| Titel: | Notizen aus der Londoner internationalen Ausstellung 1872; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXIV., S. 497 | 
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                        CXIV.
                        Notizen aus der Londoner internationalen
                           								Ausstellung 1872; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
                        (Fortsetzung von S. 398 des vorhergehenden
                           								Heftes.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									XI.
                        Zeman, Notizen aus der Londoner internationalen Ausstellung
                           								1872.
                        
                     
                        
                           C. Papierfabrication.
                           Das wenige Neue, was wir auf diesem Gebiete vorgefunden haben, ist nachstehend näher
                              									beschrieben. Bei der uns zu Gebot stehenden beschränkten Zeit war es nicht möglich,
                              									die verschiedenen Maschinen zur Bearbeitung des Papieres (z.B. die
                              									Briefcouvert- und die Buchbindermaschinen, Druckmaschinen aller Art u.a.),
                              									welche in reicher Anzahl vorhanden sind, so eingehend zu studiren, um hier eine
                              									kritische Beurtheilung derselben liefern zu können.
                           
                              7. Curtis' Schneidmaschinen für
                                    											Lumpen, Seile u. drgl. (Figur 1 und 2.)
                              Die in der Papierbranche renommirte Firma B. Donkin
                                 										und Comp. in London hat unter Anderem die in Figur 1 und
                                 											2
                                 										skizzirte Lumpenschneidmaschine zur Ausstellung gebracht.
                              Das zu zerkleinernde Material bringt der Arbeiter auf die Zuführrinne a und schiebt es bis zu dem ruckweise sich
                                 										bewegenden, endlosen Ledertuch B vor, welches sodann
                                 										die Weiterführung übernimmt. Das Zuführtuch ist aus Leder und mittelst lederner
                                 										Querstreifen verstärkt, welche in Einschnitte der Leitwalzen aus Holz sich
                                 										einlegen. Auf der unteren Seite läuft das Zuführtuch unter einer Anzahl von
                                 										Metallwälzchen.
                              Das Zerschneiden des Materiales geschieht mittelst eines über die ganze Breite
                                 										sich erstreckenden (9 engl. Zoll langen) Messers und dreier senkrecht zum
                                 										vorigen angeordneten Messer, welche zusammen in einem auf- und
                                 										abwärtsgeführten starken Rahmen mittelst Stellschrauben befestigt sind.
                              
                              Die Bewegung des Messerrahmens erfolgt durch die Zugstangen d von der Kurbelwelle e
                                 										aus, welche von der Hauptwelle durch ein Paar Zahnräder angetrieben wird. Von
                                 										einer der Zugstangen d wird auch der
                                 										Schaltmechanismus c für das Zuführtuch b in Gang gesetzt.
                              Die Maschine ist solid gebaut und arbeitet recht ruhig; die Leistungsfähigkeit
                                 										wird mit 8 bis 10 Centner pro Stunde angegeben.
                              
                           
                              8. Kautschukventile für Pumpen in
                                    											Papierfabriken etc. (Fig. 3 und 4.)
                              Einige Beachtung verdienen die der Firma Perreaux und
                                 											Comp. patentirten Pumpen zum Gebrauche in
                                 										Papierfabriken, chemischen Etablissements etc.
                              Der Pumpencylinder ist aus einem starken ausgeschliffenen Glasrohr angefertigt
                                 										und die Ventile sind aus Kautschuk nach der in Fig. 3 und 4
                                 										skizzirten Form hergestellt. Figur 3 zeigt das
                                 										Druckventil in Verbindung mit dem Kolben, welcher durch den unten umgestülpten
                                 										Rand des Ventiles seine Dichtung erhält, und Figur 4 deutet die
                                 										Befestigung des Saugventiles an.
                              Beide Ventile sind im unteren Theile kreisrund, laufen aber gegen die Spitze in
                                 										eine fast über die ganze Breite sich erstreckende Kante aus, welche
                                 										aufgeschnitten ist und durch den Druck des Wassers abwechselnd geöffnet und
                                 										geschlossen wird.
                              
                           
                              9. Tidcombe's
                                    											Papierschneidmaschine. (Figur 5–8)
                              Die principielle Anordnung der von G. Titcombe und Sohn in Watford gebauten Papierschneidmaschine ist in
                                 											Figur
                                    											5 mit einigen flüchtigen Strichen skizzirt und zwar unabhängig von
                                 										einer Papiermaschine in Gang gedacht. Diese Schneidmaschine arbeitet auch auf
                                 										der Ausstellung nur für die von J. Dickinson und Comp. aufgestellten Maschinen zur Fabrication von
                                 										Briefcouverts, für welche die Papierrolle A in
                                 										einzelne Bögen zerschnitten wird.
                              Von der Rolle A (A'
                                 										bezeichnet eine Reserverolle) geht das endlose Papier durch die Walzen B zu den Kreisscheren C,
                                 										welche die Ränder beschneiden und das Papier je nach Bedarf in zwei oder mehrere
                                 										Streifen zertheilen. Das Walzenpaar D fördert die
                                 										Papierstreifen zum Querschneidapparat, welcher hier aus einem continuirlich
                                 										rotirenden Messerkopf E (Fig. 6) und dem festen
                                 										Schneidblatt e besteht.
                              In seltenen Fällen nur schneiden beide Messer E; ist
                                 										das Bogenformat einigermaßen groß, so wird eines der Messer zurückgesetzt und
                                 										dadurch außer Thätigkeit gebracht.
                              
                              Um einen scharfen Schnitt hervorzubringen, – der Schneidapparat läßt sich
                                 										der Wirkung nach mit einer Parallelschere vergleichen – ist die Stellung
                                 										der Messer gegen das feste Schneidblatt e mittelst
                                 										Schrauben genau regulirbar. Sollen nicht rechtwinkelige Bögen geschnitten
                                 										werden, so läßt sich das Lagergestell des ganzen Schneidapparates (E und e) innerhalb
                                 										gewisser Grenzen schief gegen die Zuführwalzen D
                                 										einstellen.
                              Als weitere Eigenthümlichkeit dieser Maschine ließ sich Tidcombe die Anordnung zur raschen Veränderung der Geschwindigkeit des
                                 										Schneidkopfes patentiren, welche Anordnung nach Figur 7 und 8 in der
                                 										Anlage von expandirbaren Riemenscheiben b und c besteht.
                              Jede Riemenscheibe ist aus einzelnen Segmenten e
                                 										zusammengesetzt, welche, durch ein Gummiband F
                                 										zusammengehalten, durch Verstellung der Keile g oder
                                 											h aus einander gerückt werden. Die Verschiebung
                                 										der Keile erfolgt durch Schraube und Mutter, und um die Veränderung der beiden
                                 										Scheibendurchmesser zugleich auszuführen, wird die Drehung des mit der einer
                                 										Schraubenmutter verbundenen Handrades i durch eine
                                 										Kette k der Mutter für die zweite (natürlich
                                 										entgegengesetzt geschnittene) Schraubenspindel übertragen.
                              Der Antrieb der Führungswalzen B und D sowie der Kreisscheren C (Fig. 5) geschieht von der Hauptwelle a
                                 										durch Zahnräder, während die Expansionsriemenscheiben b und c die Bewegung auf die Welle d übersetzen, von wo aus der Messerkopf E bewegt wird.
                              
                           
                        
                           D. Neue
                                 										Erfindungen.
                           Wie dieß nicht anders zu erwarten ist, finden sich in dieser Abtheilung auch viele
                              									Gegenstände theils in natura, theils nur durch Modelle
                              									oder Zeichnungen veranschaulicht, welche schon früher durch technische Zeitschriften
                              									bekannt geworden sind.Im polytechn. Journal sind beschrieben:Noble's Messung der Gasspannung in
                                    											Geschützröhren, Bd. CCII S. 338 und Bd. CCIV S. 199 (Noble's Gasdruckmesser selbst ist ausgestellt, nebst verschiedenen
                                    											interessanten Proben zur Illustration der Wirkungsweise des Apparates);
                                    											– Whitwell's Winderhitzungsapparat, Bd.
                                    											CLXXXVII S. 315 (derselbe ist nur durch ein unvollkommen ausgeführtes Modell
                                    											vertreten).Vom Verfasser wurden nach englischen Patentbeschreibungen und anderen Quellen
                                    											im polytechn. Journal schon beschrieben: Tangye's
                                    											Sicherheits-Aufzug, Bd. CXCIX S. 443; – Cherry's Rollenzug Bd. CCIV S. 275; – Moore's Rollenzug, Bd. CCI S. 383; – Peet's Abschlußventil. Bd. CXCV S. 109; – Allen's oder Huntoon's
                                    											Patent-Regulator, Bd. CCI S. 281 und Bd. CCIII S. 3; – Burell's Radschuhe für Kautschuktyres, Bd. CCIII
                                    											S. 373; – Shute's Gehrungsschneidmaschine,
                                    											Bd. CC S. 181; – Wethered's
                                    											Rettungsapparat bei Feuersgefahr, Bd. CCI S. 273.
                              								
                           
                           Wir verweisen daher einfach auf die citirten Beschreibungen und liefern nachstehend
                              									nur von mehreren, unseres Wissens noch nicht bekannten neueren Erscheinungen die zu
                              									ihrer Beurtheilung erforderlichen Notizen.
                           
                              10. Clarke's Scherenkrahn. (Figur 9 und 10.)
                              Vergleicht man die Abbildungen in Figur 9 und 10, welche
                                 										die Anordnung des in der Ausstellung durch ein Modell dargestellten
                                 										Scherenkrahnes des Oberstlieutenants Clarke bezieh.
                                 										die bisher übliche Anordnung der Scherenkrahne erkennen lassen, so fällt zu
                                 										Gunsten der neuen Construction die compendiösere und zweckmäßigere Anlage sofort
                                 										in die Augen.
                              Statt die beiden vorderen Krahnstreben A durch
                                 										Drehung einer horizontal gelagerten Schraube zur
                                 										Ausladung zu bringen, hat Clarke, veranlaßt durch die
                                 										beschränkte Breite eines Hafendammes, auf welchem ein Scherenkrahn aufgestellt
                                 										werden soll, diese Schraube geneigt angeordnet und
                                 										damit die Breite des Krahnfundamentes erheblich verringert.
                              Das in Figur
                                    											9 ersichtliche gußeiserne Gestell I dient zunächst zur Lagerung von
                                 										zwei Schraubenspindeln, deren Muttern durch einen in Führungen geleiteten
                                 										Kreuzkopf mit dem Krahnbalken B verbunden sind. Es
                                 										wird demnach bei abwechselnder Drehung der Schrauben dieser Krahnarm höher oder
                                 										tiefer gestellt und damit der ganze Krahn vorwärts oder zurück bewegt.
                              Der Antrieb der beiden Schraubenspindeln sowie des Windeapparates erfolgt durch
                                 										zwei kleine, links und rechts am Ständer I
                                 										angebrachte Dampfcylinder F, von denen die Bewegung
                                 										auf die Welle E, sodann mittelst Schneckengetriebe
                                 											D auf die Schraubenspindeln und in geeigneter
                                 										Weise mit verschiedener Uebersetzung auf die beiden Frictionswinden G, H und G', H'
                                 										übertragen wird. Die eine Winde dient für schwere, die andere für leichtere
                                 										Lasten.
                              Die Einrichtung der Winden betreffend, sey noch angeführt, daß die unteren (nicht
                                 										angetriebenen) Kettentrommeln H und H' aus einzelnen lose auf die Welle aufgeschobenen
                                 										Scheiben hergestellt sind, in der Absicht, einen ungleichen Zug in den
                                 										aufgewundenen Kettentheilen zu verhüten.
                              Die beiden über den oberen Trommeln G und G' liegenden Druckrollen, deren Belastungsgewicht
                                 										bei K ersichtlich gemacht ist, haben den Zweck, der
                                 										aus den Kästen L und M
                                 										auflaufenden Kette die erforderliche Anfangsspannung zu ertheilen.
                              
                           
                              
                              11. Thal's
                                    											Doppelt-Dampfhammer. (Fig. 11.)
                              C. P. Thal aus St. Petersburg hat zur Ausstellung das
                                 										in Fig.
                                    											11 skizzirte Modell eines Doppelt-Dampfhammers
                                 										eingeschickt.
                              Nachdem wir dieser Dampfhammeranlage keine Zukunft zu versprechen vermögen, die
                                 										Zeichnung selbst auch hinlänglich deutlich ist, so mag zu ihrer weiteren
                                 										Erklärung die Bemerkung genügen, daß die Lager der beiden Aufhängeachsen für die
                                 										Hammerklötze, je nach der Dicke des zu bearbeitenden Gegenstandes verstellt
                                 										werden können.
                              
                           
                              12. Stroudley's Rampen für
                                    											entgleiste Eisenbahnfahrzeuge. (Figur 12 und 13.)
                              Unseres Wissens sind diese in Figur 12 und 13
                                 										(Querschnitt und Grundriß) skizzirten Rampen, welche der
                                 										Eisenbahn-Inspector W. Stroudley sich schon
                                 										vor einigen Jahren patentiren ließ und welche den Zweck haben, entgleiste
                                 										Eisenbahnfahrzeuge möglichst bequem auf die Schienen zurückzuführen, bereits von
                                 										einigen deutschen und österreichischen Eisenbahnverwaltungen bezogen worden; mit
                                 										welchem Erfolge, ist uns nicht bekannt. Seitens mehrerer englischen Verwaltungen
                                 										liegen recht günstige Urtheile vor.
                              Da nach Umständen das entgleiste Fahrzeug von links oder von rechts auf die
                                 										Schienen hinaufgeführt werden muß, so sind auch zwei Sätze paarweise
                                 										zusammengehöriger Rampen vorräthig zu halten und im Erfordernißfalle nach der in
                                 											Figur
                                    											12 und 13 ersichtlichen
                                 										Weise an die Schienen anzubringen.
                              
                                 
                                    (Der Schluß folgt im nächsten Hefte.)
                                    
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
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