrale
                                 										Lösungen, ferner daß dieselbe Menge Kohlenstoff in Verbindung mit phosphorsaurem
                                 										Kalk stärker absorbirend wirkt, als für sich, doch tritt diese Differenz bei
                                 										saurer Lösung am stärksten hervor: 9,7 Proc. gegen 5,04 Proc.
                              
                           
                              d. Wirkung der Knochenasche.
                              10 Grm. Knochenkohle, weiß gebrannt, mit saurer Lösung kochend behandelt,
                                 										absorbirten 0,0273 Grm. Indigo. Die Knochenasche zeigte sich auch nach dem
                                 										Auswaschen blau gefärbt. Berechnet man nun den in 10 Grm. Knochenkohle
                                 										vorhandenen Kohlenstoff 1,05 Grm. und dessen Entfärbungskraft im extrahirten
                                 										Zustande (1,05 . 5,4)/100 = 0,0567 Grm., so erhält man als Totalresultat 0,0840 Grm. Indigo.
                                 										Die unzerlegte Knochenkohle absorbirt unter denselben Verhältnissen im Mittel
                                 										0,1019 Grm. Indigo. Der Verlust läßt sich vielleicht dadurch erklären, daß die
                                 										höhere Temperatur des Weißbrennens die Knochenasche etwas dichter macht, so daß
                                 										sie etwas an Entfärbungskraft verliert.
                              
                                 
                                    Setzen wir die Absorptionsfähigkeit der Knochenkohle
                                       												=
                                    100  
                                    
                                 
                                    so ist die der Knochenasche =
                                    26,8
                                    
                                 
                                    des Kohlenstoffes =
                                    56,6
                                    
                                 
                                    der Verlust durch die Spaltung der Wirkung =
                                    16,6
                                    
                                 
                              Bei Wiederholung des Versuches mit dem Unterschiede, daß die Behandlung kalt
                                 										geschah, wurden 0,03057 Grm. Indigo, also eine Kleinigkeit mehr absorbirt.
                              Indigcarmin, kochend mit Knochenasche behandelt: absorbirt durch die aus 10 Grm.
                                 										Knochenkohle dargestellte Knochenasche
                              
                                 
                                    
                                    0,01092 Grm.
                                    Indigo; dazu die Absorption durch
                                    
                                 
                                    
                                    0,02116    „
                                    den Kohlenstoff
                                    
                                 
                                    
                                    ––––––––––––
                                    
                                 
                                    Summa:
                                    0,03208 Grm.
                                    
                                    
                                 
                              Dieß ist etwas mehr als das Mittel der Totalabsorption durch die unveränderte
                                 										Kohle (0,0295 Grm. Indigo), doch weniger als die Absorption durch die feine
                                 										Knochenkohle beträgt (0,0426 Grm.)
                              
                           
                              e. Regenerirte Knochenkohle.
                              
                                 
                                        
                                    1.  
                                    10
                                    Grm.
                                    mit
                                    Zucker
                                    regenerirt,
                                    sauer,
                                    kochend
                                    
                                 
                                    
                                    2.
                                    10
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    kalt
                                    
                                 
                                    
                                    3.
                                    10
                                    „
                                    „
                                    Leim
                                    „
                                    „
                                    kochend
                                    
                                 
                                    
                                    4.
                                    10
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    kalt
                                    
                                 
                                    
                                    5.
                                    10
                                    „
                                    „
                                    Zucker
                                    „
                                    neutral,
                                    kochend
                                    
                                 
                                    
                                    6.
                                    10
                                    „
                                    „
                                    Leim
                                    „
                                    „
                                    „ 
                                    
                                 
                              
                                 
                                    Absorbirt wurden bei
                                    1
                                    2
                                    3
                                    4
                                    5
                                    6
                                    
                                 
                                    Indigo in Grammen
                                    0,0557
                                    0,0645
                                    0,0546
                                    0,0557
                                    0,0240
                                    0,0196
                                    
                                 
                              Man sieht hieraus, daß in der That die Absorptionskraft der Knochenasche durch
                                 										Glühen mit organischen Substanzen wiederbelebt werden kann, wenn auch nicht zur
                                 										Wirksamkeit der frischen Knochenkohle. Setzen wir deren Wirkung = 100, so ist
                                 										die der regenerirten Knochenkohle = 46, die der Knochenasche = 26. Ein
                                 										wesentlicher Unterschied zwischen Zucker- und Leimkohle scheint nicht zu
                                 										existiren. Die Gegenwart von Stickstoff trägt also nicht zur entfärbenden
                                 										Wirkung der Knochenkohle bei. Ein Unterschied zwischen der kalten und kochenden
                                 										Behandlung ist bei der regenerirten Kohle ebenfalls zu bemerken; die neutrale
                                 										Lösung wird auch hier bedeutend schwächer entfärbt. Ich behalte mir vor, diese
                                 										Untersuchungen auch auf andere von der Knochenkohle absorbirte Substanzen
                                 										auszudehnen.