| Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXII., S. 458 | 
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                        CXII.
                        Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
                           								Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig.
                        Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
                           								Gerberei; von A. Reimer.
                        (Schluß von S. 381 des vorhergehenden
                           								Heftes.)
                        Reimer, Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
                           								Gerberei.
                        
                     
                        
                           Antheil der einzelnen Hautbestandtheile
                                 										an der Kochsalz- und Alaungerbung.
                           A. Antheil des Coriins.
                           Wie schon bei dem Coriin selbst erwähnt wurde, ist anzunehmen, daß sich dieses durch
                              									die vorhergehenden Operationen der Enthaarung und Entfernung des Kalkes, beim
                              									Einbringen der Häute in die Gerbbrühe in unvollständig gelöstem Zustande befindet.
                              									Die sowohl unvollständige wie vollständige Lösung von Coriin wird von Chlornatrium,
                              									ebenso von Alaun und Chlornatrium gefällt und zwar, wenn die Lösung neutral oder
                              									etwas alkalisch ist, unter Aufnahme eines basischen, wenn sie sauer ist, unter
                              									Aufnahme des neutralen Thonerdesalzes im letzteren Falle. Zur genauen Feststellung
                              									sowohl der Art als Menge der vom Coriin fixirten Verbindung wurden unter
                              									Berücksichtigung aller in der Praxis in Frage kommenden Verhältnisse quantitative
                              									Versuche sowohl mit reinem Chlornatrium als auch mit Alaun und Kochsalz angestellt.
                              									Das auf die früher angegebene Weise gereinigte Coriin wurde, ohne vorhergegangenes
                              									Trocknen, durch Schütteln mit Wasser in eine gleichmäßig schleimige Flüssigkeit
                              									umgewandelt. Zur möglichst vollständigen Lösung wurde dem Schleim etwas Kalilauge zugesetzt,
                              									später Essigsäure bis zur stark sauren Reaction. Man erhielt so eine schleimige
                              									Flüssigkeit, die das Coriin in unvollständig gelöstem Zustande, jedenfalls in sehr
                              									feiner, gleichmäßiger Vertheilung enthielt. Die Lösung wurde mit den in Frage
                              									kommenden Salzlösungen stets in diesem Zustande gemischt, um den natürlichen
                              									Verhältnissen analog, nach dem Herausnehmen der Häute aus der Kleienbeize zu
                              									verfahren. Zum Ansäuern wurde nur Essigsäure verwandt; die übrigen in Frage
                              									kommenden organischen Säuren verhalten sich gleich.
                           Zur Bestimmung der Coriinmenge, die in einem bestimmten Volumen Flüssigkeit enthalten
                              									war, wurden 100 K. C. in der Platinschale verdampft, der Rückstand bei + 110°
                              									C. getrocknet, gewogen und geglüht. Der Glühverlust gab die Coriinmenge, in der
                              									Schale blieb die geringe Menge zugesetztes Alkali als Asche zurück.
                           100 K. C. der Lösung gaben bei + 110° C. getrocknet:
                           0,311 Grm. Gesammtrückstand; dieser enthielt
                           0,036 Grm. Asche, bleibt für 100 K. C. 0,275 Grm. Coriin.
                           Das Gewicht der Asche nach dem Abdampfen mit HCl und gelindem
                              									Glühen betrug 0,041 Grm.
                           Um zunächst die Verhältnisse bei der Kochsalzgerbung aufzuklären, wurde ein
                              									bestimmtes Volumen der sauren Coriinflüssigkeit mit gleichem Volumen
                              									Chlornatriumlösung vermischt, nach 1/2tägigem Stehen vom ausgeschiedenen Coriin
                              									abfiltrirt und der Gehalt der Lösung wieder bestimmt. Sowohl vor als nach der
                              									Fällung wurde auch die Säuremenge durch Barytwasser bestimmt.
                           Die Kochsalzlösung war dieselbe welche schon früher zur Verwendung
                              									kam und enthielt in 100 K. C. 14,960 Grm. Chlornatrium.
                           20 K. C. der Coriinlösung brauchten 1,2 K. C. Barytwasser zur
                              									Neutralisation.
                           Angewandte Coriinlösung: 100 K. C.,
                           zugesetzte Kochsalzlösung: 100 K. C.
                           Nach Fällung wurden 20 K. C. des Filtrates abgedampft, der
                              									Rückstand gelinde geglüht.
                           Die Menge des Rückstandes betrug: 1,474 Grm.;
                           nach Zusatz von Salzsäure und abermaligem gelinden Glühen: 1,471
                              									Grm.
                           
                              
                                 Rückstand in 200 K. C.
                                 14,710 Grm.
                                 
                              
                                 nach Abzug der Asche von
                                   0,041    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 14,669 Grm.
                                 
                              
                           Deßgleichen wurden 20 K. C. mit Silberlösung gefällt und gaben
                              									=
                           3,599 Grm. AgCl = 1,4671 Grm. NaCl; in 200 K. C. = 14,671 Grm.
                           Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,289 Grm. NaCl.
                           In Proc. vom Gewichte des Coriins: 104,1.
                           40 K. C. der Lösung brauchten 1,1 K. C. Barytwasser zur
                              									Neutralisation.
                           Der Säuregehalt der Flüssigkeit ist also unverändert geblieben, es ist keine davon aufgenommen; das
                              									Kochsalz ist als solches fixirt, wie sich aus den gleichen Resultaten bei der
                              									directen Bestimmung durch Eindampfen und bei der Bestimmung durch Fällung ergibt.
                              									Die Menge des aufgenommenen Kochsalzes ist bedeutend, sie beträgt etwas mehr als
                              									Coriin vorhanden ist.
                           Wie schon bei der Darstellung des Coriins erwähnt wurde, läßt sich dieses absorbirte
                              									Kochsalz durch Behandlung mit Wasser vollständig wieder entfernen; es tritt Lösung
                              									ein bei mäßiger Verdünnung mit Wasser, bei großer Verdünnung bleibt das Coriin in
                              									zarten Flocken ausgeschieden und hat damit die Eigenschaft, beim Trocknen eine
                              									spröde, brüchige, leimartig zusammenhängende Masse zu bilden, welche die Dehnbarkeit
                              									der Bindegewebsfaser der Haut entweder ganz aufhebt oder wesentlich beeinträchtigt,
                              									verloren.
                           
                        
                           Coriin mit Alaun und
                                 									Chlornatrium.
                           Zur Verwendung kam die früher benutzte Lösung von Ammoniakalaun und Kochsalz, welche
                              									in 100 K. C. enthielt:
                           
                              
                                 SO³
                                   3,935 Grm.
                                 
                              
                                 Al²O³
                                   1,280    „
                                 
                              
                                 NaCl
                                 11,628    „
                                 
                              
                           In derselben Weise wie beim vorigen Versuch wurden gleiche Volumina der
                              									Coriin- und Alaunlösung gemischt, umgeschüttelt und nach eintägiger Berührung
                              									von dem ausgeschiedenen Coriin abfiltrirt.
                           Zur Verwendung kamen:
                           200 K. C. Coriinlösung;
                           200 K. C. Alaunlösung mit Chlornatrium.
                           Coriinmenge in 200 K. C. = 0,550 Grm.
                           Nach Filtriren vom ausgeschiedenen Coriin gaben:
                           20 K. C. = 1,119 Grm. BaSO⁴ = 0,3842 Grm. SO³; in
                              									400 K. C. = 7,684 Grm.
                           20 K. C. = 0,124 Grm. Al²O³; in 400 K. C. = 2,480
                              									Grm.
                           20 K. C. = 2,688 Grm. AgCl = 1,0954 Grm. NaCl; in 400 K. C. =
                              									21,908 Grm.
                           Daraus ergibt sich eine Aufnahme von:
                           
                              
                                 SO³
                                 
                                 Al²O³
                                 
                              
                                 in Grammen:
                                   0,186
                                 
                                 in Grammen:
                                   0,080
                                 
                              
                                 in Proc. des Coriins:
                                 33,82
                                 
                                 in Proc. des Coriins:
                                 14,55
                                 
                              
                                 
                                 
                                 NaCl
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 in Grammen:
                                     1,348
                                 
                                 
                              
                                 
                                 in Proc. des Coriins: 
                                 245,1
                                 
                                 
                              
                           Die absorbirte Al²O³ und SO³ stehen im Verhältniß von 100 zu
                              									232; die fixirte Verbindung hat demnach die Zusammensetzung der schwefelsauren Thonerde. Durch
                              									Auswaschen mit Wasser läßt sich auch hier die Thonerdeverbindung sowohl wie auch das
                              									Chlornatrium wieder entfernen. Ist die Coriinlösung neutral oder etwas alkalisch, so
                              									wird bei der Ausscheidung eine schwefelsäureärmere Verbindung aufgenommen, welche
                              									durch Auswaschen mit Wasser nicht vollständig entfernt wird.
                           Die Aufnahmen an Al²O³ und SO³ sind sehr bedeutend; die größere
                              									Menge der absorbirten Verbindung ist der großen Oberfläche des ausgeschiedenen
                              									Coriins zuzuschreiben; dasselbe scheidet sich im Zustande der feinsten Vertheilung
                              									aus, die einzelnen Theilchen sind nicht zusammenhängend, lassen sich durch Schütteln
                              									gleichmäßig in der ganzen Flüssigkeit vertheilen und auch nach dem Absetzen an der
                              									Oberfläche der Lösung findet kein inniger Zusammenhang statt. Jedes Theilchen bietet
                              									somit der in der Flüssigkeit gelösten Thonerdeverbindung wie auch dem Chlornatrium
                              									Gelegenheit, sich auf seiner ganzen Oberfläche abzulagern. Im Inneren der Haut ist
                              									die Ausdehnung bei der Fällung eine durchaus beschränktere. Die geschlossene Form
                              									der Haut gestattet keine freiwillige Ausdehnung und die Aufnahme der Verbindung ist
                              									der Menge nach geringer. Man könnte hier einwenden, die Quellung durch die
                              									vorhandene freie Säure brächte bei dem Abmessen der Coriinlösung einen Fehler
                              									hervor, indem in Wirklichkeit eine geringere Menge Flüssigkeit zugesetzt würde, als
                              									das Volumen angibt und die bedeutende Absorption sey zum Theil diesem Modus
                              									zuzuschreiben. Jedoch die Quellung ist nur entstanden durch ein gleichmäßiges
                              									Eindringen von Flüssigkeit in alle unvollständig gelösten Coriintheile. Das Volumen
                              									des Coriins hat sich nur scheinbar vermehrt und der Fehler, welcher dadurch
                              									entstehen könnte, ist so unbedeutend, daß er zu der Mehraufnahme in gar keinem
                              									Verhältniß steht. In der Praxis wird bei Behandlung der Häute in der Kleienbeize
                              									auch eine gewisse Schwellung durch das gleichmäßige Eindringen einer größeren Menge
                              									Flüssigkeit hervorgebracht. Die Form der Haut setzt dieser Schwellung jedoch
                              									Schranken und man ist gleichzeitig bemüht, um für die späteren Operationen keine
                              									Nachtheile zu haben, sie auf ein sehr geringes Maaß zu beschränken. Wird zum
                              									Garmachen, neben Alaun und Kochsalz, gleichzeitig Mehl mit verwandt, so werden von
                              									der Haut aus dem Mehl, wie Fr. Knapp bewiesen hat, nur
                              									die Bestandtheile des Klebers aufgenommen. Diese befinden sich in der Brühe durch
                              									die gleichzeitige Anwesenheit von Stärke im Zustande der feinsten Vertheilung. Nach
                              									der eben bewiesenen bedeutenden Aufnahme von Thonerdeverbindung durch gequelltes
                              									Coriin ist es augenscheinlich, daß die Kleberbestandtheile des Mehles diese
                              									Verbindung in ähnlicher Weise auf sich niederschlagen und beim Kneten die Verbindung
                              									des Thonerdesalzes mit dem Kleber der Haut überwiesen wird. Die vorherige Behandlung der Haut mit Alaun
                              									und Salz hat nur den Zweck, sie für die spätere Aufnahme des Klebers in Verbindung
                              									mit dem Thonerdesalz vorzubereiten, das Coriin zu fällen und die Haut porös, offen
                              									zu machen. Die schwefelsaure Thonerde wird durch den Kleber der Haut in bei weitem
                              									größter Menge zugeführt, die Haut erhält dadurch die satte Gare. Das Thonerdesalz,
                              									welches die Proteinkörper des Mehles aufnehmen, ist etwas basischer Natur, da nicht
                              									absichtlich organische Säure, außer der etwa noch von der Haut zurückgehaltenen, der
                              									Nahrung zugesetzt wird und in diesem Falle, wie die früheren Versuche beweisen,
                              									stets ein basisches Salz gefällt wird.
                           B. Antheil der
                                 										Bindegewebsfaser.
                           Zur Unterstützung und weiteren Bekräftigung der oben, veranlaßt durch das Resultat
                              									des Versuches ausgesprochenen Ansicht daß der Grad der Vertheilung der
                              									Hautbestandtheile bei Aufnahme der Gerbsubstanzen wesentlich von Einfluß sey und daß
                              									die Menge der Aufnahmen mit dem Grade der Vertheilung zunimmt, wurden zunächst die
                              									quantitativen Versuche in Anwendung auf das Bindegewebe, auch mit einer Lösung
                              									desselben vorgenommen. Wie schon früher ausdrücklich hervorgehoben wurde, verhält
                              									sich diese Lösung der Coriinlösung ähnlich; das Bindegewebe wird ausgeschieden durch
                              									Chlornatrium, ebenso durch Alaun und Chlornatrium, und zwar gleichfalls im Zustande
                              									der feinsten Vertheilung.
                           Die Lösung wurde erhalten, indem gereinigtes, vom Coriin durch die angegebene
                              									Behandlungsweise befreites Hautfibroin mit verdünnter Essigsäure unter öfterem
                              									Umschütteln digerirt wurde; man erhält so eine dickschleimige wasserhelle
                              									Flüssigkeit. Die Bestimmung der Menge des gelösten Bindegewebes konnte nicht durch
                              									einfaches Abdampfen der Lösung vorgenommen werden, da das Fibroin durch Behandlung
                              									mit heißem Wasser in Leim umgewandelt wird; sie geschah, wie folgt:
                           Das Hautfibroin aus einer gemessenen Menge Lösung wurde durch Chlornatrium gefällt,
                              									auf gewogenem Filter gesammelt, anfangs mit Wasser bis zum Verschwinden der
                              									Chlorreaction, später mit Alkohol und Aether gewaschen und bei + 110° C.
                              									getrocknet. Nach dem Wägen wurde die Substanz eingeäschert, die rückständige Asche
                              									gewogen und nach Abzug der Filterasche, die dem Coriin zugehörige Asche erhalten;
                              									nach Abzug der Gesammtasche von der Menge des Niederschlages ergab sich die Menge
                              									der aschenfreien Substanz.
                           200 K. C. der Lösung gaben 0,651 Grm. Substanz, welche 0,021 Grm.
                              									Asche enthielt; mithin betrug die Menge des Hautfibroins in 200 K. C. = 0,630
                              									Grm.
                           
                           Zunächst wurden, ganz in derselben Weise wie beim Coriin, gleiche Volumina der
                              									Bindegewebs- und Kochsalzlösung gemischt und nach eintägigem Stehen vom
                              									ausgeschiedenen Bindegewebe abfiltrirt.
                           Die Chlornatriumlösung war dieselbe wie in A.
                           100 K. C. Bindegewebslösung;
                           100 K. C. Kochsalzlösung.
                           20 K. C. der Bindegewebslösung brauchten 6,4 K. C. Barytwasser zur
                              									Neutralisation.
                           20 K. C. des Filtrates nach der Fällung gaben durch directes
                              									Eindampfen und Glühen 1,468 Grm. Rückstand; also 200 K. C. = 14,680 Grm., nach Abzug
                              									der Asche von 0,011 Grm. in 100 K. C. = 14,669 Grm.
                           Durch Fällung mit Silberlösung wurden in 20 K. C.
                              									erhalten:
                           3,598 Grm. AgCl = 1,4668 Grm. NaCl; in 200 K. C. = 14,668 Grm.
                           Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,292 Grm., oder, da 0,315 Grm. Bindegewebe in
                              									Lösung war, von 92,7 Proc.
                           40 K. C. brauchten 12,6 K. C. Barytwasser zur Neutralisation; der Säuregehalt war
                              									also unverändert geblieben und nur reines Kochsalz fixirt, die Aufnahme ist etwas
                              									geringer als beim Coriin.
                           Bei der gleichen Behandlung mit Alaunlösung und Kochsalz wurde die in A erwähnte Lösung verwandt, wovon 200 K. C.
                              									enthielten:
                           
                              
                                 SO³
                                   7,870 Grm.
                                 
                              
                                 Al²O³
                                   2,560    „
                                 
                              
                                 NaCl
                                 23,256    „
                                 
                              
                           Es wurden abgemessen:
                           200 K. C. Lösung von Hautfibroin;
                           200 K. C. Lösung von Alaun und Chlornatrium.
                           Die vom Niederschlage abfiltrirte Lösung ergab bei der Analyse:
                           20 K. C. = 1,119 Grm. BaSO⁴ = 0,3842 Grm. SO³; in
                              									400 K. C. = 7,684 Grm.
                           20 K. C. = 0,124 Grm. Al²O³; in 400 K. C. = 2,480
                              									Grm.
                           20 K. C. = 2,683 Grm. AgCl = 1,0938 Grm. NaCl; in 400 K. C. =
                              									21,876 Grm.
                           Folglich waren fixirt:
                           
                              
                                 SO³
                                 
                                 Al²O³
                                 
                              
                                 in Grammen:
                                   0,186      
                                 
                                 in Grammen:
                                   0,080
                                 
                              
                                 in Proc. des Hautfibroins:
                                 29,52
                                 
                                 in Proc. des Hautfibroins:
                                 12,70
                                 
                              
                                 
                                 
                                 NaCl
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 in Grammen
                                     1,380
                                 
                                 
                              
                                 
                                 in Proc. des Hautfibroins:
                                 207,6
                                 
                                 
                              
                           Die fixirte Thonerdeverbindung hat die Zusammensetzung der schwefelsauren Thonerde.
                              									Die absorbirten Mengen von Al²O³ und SO³ sind ein wenig
                              									geringer als bei Coriin, jedoch im Vergleich zu den früheren Aufnahmen bei Anwendung von
                              									Haut, welche ja der Hauptmenge nach aus Bindegewebe besteht, ungefähr 4mal
                              									beträchtlicher, so daß dadurch unzweifelhaft bewiesen wird, daß die
                              									Aufnahmefähigkeit der Faser mit dem Grade der Vertheilung gesteigert wird.
                           Um den Beweis auch für die am wenigsten vertheilte Faser zu bringen, wurde eine nicht
                              									zu geringe Menge Bindegewebe durch Neutralisation aus der Lösung ausgefällt, anfangs
                              									mit säurehaltigem, zuletzt mit reinem Wasser, darauf mit Alkohol gewaschen und an
                              									der Luft getrocknet.
                           Das so erhaltene Bindegewebe bildet compacte zusammenhängende Stücke ohne faserige
                              									Structur, hat nach dem Trocknen und Wiederaufweichen in Wasser das Aussehen von
                              									gequollener Hausenblase und kann als Bindegewebe im Zustande seiner grüßten Dichte
                              									oder geringsten Vertheilung angesehen werden. Die Haut selbst wird gewissermaßen in
                              									der Mitte zwischen diesem und dem unmittelbar aus einer Lösung ausgefällten,
                              									hinsichtlich der Vertheilung stehen.
                           Das erwähnte Product wurde ebenfalls nach dem Aufweichen in Wasser dessen Menge
                              									bekannt war, mit kochsalzhaltiger Alaunlösung 5 Tage lang digerirt, wobei die Form
                              									der Stücke blieb und nur das Aussehen etwas weißer wurde. Die Bestimmung der
                              									Trockensubstanz wurde in einem aliquoten Theile, welcher nicht weiter zur Verwendung
                              									kam, vorgenommen.
                           Angewandtes Hautfibroin: 2,930 Grm.
                           Wasser in demselben und zum Aufweichen zugesetzt: 13,22 K. C.
                           zugesetzte Lösung: 100 K. C. (Derselbe Gehalt wie in vorigem
                              									Versuch).
                           Nach 5tägiger Berührung wurde die Lösung abfiltrirt und in einem
                              									Theile der Gehalt bestimmt.
                           10 K. C. = 1,0175 Grm. BaSO⁴ = 0,3494 Grm. SO³; in
                              									der gesammten Lösung 3,9559 Grm.
                           10 K. C. = 0,1105 Grm. Al²O³; in der gesammten
                              									Lösung 1,251 Grm.
                           5 K. C. = 1,200 Grm. AgCl = 0,4982 Grm. NaCl; in gesammter Lösung
                              									11,0775 Grm.
                           100 K. C. der angewandten Lösung enthielten an:
                           
                              
                                 SO³
                                 =
                                   3,935 Grm.
                                 
                              
                                 Al²O³
                                 =
                                   1,280    „
                                 
                              
                                 NaCl
                                 =
                                 11,628    „
                                 
                              
                           Mithin ist absorbirt:
                           0,029 Grm. Al²O³ oder 0,99 Proc. des Hautfibroins; 0,551 Grm. NaCl;
                              									dagegen findet sich ein Ueberschuß von 0,0209 Grm. SO³ in Lösung.
                           Unter Verweisung auf die früheren Versuche mit reiner Haut und derselben Lösung
                              									erklärt sich dieses Verhältniß aus dem Umstande, daß bei Zusammengehen des gefällten
                              									Hautfibroins zu zusammenhängenden Massen auch die Eigenschaften der Haut wieder zu
                              									Tage treten und somit im Inneren der Massen andere Verhältnisse entstehen, als in
                              									der äußeren Flüssigkeit. Es ist also sowohl das schwefelsaure Alkali vom zersetzten
                              									Alaunantheile, wie auch die freie Säure, die hier jedenfalls durch Fixiren einer
                              									basischen Verbindung sich bildete, nur in der äußeren Flüssigkeit vorhanden und
                              									erklärt sich daher, da die Berechnung auf die ganze Flüssigkeit ausgedehnt wird, der
                              									Ueberschuß an Schwefelsäure.
                           Die Aufnahme an Thonerde ist geringer, als in allen früheren Fällen bei Versuchen mit
                              									Haut. Die Aufnahme der Haut ging nur bei einem Versuche bis 1,4 Proc. vom Gewichte
                              									derselben herab, in allen übrigen Fällen betrug sie mehr.
                           Dadurch wird bewiesen, daß die Structur und Vertheilung des Bindegewebes bei der
                              									Aufnahme der Gerbsubstanzen von großem Einfluß ist und daß die Aufnahme am größten
                              									im Zustande der feinsten Vertheilung und am geringsten im Zustande der größten
                              									Dichte ist. Die Aufnahme an Chlornatrium im letzteren Falle ist wohl nur dem
                              									Bestreben desselben zuzuschreiben, hinsichtlich des spec. Gewichtes der Lösung
                              									Gleichmäßigkeit herzustellen, denn aus den früheren Versuchen mit neutraler Haut und
                              									Kochsalzlösung, wo auch Coriin nicht gefällt wird, geht hervor, daß die normale
                              									Bindegewebsfaser kein Chlornatrium aufnimmt. Nur die gelöste oder gequellte Faser
                              									nimmt bei der Fällung mit Chlornatrium auch eine gewisse Menge desselben auf.
                           Diese Versuche liefern also den Beweis, daß sowohl Coriin als auch die
                              									Bindegewebsfaser bei der Gerbung Substanz aufnehmen und so zur Gare beitragen. Die
                              									geringe Aufnahme an Chlornatrium ist wohl lediglich dem Coriin zuzuschreiben,
                              									welches bei der Fällung Kochsalz bindet; die Bindegewebsfaser ist in der Haut in
                              									normalem Zustande vorhanden, wenigstens wird, wenn durch die organische Säure eine
                              									geringe Schwellung hervorgebracht worden ist, der Zustand durch die adstringirende
                              									Wirkung des Alaunes gehoben.
                           Bei Anwendung von essigsaurer Thonerde, welche stets freie Säure enthält, wird durch
                              									die freie Essigsäure erstlich eine größere Quellung des Coriins hervorgebracht und
                              									die Neigung der Essigsäure, auch auf die Faser einzuwirken, wird nur durch die
                              									Gegenwirkung des Chlornatriums aufgehoben; die Aufnahme von Chlornatrium ist
                              									daselbst auch größer, als in allen anderen Fällen.
                           Die der Gerbung vorhergehende Behandlung der Haut mit Kleienbeize übt, da in
                              									derselben hauptsächlich Milchsäure thätig ist, eine sehr gelinde Wirkung auf die
                              									Faser aus, welche durch die entgegengesetzte des Alaunes und Kochsalzes annullirt wird. Daß die
                              									Bindegewebsfaser im normalen Zustande Thonerdesalz absorbirt, beweisen die Versuche
                              									mit Alaun für sich, ohne Zusatz von Chlornatrium. In diesem Falle bleibt das Coriin
                              									in Lösung, es nimmt keine Substanz auf; die Absorption geschieht nur von Seite des
                              									Bindegewebes.
                           
                        
                           Folgerungen aus den ganzen
                                 										Versuchsreihen.
                           Zunächst ist hervorzuheben, daß die Beschaffenheit des Leders in allen Fällen, sowohl
                              									bei Anwendung von Alaun, wie schwefelsaurer und essigsaurer Thonerde und
                              									gleichzeitigem Zusatz von Kochsalz, von gleicher Güte war; die Haut zeigte stets
                              									vollständige Gare, und erhielt durch Stollen Weichheit und Geschmeidigkeit, wodurch
                              									sie sich wesentlich von dem durch Behandlung mit reinem Alaun erhaltenen Producte
                              									unterschied.
                           Recht augenscheinlich läßt sich der Unterschied der Producte und die Einwirkung des
                              									Kochsalzes darlegen, wenn man ein größeres Hautstück zunächst einen Tag in reiner
                              									Alaunlösung liegen läßt und dann in zwei Hälften theilt, von denen man die eine nach
                              									dem Abtropfen der Flüssigkeit und unvollständigem Trocknen sofort zu stollen sucht,
                              									während man die andere Hälfte nur wenige Minuten in eine concentrirte Kochsalzlösung
                              									bringt, darin knetet und hierauf die Flüssigkeit durch Abpressen entfernt. Während
                              									das erste Hautstück im feuchten Zustande durchscheinend, nach dem Trocknen steif und
                              									hornartig bleibt, nimmt das mit Kochsalz behandelte eine weißere Farbe an, läßt sich
                              									leicht stollen und zeigt vollständige Gare und Geschmeidigkeit.
                           Der Einfluß des Kochsalzes und die verändernde Einwirkung auf das Coriin der Haut
                              									läßt sich dadurch vollständig beweisen. Während es im ersten Falle in Lösung bleibt
                              									und die Sprödigkeit veranlaßt, wird es durch das Kochsalz bei gleichzeitiger
                              									Gegenwart der Alaunlösung in der ganzen Haut gleichmäßig gefällt und die
                              									Eigenschaften der freien Bindegewebsfaser treten zu Tage. Der Alaun erhält die zur
                              									Fällung nothwendige saure Reaction der Haut aufrecht.
                           Außer dem Chlornatrium haben noch einige andere Salze der Alkalien dieselbe Wirkung
                              									und liefern ein Leder, welches in Aussehen und Eigenschaften gleich ist.
                              									Chlorammonium und Chlorkalium stehen dem Chlornatrium am nächsten, außerdem
                              									Natron- und Kalisalpeter, während schwefelsaure Alkalien sich nicht als
                              									anwendbar erweisen.
                           Die gemeinschaftliche Einwirkung von Alaun und Chlornatrium verwandelt also die Haut
                              									in brauchbares Leder.
                           Die Wirkung des Alaunes ist eine mehrfache; er wirkt im
                                 										chemischen Sinne als Säure und erhält die saure Reactionim
                                 										Inneren der Haut aufrecht; er wirkt ferner als Gerbstoff und schlägt eine
                                 										Thonerdeverbindung auf die Haut nieder; er wirkt endlich durch seine
                                 										adstringirenden und fäulnißwidrigen Eigenschaften.
                           Die Wirkung als Säure ist nur im chemischen Sinne zu
                                 										verstehen, die sichtbare Einwirkung unterbleibt durch die vorwiegend
                                 										adstringirenden Eigenschaften.
                           Die fixirte Thonerdeverbindung ist unter verschiedenen
                                 										Verhältnissen verschiedener Natur; es wird neutrale schwefelsaure Thonerde
                                 										absorbirt bei vollständiger Abwesenheit von Kalk, Gegenwart von organischer
                                 										Säure und mäßigem Ueberschuß an Chlornatrium. Die Verbindung ist
                                 										schwachbasischer Natur bei denselben Bedingungen und größerem Ueberschuß von
                                 										Chlornatrium, ferner bei möglichst vollständiger Entfernung des Kalkes, saurer
                                 										Reaction der Haut und bei Gegenwart von einer der Alaunmenge äquivalenten Menge
                                 										Kochsalz.
                           Die Verbindung ist um so basischer, je größer der Rückhalt an
                                 										Kalk und je mehr Ueberschuß an Chlornatrium vorhanden ist.
                           Mit der Zunahme der Basicität der fixirten Verbindung vermehrt
                                 										sich die Menge der freien Schwefelsäure in der Gerbbrühe.
                           Das Kochsalz wirkt als die Endosmose lebhaft befördernde
                                 										Substanz; es entfernt die an dem Gerbproceß nicht theilnehmenden Verbindungen,
                                 										schwefelsaures Kali und frei werdende Schwefelsäure, ebenso den gelösten
                                 										schwefelsauren Kalk rasch aus dem Inneren der Haut und verhindert so deren
                                 										nachtheilige Einwirkung. Es wirkt als Gerbmittel durch Fällung des Coriins, wird
                                 										von diesem fixirt und versetzt die durch Säure geschwellte Faser in ihren
                                 										natürlichen Zustand. Es hebt jeden Einfluß der vorhandenen und der sich
                                 										bildenden freien Säure auf die Faser auf.
                           Aus den Versuchen geht hervor, daß die Entfernung des Kalkes durch die organischen
                              									Säuren in der kurzen Zeit der Einwirkung, auch bei sorgfältiger Behandlung keine
                              									vollständige ist. Die in Betracht kommenden organischen Säuren bilden zum Theil,
                              									z.B. Milchsäure, in Wasser schwerlösliche Kalksalze und das Kalksalz wird bei dem
                              									späteren Auswaschen nicht absolut entfernt. Ein geringer Rückhalt an Kalk ist jedoch
                              									unschädlich und die spätere Behandlung der Häute verhindert die nachtheilige Einwirkung welche
                              									durch seine Ausscheidung in krystallinischer Verbindung hervorgebracht würde. Es ist
                              									jedoch nothwendig, daß sich der Kalk lösen kann; er wird dann theils durch Kochsalz
                              									dem Hautinneren entführt und der äußeren Gerbbrühe überwiesen, und die
                              									zurückbleibenden Spuren finden durch die in der Nahrung enthaltenen phosphorsauren
                              									Alkalien Gelegenheit, sich in amorphen phosphorsauren Kalk umzuwandeln. In der
                              									ungarischen Weißgerberei geschieht die Enthaarung auf andere Weise und der Kalk
                              									bleibt außer Betracht.
                           Nur wenn erhebliche Mengen Kalk in der Haut zurückbleiben, äußert sich die schädliche
                              									Einwirkung. Der Kalk setzt sich dann im Inneren der Haut krystallinisch als
                              									schwefelsaurer Kalk ab, die Haut wird mürbe, die saure Reaction des Alaunes wird
                              									ebenfalls dadurch verringert und es erfolgt dann die Ausscheidung einer
                              									schwefelsäureärmeren Verbindung und Vermehrung der Säure in der Brühe.
                           Wenngleich die freie Schwefelsäure auch aus dem Inneren der Haut entfernt wird, so
                              									wird die Entfernung von der Oberfläche doch keine vollständige seyn und die
                              									schädliche Einwirkung wird sich durch Zerstörung des Narbens und geringere
                              									Haltbarkeit des Fabricates überhaupt kundgeben, sobald die Säure beim Trocknen durch
                              									Verdunstung des Wassers concentrirter und ihre Einwirkung energischer wird.
                           Es ist eine bekannte Erfahrung in der Praxis, daß sich die Brühen nach öfterer
                              									Benutzung, auch wenn man für Erneuerung von Alaun und Kochsalz sorgt, verschlechtern
                              									und bei weiterem Gebrauch mangelhafte Fabricate liefern. Dieß ist lediglich der sich
                              									durch öftere Benutzung vermehrenden freien Schwefelsäure zuzuschreiben.
                           Es ist nicht anzunehmen, daß bei der großen Verdünnung der freien Säure und bei der
                              									gewöhnlichen Temperatur eine Einwirkung auf das Kochsalz stattfindet und Salzsäure
                              									an Stelle der Schwefelsäure frei gemacht wird; der Umstand, daß bei den
                              									vorhergegangenen Versuchen durch längere Behandlung der Haut mit Alkohol bei der
                              									Analyse die gesammte Menge Chlor wieder gefunden werden konnte, spricht auch
                              									dagegen.
                           Die Analogie der Processe bei der Gerbung mit organischen Säuren und Kochsalz und bei
                              									Anwendung von Alaun und Kochsalz, ergibt sich aus den erhaltenen Resultaten
                              									vollkommen. In beiden Fällen muß zur Fällung des Coriins mittelst Kochsalz saure
                              									Reaction vorhanden seyn; bei der Kochsalzgerbung wird dieselbe hervorgerufen durch
                              									gährendes Gerstenschrot, bei der Weißgerberei durch Zusatz von Alaun. Wird in
                              									letzterem Falle der Alaun zum Theil abgestumpft, so wird die saure Reaction wieder
                              									hervorgebracht durch Aufnahme eines basischen Salzes und Bildung freier
                              									Schwefelsäure. Bei der Weißgerberei wird jedoch außer Kochsalz noch Thonerdesalz
                              									fixirt.
                           Die Resultate der Versuche liefern den Beweis, daß die Ansicht von Lietzmann
                              									„es werden in der Weißgerberei nur die Eiweißkörper der Haut chemisch
                                 										umgewandelt“ nicht zutreffend ist. Die Versuche mit Alaun für sich
                              									beweisen, daß die Bindegewebsfaser zum Gerbproceß beiträgt, indem sie Thonerdesalz
                              									fixirt, das Coriin wirkt dabei gar nicht mit. Die Umwandlung des Coriins durch
                              									Kochsalz ist ferner keine chemische Veränderung, sondern einfach eine Ausscheidung
                              									durch das Kochsalz und in Verbindung mit diesem; der frühere Zustand desselben kann
                              									jeden Augenblick wieder hergestellt werden durch Entfernung des Chlornatriums
                              									mittelst Wasser. Das Abfallen der Gare beim Auswaschen mit Wasser ist weiter nichts
                              									als ein Uebergang des Coriins in den früheren, unvollständig gelösten Zustand. Lietzmann stellte seine Reactionen mit einer Lösung von
                              									Hühnereiweiß an und ging von der Voraussetzung aus, daß sich dieses mit den
                              										„Eiweißkörpern“ der Haut identisch verhalte. Die
                              									Darstellung des Coriins und die Feststellung seiner Eigenschaften haben jedoch
                              									ergeben, daß es sich wesentlich anders verhält.
                           Ebenso wenig verbindet sich die Schwefelsäure des Alaunes mit dem Natrium des
                              									Kochsalzes und es wird daher keine Salzsäure frei gemacht. Die Versuche mit
                              									Coriinlösung und Kochsalz bei Gegenwart organischer Säure beweisen vielmehr, daß der
                              									Säuregehalt unverändert bleibt und das Kochsalz als solches aufgenommen wird; ebenso
                              									die Versuche mit Alaun und Kochsalz, daß Thonerde mit Schwefelsäure verbunden und
                              									gleichzeitig Kochsalz aufgenommen wird.
                           Die Versuche beweisen ferner, daß das Kochsalz die Endosmose befördert, wie Fr. Knapp annimmt, daß diese Wirkung jedoch nicht die einzige
                              									ist und die Erklärung weiter ausgedehnt werden muß.
                           Auch geht daraus hervor, daß der Alaun nicht als solcher, sondern nur die
                              									Thonerdeverbindung desselben wirkt. Im Uebrigen finden die Beobachtungen Fr. Knapp's dadurch weitere Bestätigung.
                           Für die Praxis mögen noch folgende Vorschläge ihren Platz finden:
                           Auf Entfernung des Kalkes durch die Kleienbeize ist möglichste Sorg falt zu
                              									verwenden. Nach dem Herausnehmen aus der Beize und Auswaschen ist es vortheilhaft,
                              									die Häute vor dem Einbringen in die Gerbbrühe nochmals durch Sauerwasser zu ziehen,
                              									um organische Säure in genügender Menge zu haben und dadurch die Bildung freier
                              									Schwefelsäure möglichst zu beschränken. Eine zu große Kochsalzmenge welche größer
                              									ist als die angewandte Alaunmenge, ist zu vermeiden, sie vermehrt die Bildung freier Schwefelsäure
                              									in der Brühe, namentlich bei Gegenwart von Kalkresten.
                           Es empfiehlt sich die Anwendung der essigsauren Thonerde in der Praxis. Jede
                              									Einwirkung einer Mineralsäure unterbleibt dabei, die überschüssige Essigsäure ist
                              									vermöge ihrer leichten Flüchtigkeit durch geeignete Verrichtungen, vielleicht
                              									Aufhängen der Häute in luftigen Räumen, leicht zu entfernen. Die Darstellung der
                              									essigsauren Thonerde kann geschehen durch Auflösen von Thonerdehydrat, wie es aus
                              									Kryolith in großer Menge gewonnen wird, in gewöhnlicher roher Essigsäure des
                              									Handels.
                           
                        
                           Gerbversuche mit Eisen- und
                                 										Chromalaun.
                           Im Anschluß an die Versuche mit Kali- und Ammoniakalaun wurde noch das
                              									Verhalten der Haut gegen Eisen- und Chromalaun einer Prüfung unterzogen. Es
                              									ergab sich, daß daß Verhalten dieser Verbindungen, für sich allein angewandt,
                              									dasselbe war, wie das der gewöhnlichen Alaune. Es wurde von der Haut schwefelsaures
                              									Chromoxyd resp. Eisenoxyd aufgenommen und bei Gegenwart von noch überschüssigem Kalk
                              									eine der Kalkmenge äquivalente Menge der Oxyde gefällt. Durch erneuerten Zusatz von
                              									Haut konnte der Lösung sämmtliches Chrom- oder Eisenoxydsalz entzogen werden,
                              									während das schwefelsaure Kali nicht mit fixirt wurde. Das resultirende Leder zeigte
                              									dieselben Mängel, war spröde und brüchig, aus den bereits bei Kalialaun angeführten
                              									Gründen, bei Anwendung von Chromalaun grün, von Eisenalaun röthlich gefärbt, die
                              									abgegossene Lösung enthielt keine freie Säure. Quantitative Versuche wurden nur
                              									unter Zusatz von Chlornatrium vorgenommen. Die dabei zur Verwendung kommende Haut
                              									war wie früher im Kalkäscher enthaart und mit organischer Säure sehr sorgfältig
                              									behandelt, enthielt nur noch sehr geringe Mengen Kalk. Das Verfahren bei der Analyse
                              									nach Einwirkung war die früher erörterte Verdrängungsmethode.
                           
                              a. Chromalaun und gleiche Menge Chlornatrium.
                              Hautmenge: 12,353 Grm.
                              zugesetzte Lösung: 100 K. C.; Dauer der Einwirkung: 8
                                 										Tage.
                              
                                 Gehalt der Lösung vor Einwirkung:
                                 
                              10 K. C. = 0,9575 Grm. BaSO⁴ = 0,3287 Grm. SO³;
                                 										in 100 K. C. = 3,287 Grm.
                              10 K. C. = 0,1685 Grm. Cr²O³; in 100 K. C. =
                                 										1,685 Grm.
                              5 K. C. = 1,354 Grm. AgCl = 0,552 Grm. NaCl; in 100 K. C. =
                                 										11,040 Grm.
                              
                              
                                 Lösung nach Einwirkung:
                                 
                              Die Flüssigkeit wurde auf 500 K. C. verdünnt.
                              50 K. C. = 0,833 Grm. BaSO⁴ = 0,286 Grm. SO³; in
                                 										500 K. C. = 2,860 Grm.
                              50 K. C. = 0,1355 Grm. Cr²O³; in 500 K. C. =
                                 										1,355 Grm.
                              25 K. C. = 1,3350 Grm. AgCl = 0,5442 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
                                 										10,884 Grm.
                              
                                 Somit waren fixirt:
                                 
                              
                                 
                                    SO³
                                    
                                    Cr²O³
                                    
                                 
                                    0,427
                                    Grm.
                                    
                                    0,330
                                    Grm.
                                    
                                 
                                    3,46
                                    Procente der Haut.
                                    
                                    2,67
                                    Procente der Haut.
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    NaCl
                                    
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    0,156
                                    Grm.
                                    
                                 
                                    
                                    1,26  
                                    Procente der Haut.
                                    
                                 
                              Das erhaltene Leder von blaugrüner Farbe war vollständig gar und erlangte durch
                                 										Stollen vollständige Geschmeidigkeit und Weichheit. Das fixirte Salz ist
                                 										basischer Natur; das Chromoxyd verhält sich zur SO³ wie 100 : 129. Die
                                 										Verhältnisse im neutralen schwefelsauren Chromoxyd sind 100 : 155.
                              
                           
                              b. Eisenalaun und gleiche Menge Chlornatrium.
                              
                                 Gehalt der Lösung:
                                 
                              10 K. C. = 1,0901 Grm. BaSO⁴ – 0,3743 Grm.
                                 										SO³.
                              10 K. C. = 0,1870 Grm. Fe²O³
                              5 K. C. = 1,2145 Grm. AgCl = 0,4951 Grm. NaCl.
                              Diese Losung wurde zu zwei Versuchen verwendet, von achttägiger Dauer; nach
                                 										Einwirkung wurde die in Haut befindliche Lösung in bekannter Weise
                                 										verdrängt.
                              
                                 
                                    Nr. 1.
                                    Nr. 2.
                                    
                                 
                                          Hautmenge: 20,40
                                       												Grm.
                                        Hautmenge: 16,79 Grm.
                                    
                                 
                                          zugesetzte Lösung: 100
                                       												K. C.
                                        zugesetzte Lösung: 80 K.
                                       												C. 
                                    
                                 
                                    Gehalt der zugesetzten
                                          													Lösung:
                                    80 K. C. derselben enthielten:
                                    
                                 
                                       SO³    =
                                       												3,743 Grm.
                                      
                                       												SO³    = 2,994 Grm.
                                    
                                 
                                    Fe²O³ =
                                       												1,870    „
                                    Fe²O³ =
                                       												1,496    „
                                    
                                 
                                    NaCl  =
                                       												9,902    „
                                    NaCl  =
                                       												7,922    „
                                    
                                 
                              
                                 Gehalt der Lösungen nach Einwirkung:
                                 
                              Nr. 1. (Auf 500 K. C. verdünnt.)
                              50 K. C. = 0,8480 Grm. BaSO⁴ = 0,2911 Grm. SO³;
                                 										in 500 K. C. = 2,911 Grm. SO³.
                              50 K. C. = 0,1140 Grm. Fe²O³; in 500 K. C. =
                                 										1,140 Grm.
                              25 K. C. = 1,299 Grm. AgCl = 0,489 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
                                 										9,780 Grm.
                              Nr. 2. (Auf 500 K. C. verdünnt.)
                              100 K. C. – 1,274 Grm. BaSO⁴ = 0,4375 Grm.
                                 										SO³; in 500 K. C. = 2,187 Grm.
                              
                              100 K. C. = 0,1620 Grm. Fe²O³; in 500 K. C. =
                                 										0,810 Grm.
                              50 K. C. = 1,905 Grm. AgCl = 0,7766 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
                                 										7,766 Grm.
                              Daraus ergeben sich folgende Aufnahmen an Substanz:
                              
                                 
                                    Nr.
                                    Absorbirte MengeSchwefelsäure
                                       												in
                                    Absorbirte MengeEisenoxyd in
                                    AbsorbirteMenge
                                    Verhältniß desabsorbirten
                                    
                                 
                                    
                                    Grammen
                                    Procentender Haut
                                    Grammen
                                    Procentender Haut
                                    Chlornatriumin Grammen
                                    Eisenoxydes zurSchwefelsäure
                                    
                                 
                                    1
                                    0,832
                                    4,08
                                    0,730
                                    3,58
                                    0,122
                                    100 : 114
                                    
                                 
                                    2
                                    0,807
                                    4,81
                                    0,686
                                    4,08
                                    0,150
                                    100 : 118
                                    
                                 
                              Das erhaltene Leder war von schön gelbrother Farbe, weich und geschmeidig, im
                                 										Aussehen dem lohgaren Leder ähnlich.
                              Auch in diesem Falle ist ein basisches Salz fixirt, denn im neutralen
                                 										schwefelsauren Eisenoxyd stehen Fe²O³. und SO³ im
                                 										Verhältniß wie 100 : 150.
                              Es verhalten sich somit die Alaune gleich gegen Haut; sie geben für sich
                                 										angewandt mürbe und brüchige Leder, bei Zusatz von Kochsalz sämmtlich Fabricate,
                                 										welche bei weitem geschmeidiger sind und den Bedürfnissen genügen. Eisen-
                                 										und Chromalaun mit der Nahrung gar gemacht, gibt gleich schönes geschmeidiges
                                 										Leder, nur von entsprechend anderer Farbe. Was die Theorie der Einwirkung
                                 										anbelangt, so hat das früher Erwähnte auch hier seine Geltung.
                              
                           
                        
                           Haut und Eisensalze.
                           Die meisten Verbindungen des Eisenoxydes werden von der Haut gern, ebenso wie die
                              									Thonerdeverbindungen, aufgenommen. Oxydulsalze haben ein sehr schwaches Bestreben
                              									sich auf die Faser niederzuschlagen. Die Menge der Aufnahmen ist abhängig von der
                              									Concentration der Lösung und der Natur der Verbindungen. Man kann im Allgemeinen
                              									sagen, daß neutrale Verbindungen weniger als basische Salze aufgenommen werden. Das
                              									Leder ist in den meisten Fällen hart und spröde, und umsomehr, je saurer die
                              									Verbindung und je weniger dadurch Coriin niedergeschlagen wird. Kochsalz verbessert
                              									zwar das Leder etwas und wirkt in derselben Weise wie bei Alaunen, nämlich fällend
                              									auf Coriin, indem die Eisensalze welche durchgängig sauer reagiren, die Rolle der
                              									Säure dabei spielen, aber die Gerbung ist nicht widerstandsfähig gegen Wasser. Am
                              									haltbarsten, gewissermaßen ächt gemacht, wird die Gerbung durch Fixirung des Eisensalzes
                              									unmittelbar auf der Faser im unlöslichen Zustande, nach dem Vorschlage von Fr. Knapp, als Eisenseife. Diese Gerbung ist nicht
                              									auszuwaschen, muß jedoch durch mechanische Hülfsmittel, Kneten und Stampfen,
                              									unterstützt werden. Meine Versuche erstreckten sich auf Eisenchlorid und
                              									basisch-schwefelsaures Eisenoxyd; neutrales schwefelsaures Eisenoxyd, welches
                              									ich ebenfalls mit in Betracht ziehen wollte, gab ein schlechtes Resultat und hatte
                              									fast gar kein Salz abgegeben, die Haut war im Gegentheil etwas geschwellt von noch
                              									vorhandener freier Säure, von welcher das Salz sehr schlecht frei erhalten wird.
                              									Eisenchlorid besitzt bekanntlich die Fähigkeit, frisch gefälltes Eisenoxyd in
                              									ziemlicher Menge aufzulösen; die entstehende sehr concentrirte Lösung hoffte ich mit
                              									Vortheil fixiren zu können, aber ohne günstigen Erfolg, indem ein großer Theil des
                              									Eisenoxydes nach Zusatz der Haut flockig ausgeschieden wird und sich auch durch
                              									Kneten sehr leicht zusammenballt, in welchem Zustande die Haut nur wenig und langsam
                              									aufnimmt.
                           
                        
                           Eisenchlorid und Haut.
                           A. Verdünntere Lösung.
                           Die Lösung wurde vor und nach Berührung mit Haut einfach auf ihren Gehalt geprüft und
                              									aus der Differenz die Aufnahme berechnet. Verdrängen der Lösung ist nicht thunlich,
                              									da sich Eisenchlorid leicht in Weingeist und Aether auflöst. Das Salz war
                              									krystallinisch und säurefrei.
                           
                              Gehalt der Lösung:
                              
                           10 K. C. = 0,431 Grm. Fe²O³.
                           10 K. C. = 0,2307 Grm. AgCl = 0,571 Grm. Cl.
                           Das Eisenoxyd verlangt theoretisch 0,571 Grm. Cl.
                           Zu jedem Versuch wurden 50 K. C. Lösung angewandt.
                           Nr. 1.
                           
                              
                                 Hautmenge: 6,906 Grm.aufgesogenes Wasser: 14,5 K.
                                    											C.
                                 
                                    
                                    
                                 Dauer: 8 Tage.
                                 
                              
                           Nr. 2.
                           Hautmenge: 7,473 Grm.
                           aufgesogenes Wasser: 14 K. C.
                           
                              Gehalt der Lösungen nach Aufnahme:
                              
                           Nr. 1.
                           10 K. C. = 0,316 Grm. Fe²O³; gesammte Lösung 2,038
                              									Grm., entsprechend 4,139 Grm. Fe²Cl⁶.
                           
                              
                                   10 K. C. =
                                 1,707 Grm, AgCl = 0,422 Grm. Cl.;
                                 
                              
                                 
                                 0,316 Fe²O³. brauchen 0,4207 Grm.
                                    											Cl.
                                 
                              
                           
                           Es hat somit eine Aufnahme von 0,236 Grm. oder 3,42 Proc. der Haut stattgefunden.
                           Nr. 2.
                           10 K. C. = 0,315 Grm. Fe²O³; gesammte Lösung = 2,016
                              									Grm., entspricht 4,095 Grm. Fe²Cl⁶.
                           10 K. C. = 1,692 Grm. AgCl = 0,419 Grm. Cl.
                           0,315 Grm. entspricht theoretisch 0,4193 Grm. Cl.
                           Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,280 Grm. oder 3,747 Proc. der Haut.
                           B. Concentrirtere Lösung.
                           
                              Gehalt derselben:
                              
                           10 K. C. = 0,760 Grm. Fe²O³; also 50 K. C. = 3,800
                              									Grm., entspricht 7,719 Grm. Fe²Cl⁶.
                           10 K. C. = 4,063 Grm. AgCl = 1,005 Grm. Cl.
                           0,760 Grm. Fe²O³ erfordern 1,010 Grm.
                           Hautmenge: 6,609 Grm.
                           aufgesogenes Wasser: 13 K. C.
                           Lösung: 50 K. C.; Dauer der Einwirkung: 8 Tage.
                           
                              Lösung nach Einwirkung:
                              
                           10 K. C. = 0,569 Grm. Fe²O³; in der ganzen Lösung
                              									3,5847 Grm., entspricht 7,236 Grm. Fe²Cl⁶.
                           10 K. C. = 3,095 Grm. AgCl = 0,7657 Grm. Cl.
                           0,569 Grm. brauchen 0,7574 Grm. Cl.
                           Somit sind aufgenommen: 0,483 Grm. oder 7,31 Proc. der Haut Fe²Cl⁶.
                           Das Eisenchlorid wird somit unverändert und mit der Concentration der Lösung steigend
                              									aufgenommen. Das Leder ist steif und hart; bei langer Einwirkung treten die sauren
                              									Eigenschaften hervor, die Haut wird dann angegriffen. Eisenchlorid wirkt ähnlich wie
                              									Alaun für sich; Coriin bleibt gelöst, geht sogar etwas in die Lösung außerhalb der
                              									Haut über, und die Absorption ist nur auf Rechnung des Bindegewebes zu setzen.
                           
                        
                           Basisch-schwefelsaures Eisenoxyd
                                 										und Haut.
                           Die Lösung wurde dargestellt durch Oxydation einer Lösung von Eisenvitriol mittelst
                              									Salpetersäure in der Hitze ohne Gegenwart freier Schwefelsäure. Es wird so lange
                              									Salpetersäure zugesetzt als noch Reaction auf Eisenoxydul eintritt.
                           Die Lösung setzt namentlich beim Erwärmen, ebenso beim Verdünnen ein gelbes basisches
                              									Salz von der Zusammensetzung Fe²O³, SO³ ab.
                           Nach langem Stehen eines Theiles dieser Flüssigkeit hatte sich der größte Theil der
                              									Lösung in eine gleichmäßige krystallinische Salzmasse verwandelt (die bei Erwärmen in
                              									Salzsäure löslich war), von welcher die noch vorhandene geringe Menge Flüssigkeit
                              									abgegossen und deren Zusammensetzung nach Abgießen der Lösung und Auswaschen mit
                              									Alkohol gefunden wurde:0,304 Grm. Substanz gaben:0,116 Grm. Fe²O³ und 0,117 Grm. SO³.0,460 Grm. Substanz gaben 0,107 Grm H²O.
                              								
                           
                              
                                 38,15838,48723,355
                                 Proc.   „   „
                                 Fe²O³SO³H²O
                                 
                                    
                                    
                                 deren Zusammensetzung somit durch die
                                    											FormelFe²O³, 2 SO³, 5 H²O ausgedrückt
                                    											wird.
                                 
                              
                           
                              Gehalt der Lösung zu nachstehenden
                                 										Versuchen:
                              
                           5 K. C. = 0,669 Grm. Fe²O³.
                           5 K. C. = 2,247 Grm. BaSO⁴ = 0,7715 Grm. SO³.
                           Nr. 1.
                           
                              
                                 Hautmenge: 7,309 Grm.aufgesogenes Wasser: 14,0 K. C.zugesetzte
                                    											Lösung: 50 K. C.
                                 
                                    
                                    
                                 Dauer: 20 Tage.
                                 
                              
                           Nr. 2.
                           
                              
                                 Hautmenge: 8,666 Grm.aufgesogenes Wasser: 16,0 K. C.zugesetzte
                                    											Lösung: 50 K. C.
                                 
                                    
                                    
                                 Dauer: 20 Tage.
                                 
                              
                           Nr. 3.
                           
                              
                                 Hautmenge: 25,240 Grm.aufgesogenes Wasser: 62,9 K. C.zugesetzte
                                    											Lösung: 150 K. C.
                                 
                                    
                                    
                                 Dauer: 5 Tage.
                                 
                              
                           
                              Gehalt der Lösungen nach Einwirkung:
                              
                           Nr. 1.
                           10 K. C. = 3,3625 Grm. BaSO⁴ = 1,1545 Grm. SO³; in
                              									64 K. C. = 7,388 Grm.
                           10 K. C. = 0,9531 Grm. Fe²O³; in 64 K. C. = 6,099
                              									Grm.
                           Nr. 2.
                           10 K. C. = 3,2503 Grm. BaSO⁴ = 1,116 Grm. SO³; in 66
                              									K. C. = 7,365 Grm.
                           10 K. C. = 0,9167 Grm. Fe²O³; in 66 K. C. = 6,030
                              									Grm.
                           Nr. 3.
                           5 K. C. = 1,523 Grm. BaSO⁴ = 0,5229 Grm. SO³; in
                              									Gesammtflüssigkeit 22,265 Grm.
                           5 K. C. = 0,4375 Grm. Fe²O³; in Gesammtfl. 18,628
                              									Grm.
                           
                           Daraus ergeben sich somit folgende Aufnahmen:
                           
                              
                                 Nr.
                                 Absorbirte Mengen
                                 Verhältniß desEisenoxydeszur
                                    											SO³
                                 
                              
                                 
                                 Eisenoxyd in
                                 Schwefelsäure in
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Grammen
                                 Procentender Haut
                                 Grammen
                                 Procentender Haut
                                 
                                 
                              
                                 1
                                 0,590
                                 8,07
                                 0,327
                                 4,47
                                 100 zu 55
                                 
                              
                                 2
                                 0,640
                                 7,38
                                 0,350
                                 4,04
                                 100 zu 55
                                 
                              
                                 3
                                 1,379
                                 5,46
                                 0,880
                                 3,48
                                 100 zu 64
                                 
                              
                           Das aufgenommene Salz nähert sich somit in seiner Zusammensetzung dem 1/3
                              									schwefelsauren Eisenoxyd, ist jedoch etwas weniger basisch als dieses. Die
                              									angewandte Lösung ist jedenfalls am geeignetsten Eisenoxydsalz zu fixiren, die Haut
                              									nimmt aus ihr die größte Menge Salz auf und das resultirende Leder ist auch weit
                              									weniger spröde wie bei Anwendung neutraler Salze, z.B. Eisenchlorid. Die Gerbung
                              									scheint auch ächter zu seyn, denn Wasser nimmt verhältnißmäßig wenig davon auf.
                           
                        
                           Versuche mit
                                 									Eichengerbsäure.
                           Die Aufnahme des Gerbstoffes seiner Zusammensetzung und Menge nach bei Herstellung
                              									lohgarer Leder läßt sich nicht in der einfachen Weise durch Versuche ermitteln, wie
                              									dieß in der Weißgerberei möglich ist. Die Herstellung lohgarer Leder erfordert eine
                              									beträchtlich längere Zeit und es werden während der langen Einwirkung sowohl geringe
                              									Mengen der Haut wie auch des Gerbstoffes selbst durch chemische Umsetzung verändert.
                              									Der Lohauszug enthält neben Gerbstoff noch andere wenig bekannte Körper. Die
                              									Eichengerbsäure selbst ist ihrer chemischen Zusammensetzung nach noch sehr
                              									unvollkommen bekannt, namentlich sind ihre Zersetzungsproducte bei den in Frage
                              									kommenden Verhältnissen nur unvollkommen untersucht. Versuche in dieser Richtung
                              									haben voraussichtlich erst dann Erfolg, wenn eine genauere Kenntniß des
                              									Eichengerbstoffes es ermöglicht, mit reiner Substanz zu operiren und wenn dann die
                              									Veränderung der Gerbsäurelösung in jedem einzelnen Stadium der Gerbung chemisch, die
                              									Veränderung der Haut chemisch und mikroskopisch festgestellt werden können.
                           Es können deßhalb auch die im Eingange erwähnten Versuche von Müntz, aus deren Resultaten derselbe die Zusammensetzung der aufgenommenen
                              									Gerbsubstanz zu berechnen sucht, nicht maaßgebend seyn und die Schlüsse nur mit Vorsicht
                              									aufgenommen werden. Müntz verwandte gewöhnlichen
                              									Lohauszug, woraus die Haut jedenfalls nicht reine Gerbsäure, sondern auch noch
                              									andere Körper aufnimmt.
                           Wahrscheinlich üben diese Körper sogar einen wesentlichen Einfluß bei der Befestigung
                              									des Gerbstoffes auf die Faser aus, und sind die Ursache des innigeren Anhaftens.
                           Außerdem hatte sich die Haut in den Müntz'schen Versuchen
                              									auch während der Gerbung bezüglich der Zusammensetzung geändert und der
                              									Stickstoffgehalt war geringer geworden; da aber die einzelnen Hautbestandtheile
                              									verschieden zusammengesetzt sind, so konnte ein einfaches Abziehen einer bestimmten
                              									aus der Stickstoffmenge hervorgehenden Hautmenge, wie dieß Müntz vornimmt, nicht gerechtfertigt erscheinen.
                           Die Zersetzung der Gerbsäure in den Gruben leitet er von Tannin her, welches von der
                              									Eichengerbsäure hinsichtlich der Eigenschaften und Zersetzungsproducte wesentlich
                              									abweicht, und da in den Gruben Eichengerbsäure vorhanden ist, nicht zu Grunde gelegt
                              									werden kann.
                           Ich beschränke mich darauf, zu constatiren ob die bei den früheren Versuchen
                              									festgestellte Thatsache, daß mit dem Grade der Vertheilung des Bindegewebes die
                              									Aufnahmefähigkeit desselben zunimmt, auch für die Gerbsäure anwendbar ist.
                           Die Gerbsäure wurde nach dem von Klasiwetz angegebenen
                              									Verfahren durch fractionirte Fällung von Lohauszug mit Bleizucker und Zersetzen des
                              									im Wasser vertheilten Bleiniederschlages mittelst Schwefelwasserstoff erhalten. Nur
                              									der zuletzt durch Bleizucker entstehende Niederschlag von heller Farbe wurde in
                              									Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt, dann nach vollständigem
                              									Ausfällen des Bleies die Flüssigkeit durch Kochen von überschüssigem
                              									Schwefelwasserstoff befreit. Das Abdampfen der Lösung wurde vermieden, indem dadurch
                              									stets ein Theil des Gerbstoffes zersetzt wird. Der auf diese Weise erhaltene Auszug
                              									ist reiner als gewöhnlicher Lohauszug und die Gerbsäurebestimmung genauer
                              									ausführbar.
                           Die Bestimmung des Gehaltes der Lösung wurde nach der von Wolf modificirten Fleck'schen Methode
                              									ausgeführt, nachdem vorher durch einige Bestimmungen in einer Tanninlösung von
                              									bekanntem Gehalt Uebereinstimmung mit Wolf's Resultaten
                              									erhalten worden war. Die Methode gründet sich darauf, daß Gerbsäure durch
                              									essigsaures Kupferoxyd gefällt wird; der Niederschlag von gerbsaurem Kupferoxyd wird
                              									nach dem Auswaschen getrocknet und unter Luftzutritt geglüht. Das durch die
                              									Verkohlung der Gerbsäure reducirte Kupfer wird durch Zusatz einiger Tropfen
                              									Salpetersäure und abermaliges gelindes Glühen in Kupferoxyd übergeführt und als
                              									solches gewogen. Die Menge desselben, mit der Zahl 1,304 multiplicirt, ergibt die
                              									Menge der vorhandenen Gerbsäure.
                           Zunächst wurde festgestellt, wie groß die Aufnahme des Bindegewebes für Gerbsäure ist
                              									im Zustande seiner feinsten Vertheilung, wie es aus seiner Lösung durch Ausfällen
                              									erhalten wird. Zu diesem Zwecke wurde dieselbe Lösung von Bindegewebe, welche zu den
                              									gleichlaufenden früheren Versuchen mit Kochsalz, sowie mit Alaun und Kochsalz
                              									gedient hatte, benutzt. Die Manipulationen waren dieselben, wie damals angegeben; es
                              									wurden bestimmte Volumina der Bindegewebs- und Gerbsäurelösung gemischt, die
                              									Flüssigkeit noch einen Tag mit dem ausgeschiedenen Bindegewebe in Berührung gelassen
                              									und darauf deren Gehalt an Gerbsäure wieder bestimmt. Das Fehlende war vom
                              									Bindegewebe fixirt.
                           100 K. C. der Bindegewebslösung enthielten, wie schon früher
                              									erwähnt, 0,315 Grm. reines Bindegewebe.
                           50 K. C. der Gerbsäurelösung gaben 0,237 Grm. CuO;
                           0,237 Grm. × 1,304 = 0,309 Grm. Gerbsäure in 50 K. C.
                           Es wurden gemischt:
                           200 K. C. Lösung von Bindegewebe,
                           200 K. C. Lösung von Gerbsäure.
                           
                              Gehalt nach Ausscheidung:
                              
                           100 K. C. = 0,114 Grm. CuO; folglich 400 K. C. = 0,456 Grm.
                              									CuO.
                           Entspricht 0,456 Grm. × 1,304 = 0,5946 Grm. Gerbsäure.
                           Folglich sind absorbirt: 1,236 Grm. minus 0,594 Grm. =
                              									0,642 Grm. Gerbsäure = 101,9 Proc. des Bindegewebes.
                           Ein zweiter Versuch wurde mit der Abänderung ausgeführt, daß der Bindegewebslösung
                              									noch organische Säure zugesetzt und hierauf die Fällung mit Gerbsäure vorgenommen
                              									wurde. Das organische Säuregemisch enthielt, auf Essigsäure berechnet, 10 Proc.
                              									Säurehydrat und bestand aus Butter- , Milch- und Essigsäure. Nach der
                              									Einwirkung vor Bestimmung der Gerbsäure in der Lösung, wurde durch Zusatz einer der
                              									zugesetzten Säuremenge äquivalenten Menge Normalnatron die Säure neutralisirt und
                              									dadurch einer Lösung des gerbsauren Kupferoxydes vorgebeugt.
                           
                              Menge der Lösungen:
                              
                           150 K. C. Bindegewebslösung (enthaltend 0,4725 Grm.
                              									Bindegewebe),
                           50 K. C. 10procentige Säure,
                           200 K. C. Gerbsäurelösung.
                           
                              Gehalt der Lösung nach Einwirkung:
                              
                           100 K. C. = 0,125 Grm. CuO; also 400 K. C. = 0,500 Grm. CuO,
                           entsprechend 0,500 Grm. × 1,304 = 0,652 Grm. Gerbsäure.
                           
                           Somit waren fixirt:
                           1,236 Grm. minus 0,652 Grm. = 0,584 Grm. Gerbsäure oder
                              									123,6 Proc. des Bindegewebes.
                           Es hat also eine Mehraufnahme von circa 21 Proc. an
                              									Gerbsäure stattgefunden bei Gegenwart einer größeren Menge Säure in der
                              									Bindegewebslösung.
                           Der erhaltene Niederschlag ist bräunlich, nach dem Trocknen spröde und brüchig, und
                              									gibt beim Auswaschen mit kaltem Wasser nur geringe Mengen Gerbsäure an dieses ab.
                              									Dieser Niederschlag ist sowohl beim Aufbewahren in nur feuchtem Zustande, wie auch
                              									unter Wasser, äußerst haltbar und widersteht der Zersetzung und Fäulniß in hohem
                              									Grade. Er ist in dieser Beziehung mit lohgarem Leder zu vergleichen; die Gerbsäure
                              									bildet die schützende Hülle, sie bewirkte die Ausscheidung und war im Stande, sich
                              									bei der Fällung sofort auf alle Theile des Bindegewebes niederzuschlagen, da
                              									dieselben vollständig frei in der Flüssigkeit vertheilt waren. Bei der Lederbildung
                              									muß die Gerbsäure in das Innere der Haut, deren frühere Beschaffenheit und Form
                              									erhalten bleiben soll, eindringen; bei der geringen Diffusionsfähigkeit der
                              									Gerbsäure dauert die Sättigung, je nach der Stärke der Haut, lange Zeit. In
                              									vorliegendem Falle war nach Fällung des Bindegewebes noch Gerbsäure in Lösung und
                              									das Bindegewebe hatte die größte Menge, welche es aufzunehmen fähig war, absorbirt.
                              									Es genügen aber auch weit geringere Mengen Gerbsäure, als in diesem Falle
                              									aufgenommen sind, um eine vollständige Ausscheidung des Bindegewebes zu bewirken; es
                              									nimmt dann die in der Flüssigkeit vorhandene Gerbsäure bis auf Spuren auf, und der
                              									Niederschlag ist je nach der Menge der Aufnahme schwächer gefärbt. Da ein
                              									Anhaltepunkt für die Maximalaufnahme des Bindegewebes durch vorstehende Versuche
                              									gegeben und der Gehalt der Gerbsäurelösung bekannt war, so stellte ich mir
                              									verschiedene Fällungen mit verschiedenen zur Sättigung unzureichenden Mengen
                              									Gerbsäure dar und fand, daß mit der Menge der fixirten Gerbsäure auch die
                              									Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit des Niederschlages an der feuchten Luft wie
                              									auch gegen die Einwirkung schwachsaurer und alkalischer Flüssigkeiten wächst und daß
                              									dieselbe am größten bei der Sättigung des Niederschlages ist.
                           Bei der Prüfung des Säuregehaltes der Bindegewebslösung auf acidimetrischem Wege
                              									wurde beobachtet, daß die Lackmuslösung ebenfalls im Stande ist, sämmtliches
                              									Bindegewebe zu fällen und daß der Niederschlag entweder den Farbstoff vollständig
                              									oder unvollständig aufnahm, je nach der Menge der zugesetzten Lackmuslösung. Man
                              									kann sich auf diese Weise durch Zusatz verschiedener Mengen Lackmustinctur und
                              									Umschütteln verschieden
                              									gefärbte Ausscheidungen darstellen vom schönsten Hellroth bis gesättigtem
                              									Dunkelroth, und bei unzureichenden Farbstoffmengen ist die Flüssigkeit in kurzer
                              									Zeit vollständig entfärbt, bis auf einen röthlichen Schein.
                           Auch hier hält die Ausscheidung den Farbstoff hartnäckig zurück und durch Auswaschen
                              									mit kaltem Wasser läßt sich nur wenig entfernen. Ich zog der Vollständigkeit halber
                              									noch einige andere Farbstoffe, Indigolösung und Carminlösung hinzu und fand dieselbe
                              									Erscheinung, der gelöste Farbstoff schied das Bindegewebe aus und schlug sich auf
                              									dasselbe nieder. Diese Niederschläge besitzen jedoch gegen äußere Einflüsse nicht
                              									die Widerstandsfähigkeit, wie die Fällung des Bindegewebes durch Gerbsäure; die
                              									gefärbte Substanz hat ihre Fäulnißfähigkeit und leichte Zersetzbarkeit behalten,
                              									ebenso wie durch Neutralisation der Säure ausgeschiedenes Bindegewebe, welches
                              									später im feuchten Zustande der Luft ausgesetzt wird.
                           In gleicher Weise wurden Hautstücke, die mit den Farbstofflösungen zusammengebracht
                              									wurden, nach und nach bis in's Innere gefärbt und der Lösung Farbstoff entzogen; die
                              									Aufnahmefähigkeit war aber geringer, als bei Fällung gelösten Bindegewebes; die
                              									gefärbten Hautstücke hatten ebensowenig Haltbarkeit erlangt.
                           Es ist nicht zu verkennen, daß hier eine gewisse Gleichmäßigkeit der Erscheinungen,
                              									sowohl bei Aufnahme von Gerbstoff wie Farbstoff vorhanden ist, und daß in beiden
                              									Fällen die Aufnahme nach denselben Gesetzen vor sich geht.
                           Fr. Knapp machte ebenfalls die Beobachtung, daß sich Haut
                              									in einer Indigküpe blau, in Nußschalendecoct braun färbt, daß diese Farbstoffe
                              									jedoch nach dem Trocknen der Haut ein von gewöhnlicher Haut nicht verschiedenes
                              									Product, nur gefärbt und von derselben Steifheit gaben.
                           Beim Kochen des Gerbsäureniederschlages, der die größte Menge Gerbsäure enthält, mit
                              									Wasser, geht ohne daß die Verbindung aufgehoben wird, eine Umwandlung in in Wasser
                              									unlösliches Leimtannat vor sich. Der Niederschlag ist vollständig derselbe, den man
                              									auf Zusatz von überschüssiger Gerbsäure zu kochender Leimlösung erhält.
                           Beim Kochen der Niederschläge mit unzureichenden Mengen Gerbsäure, mit Wasser,
                              									entstehen nach dem Erkalten gelatinirende braungefärbte Lösungen. Die Gerbsäure hat
                              									sich nur mit einem Theile des entstandenen Leimes verbunden und diese Verbindung ist
                              									in überschüssiger Leimlösung gelöst geblieben. Die Farbstoffniederschläge bilden
                              									nach dem Kochen mit Wasser und Erkalten, mehr oder weniger gefärbte durchsichtige
                              									Gallerten; die Farbstoffe gehen mit dem Leim keine unlösliche Verbindung ein, sie
                              									ertheilen demselben nur eine gleichmäßige Färbung.
                           
                           Das sowohl durch Farb- wie Gerbstoff ausgeschiedene Bindegewebe war also in
                              									den Niederschlägen noch als solches vorhanden und erst beim Kochen ging die
                              									Umwandlung in Leim vor sich. Die verschiedenen Eigenschaften der Niederschläge waren
                              									nur auf Rechnung der divergirenden Natur der Fällungsmittel zu setzen.
                           O. Maschke
                              									Journal für praktische Chemie, Bd. LXXVI S. 37. veröffentlichte eine Reihe von Versuchen, durch welche er die
                              									Aufnahmefähigkeit verschiedener Proteinkörper für Farbstofflösungen (Carmin und
                              									Indigo) nachwies. Thier- und Pflanzencasein, FibrinFibroin, Horn- und Leimsubstanz, ebenso Haut nahmen alle beträchtliche
                              									Mengen Farbstoff auf, während Gummi und ähnliche Substanzen, ebenso Alkaloide nichts
                              									absorbirten.
                           Die erstgenannten Körper besitzen ebenso die Fähigkeit, einer Gerbstofflösung die
                              									Gerbsäure zu entziehen und auf sich niederzuschlagen, und erhält die Ansicht, daß
                              									die Aufnahme der Gerbsäure und Farbstoffe sowohl auf Haut wie Proteinkörper nach
                              									denselben Gesetzen vor sich gehe, dadurch einen weiteren Stützpunkt.
                           Es blieb nun noch übrig, die Aufnahmefähigkeit des Coriins für Gerbsäure in zwei
                              									Lösungen von verschiedenem Gehalt an organischer Säure festzustellen. Die
                              									Coriinlösung war dieselbe, welche zu den früheren Versuchen diente und enthielt in
                              									100 K. C. 0,275 Grm. Coriin.
                           Es wurden gemischt ohne weiteren Säurezusatz zur Coriinlösung:
                           150 K. C. Coriinlösung,
                           150 K. C. Gerbsäurelösung (von gleichem Gehalt wie bei den vorigen
                              									Versuchen).
                           
                              Gehalt der Lösung nach Fällung:
                              
                           100 K. C. = 0,1235 Grm. CuO = 0,1235 Grm. × 1,304 = 0,1610
                              									Grm. Gerbsäure; in 300 K. C. = 0,483 Grm.
                           Folglich sind aufgenommen:
                           0,927 Grm. minus 0,483 Grm. = 0,444 Grm. Gerbsäure oder
                              									107,6 Proc. des Coriins.
                           Der zweite Versuch wurde unter Zusatz derselben Säuremenge wie bei der
                              									Bindegewebslösung und mit allen dabei erwähnten Abänderungen vorgenommen.
                           150 K. C. Coriinlösung,
                           50 K. C. 10procentige Säure,
                           200 K. C. Gerbsäurelösung.
                           
                              Gehalt nach Einwirkung:
                              
                           100 K. C. = 0,147 Grm. CuO, entsprechend 0,147 Grm. × 1,304
                              									Grm. = 0,1916 Grm. Gerbsäure; in 400 K. C. = 0,766 Grm.
                           
                           Folglich sind fixirt:
                           1,236 Grm. minus 0,766 Grm. = 0,470 Grm. Gerbsäure oder
                              									113,9 Proc. des Coriins.
                           Die Aufnahme ist somit bei größerem Säuregehalt etwas gestiegen, jedoch nicht so
                              									bedeutend wie bei dem Bindegewebe. In gleicher Weise wie das Bindegewebe, war das
                              									Coriin befähigt, durch Farbstofflösungen ausgeschieden zu werden und dieselben auf
                              									sich niederzuschlagen.
                           Beide Hauptrepräsentanten der Haut nehmen somit Gerbsäure auf, und ist die Aufnahme
                              									im Zustande der feinsten Vertheilung größer, als bei lohgarem Leder. Nach den
                              									Angaben von Lietzmann nimmt bei der Herstellung der
                              									Sohlleder die Haut durchschnittlich 60 Proc. Gerbstoff, bei der Darstellung von
                              									Oberleder 50 Proc. auf. Müntz fand bei der vollendeten
                              									Gerbung nach dem Durchlaufen der Brühen und Aufenthalt in den Gruben sogar eine
                              									Zunahme von 82,9 Proc.
                           Der Erfahrungssatz, daß mit dem Grade der Vertheilung der Hautbestandtheile die
                              									Aufnahmefähigkeit für gerbende Substanzen zunimmt, findet sich also auch hier
                              									bestätigt. Ich habe weitere Absorptionsversuche nicht gemacht und wenn ich die
                              									Vorgänge in der Lohgerberei mit kurzen Worten zu erklären versuche, so stütze ich
                              									mich dabei auf qualitative Versuche und die Beobachtungen, welche ich bei Behandlung
                              									von Haut mit Säuren für sich und in Gemeinschaft mit Gerbsäure gemacht habe und die
                              									theilweise schon daselbst ausführlich wiedergegeben sind.
                           Im Oberleder ist die Structur der frischen Haut nach der vollendeten Gerbung durchaus
                              									erhalten und für die Beobachtung am zugänglichsten; die Enthaarung durch Kalk
                              									entfernte das Coriin zum großen Theil, die spätere Behandlung sättigte sowohl das
                              									noch vorhandene Coriin wie das Bindegewebe vollständig mit Gerbstoff. Die Gerbsäure
                              									lagerte sich gleichmäßig auf allen freiliegenden Fasern ab, ohne deren
                              									Geschmeidigkeit und Verschiebbarkeit zu beeinträchtigen.
                           Bei der Fabrication der Sohlleder wird durch die combinirte Einwirkung der Säure und
                              									des Gerbstoffes zunächst möglichst feine Zertheilung der Fasern und Quellung sowohl
                              									des Coriins wie auch des Bindegewebes bewirkt. Das Eindringen größerer Wassermengen
                              									in alle Theile der geschwellten und aufgegangenen Haut gestattet auch der in Lösung
                              									befindlichen Gerbsäure gleichmäßig in alle Theile der Haut nach und nach
                              									vorzudringen und sich daselbst abzulagern. Eine zusammenziehende Wirkung kann nicht
                              									stattfinden, da die Menge der Gerbsäure im Verhältniß zur organischen Säure zu
                              									gering ist. In den einzelneu Farben steigt sowohl der Gerbstoff- wie auch der
                              									Säuregehalt; die Ablagerung der Gerbsäure sowohl wie auch die Aufrechterhaltung der
                              									Schwellung wird dadurch
                              									begünstigt. Die Wirkung der Gerbsäure und organischen Säure ist eine vollständig
                              									ineinandergreifende. Während die organische Säure durch den Gerbstoffgehalt der
                              									Flüssigkeit gehindert wird, ihre lösende Wirkung auf Bindegewebe zu weit
                              									auszudehnen, findet im anderen Falle Negation der adstringirenden Gerbsäurewirkung
                              									statt. Beim Durchlaufen der einzelnen Farben verliert ein Theil des Bindegewebes
                              									seine Structur und die Gerbsäure fixirt dasselbe in diesem Zustande im Inneren der
                              									Haut. Der größere Theil des Bindegewebes widersteht jedoch, und die fortgesetzte
                              									Aufnahme von Gerbstoff ist ein immer wachsendes Schutzmittel gegen die Einwirkung
                              									der organischen Säure. Im anderen Falle ist die Gerbsäure wieder nicht im Stande die
                              									Schwellung aufzuheben, da auch die Menge der organischen Säure wächst und ihr die
                              									Waage hält. Gerbsäure und organische Säure kämpfen somit gewissermaßen stets um die
                              									Oberhand. Nach dem Durchlaufen der einzelnen Farben genügt die abgelagerte Schicht
                              									von Gerbstoff, eine schützende Hülle zu bilden und bei Berührung mit der
                              									überschüssigen Gerbsäure in den Gruben ein sofortiges starkes Zusammenschrumpfen zu
                              									verhüten. Die Poren bleiben vielmehr geöffnet, gestatten das weitere Eindringen von
                              									Gerbstoff und damit die Sättigung der ganzen Haut. Daß durch die organische Säure
                              									die glatte Oberfläche der einzelnen Fasern, welche nicht die Structur verloren
                              									haben, verloren geht und dadurch ein innigeres Anhaften des Gerbstoffes erzielt
                              									wird, ist ebenfalls anzunehmen. Die Starrheit des Productes wird hervorgebracht
                              									durch die größere Menge des Coriins in Verbindung mit Gerbsäure und durchduch Fixiren eines Theiles des Bindegewebes im structurlosen Zustande. Größere
                              									Dichte wird später mechanisch durch Klopfen hergestellt.
                           Man hat aus dem Umstande, daß sich aus dem Oberleder nach der Methode von Stenhouse durch Kochen mit Wasser unter Druck und Zusatz
                              									von Kalk, Leim gewinnen läßt, aus Sohlleder dagegen nicht, auf eine Verschiedenheit
                              									der Verbindung der Gerbsäure in beiden Lederarten überhaupt geschlossen. Es dürfte
                              									jedoch diese Verschiedenheit des Verhaltens vielmehr daran liegen, daß erstlich
                              									durch das innigere Anhaften des Gerbstoffes im Sohlleder überhaupt ein größerer
                              									Widerstand hervorgebracht wird, der die Leimbildung erschwert; wenn dieselbe jedoch
                              									eintritt, daß dann die Menge des Gerbstoffes hinreicht um mit dem Leim die in Wasser
                              									unlösliche Verbindung zu bilden. Da nun das Kalkhydrat auch ein beschränktes
                              									Lösungsvermögen besitzt, das Leimtannat aber in Wasser unlöslich ist, so wird eine
                              									Umsetzung und Leimbildung nicht stattfinden. Gibt man jedoch dem Leimtannat durch
                              									Zusatz einer zur Lösung hinreichenden Menge fertigen Leimes Gelegenheit, sich
                              									aufzulösen, so dürfte
                              									bei hinreichendem Druck das Verhalten des Sohlleders von dem des Oberleders nicht
                              									verschieden seyn. Im Oberleder wird überschüssiger Leim durch Kochen mit Wasser
                              									gebildet, worin sich das Tannat auflösen kann, die Umsetzung wird dadurch
                              									erleichtert.
                           Die Verbindung der Haut mit Gerbsäure in beiden Ledersorten ist gleicher Art; die
                              									Verschiedenheit der physikalischen Beschaffenheit ist dadurch bedingt, daß der
                              									Zustand des Bindegewebes und die Coriinmenge in beiden Leder arten verschieden
                              									ist.
                           
                        
                           Schlußfolgerungen.
                           Es bleibt nun noch die Frage zu erörtern übrig, ob die Verbindung der Haut mit den
                              									Gerbstoffen chemischer Natur sey?
                           Nach meinen Beobachtungen war die Aufnahmefähigkeit der Hautbestandtheile für
                              									Gerbsubstanzen verschieden je nach dem Grade der Vertheilung derselben und ging
                              									nicht nach bestimmten unabänderlichen Verhältnissen vor sich. Eine gleiche Menge
                              									Gerbsäure konnte sehr verschiedene Mengen Bindegewebe aus einer Lösung ausscheiden
                              									und die Aufnahme an Gerbsäure richtete sich nach der Menge die in Lösung war.
                           Das Bindegewebe besitzt auch nach der Vereinigung mit Gerbstoffen noch die Fähigkeit,
                              									sich in derselben Weise umzuwandeln, wie in unverbundenem Zustande und das
                              									Umwandlungsproduct, der Leim, geht je nach der Natur des Gerbmittels mit diesem eine
                              									Verbindung ein oder nicht.
                           Die Haut theilt die Fähigkeit, Gerbstoffe und Farbstoffe aufzunehmen, mit anderen
                              									Körpern, z.B. Proteinsubstanzen, Kohle, thierischen Fasern; die Natur der Wirkung
                              									ist dieselbe, der Grad bei den einzelnen Körpern verschieden.
                           Es muß deßhalb die Annahme einer chemischen Verbindung zwischen Haut und
                              									Gerbsubstanzen verneint werden.
                           Dagegen ist die Haut befähigt, aus Lösungen nur bestimmte Verbindungen aufzunehmen;
                              									sie vermag zu diesem Zwecke Doppelsalze zu zersetzen und aus Neutralsalzen basische
                              									Verbindungen abzuscheiden. Dasselbe Vermögen besitzen andere thierische Fasern,
                              									Seide und Wolle, ebenso Kohle, alles Körper, welche den betreffenden Lösungen
                              									vermöge ihrer faserigen oder porösen Structur eine große Oberfläche darbieten und
                              									deren mechanische Kraft auf die Lösung so weit geht, daß sie im Stande ist die
                              									Affinitäten der Verbindungen zu überwinden und einzelne Glieder derselben. Die
                              									Einwirkung ist theils auf chemische, theils auf physikalische Gesetze zurückzuführen
                              									und gehört in die Kategorie der sogenannten Contactwirkungen.
                           Die Producte der Weiß- und Lohgerberei sind verschiedener Art und die Eigenschaften derselben
                              									abweichend. Man hat daraus auf verschiedene Verbindungen in beiden Fällen
                              									geschlossen. Meine Beobachtungen führen mich zu der Ansicht, daß der Unterschied
                              									einzig und allein in der sehr verschiedenen Natur der Gerbsubstanzen beruhe, daß
                              									dagegen die Aufnahme der Substanzen nach denselben Gesetzen vor sich geht.
                           Verschieden ist jedoch die Verwandtschaft der Haut zu den einzelnen Gerbsubstanzen
                              									und die Kraft mit welcher dieselben von der Haut festgehalten werden.
                           Sowohl Alaun, wie auch Gerbsäure sind im freien Zustande im Wasser löslich. Nach
                              									Aufnahme von der Haut gelingt es nicht, die Gerbsäure durch Behandlung mit Wasser zu
                              									entfernen; Alaun dagegen läßt sich mit Leichtigkeit wieder auswaschen.
                           Diese Verschiedenheit der Kraft, womit die Gerbsubstanzen von der Haut zurückgehalten
                              									werden, bedingt auch deren größere oder geringere Widerstandsfähigkeit und
                              									Haltbarkeit. Die Gerbsäure bildet im lohgaren Leder einen Schutz für die Faser;
                              									dieser Widerstand muß beim Kochen mit Wasser erst überwunden werden und die
                              									Leimbildung geht deßhalb schwieriger vor sich. Gleichzeitig ist der Uebergang in
                              									Leim mit einem Unlöslichwerden desselben verknüpft, da die Gerbsäure nicht
                              									freigegeben wird, sondern gebunden bleibt. Nur überschüssiger Leim vermag diese
                              									Verbindung zu lösen.
                           Das Thonerdesalz hat keine Neigung mit Leim eine unlösliche Verbindung einzugehen;
                              									kaltes Wasser schon löst es von der Haut auf, beim Kochen geschieht die Auflösung
                              									noch leichter und der Uebergang des Bindegewebes in Leim hat keine
                              									Schwierigkeit.
                           Durch manche Manipulationen, z.B. durch Niederschlagen als Thonerdeseife mittelst
                              									eines späteren Seifenbades, kann die Alaungerbung gewissermaßen ächter und
                              									widerstandsfähiger gemacht werden. Dieses Verfahren ist analog manchen Processen in
                              									der Färberei, welche zum Zweck haben, Beizen und Farbstoffe inniger auf die Faser zu
                              									befestigen.
                           Ueberhaupt sind die Erscheinungen beim Gerben der thierischen Haut mit denen beim
                              									Färben der stickstoffhaltigen animalischen Faser so übereinstimmend, daß man beide
                              									Processe denselben Gesetzen zuschreiben muß. Nur der Zweck der Gerberei und Färberei
                              									ist wesentlich verschieden, wie auch die physikalische und chemische Beschaffenheit
                              									der daraus hervorgehenden Producte. Diese Beschaffenheit ist abhängig von den weit
                              									auseinandergehenden Eigenschaften der Fasern selbst wie der zu beiden Operationen
                              									anzuwendenden Verbindungen.
                           Das Verhalten der Haut gegen Gerbsubstanzen, das der
                                 										thierischen Fasern gegen Farbstoffe, endlich das Verhaltender Kohle gegen beide Körperclassen gehören in die Classe von Erscheinungen,
                                 										welche man im Allgemeinen als Flächenanziehung bezeichnet.