| Titel: | Ueber den Dampfstrahl-Luftexhaustor und seine Anwendung; von C. W. Siemens. | 
| Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXII., S. 522 | 
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                        CXXII.
                        Ueber den Dampfstrahl-Luftexhaustor und
                           								seine Anwendung; von C. W. Siemens.
                        
                           Nach einem Vortrag desselben im Institute of Mechanical Engineers zu London.
                           
                        Siemens, über den Dampfstrahl-Luftexhaustor.
                        
                     
                        
                           Nachdem die Form und Anwendung des Dampfstrahles seither im Wesentlichen dieselbe
                              									geblieben ist, wie bei dem Blaserohr der Locomotive, drängt sich uns der Gedanke
                              									auf, daß durch eine verständige Anordnung, welche die Vermeidung der Wirbel in dem vereinigten
                              									Dampf- und Luftstrom und die vollständigere Verwerthung des Kraftmomentes des
                              									Dampfes zum Ziel hat, zur Erhöhung der Dampfstrahlwirkung noch Vieles geschehen
                              									kann. Dieser Zweck ist nun in der That durch die Anwendung eines sehr dünnen, aus
                              									einer ringförmigen Oeffnung strömenden hohlen Dampfstrahles auf wirksame Weise
                              									erreicht worden.Man s. die Mittheilung über Siemens' patentirtes
                                    											Gebläsesystem im polytechn. Journal Bd. CCIII S. 10 (erstes Januarheft
                                    											1872). Die durch den Dampfstrahl fortzutreibende Luft strömt durch eine äußere, den
                              									Strahl umgebende, ringförmige Oeffnung und zugleich durch das Innere des hohlen
                              									Strahles herbei. Gegen den Dampfstrahl hin wird der Querschnitt der Luftwege
                              									allmählich enger, weßhalb die Geschwindigkeit der hinzuströmenden Luft, bevor sie
                              									mit dem Dampf in Berührung kommt, so sehr beschleunigt wird, daß der große
                              									Geschwindigkeitsunterschied beider Ströme an ihrer Vereinigungsstelle, welcher jene
                              									nachtheiligen Wirbel veranlaßte, verschwindet. In Folge des ringförmigen
                              									Querschnittes wird die Berührungsfläche zwischen dem Dampf und der Luft um ein
                              									Erhebliches vergrößert, und die Quantität der mitgerissenen Luft im Verhältniß zu
                              									der Quantität des angewandten Dampfes sehr bedeutend vermehrt. Der vereinigte Dampft
                              									und Luftstrahl strömt aus einer sich erweiternden Röhre von beträchtlicher Länge, in
                              									welcher die Geschwindigkeit des Strahles allmählich abnimmt und sein Kraftmoment
                              									durch Umwandlung in Druck entsprechend verwerthet wird.
                           Diese verbesserte Dampfstrahlvorrichtung ist zum Zweck der Evacuirung einer der
                              									Röhren zur pneumatischen Depeschenbeförderung an der
                              									Central-Telegraphenstation zu London in Betrieb.
                           Als Resultat eines mit dem Dampfstrahl-Exhaustor und einer guten durch
                              									Dampfkraft getriebenen Luftpumpe angestellten vergleichenden Versuches hat sich
                              									herausgestellt, daß der Dampfverbrauch in beiden Fällen bei gleicher Leistung
                              									ungefähr der gleiche ist, wogegen der Dampfstrahl-Exhaustor durch seine
                              									geringen Anlagekosten, seine große Einfachheit und den geringen Raum den er
                              									einnimmt, der Dampfmaschine und Luftpumpe gegenüber sich vortheilhaft
                              									auszeichnet.
                           Eine andere Anwendung des Dampfstrahles besteht in der Hebung des Wassers aus mäßigen
                              									Tiefen, indem man durch den Dampfstrahl die Luft aus einem geschlossenen Behälter
                              									saugen und dann das Wasser unter dem Druck der Atmosphäre in den letzteren steigen
                              									läßt. Die Hubhöhe hängt von dem Grade der in dem Behälter erzielten Luftverdünnung
                              									ab. Indem man alsdann den Dampf in den oberen Theil des Behälters leitet, wird das
                              									Wasser durch ein am Boden angebrachtes Ventil ausgetrieben. Verbindet man ein Paar
                              									solcher Behälter mit einander, und setzt den saugenden Strahl mittelst eines
                              									selbstthätigen Schwimmers und eines geeigneten Ventiles abwechselnd mit denselben in
                              									Verbindung, so kann zur Erzielung einer ununterbrochenen Wasserzuführung der eine
                              									Behälter gefüllt werden, während der andere sich entleert.
                           Der Dampfstrahl-Exhaustor ließe sich auch zur Evacuirung der in
                              									Zuckersiedereien gebräuchlichen Vacuumpfannen anwenden, als Ersatz für die
                              									kostspieligen Luftpumpen, Dampfmaschinen und Condensatoren. Die Beschaffung des
                              									Condensationswassers, für die Zuckerfabriken in manchen Fällen eine Lebensfrage,
                              									wird auf diese Weise unnöthig. Auch hinsichtlich der Abscheidung der Melasse vom
                              									Zucker verspricht man sich großen Nutzen vom Dampfstrahlexhaustor, indem er die Luft
                              									unter dem durchlöcherten Boden des den Zucker aufnehmenden Seiherkastens aufsaugt
                              									und dadurch das gegenwärtige, auf der Wirkung der Schwerkraft oder der
                              									Centrifugalkraft beruhende Verfahren zum Ausdecken und Reinigen des Zuckers
                              									vortheilhaft ersetzt. (Engineering.)