| Titel: | Ueber Gewinnung von Oxalsäure aus Sägespänen und aus Kleie, sowie aus Lignose; von William Thorn in Stuttgart. | 
| Autor: | William Thorn | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. VI., S. 24 | 
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                        VI.
                        Ueber Gewinnung von Oxalsäure aus Sägespänen und
                           aus Kleie, sowie aus Lignose; von William
                              Thorn in Stuttgart.
                        Thorn, über Gewinnung von Oxalsäure aus Sägespänen, Kleie
                           etc.
                        
                     
                        
                           I.Ueber Gewinnung von Oxalsäure aus
                                 Sägespänen.
                           Nach den Angaben, welche über diesen Gegenstand existiren, wird bei der fabrikmäßigen
                              Darstellung der Oxalsäure ein bestimmtes Gemenge von Kali- und Natronlauge
                              mit Sägespänen erhitzt.
                           Es ist längst constatirt, daß bei diesem Proceß Natronhydrat das Kalihydrat nicht
                              vollständig ersetzen kann, was auch Possoz (Wagner's Jahresbericht der chemischen Technologie für
                              1858, S. 119; polytechn. Journal Bd. CL S.
                                 382) besonders hervorgehoben hat. Es bilden sich bei der Einwirkung von
                              Natronhydrat allein auf Holz, geringere Mengen Oxalsäure, manchmal nur Spuren. Doch
                              hat Possoz durch Vermehrung des Natronhydrates bei der
                              Einwirkung, z.B. bei Anwendung von 4 Theilen NaOH auf 1 Theil Holz und Erhitzen auf
                              nur 150–180°, größere Mengen von Oxalsäure erhalten; aber welche
                              Ausbeute bei Anwendung
                              von Holz erhalten wurde, ist nicht angegeben. Bei Anwendung von Kleie statt Holz
                              erhielt er 90 Proc. Oxalsäure auf getrocknete Kleie berechnet, glaubt jedoch im
                              Großen nur auf 50 Proc. rechnen zu können. Ob die Anwendung von Kleie in den
                              Fabriken sich Eingang verschafft hat, ist mir nicht bekannt, ich glaube aber kaum
                              daß dieß der Fall ist, wegen der geringen Ausbeute gegenüber der verwendeten Menge
                              Natron, und der kostspieligen Wiedergewinnung des letzteren, neben dem relativ hohen
                              Preise der Kleie. Dagegen ist bekannt, daß Sägespäne von mehreren Fabriken zur
                              Gewinnung von Oxalsäure verwendet werden, aber nur wenig ist über die Verhältnisse
                              in die Oeffentlichkeit gedrungen, unter welchen man am zweckmäßigsten die Alkalien
                              auf die Sägespäne einwirken läßt. Es scheint mir daher angezeigt, Resultate von
                              darauf bezüglichen Versuchen, die ich anstellte zu veröffentlichen. Bei Herstellung
                              der Schmelzen wurde zunächst ein rundes eisernes Gefäß von 5 Centimeter Höhe, 10
                              Centimeter unterem und 13 Centim. oberem Durchmesser angewendet; das Gesammtquantum
                              der Sägespäne wurde in die siedende, 30–42° Baumé starke Lauge
                              eingetragen und weiter über freiem Feuer unter fleißigem Umrühren erhitzt. Bei
                              Anwendung einer concentrirteren, 42° Baumé starken Lauge wird dieselbe
                              von dem Holz aufgesaugt und das sonst lästige Umherschleudern der Masse verhindert.
                              Im Laufe meiner Versuche wurde ich darauf aufmerksam, daß sich Differenzen in der
                              Ausbeute ergeben, je nachdem man beim Erhitzen in dickerer oder dünnerer Schicht
                              operirt; es wurde deßhalb eine zweite Versuchsreihe ausgeführt, bei welcher die
                              Erhitzung auf flacher Eisenblechschale vorgenommen wurde, so daß das Material nur in
                              einer Dicke von 1–1 1/2 Centimeter aufgetragen war. Die zu den Versuchen
                              verwendeten Sägespäne waren solche von Tannenholz mit 15 Proc. hygroskopischem
                              Wasser. Zur Bestimmung der gebildeten Oxalsäure wurde je 1 Grm. der Schmelze mit
                              warmem Wasser behandelt, die Lösung mit Essigsäure angesäuert, durch Kochen die
                              Kohlensäure verjagt und die Oxalsäure mit Chlorcalcium gefällt; der erhaltene
                              Niederschlag wurde nach dem Auswaschen und Trocknen als Calciumsulfat zur Wägung
                              gebracht und aus dem Ergebniß auf krystallisirte Oxalsäure
                              C²H²O⁴ + 2H²O pro 100 Holz berechnet.
                           
                              1. Oxalsäurebildung durch Schmelzen
                                    von Sägespänen mit Natronhydrat allein.
                              Es wurde 1 Gewichtstheil Holz in so viel Natronlauge eingetragen, daß auf 1 Gwth.
                                 Holz 2 Gwth. Natronhydrat, andererseits 4 Gwth. Natronhydrat kamen. Hierbei
                                 wurden folgende Resultate erhalten.
                              
                              Beim Schmelzen im eisernen Gefäß gaben 50 Grm. Holz mit 100 Grm. NaOH bei:
                              
                                 
                                    200°
                                    Cels.
                                    36,0
                                    Proc.
                                    Oxalsäure
                                    auf
                                    Holz
                                    berechnet
                                    
                                 
                                    240°
                                    „
                                    33,2
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    
                                 
                              Beim Erhitzen in dünner Schichte bei:
                              
                                 
                                    200°
                                    Cels.
                                    34,68
                                    Proc.
                                    Oxalsäure
                                    auf
                                    Holz
                                    berechnet
                                    
                                 
                                    220°
                                    „
                                    31,60
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    „
                                    
                                 
                              Als 25 Grm. Holz auf 100 Grm. NaOH angewandt wurden, im eisernen Gefäß
                                 geschmolzen bei:
                              
                                 
                                    240°
                                    Cels.
                                    42,30
                                    Proc.
                                    Oxalsäure
                                    auf
                                    Holz
                                    berechnet.
                                    
                                 
                              In dünner Schichte erhitzt bei:
                              
                                 
                                    240°
                                    Cels.
                                    52,14
                                    Proc.
                                    Oxalsäure
                                    auf
                                    Holz
                                    berechnet.
                                    
                                 
                              Die Farbe der Schmelze ging von Braun in schön Corcumagelb über; über 180°
                                 erhitzt, nahm die Masse eine grüne bis braungrüne Färbung an; bei noch höherer
                                 Temperatur treten leicht unangenehm riechende Dämpfe auf, welche eine
                                 weitergehende Zersetzung befürchten lassen. Das Erhitzen über 200° mußte
                                 sehr sorgfältig überwacht werden, weil überaus leicht beim schnellen Steigen der
                                 Temperatur dieselbe zu hoch wird und die anfangs gebildete Oxalsäure sich wieder
                                 zersetzt; es ist dieß besonders der Fall bei den Versuchen mit der geringeren
                                 Menge Natronhydrat.
                              
                           
                              2. Oxalsäurebildung durch Schmelzen
                                    von Sägespänen mit einem Gemenge von Kalihydrat und Natronhydrat in dickeren
                                    Schichten.
                              Wenn bei Herstellung der Schmelzen ein Gemenge von Kalihydrat und Natronhydrat in
                                 einem bestimmten Verhältniß genommen wird, so soll nach früheren Angaben die
                                 Ausbeute an Oxalsäure ebenso groß oder selbst größer seyn als mit Kalihydrat
                                 allein.
                              Das Verhältniß welches die günstigsten Resultate liefern soll, wird aber sehr
                                 verschieden angegeben. Nach einem Berichte von Fleck
                                 (Wagner's Jahresbericht der chemischen
                                 Technologie für 1862, S. 515; polytechn. Journal Bd. CLXII S. 281) wurde in der Fabrik von
                                 Roberts, Dale u. Comp.
                                 in Warrington (Lancashire) ein Gemenge von 1 1/2 Th. KOH und 1 Th. NaOH
                                 angewendet; nach einer anderen Angabe (Wagner's
                                 Jahresbericht für 1864, S. 492) wird 1 Aequivalent Kalihydrat auf 2 Aequivalente
                                 NaOH, entsprechend nahezu 1 Theil KOH auf 1 1/2 Th. NaOH genommen; in der Fabrik
                                 von Kuhnheim in Berlin soll ein atomistisches Gemenge
                                 von KOH und NaOH als das günstigste gebräuchlich seyn, welches Verhältniß wieder
                                 nahezu mit der ersten der obigen Angaben übereinstimmt.
                              
                              Von einem Gemenge aus 10 Th. KOH, 90 Th. NaOH und 50 Holz ausgehend, beobachtete
                                 ich daß bei diesem Verhältniß der Alkalien zu einander die Masse einer
                                 eigenthümlichen Zersetzung unterworfen ist. Die Farbe der Masse geht beim
                                 langsamen Erhitzen sowohl als auch beim raschen Steigern der Temperatur von
                                 Braungelb in Grünlichgelb über und hatte, als das Thermometer 180°
                                 zeigte, Dickteig-Consistenz angenommen, es zeigte sich nun ein starker
                                 Nebel über der Schmelze; die Temperatur stieg nach Entfernung der Flamme zuerst
                                 langsam, dann rascher innerhalb einiger Minuten über 360°; die Masse
                                 blähte sich auf und zeigte kraterähnliche Bildungen unter Entwicklung großer
                                 Mengen brennbarer Gase; schließlich trat Verkohlung ein. Selbst durch Aufblasen
                                 eines kräftigen Stromes kalter Luft ließ sich die Zersetzung nicht
                                 aufhalten.
                              So oft ich diesen Versuch mit demselben Gemenge wiederholte, beobachtete ich
                                 dieselbe Erscheinung. Bei Anwendung eines Gemenges von 20 Th. KOH, 80 Th. NaOH
                                 und 50 Th. Holz, konnte dagegen die Temperatur schon weit eher über 200°
                                 gesteigert werden, ohne daß eine so weitgehende Zersetzung eintrat.
                              In dem Verhältniß als man die Kalimenge vergrößert, geht die Farbe der fertigen
                                 Schmelze von Gelb mehr und mehr in Braun über und ist für gleiche Consistenz der
                                 Masse ihre Temperatur höher; allerdings variiren die Schmelzen auch etwas in
                                 ihrem Verhalten je nachdem man schnell oder langsam erhitzt. Ueber 200°
                                 wird die Schmelze wieder dünnflüssiger und bläht sich stark auf, so daß sie
                                 leicht aus dem Gefäß übersteigt ehe sie beim weiteren Erhitzen wieder
                                 dickflüssiger wird, daher ich Schwierigkeiten hatte, die Masse auf eine höhere
                                 Temperatur zu bringen; ich erreichte dagegen leicht eine solche, wenn ich die
                                 auf 200° erhitzte Masse auf 60–80° erkalten ließ und
                                 während des Erkaltens öfters durchrührte um Klumpenbildung zu verhüten und mehr
                                 eine erdige lockere Masse zu erhalten; erhitzt man hierauf zum zweitenmal, so
                                 ist die Masse bei derselben Temperatur viel dickflüssiger und läßt sich leicht
                                 auf 240–250° bringen. Bei dieser Temperatur zersetzt sich wohl ein
                                 Theil der Humuskörper, was ich aus der helleren Farbe des wässerigen Auszuges
                                 der Schmelze schließe, gegenüber der Farbe des Auszuges aus weniger stark
                                 erhitzter Schmelze; dagegen steigert sich die Bildung von Oxalsäure bei dieser
                                 hohen Temperatur, was die folgenden Versuche zeigen, bei welchen je 50 Grm. Holz
                                 mit 100 Grm. Alkalihydrat in wechselnden Verhältnissen von KOH und NaOH
                                 zusammengeschmolzen wurden. Die Schmelzdauer war 3/4–1 Stunde.
                              
                              
                                 
                                    Verhältniß vonKOH zu NaOH
                                    TemperaturGrade Cels.
                                    Zahl der Versuche
                                    Procent Oxalsäure
                                    
                                 
                                    20 : 80
                                    190
                                    2
                                    19,78
                                    
                                 
                                    „
                                    200
                                    1
                                    21,50
                                    
                                 
                                    „
                                    240
                                    2
                                    30,04
                                    
                                 
                                    30 : 70
                                    190
                                    3
                                    21,38
                                    
                                 
                                    „
                                    240
                                    4
                                    38,89
                                    
                                 
                                    40 : 60
                                    190
                                    1
                                    14,00
                                    
                                 
                                    „
                                    200
                                    3
                                    30,35
                                    
                                 
                                    „
                                    240–245
                                    4
                                    43,70
                                    
                                 
                                    50 : 50
                                    200
                                    2
                                    25,76
                                    
                                 
                                    „
                                    240–245
                                    4
                                    39,04
                                    
                                 
                                    60 : 40
                                    200
                                    3
                                    30,57
                                    
                                 
                                    „
                                    240–245
                                    4
                                    42,67
                                    
                                 
                                    80 : 20
                                    200–220
                                    4
                                    45,59
                                    
                                 
                                    „
                                    240
                                    3
                                    61,32
                                    
                                 
                                    90 : 10
                                    240
                                    2
                                    64,24
                                    
                                 
                                    100 : 0
                                    240–245
                                    3
                                    65,51
                                    
                                 
                              Nach diesen Versuchen war in keinem Fall die Ausbeute an Oxalsäure bei Anwendung
                                 eines Gemenges von Kalihydrat und Natronhydrat eben so groß als bei Anwendung
                                 von Kalihydrat allein. Wesentlich andere Resultate aber wurden erhalten beim
                                 Erhitzen in dünner Schichte auf der Eisenschale.
                              
                           
                              3. Oxalsäurebildung durch Erhitzen
                                    von Sägespänen mit einem Gemenge von Kalihydrat und Natronhydrat in dünnen
                                    Schichten.
                              Die Sägespäne wurden wieder in die siedende, 42° Baumé starke Lauge
                                 eingetragen und zwar 50 Grm. Holz auf 100 Grm. Alkalihydrat, so daß alle Lauge
                                 vom Holz aufgesaugt wurde, dann die Mischung auf der eisernen Platte in circa 1 Centimeter dicker Schichte erhitzt. Durch
                                 häufiges Umrühren wurde ein Schmelzen der Masse möglichst verhindert. Ueber
                                 200° tritt dasselbe immer mehr oder weniger auf, wobei die grobpulverige
                                 Masse in eine feuchte, bröcklige übergeht, was mehr der Fall ist, wenn ein
                                 Gemenge der Alkalien, als wenn nur Kalihydrat allein zur Anwendung kommt, in
                                 welch letzterem Fall auch die Farbe des Endproductes eine dunklere ist. Die
                                 Masse bleibt beim Erhitzen in dünnen Schichten viel poröser als in dickerer
                                 Schichte, wodurch die Luft besser mit der Masse in Berührung kommen kann. Diese
                                 vermehrte Berührung mit Luft wirkt deßhalb günstig, weil die Verdunstung des
                                 Wassers erleichtert, sowie die Oxydation der Holzfaser wesentlich befördert
                                 wird, womit auch die vermehrte Oxalsäurebildung im Zusammenhang steht, worauf
                                 die folgenden Resultate hinweisen. Es wurden wieder auf 50 Grm. Holz 100 Grm. Alkalihydrat
                                 verwendet; das Erhitzen dauerte 1 bis 1 1/2 Stunden.
                              
                                 
                                    Verhältniß vonKOH zu NaOH
                                    TemperaturGrade Cels.
                                    Zahl der Versuche
                                    Proc. Oxalsäure
                                    
                                 
                                         0 : 100
                                    200–220
                                    2
                                    33,14
                                    
                                 
                                      10 : 90
                                    230
                                    2
                                    58,36
                                    
                                 
                                      20 : 80
                                    240–250
                                    4
                                    74,76
                                    
                                 
                                      30 : 70
                                    240–250
                                    3
                                    76,77
                                    
                                 
                                      40 : 60
                                    240–250
                                    6
                                    80,57
                                    
                                 
                                      60 : 40
                                    240–250
                                    6
                                    80,08
                                    
                                 
                                      80 : 20
                                    245
                                    4
                                    81,24
                                    
                                 
                                    100 : 0   
                                    240–250
                                    6
                                    81,23
                                    
                                 
                              Bei dieser Methode des Erhitzens in dünner Schichte unter möglichster Vermeidung
                                 des Schmelzens der Masse, war nach diesen Versuchen die Ausbeute an Oxalsäure
                                 bedeutend größer. Zugleich ergeben die Versuche, daß sich ein Gemenge von 40 KOH
                                 und 60 NaOH gleich wirksam erweist wie 100 KOH allein, welches Verhältniß nahezu
                                 übereinstimmt mit 1 Aequivalent KOH auf 2 Aequivalente NaOH. Bei geringeren
                                 Mengen KOH fällt aber die Ausbeute an Oxalsäure rasch mit Verminderung
                                 desselben.
                              
                           
                              4. Oxalsäurebildung durch Erhitzen
                                    von Sägespänen und Alkalihydrat in dünnen Schichten bei gleichzeitiger
                                    Zuführung von erwärmter Luft.
                              Das Ergebniß der zuletzt angegebenen Versuche führte mich zu Versuchen, über die
                                 in dünner Schichte erhitzte Masse einen schwachen Strom erwärmter Luft zu
                                 blasen. Die Masse blieb lange pulverig, erst bei 220° fieng sie an weich
                                 zu werden. Es traten in der Masse, welche bis zu dieser Temperatur gleichmäßig
                                 braun gefärbt war, einzelne schwarze Flecken auf, welche sich schnell in der
                                 ganzen Schmelze verbreiteten. Bei Anwendung von auf 100° erwärmter Luft
                                 wurde bis 215° erhitzt; die Temperatur stieg dann von selbst auf
                                 240° unter gleichzeitigem Dunkelbraunwerden der Masse. Als ich ein
                                 Gemenge von KOH und NaOH anwandte, trat die Reaction nicht so stark ein und
                                 blieb die Masse weit Heller als bei Anwendung von KOH allein. Bei Anwendung von
                                 Luft, welche auf 120° erhitzt war, stieg die Temperatur rasch von
                                 190° auf 250° und es kürzte sich durch Aufblasen von erwärmter
                                 Luft die Zeit des nöthigen Erhitzens bedeutend ab. Die Versuche zu welchen 50
                                 Grm. Holz auf 100 Grm. KOH genommen wurden, ergaben folgende Resultate:
                              
                              
                                 
                                    Temperatur derübergeblasenenLuft
                                    Temperatur aufwelche erhitztwurde
                                    Temperaturwelche die Massenach dem
                                       Erhitzenannahm
                                    Zahl der Versuche
                                    Proc. Oxalsäure
                                    
                                 
                                     120°
                                     220°
                                     250°
                                    2
                                    78,27
                                    
                                 
                                    100
                                    215
                                    240
                                    2
                                    82,08
                                    
                                 
                                    100
                                    200
                                    240
                                    2
                                    82,60
                                    
                                 
                                    100
                                    190
                                    240
                                    2
                                    79,52
                                    
                                 
                                    100Die Mischung bestand aus 40 Grm. KOH, 60 Grm. NaOH und 5 Grm.
                                             Holz.
                                    190
                                    250
                                    2
                                    80,64
                                    
                                 
                              Die Ausbeute an Oxalsäure war hierbei nicht größer als bei den Versuchen ohne
                                 Ueberblasen von erwärmter Luft, dagegen genügte eine kürzere Erhitzungszeit zur
                                 Bildung der Oxalsäure.
                              
                           
                              5. Oxalsäurebildung unter
                                    Mitanwendung von Braunstein.
                              Possoz nahm im Jahr 1858 für England ein Patent, nach
                                 welchem zur Vermeidung der Bildung von ulminsauren, essigsauren, ameisensauren
                                 und kohlensauren Salzen 100 Th. Kleie oder sonstige organische Substanz mit 100
                                 Th. Kalihydrat und 500 Th. mangansaurem Kali auf 160–204° erhitzt
                                 werden sollen, wobei die Schmelztemperatur nicht über 260° steigen darf.
                                 Diese Methode könnte wohl nur dann eine Anwendung finden, wenn wirklich eine
                                 viel größere Ausbeute an Oxalsäure erhalten würde als ohne Anwendung von
                                 mangansaurem Kali, im anderen Fall wäre dieselbe jedenfalls zu kostspielig.
                              Statt mangansaures Kali anzuwenden, versuchte ich, ob nicht durch Aufstreuen von
                                 Braunstein auf das erhitzte Gemenge von Sägespänen und Alkalihydrat die
                                 Oxalsäureausbeute sich erhöhe. Es wurden die Sägespäne mit dem Alkali in dünner
                                 Schichte erhitzt und bei 150° pro 50 Grm. Holz 10 Grm. Braunstein
                                 übergestreut. Bei Anwendung von 50 Grm. Holz, 100 Grm. KOH und 10 Grm.
                                 Braunstein erhielt ich als Mittel aus 4 Versuchen die wenig in ihren Ergebnissen
                                 von einander abwichen, 78,74 Proc. Oxalsäure. Der Zusatz von Braunstein war bei
                                 diesen Versuchen also von keinem Einfluß auf die Ausbeute an Oxalsäure. Eine
                                 Bildung von mangansaurem Kali war bei der niedrigen Temperatur nicht zu
                                 beobachten, es schien überhaupt der Braunstein unverändert geblieben zu
                                 seyn.
                              
                           
                              6. Ausbeute an Oxalsäure bei
                                    Anwendung verschiedener Holzarten.
                              Zu diesen Versuchen wurden auf 50 Grm. Holz 40 Grm. KOH und 60 Grm. NaOH
                                 angewendet und in dünner Schichte auf 240 bis 250° erhitzt, wobei
                                 die folgenden Resultate als Durchschnitt von je 4 ziemlich übereinstimmenden
                                 Versuchen erhalten wurden.
                              
                                 
                                    
                                    Proc. hygroskopischesWasser
                                    Proc. Oxalsäure
                                    Proc. Oxalsäureauf bei
                                       100°getrockn. Holz ber.
                                    
                                 
                                    Tannenholz
                                    15,0
                                    80,50
                                    94,70
                                    
                                 
                                    Föhrenholz
                                    15,0
                                    80,50
                                    94,70
                                    
                                 
                                    Pappelholz
                                    14,0
                                    80,10
                                    93,14
                                    
                                 
                                    Buchenholz
                                    8,6
                                    79,00
                                    86,43
                                    
                                 
                                    Eichenholz
                                    6,5
                                    75,12
                                    83,42
                                    
                                 
                              Es gaben somit die weichen Hölzer eine größere Ausbeute als die harten.
                              
                           
                              7. Ausbeute an Oxalsäure bei
                                    Vergrößerung des Holzquantums auf dieselbe Menge Alkali.
                              Mit Vergrößerung der Holzmenge tritt während der Bildung der Oxalsäure noch
                                 andere Zersetzung des Holzes ein; man bemerkt deutlich, daß eine trockene
                                 Destillation und endlich Verkohlung des Holzes vor sich geht. Als auf 100 Grm.
                                 KOH 75 Grm. Holz genommen wurden, fing die Masse erst bei 210° an zu
                                 schmelzen, bei 215° traten einzelne schwarze Flecken in der hellbraunen
                                 Masse auf. Die Temperatur stieg langsam von selbst auf 250° bei welcher
                                 die Masse ganz schwarz geworden war. Bei 100 Grm. KOH auf 100 Grm. Holz trat
                                 schon unter 200° dunklere Färbung der Masse ein. Versuche, welche nach
                                 dieser Richtung in Beziehung auf Oxalsäureausbeute angestellt wurden und bei
                                 welchen ich je 100 Grm. KOH anwandte und bis auf 250° erhitzte, lieferten
                                 folgende Resultate.
                              
                                 
                                    Holzmengein Grammen
                                    Proc. Oxalsäureauf 100 Holz
                                    Proc. Oxalsäure auf 100 KOH
                                    
                                 
                                    50607580100  
                                    65,5054,5652,0047,1236,15
                                    32,7532,7339,0037,7036,15
                                    
                                       
                                       
                                       
                                       
                                    in dickerer Schichte geschmolzen,
                                    
                                 
                                    50607580100  
                                    81,0076,3068,9066,7754,14
                                    40,4945,7851,7653,4154,14
                                    
                                       
                                       
                                       
                                       
                                    in dünner Schichte erhitzt.
                                    
                                 
                              Beim Erhitzen in dicker Schichte fällt nach obigen Versuchen die Ausbeute an
                                 Oxalsäure, auf Holz wie auf Alkali berechnet, bei bedeutender Vergrößerung der Holzmenge
                                 und stellte sich ein Verhältniß von 75 Holz zu 100 KOH, auf KOH berechnet am
                                 günstigsten, während beim Erhitzen in dünner Schichte die Oxalsäureausbeute auf
                                 KOH berechnet um so größer war, je mehr Holz angewendet wurde. Hinsichtlich des
                                 meist billigen Preises der Sägespäne, gegenüber dem Preise des Alkalis, wäre es
                                 bei der Oxalsäuregewinnung angezeigt, nicht auf eine große Ausbeute an Oxalsäure
                                 in Beziehung auf das angewendete Holz, sondern auf eine solche in Beziehung auf
                                 das verwendete Alkali hinzuarbeiten; es stellen sich jedoch praktische
                                 Schwierigkeiten bei der Leitung des Schmelzprocesses und bei der nachherigen
                                 Gewinnung der Oxalsäure aus der Masse ein, welche verbieten das Verhältniß von
                                 50 Grm. Holz auf 100 Alkalihydrat weit zu überschreiten.
                              
                           
                              Darstellung der Oxalsäure aus der
                                    Schmelze.
                              Die weitere Verarbeitung der Schmelze kann auf zweierlei Art vorgenommen werden:
                                 entweder wird der wässerige Auszug der Schmelze direct mit Kalkmilch gekocht, um
                                 die Oxalsäure als oxalsauren Kalk abzuscheiden, oder wenn ein Gemenge von Kali
                                 und Natron angewendet worden ist, läßt sich die Oxalsäure durch Krystallisation
                                 von oxalsaurem Natron aus der Flüssigkeit abscheiden.
                              Nach der ersten Methode erhält man neben dem oxalsauren Kalk eine große Menge
                                 Calciumcarbonat gefällt, welche zur nachherigen Zersetzung eine äquivalente
                                 Menge Schwefelsäure erfordert, also überhaupt einen größeren Aufwand an Kalk und
                                 Schwefelsäure verursacht; außerdem werden größere Apparate und mehr
                                 Brennmaterial nothwendig, da man mehr Niederschlag und deßhalb beim Filtriren
                                 und Auswaschen mehr Flüssigkeit erhält.
                              Abgesehen hiervon, ist es schwierig reine Oxalsäure aus der so erhaltenen Fällung
                                 zu erhalten, da die in der Lauge enthaltenen Humuskörper hartnäckig von den
                                 Kalksalzen zurückgehalten werden und bei der nachherigen Zersetzung mit
                                 Schwefelsäure eine viel dunkler gefärbte Oxalsäurelösung geben. Das Alkali wird
                                 alles wieder im caustischen Zustand in der Lauge erhalten, aber diese Lauge kann
                                 wegen der vielen organischen Stoffe, welche sie enthält, nicht direct wieder zum
                                 Schmelzen verwendet werden, sondern muß eingedampft, calcinirt und wieder mit
                                 Kalk caustisch gemacht werden, so daß also durch den Kalk eine zweimalige
                                 Causticirung bei diesem Vorgehen nothwendig wird. Weit rationeller ist es daher,
                                 die Oxalsäure als oxalsaures Natron abzuscheiden, wodurch allerdings eine
                                 Operation mehr nöthig wird, dagegen die oben angeführten Nachtheile umgangen
                                 werden. Bei dieser letzteren Methode zerfällt der Proceß der Gewinnung der Oxalsäure aus
                                 der Schmelze in folgende fünf Hauptoperationen.
                              
                                 1. Darstellung der
                                       Lauge.
                                 Es wird die Schmelze mit Wasser gekocht, bis sich dieselbe nahezu gelöst hat,
                                    die erhaltene Flüssigkeit alsdann concentrirt bis auf ungefähr 38°
                                    Baumé = 1,35 spec. Gew.
                                 
                              
                                 2. Abscheidung des oxalsauren
                                       Natrons aus der Lauge.
                                 Da die Schmelzen eine große Menge Humussubstanzen enthalten, so nimmt die
                                    Lösung derselben bei der Concentration eine sehr schmierige Beschaffenheit
                                    an, was die Trennung des feinkörnig krystallisirenden Natronsalzes aus der
                                    Lauge schwierig macht. Als auf 4 Th. Alkali nur 1 Th. Holz genommen wurde,
                                    schied sich aus der 38° Baumé starken Lauge beim Erkalten fast
                                    sämmtliche Oxalsäure als oxalsaures Natron aus und ließ sich die Mutterlauge
                                    leicht durch Abgießen von dem Salz trennen, so daß unmittelbar ein
                                    verhältnißmäßig reines oxalsaures Natron erhalten werden konnte. Weit
                                    ungünstiger gestalten sich die Verhältnisse bei Vergrößerung der Holzmenge.
                                    Bei Anwendung von 2 Th. Alkalihydrat auf 1 Th. Holz ist die Lauge nach der
                                    Concentration sehr dickflüssig, so daß dieselbe nicht durch Abgießen oder
                                    gewöhnliches Filtriren von dem Krystallbrei getrennt werden kann, sondern
                                    besondere Vorrichtungen für die Trennung beider nothwendig werden. Ich
                                    benutzte hierzu für meine Versuche im Kleinen eine Bunsen'sche Filtrirpumpe. Es wurde die Mutterlauge von dem
                                    Krystallbrei möglichst abgesaugt und letzterer mit kleinen Quantitäten
                                    kalten Wassers so lange nachgewaschen bis im Filtrat deutlich Oxalsäure
                                    nachgewiesen werden konnte; es wurde so ein ziemlich reines hellbraunes
                                    oxalsaures Natron erhalten. Bei der fabrikmäßigen Gewinnung ließen sich wohl
                                    zweckmäßig Filterpressen oder Centrifugen zur Trennung des Krystallbreies
                                    von der Mutterlauge verwenden.
                                 Das oxalsaure Natron scheidet sich in Form eines sandigen Pulvers aus,
                                    welches keine bestimmte Krystallform erkennen läßt; es bildet runde Körner
                                    in der Größe von Rübsamen, die größeren Körner sind häufig hohl und
                                    namentlich am Rande des Krystallisationsgefäßes beobachtet man häufig
                                    schalenartige, den Hülsen von Hanfkörnern ähnliche Ausscheidungen.
                                 In Wagners Jahresbericht 1862 ist folgende
                                    Gewinnungsmethode des oxalsauren Natrons aus der Schmelze beschrieben:
                                 Man behandle die Schmelze mit Wasser von 16° Celsius, wodurch kohlensaure und
                                    ätzende Alkalien sich auflösen, während das oxalsaure Natron ungelöst
                                    zurückbleibt. – Nach meinen Versuchen bleibt allerdings der größte
                                    Theil des oxalsauren Natrons zurück, aber doch befindet sich eine nicht
                                    unbeträchtliche Menge Oxalsäure in Lösung, ohne Zweifel als oxalsaures Kali,
                                    welche durch Kalk abgeschieden werden müßte.
                                 Wenn man dagegen die Schmelze durch Kochen vollständig auflöst und nach
                                    gehöriger Concentration das oxalsaure Natron krystallisiren läßt, so gelingt
                                    es, eine nahezu oxalsäurefreie Mutterlauge zu erhalten, wohl weil in der
                                    Schmelze vorhandenes oxalsaures Kali sich beim Kochen vollständig in
                                    oxalsaures Natron umsetzt.
                                 
                              
                                 3. Umsetzung des oxalsauren
                                       Natrons in oxalsauren Kalk.
                                 Das nach der angegebenen Weise erhaltene Natronsalz wird in kochendem Wasser
                                    gelöst und in die Flüssigkeit allmählich Kalkmilch, einen kleinen Ueberschuß
                                    über die berechnete Menge Kalk enthaltend, gegeben und circa 2 Stunden gekocht. Es ist rathsam die
                                    Flüssigkeit ziemlich verdünnt anzuwenden, weil sonst die Umsetzung langsam
                                    vor sich geht und mehr Kalk zur vollständigen Zersetzung zugesetzt werden
                                    muß. Gibt eine filtrirte Probe, mit Essigsäure angesäuert und mit
                                    Chlorcalcium versetzt, noch einen Niederschlag, so setzt man noch kleine
                                    Quantitäten Kalkmilch zu; ist die Umsetzung eine vollständige, so zieht man
                                    die caustische Lauge ab, kocht den Niederschlag einigemal mit Wasser aus und
                                    filtrirt.
                                 
                              
                                 4. Zersetzung des oxalsauren
                                       Kalkes mit Schwefelsäure.
                                 Hierzu ist immer ein großer Ueberschuß von Schwefelsäure nothwendig. Nach
                                    einer Angabe in Wagner's Jahresbericht 1864, S.
                                    492 sind für 1 Aequivalent oxalsauren Kalk 3 Aequivalente Schwefelsäure
                                    erforderlich, was meine Versuche auch bestätigten. Es ist hierbei wichtig,
                                    die Masse mit viel Wasser zu versetzen, um eine gleichmäßige Einwirkung der
                                    Säure zu erzielen. Der oxalsaure Kalk wird mit Wasser zu einem dünnen Brei
                                    angerührt und allmählich die erforderliche Menge Schwefelsäure von
                                    15–20° Baumé unter Umrühren zugesetzt. Unter Bildung
                                    von Gyps wird die Masse ziemlich steif, nach einigem Stehen aber wieder
                                    dünner und läßt sich dann leicht durchrühren; man setzt hierauf noch soviel
                                    Wasser zu, daß ein dünner Brei entsteht und erhitzt unter häufigem Umrühren
                                    gelinde 1–2 Stunden; zu starkes Erhitzen ist zu vermeiden, da dadurch
                                    die Lösung leicht eine dunkle Farbe bekommt. Ist die Zersetzung beendigt, so
                                    filtrirt man die Flüssigkeit ab und wäscht den ausgeschiedenen Gyps nach; ein öfteres
                                    Durcharbeiten des Gypses ist nothwendig, weil sich derselbe leicht
                                    zusammensetzt.
                                 
                              
                                 5. Abscheidung der Oxalsäure aus
                                       der schwefelsäurehaltigen Lösung.
                                 Die erhaltene Lösung enthält neben Oxalsäure und Schwefelsäure auch Gyps. Sie
                                    wird auf 15° Baumé = 1,116 specif. Gewicht concentrirt; so
                                    scheidet sich nach 3–4stündigem Stehenlassen Gyps in kleinen
                                    asbestähnlichen Krystallen aus. Nach Entfernen desselben concentrirt man
                                    weiter auf 30° Baumé = 1,261 specif. Gewicht; so scheidet sich
                                    beim Erkalten die Oxalsäure in langen Krystallen aus, welche, um sie rein zu
                                    erhalten, noch einigemal umkrystallisirt wird. Die Schwefelsäure wird bei
                                    der folgenden Operation wieder verwendet; falls dieselbe endlich zu reich an
                                    organischen Stoffen ist, wird dieselbe durch Concentration gereinigt.
                                 
                              
                           
                              Regeneration des
                                    Alkalis.
                              Bei dem verhältnißmäßig hohen Preise der Alkalien sind die Laugen wieder in die
                                 Fabrication einzuführen, sie sind aber sehr reich an organischen Stoffen, von
                                 welchen sie durch Eindampfen und Calciniren zu befreien sind. Werden die Laugen
                                 direct eingedampft und calcinirt, so will es trotz hoher Temperatur nicht
                                 gelingen, die organische Substanz zu zerstören, weil das Alkali mit der
                                 organischen Substanz zu schlackenartigen Bildungen zusammenschmilzt. Weit
                                 leichter gelangt man auf folgende Art zum Ziel:
                              Man concentrirt die Laugen auf 40° Baumé = 1,380 specif. Gewicht
                                 mischt mit soviel Sägespänen, daß alle Lauge von ihnen aufgesaugt wird und
                                 bringt die Masse auf Eisenplatten oder in einen Flammofen und calcinirt in
                                 dünner Lage, bis die mit warmem Wasser erhaltene Lauge nur noch schwach gefärbt
                                 ist.
                              Die calcinirte Masse ist ein Gemenge, hauptsächlich aus Kohle, kohlensaurem und
                                 caustischem Alkali von grauschwarzer Farbe, ist sehr porös und läßt sich deßhalb
                                 leicht auslaugen. Zu diesem Auslaugen kann statt Wasser die bei der Zersetzung
                                 des oxalsauren Natrons mit Kalk erhaltene verdünnte Lauge benützt werden.
                              Nachdem die Lauge mit Kalk caustisch gemacht ist, wird sie auf 42°
                                 Baumé = 1,407 specif. Gewicht concentrirt, um wieder in die Fabrication
                                 zu gelangen.
                              
                           
                        
                           
                           II.Ueber Gewinnung von Oxalsäure
                                 aus Kleie.
                           Die Angaben von Possoz (Wagner's Jahresbericht 1858 S. 119), durch Erhitzen von Kleie (Weizenkleie)
                              mit Kalihydrat 150 Oxalsäure auf 100 verwendete Kleie berechnet erhalten zu haben,
                              schienen mir bei weitem zu hoch und veranlaßten mich hierüber Versuche
                              anzustellen.
                           Die Versuche wurden in derselben Weise, wie früher bei Anwendung von Holz angegeben,
                              ausgeführt. Es wurden pro Versuch 50 Grm. Kleie (mit 15
                              Proc. hygroskopischem Wasser) und 100 Grm. Alkalihydrat angewendet und folgende
                              Resultate erhalten.
                           
                              
                                 Verhältniß vonKOH zu NaOH
                                 TemperaturGrade Cels.
                                 Zahl der Versuche
                                 Proc. Oxalsäure auf 100 Kleie
                                    berechnet
                                 
                              
                                     30 : 70100 :
                                    0„„„
                                 190185200220245
                                 21124
                                 18,5627,7640,0061,6079,47
                                 
                                    
                                    
                                 in dickerer Schichtegeschmolzen
                                 
                              
                                 „„    40 : 60
                                 245240–270240
                                 312
                                 82,1071,0879,80
                                 
                                    
                                    
                                 in dünner Schichteerhitz
                                 
                              
                           Man erhält eine weiße oder nur schwachgelb gefärbte Masse, aus welcher durch
                              Auflösen, Concentration und Krystallisation reineres oxalsaures Natron ausgeschieden
                              wird als wenn Holz angewendet wurde, dadurch bedingt, daß die Lauge nicht so viele
                              Humuskörper enthält und deßhalb das ausgeschiedene Salz leichter von der Mutterlauge
                              getrennt werden kann. Bei der nachherigen Umsetzung des oxalsauren Natrons mit
                              Schwefelsäure erhält man eine weniger dunkel gefärbte Oxalsäurelauge und deßhalb bei
                              der ersten Krystallisation schon reinere Oxalsäure.
                           In Bezug auf Ausbeute hat nach meinen Versuchen Kleie vor dem Holz nichts voraus,
                              abgesehen davon, daß dieselbe ein ziemlich kostspieliges Rohmaterial ist; in
                              Süddeutschland kostet Weizen- oder Dinkelkleie 2 fl. 48 kr. pro Ctr. und ist auch in Quantitäten von 100 Ctr. nicht
                              leicht billiger zu erhalten.
                           
                              Einfluß der Temperatur auf die
                                    Ausbeute an Oxalsäure.
                              Zu diesen Versuchen wurden 250 Grm. Holz resp. 250 Grm. Kleie mit 200 Grm.
                                 Kalihydrat und 300 Grm. Natronhydrat auf eiserner Platte in dünner Schichte
                                 erhitzt und als Durchschnitt von je zwei Versuchen folgende Resultate
                                 erhalten.
                              
                              
                                 
                                    Temperatur
                                    Proc. Oxalsäure berechnet auf
                                    Proc. Oxalsäure in der Masse bei
                                    
                                 
                                    Grade Cels.
                                    Kleie
                                    Holz
                                    Kleie
                                    Holz
                                    
                                 
                                    120
                                    10,14
                                      5,00
                                      5,56
                                      1,15
                                    
                                 
                                    140
                                    15,13
                                    10,11
                                      8,56
                                      2,60
                                    
                                 
                                    160
                                    25,64
                                    19,00
                                      9,26
                                      4,82
                                    
                                 
                                    180
                                    40,00
                                    39,10
                                    15,62
                                    13,24
                                    
                                 
                                    200
                                    46,15
                                    47,50
                                    18,74
                                    17,14
                                    
                                 
                                    220
                                    66,16
                                    67,00
                                    22,05
                                    21,00
                                    
                                 
                                    240
                                    80,65
                                    81,80
                                    24,09
                                    25,01
                                    
                                 
                              Hiernach ist die Ausbeute an Oxalsäure unter 180° bei Anwendung von Kleie
                                 bedeutend höher als bei Anwendung von Holz, über 180° ist diese Differenz
                                 weit geringer und geht bei 240 Proc. so ziemlich auf 0 herab.
                              
                           
                        
                           III.Darstellung von Lignose und
                                 Bildung von Oxalsäure durch Erhitzen von Lignose mit Natronhydrat.
                           Die Holzfaser enthält hauptsächlich zwei verschiedene Substanzen, die eigentliche
                              Cellulose und die zwischen den einzelnen Zellen liegende incrustirende Substanz. Die
                              Menge der letzteren ist bei Kernholz, namentlich altem Holz, weit größer als bei
                              jungem Holz und dem Splint.
                           Zur Fabrication von Papierzeug wurde früher empfohlen (Payen in den Comptes rendus t. LXIV p. 1167), die Holzfaser zuerst mit verdünnter Salzsäure
                              zu behandeln. Durch Kochen oder Erhitzen mit verdünnter Salzsäure werden
                              hauptsächlich die festen Zellen gelockert, die incrustirende Substanz gelöst und in
                              Traubenzucker übergeführt, während eine reinere Faser (Fasercellulose oder Lignose)
                              zurückbleibt, welche von Alkalien leichter angegriffen und gelöst wird.
                           Da beabsichtigt wurde, mit der Präparirung der Holzfaser die Gewinnung von
                              Traubenzucker resp. Alkohol zu verbinden, so war zunächst das Verhältniß von Holz
                              und Salzsäure und die passendste Concentration der letzteren festzustellen, um mit
                              dem Minimum von Salzsäure das Maximum von Zucker zu erhalten.
                           Zu diesem Zweck stellte ich folgende Versuche an:
                           1) 200 Grm. Sägespäne (Tannenholz mit 15 Proc. hygroskopischem Wasser) wurden mit 2
                              Liter Salzsäure von 5° Baumé = 1,040 specif. Gewicht entsprechend
                              162,2 Grm. HCl, 1–2 Stunden gekocht. Die Sägespäne, welche hierdurch eine
                              braunrothe Farbe angenommen hatten, wurden bis zur neutralen Reaction ausgewaschen,
                              die Flüssigkeit mit Natronlauge neutralisirt, mit Bleiacetat versetzt und filtrirt.
                              Nach Bestimmung mit Fehling'scher Kupferlösung ergaben sich 18,12 Proc.
                              Traubenzucker (Glycose) auf die angewandte Holzmenge berechnet. Die bei 100°
                              getrocknete Lignose von graubrauner Farbe wog 129 Grm. entsprechend 64,50 Proc. des
                              angewandten Holzes. Erdmann (Annalen der Chemie und
                              Pharmacie 1867) gibt für Lignose die Formel
                              C¹⁸H²⁶O¹¹ an und erhielt 60–65
                              Proc. Lignose; derselbe stellt für die Zersetzung der Cellulose folgende Formel
                              auf:
                           C³⁰H⁴⁶O²¹ + 2H²O
                              = C¹⁸H²⁶O¹¹ +
                              2C⁶H¹²O⁶,
                           wornach aus reiner Cellulose 56,33 Proc. Lignose erhalten
                              würden.
                           2) 100 Grm. Sägespäne mit 1 Liter Salzsäure von 10° Baumé = 1,075
                              specif. Gewicht, entsprechend 150 Grm. HCl, in derselben Weise behandelt gaben 25
                              Proc. Glycose und 51,60 Lignose.
                           Die Farbe der Lignose glich in nassem Zustand der von faulem Eichenholz, trocken war
                              dieselbe rothbraun. Beim schließlichen Auswaschen der Lignose mit sehr verdünnter
                              Sodalösung, war die abfließende Flüssigkeit stark braun gefärbt, was bei
                              gewöhnlicher Holzfaser nicht eintrat.
                           Indem die Sodalösung in die einzelnen mit Salzsäure getränkten Zellen eindringt,
                              wirkt die entwickelte Kohlensäure zerreißend auf die Faser, wodurch vielleicht
                              zweckmäßig die Holzfaser für die weitere Bearbeitung vorbereitet werden könnte.
                           3) 180 Grm. Sägespäne mit 800 Kubikcentimet. Salzsäure von 6,5° Baumé =
                              1,048 specif. Gewicht entsprechend 76,8 Grm. HCl mehrere Stunden gekocht, gaben
                              20,83 Proc. Glycose und 62,22 Proc. Lignose.
                           Mit feinen Eichenholzsägespänen (6,5 Proc. Wassergehalt) gaben zwei Versuche:
                           
                              
                                 Proc. Glycose
                                 Proc. Lignose
                                 
                              
                                 13,22
                                 62,75
                                 
                              
                                 15,43
                                 66,11
                                 
                              
                           Die Bildung von Glycose war nach den drei Versuchen mit Tannenholz folgende:
                           
                              
                                 
                                 Menge HCl auf100 Holz verwendet
                                 Proc. Glycose auf100 Holz berechnet
                                 Proc. Glycose auf100 HCl berechnet
                                 
                              
                                 1.
                                   81,10
                                 18,12
                                 22,37
                                 
                              
                                 2.
                                 150,00
                                 25,00
                                 16,66
                                 
                              
                                 3.
                                   42,60
                                 20,83
                                 48,89
                                 
                              
                           Nach einer Notiz im Engineer vom 29. November 1872 (aus
                              dem (Scientific American) soll das Verhältniß 3) in
                              Amerika in Anwendung seyn und soll man, nachdem die saure Zuckerlösung mit Kalk bis
                              auf 1/2° des Lüdersdorff'schen Säure-Aräometers neutralisirt
                              worden ist, nach 24stündiger Gährung, durch Destillation der Masse aus 9 Ctr.
                              Sägespänen 26,5 Liter 50procentigen Alkohol frei von jeglichem Terpenthingeruch und
                              vorzüglichem Geschmack erhalten.
                           
                              Oxalsäurebildung durch Erhitzen von
                                    Lignose mit Natronhydrat.
                              Bei der Einwirkung von Natronhydrat auf Lignose ist die Masse dunkler gefärbt;
                                 die Schmelzen sind dünnflüssiger als bei Anwendung von Holz und haben dieselben
                                 mehr Aehnlichkeit mit den Producten bei welchen ein Gemenge von KOH und NaOH
                                 benutzt wurde.
                              Dieß erklärt sich dadurch, daß nach Bachet und Machard (Zeitschrift des Vereines deutscher
                                 Ingenieure, 1869 S. 204) durch die Behandlung mit Salzsäure die den Einschlag
                                 der incrustirenden Substanz bildende, weniger dichte schwammige Cellulose
                                 aufgelöst, die Menge der incrustirenden Substanz hierdurch in der rückständigen
                                 Masse vermehrt und die von der schwammigen Cellulose befreite
                                 Incrustationssubstanz in Folge hiervon in Alkalien leichter löslich wird.
                              Die Versuche, zu welchen je 100 Grm. Natronhydrat verwendet wurden, gaben
                                 folgende Resultate:
                              
                                 
                                    Lignoseäquivalent50 Grm.Holz
                                    TemperaturGrade Cels.
                                    Zahl derVersuche
                                    Oxalsäureper
                                       100Lignose
                                    Proc. Oxalsäure per 100 Holz
                                    
                                 
                                    32,725,831,131,431,1
                                    190„„„240
                                    23212
                                    23,6720,7922,1626,4047,66
                                    15,3910,3714,0916,5829,64
                                    
                                       
                                       
                                    in dickerer Schichte geschmolzen
                                    
                                 
                                    31,431,4
                                    205240
                                    32
                                    31,0349,36
                                    22,5831,00
                                    
                                       
                                       
                                    in dünner Schichte erhitzt.
                                    
                                 
                              Nach diesen Versuchen war die Ausbeute an Oxalsäure bei Anwendung von Lignose
                                 nicht größer als wenn gewöhnliche Sägespäne genommen wurden, wie ich erwartet
                                 hatte, sondern es stellte sich sogar die Ausbeute ca. 33–38 Proc. niedriger als wenn Natronhydrat und Holz angewandt
                                 wurde. Es darf hiernach angenommen werden, daß hauptsächlich die schwammige
                                 Cellulose mehr zur Bildung von Oxalsäure beiträgt, als die nach der Behandlung
                                 mit Salzsäure zurückbleibende, an incrustirender Substanz reichere und in
                                 Alkalien leichter lösliche Lignose.
                              Laboratorium des Prof. Dr. Marx in Stuttgart.