| Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. | 
| Autor: | Prof. Johann Zeman [GND] | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XXII., S. 161 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXII.
                        Notizen aus der Wiener Weltausstellung
                           1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        (Fortsetzung von S. 94 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           51. Hochdruckdampfmaschine mit
                                 Condensation und selbstthätig variabler Expansion, von Bède und Comp. in
                                 Verviers. (Figur 1–3.)
                           Eine interessante Modification und Vereinfachung der in den letzten Jahren immer mehr
                              verbreiteten Corliß-Steuerung bietet die von der
                              Maschinenfabrik Bède u. Comp. (Société
                              Houget
                              et
                              Teston) in Verviers ausgestellte und zum Betriebe
                              der belgischen Abtheilung in der Maschinenhalle verwendete Dampfmaschine. Dieselbe
                              hat einen Cylinderdurchmesser von 450 Millimeter, 1 Meter Hub und macht 45
                              Umdrehungen pro Minute. Die allgemeine Anordnung ähnelt
                              der bekannten Corliß-Aufstellung; nur ist, wie bei
                              der Sulzer-Ventildampfmaschine,Man vergl. polytechn. Journal, 1873, Bd. CCVII S. 349. hinter dem Cylinder für sich auf das Fundament die Condensatorluftpumpe
                              aufgeschraubt, welche durch eine Verlängerung der Kolbenstange angetrieben wird.
                           Auch die Anwendung von je zwei Drehschiebern zum Dampfeintritt und Austritt ist von
                              Corliß entlehnt, jedoch deren Anordnung im Cylinder
                              wesentlich abgeändert.
                           Es besteht nämlich der Dampfcylinder aus vier Theilen: dem eigentlichen Cylinder,
                              welcher die Lauffläche des Kolbens enthält, dem Cylindermantel, in welchen die
                              Dampfeinströmung stattfindet und endlich dem kastenförmigen Deckel, welche mit dem
                              Inneren des Dampfmantels communiciren und im oberen Theile die Dampfeintrittschieber
                              und unten die Dampfaustrittschieber enthalten. (Man vergleiche die Fig. 1, welche den Dampfcylinder und die
                              Steuerung in Ansicht und theilweisem Schnitt darstellt.)
                           Hierdurch wird eine Herabminderung des schädlichen Raumes auf ein bisher unerreichtes
                              Minimum erzielt, allerdings auch die Demontirung des Cylinders umständlicher
                              gemacht.
                           Die Steuerung selbst ist nach dem Patent von Bède
                              und Farcot ausgeführt, wie dieselbe schon seit mehreren
                              Jahren bei verschiedenen Maschinen in Belgien angewendet wurde und nun mit den neuesten Verbesserungen auf der Wiener Weltausstellung
                              erschien und hier mit einem Ehrendiplom ausgezeichnet wurde.
                           Wie aus Figur 1
                              und Figur 2
                              – Seitenansicht der Maschine in kleinerem Maaßstabe – ersichtlich ist,
                              befindet sich der Regulator seitlich von dem Cylinder, parallel zu dessen verticaler
                              Mittelachse angebracht, und die Spindel desselben in einer an dem Cylindermantel
                              angegossenen Console a gelagert.
                           Mit einer von der Schwungradwelle angetriebenen Querwelle d und den Kegelrädern c, d (Figur 1) wird die
                              Regulatorspindel und zugleich die auf derselben ausgekeilten Herzscheiben e und f, erstere für die
                              Dampfeinlaßschieber A, A' und letztere für die
                              Dampfauslaßschieber B, B', in drehende Bewegung
                              versetzt.
                           Die Drehschieber für den Dampfeintritt B, B' werden
                              einfach dadurch in oscillirende Bewegung gebracht, daß die Herzscheibe f durch einen seitlich geführten Rahmen g umfaßt wird, welcher durch Schubstangen mit den
                              Schiebern B und B' verbunden
                              ist. Ein gleicher Rahmen h wird von der oberen
                              Herzscheibe e hin- und herbewegt, um die
                              Dampfeintrittshähne A und A'
                              zu steuern. Doch ist der Rahmen h mit diesen Hähnen
                              nicht in fester, sondern in einer vom Regulator auslösbaren Verbindung.
                           Zu diesem Behufe sitzt an beiden Enden des Rahmens h
                              drehbar gelagert je eine Knagge C, welche an dem
                              horizontalen Schenkel eine Stahlbacke i besitzt, die in
                              der Stellung der Figur 1 gegen das Ende der Schieberstange k
                              anstößt und bei dem nach links stattfindenden Ausschlag des Steuerungsrahmens h den Dampfschieber A
                              öffnet.
                           Sobald aber der nach aufwärts gekrümmte Schenkel der Knagge C mit dem Steuerungsrahmen h soweit nach links
                              gerückt ist, daß derselbe an die mit dem Regulator in Verbindung stehende Rolle 1
                              anstößt, wird bei weiterer Bewegung des Rahmens nach links der horizontale Schenkel
                              der Knagge gehoben und der Zahn i ausgelöst und die
                              Schieberspindel durch die Feder m nach einwärts
                              geschoben, so daß der Arm an der Schieberachse wieder in die Position der Figur 1 zurückkehrt, bei
                              welcher der Dampfzutritt geschlossen ist.
                           Indem nun die Rollen 1 (rechts und links) an einer auf der Regulatorspindel
                              gleitenden Hülse o angebracht sind, welche mittelst
                              zweier Zugstangen mit der Regulatorhülse verbunden ist (Figur 2), so müssen sich
                              die Auslösrollen l, l mit den Regulatorkugeln
                              auf- und abbewegen und besorgen dadurch eine directe Regulirung der
                              Expansion. Hierzu ist nur erforderlich, daß die oberen Schenkel der Knaggen C, C die entsprechende Krümmung erhalten.
                           Es bleibt jetzt noch die Anordnung des Federmechanismus zum Schließen der
                              Dampfeintrittschieber A, A' zu besprechen übrig, welche
                              aus Figur 1
                              und 3 klar
                              ersichtlich wird.
                           Die Schieberstange k erhält ihre Führung in einem
                              cylindrischen Gehäuse n, welches mit dem
                              Regulatorgestelle p aus einem Stück gegossen ist. In
                              diesem Gehäuse bewegt sich der mit der Schieberstange k
                              aus einem Stück hergestellte Kolben r, welcher beim
                              Oeffnen des Schiebers A Luft in das Gehäuse n einzieht, um beim Rückprall zur Vermeidung von Stößen
                              ein Luftbuffer zu erhalten.
                           Eine Büchse s geht – über die Schieberstange k frei beweglich – durch den Deckel des
                              Luftbuffers n und ist durch Zugstangen t, t so mit dem Steuerungsrahmen h verbunden, daß dieselbe an dessen hin- und hergehender Bewegung
                              theilnimmt.
                           Zwischen dem Kolben r und dem Boden der Büchse s ist eine Spiralfeder eingesetzt, welche, sowie die
                              Knagge C einfällt, vollständig gespannt ist – man
                              vergleiche die Spiralfeder links in Figur 3 – und bis
                              zum Momente der Auslösung der Knagge gespannt bleibt. Bei der Auslösung aber
                              schnellt die angespannte Feder den Kolben r zurück,
                              schließt den Steuerschieber A und wird beim
                              Weiterbewegen des Steuerungsrahmens h, indem sich die
                              Federbüchse s auf der Schubstange k herausschiebt, immer mehr entlastet – siehe Figur 3 rechts –
                              und beginnt erst wieder comprimirt zu werden, wenn der Steuerungsrahmen seinen
                              Rückgang antritt.
                           Es schiebt sich nun der horizontale Schenkel der Knagge C
                              über das still stehende Ende der Schieberstange k
                              hinweg, wobei sich die Federbüchse s dem Kolben u immer mehr nähert, bis endlich der Zahn an der Knagge
                              wieder einfällt und die Feder ihren angespanntesten Zustand wieder erreicht hat,
                              worauf das Spiel der Steuerung von Neuem beginnen kann.
                           Das hier Mitgetheilte wird zum Verständniß der Bède
                              und Farcot'schen Steuerung hinreichen und es kann noch
                              hinzugefügt werden, daß
                              das geschilderte Maschinensystem sich eines großen Anklanges, besonders in Belgien
                              erfreut, wo ich dasselbe mehrfach in Gang gefunden habe.Für Frankreich hat die Ausführung dieses Maschinensystemes die bekannte
                                    Maschinenfabrik Farcot und Söhne in St. Ouen bei Paris übernommen.
                              
                           Speciell die Ausstellungsmaschine ist in all ihren Verhältnissen wohl gelungen und
                              schön ausgeführt. Die Steuerung functionirt sehr gut und mit wenig Lärm, und die
                              Wirkung des an der Dampfmaschine angebrachten Pröll'schen
                              Regulators ist ganz vorzüglich.
                           
                        
                           52. Die Spinnereimaschinen für
                                 Streichwolle auf der Wiener Weltausstellung.
                           Wie auf der internationalen Ausstellung in Paris 1867 so fanden sich auch in Wien für
                              diese Spinnereibranche die meisten Aussteller und die größte Zahl von Maschinen.
                              Dießmal aber lernen wir weittragende Neuerungen kennen,
                              welche zum Theil schon durch die Praxis approbirt, zum Theil noch ganz neu, aber
                              sicherlich einen bedeutenden Einfluß auf die Streichgarnspinnerei auszuüben berufen
                              sind.
                           Zu den ersten Vorbereitungsmaschinen brachte uns die Wiener Weltausstellung nicht
                              viel, aber manches Interessante. Reichlicher dagegen waren Krempelsortimente und
                              Streichgarn-Spinnmaschinen beider Systeme – Selfactor- und
                              Watermaschinen, – letztere mit originellen Verbesserungen, vertreten.
                           Bei dem Wolf zur Auflockerung der Wolle erschien die aus
                              der Baumwoll-Spinnerei entnommene Claviermulden-Zuführung in Anwendung
                              gebracht. Die Klettenwölfe zum Reinigen und Auslesen von
                              Kletten, Stroh und compacteren Schmutztheilchen aus der Wolle zeigten im Allgemeinen
                              eine größere Kammtrommel und stärkere, zweckmäßiger construirte Kämme.
                           Hierher gehörig sind folgende Neuerungen zu bemerken.
                           Die Rührgabeln der Petrie'schen
                              Waschmaschine,Man vergl. die Abhandlung im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCI S.
                                    118. welche von J. und W. Mc. Naught in
                              Rochdale zur Ausstellung gebracht wurde, sind ausbalancirt und mit einem bequem
                              stellbaren Antrieb für die oscillatorische Bewegung versehen. Die Abzugsvorrichtung
                              für die gewaschene Wolle besteht aus einem geneigt liegenden Tisch, auf welchem die
                              Wolle durch die letzte doppelte Aushebegabel aufgelegt und mittelst eines Rechens
                              fortgeschoben wird. Dieser Rechen erhält seine Bewegung durch Kurbel- und
                              Hebedaumen in der Art, daß derselbe nur beim Vorschub mit der Wolle selbst in
                              Berührung tritt, dann senkrecht aufsteigt, um den Rückweg zurückzulegen, und endlich
                              unten wieder in die neu aufgelegte Wolle einfällt.
                           
                           Damit die im Abzug begriffene Wolle während des Rückganges des
                              Rechens von dem schrägen Abführtisch nicht zurückrutscht, steigen aus dem Boden
                              desselben Zinken auf, welche jedoch vor Beginn eines jeden Vorschubes des
                              Abzugrechens rasch wieder herabsinken.
                           Stehen mehrere einfache Maschinen unter einander in Verbindung und
                              rückt die Wolle succesive aus dem einen Waschtrog in den nächsten zum weiteren
                              Auswaschen, so kann die Waschflüssigkeit aus einem Bassin in die vorhergehende, mit
                              noch nicht so rein gewaschener Wolle gefüllte Abtheilung durch einen
                              Dampfstrahl-Apparat (Steam-Jet
                                 transmittor) befördert werden.
                           Bei der Trockenmaschine derselben
                              Aussteller zum Trocknen der Wolle mit erwärmter Luft, sind die Windflügel im Inneren
                              des Kastens angebracht und erfolgt die Luftzuführung durch je eine Oeffnung an
                              beiden Seitenwänden um die Flügelachse herum, ferner durch Löcher, welche in den
                              drei Lagerfüßen jeder Flügelwelle angebracht sind, im Ganzen also, da die Maschine
                              aus zwei völlig geschiedenen symmetrischen Hälften besteht, durch 10 Luftöffnungen.
                              Die Dampfrohre zur Erwärmung der vorbeistreichenden, aus dem
                                 Inneren der Trockenmaschine herausgetriebenen Luft, liegen nahe unter den
                              Drahtnetzen, auf welchen die Wolle ausgebreitet wird.
                           Der bekannte Houget'sche Klettenwolf, welchen die Firma Bède und Comp. in Verviers ausstellte,
                              erhielt einen selbstthätigen Speiseapparat (Patent Deru),
                              welcher die Wolle auflockert und zum Entkletten zweckmäßig einführt. Der Apparat
                              besteht im Wesentlichen aus einem mit langen Stiften beschlagenen Tambour, über
                              welchem etwas vorhängend ein dreiflügeliger, ebenfalls mit starken Stiften besetzter
                              Schläger sich rasch umdreht.
                           Die aufgegebene Wolle fällt auf den Stiftentambour, vor welchem
                              ein verticales Lattentuch den Abschluß des Aufgebekastens bildet, und geht mit
                              demselben nach unten herum mit, um alsdann von dem entgegengesetzt vorlaufenden
                              Flügel nach und nach abgenommen und auf das Speisetuch der Klettenmaschine
                              abgeworfen zu werden. Den Flügel umgibt auf nahezu ein Drittel des Umfanges ein
                              Rost, durch welche eine Absonderung von Staub und losen Schmutztheilchen aus der
                              aufgelockerten Wolle stattfindet.
                           Im Uebrigen hat die Kammtrommel einen größeren Durchmesser und
                              stärkere Kämme, und ist auch der Raum zur Aufnahme der abgeschlagenen Kletten und
                              dergl. geräumiger gehalten.
                           Von Cölestin Martin in Verviers ist der
                              Reißwolf für Abgänge (Shoddy-wolf) zu
                              erwähnen, bei welchem die untere Zuführwalze durch eine feste Mulde ersetzt ist und
                              statt des oberen, geriffelten Cylinders eine mit Kautschuk überzogene Walze
                              eingelegt werden kann.
                           Der Klettenwolf desselben Constructeurs
                              weist in der Kammtrommel eine sehr wichtige Verbesserung auf. Die einzelnen Zähne
                              der Kämme sind durch eingefräste, etwa 1 1/2 Millimeter tiefe und breite Rinnen von
                              einander getrennt und steht jedem Zahn eine Rinne des vorhergehenden Kammes
                              gegenüber.
                           Die zur Kammtrommel kommende Wolle hat Platz und Gelegenheit in
                              die Rinnen zwischen den Kammzähnen sich einzulegen und dadurch jeder Beschädigung
                              durch die Schläger zu entgehen, während Kletten und andere Unreinigkeiten über der
                              Oberfläche des Kammtambour liegen bleiben und durch die Schläger abgestreift
                              werden.
                           
                           Auch der selbstthätige Schmelzwolf von
                              Martin hat eine neue Vervollkommnung erhalten, welche
                              in diesem Jahrgange des polytechn. Journals, zweites Juliheft S. 85 näher
                              beschrieben wurde.
                           Der Reißwolf von Oscar Schimmel u. Comp. in Chemnitz
                              ist mit Claviermulden-Zuführung versehen worden. Der untere Speisecylinder
                              ist – analog wie bei der Lord'schen
                              Baumwoll-Schlagmaschine – durch eine Claviermulde aus 40 Hebeln
                              ersetzt, welche durch Gewichte gegen die obere Zuführwalze angedrückt werden und in
                              Folge dessen die Wolle selbst bei unegaler Auflage sicherer halten und dem
                              Stiftentambour zum Oeffnen darbieten, wie dieß mit gewöhnlichen Zuführcylindern der
                              Fall ist.
                           Der Trommelbeschlag geht von der Mitte in schrägen Linien nach
                              rechts und links aufwärts, weßhalb die Wolle besser nach beiden Seiten getrieben
                              wird; ein Vortheil, da die Auflage fast immer in der Mitte etwas zu dick aufgelegt
                              wird.
                           Die Krempeln betreffend, so waren an denselben, abgesehen
                              von der Martin'schen Vorspinnkrempel, weniger Aenderungen
                              zu bemerken; wir weisen nebenbei darauf hin, daß englische und belgische
                              Constructeure bei der Reißkrempel die Klettenwalze nicht direct mit dem Tambour
                              arbeiten ließen, wie dieß bei den Kratzen der deutschen und österreichischen
                              Aussteller der Fall war.
                           Die selbstthätigen Speiseapparate für Wölfe und
                              Reißkrempeln haben eine weitere Ausbildung erfahren; für letztere ist sogar ein
                              ziemlich gelungener Selbstwäge- und Auflegeapparat zu Stande gekommen. Es soll mit diesem
                              Selbstspeiser auf eine möglichst gleichförmige Arbeit der Karde hingewirkt
                              werden.
                           Möglichste Gleichförmigkeit und Feinheit im Vorgespinnst zu erzielen, ist auch der
                              Zweck des Martin'schen Fadenapparates,Beschrieben im polytechn. Journal 1871, Bd. CCI S. 393. welcher durch die in London im Jahre 1871 abgehaltene Specialausstellung
                              ungemein rasch bekannt und verbreitet wurde.
                           Wie im Jahre 1867 die Horsfall'schen Schleifrollen für Krempeln Aufsehen erregten, so hat in London 1871 und
                              jetzt in Wien die seit London wesentlich im Bewegungsmechanismus vereinfachte Dronsfield'sche SchleifscheibeDeßgleichen 1872, Bd. CCIII S. 429. Kratzwalzen die Aufmerksamkeit der Spinner auf sich gezogen.
                           Zur weiteren Ausführung des Voranstehenden seyen die verschiedenen
                              Aussteller mit den dießbezüglichen Maschinen der Reihe nach angeführt.
                           Das von Platt Brothers u. Comp. in
                              Oldham ausgestellte Sortiment Karden dient speciell zur
                              Erzeugung eines sehr wolligen, filzfähigen Garnes, aus welchem Grunde zwischen der
                              zweiten und dritten Krempel eine Kreuzung der Faserlage durch Anwendung des Ferrabee'schen Vließapparates stattfindet.
                           Sämmtliche Karden sind mit zwei Einzugscylindern und einem
                              Putzcylinder, ferner mit Vorreißwalze versehen, welche vermittelst einer
                              Uebertrag- oder Wanderwalze die Wolle an den Tambour übergibt.
                           
                           Der Abzug der Grobkarde findet seitlich statt; es erhält das abgelöste Wollvließ durch
                              einen rotirenden Trichter eine Verdichtung und kommt nach zweimaligem
                              rechtwinkeligem Wechsel des Laufes um Leitrollen zu einem Wickelapparat, an Stelle
                              der Pelztrommel vor der Maschine stehend, um auf eine 3 Zoll breite Spule fest
                              aufgewunden zu werden. Die Einrichtung des Patent-Wickelapparates ist von dem
                              Canalsystem bei Baumwoll-Kratzmaschinen bekannt; auch bei Platt findet die Umstellung des Spulengestelles nach
                              Aufwickelung einer bestimmten Länge, ebenso das Abreißen des auf die frische Spule
                              sich fortwickelnden Bandes selbstthätig statt.
                           Die zweite Krempel hat einen
                              Aufsteckrahmen für 64 Wickel, von welchen die Bänder durch eine Bandleitung knapp
                              vor dem Einzugscylinder hindurchgehen. Damit der Tambour sich nicht muldenförmig
                              ausarbeite – was bei der ähnlichen ursprünglichen Reichenberger Anordnung dieses Einzuges der Fall war – erhielt die
                              Bandleitung eine geringe, hin- und hergehende Querbewegung.
                           Der Abzug des Vließes erfolgt mit Hülfe eines verbesserten Ferrabee'schen Apparates.Beschrieben in dem von Director Lohren abgefaßten
                                    Berichte über die Londoner Ausstellung 1862.
                                    welcher in den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes
                                    in Preußen, Jahrg. 1864, S. 97 u.s.f. abgedruckt ist.
                              
                           Das Abzuglattentuch, welches zum Wagen führt, besteht nicht mehr
                              aus einem, sondern aus zwei endlosen Theilen, welche in einem knieförmigen Rahmen
                              über Rollen laufen. Zu diesem Zwecke sind zwei Antriebsketten für das aufsteigende
                              und dann für das abwärts führende Lattentuch getrennt in Anwendung gebracht, auch
                              ist die Spiralfeder zur Spannung des früheren Lattentuches als überflüssig
                              beseitigt.
                           Die hin- und hergehende Wagenbewegung findet hier nicht
                              mehr mittelst eines endlosen Lederriemens, sondern durch ein Mangelgetriebe
                              statt.
                           Eine nach dem Principe des Mangelrades construirte Zahnstange
                              – „Mangelstange“ – ist so eingerichtet, daß durch
                              Verstellung der Wendestücke an beiden Enden derselben der Ausschlag des Wagens,
                              somit die Breite des entstehenden Vließes abgeändert
                              werden kann.
                           Die Mangelstange liegt äquilibrirt in parallel geschlitzten
                              Stelleisen und verschiebt sich sehr leicht beim Wechsel des Eingriffes des Getriebes
                              am Ende des Lattentuch-Knies nach aufwärts oder abwärts. Der Wagen läuft
                              mittelst Laufrollen auf Schienen und wird hierbei durch Zahnstangengetriebe auf
                              beiden Seiten stets parallel geführt.
                           Die Fortrückung des Vließtuches – d. i. das parallel und
                              nahe dem Boden ausgespannte endlose Lattentuch, auf welches das Vließ in
                              zickzackförmigen Lagen über die Breite aufgelegt wird, – geschieht von der
                              unteren, nahe dem Peigneur gelegenen Lattentuchwalze statt mittelst Riemenkegel
                              durch Stellkurbel und Sperrrad-Mechanismus.
                           Was endlich die Vorspinnkrempel dieses
                              Sortimentes anlangt, welcher zwei Wickel der Mittelkarde vorgelegt werden können, so
                              ist dieselbe mit dem von Cölestin Martin in Verviers
                              erfundenen Fadenapparat versehen, dessen Ausführung in England durch die in Rede
                              stehende Firma und durch die Maschinenfabrik Curtis, Parr
                              und Madley in Manchester erworben wurde.
                           Nachdem dieser Fadenapparat bereits im polytechn. Journal Bd. CCI S. 393 besprochen wurde, erwähnt
                              Referent sofort die Platt'sche Schleifmaschine für Kardenwalzen; die beiden Stelllager für die zu
                              schleifende Walze lassen sich nur gemeinschaftlich, stets
                              parallel zur Achse des Schleifcylinders verstellen durch Drehung eines Handrades am Ende einer
                              Querwolle, welche durch Kegelrädchen und Schraubenspindeln mit den Stelllagern in
                              Verbindung gebracht ist.
                           Die Firma Bède u. Comp. in Verviers hatte ein Sortiment aus zwei Karden
                              ausgestellt; eine Grobkratze mit Avanttrain – eine Art Doppelkarde –
                              und mit modificirtem Bolette'schen Zuführapparat, ferner
                              aus einer Vorspinnkarde mit schottischem
                              Auflegapparat.
                           Der bemerkte Zuführapparat für die Grobkarde besteht aus einem
                              schräg ansteigenden und dann horizontal weiterlaufenden endlosen Lattentuch, über
                              welches am Uebergangspunkte ein zweiarmiger, mit groben Spitzen besetzter Schläger
                              in der Richtung der Lattentuch-Bewegung sich umdreht und die zugeführte Wolle
                              stockenweise zu den Einzugwalzen befördert. Durch eine entgegengesetzt laufende
                              glatte Walze zwischen dem Flügel und den Speisecylindern wird die Regelmäßigkeit in
                              der Auflage der Wolle erzielt, indem die zu viel mitgerissene Wolle vom Flügel
                              wieder zur Aufgebestelle zurückgetragen wird.
                           Diesem Speiseapparat soll der Vortheil zu Gute kommen, daß die
                              schräg liegende Hälfte des Lattentuches in die Horizontale gehoben und der Flügel
                              parallel zum Lattentuch festgestellt werden kann, wenn die Auflage der Wolle von
                              Hand in gewöhnlicher Weise besorgt werden soll.
                           Der Bède'sche Vorspinnapparat, eine nicht viel versprechende
                              Modification des Martin'schen Fadenapparates, ist schon
                              in den „Ausstellungsnotizen“ im zweiten Augustheft des
                              polytechn. Journals, S. 251 mit Hülfe einer Abbildung behandelt worden, weßhalb hier
                              der einfache Hinweis genügen mag.
                           Referent wird die vorstehende Uebersicht über die Fortschritte der
                              Streichgarn-Spinnmaschinen, welche aus dem von ihm verfaßten officiellen
                              österreichischen Ausstellungsbericht über Spinnereimaschinen zusammengestellt ist,
                              im nächsten Hefte beschließen.
                           
                        
                           53. Hobelmaschine mit sich drehendem
                                 Werktisch, von Ganz und Comp. in Ofen. (Figur 4–7.)
                           Neben den allgemein bekannten Schalenguß-Scheibenrädern, welche der (seither
                              verstorbene) Begründer der Maschinenfabrik Ganz und Comp. in Ofen seit dem Anfang der Fünfziger Jahre durch
                              beharrliche und rationelle Ausbildung einer größeren Verbreitung auf
                              österreichischdeutschen und Schweizer Eisenbahnen zugeführt hatte, stehen zwei
                              Hobelmaschinen mit rotirenden Messerköpfen und mit stetig im selben Sinne sich
                              bewegendem Werktisch zum Aufspannen der Holzstücke.
                           Die in Figur 4
                              bis 7
                              abgebildete Hobelmaschine dient zum Abrichten von kurzen Holzleisten wie dieselben
                              für sogenannte deutsche Parquette Verwendung finden. Da wegen der Kürze dieser
                              Leisten ein Aufspannen derselben auf einem hin- und herbewegten Arbeitstisch
                              erforderlich wäre, indem bei Vorschub der Leisten mittelst Rollen krummes Holz nicht
                              horizontal abgehobelt würde, so richtete man die Maschine zur Erzielung einer
                              größeren Leistungsfähigkeit mit einem um eine verticale Achse drehbaren Tisch ein, auf
                              welchem die Holzleisten nach einander aufgelegt, unter die rasch rotirenden
                              Hobelköpfe durchgeführt und nach geschehener Abhobelung ausgespannt werden.
                           Was die nähere Ausführung der durch die beregten Abbildungen dargestellten
                              Hobelmaschine betrifft, so liegen bei A und B zwei rotirende Messerköpfe, deren jeder für sich durch
                              Drehung der Schraubenspindel a, a mittelst eines
                              Schlüssels eine höhere oder tiefere Stellung erhalten kann.
                           Die abzuhobelnden Holzleisten werden von je einem Arbeiter bei C respective D eingelegt und durch Drehen der
                              Handrädchen b fest eingespannt. Diese Rädchen sitzen
                              nämlich an den Schraubenspindeln der in radialen Schlitzen verstellbaren Bankeisen
                              c, welche die eingelegten Holzbretchen gegen die am
                              Tische angegossenen Spannleisten d andrücken und
                              dergestalt festhalten, wenn auch die dem Bankeisen zugekehrte Holzkante nicht ganz
                              gerade seyn sollte.
                           Das eingespannte Holzbret gelangt bei Drehung des Tisches, hervorgerufen durch den
                              Eingriff des Getriebes e in den am Werktisch
                              angebrachten Zahnkranz f, unter den Hobelkopf A beziehentlich B, um nach
                              geschehener Abrichtung in selbstthätiger Weise ausgespannt zu werden.
                           Zu diesem Behufe steckt auf jeder der Schraubenspindeln für die Bankeisen e hinter dem Handrade ein Zahnrädchen, welches
                              unmittelbar nach dem Messerkopf auf ein concentrisch mit dem Werktisch angebrachtes
                              Zahnsegment g aufläuft und durch Abwälzung auf demselben
                              die betreffenden Bankhaken von der Parquetleiste abrückt. Damit das Auflaufen der
                              Getriebe auf das Zahnsegment g ohne Stoß erfolge, ist
                              das Anfangstück federnd eingesetzt. (Figur 7.)
                           Der Arbeiter hat zufolge dieser Anordnung nur für das Zu- und Ablegen der
                              Leisten, ferner für das Einspannen, nicht aber auch für das Ausspannen derselben zu
                              sorgen, weßhalb die Geschwindigkeit des Drehtisches entsprechend schneller gewählt
                              werden kann.
                           Der Antrieb der Maschine erfolgt durch getrennte Riemen auf die Messerköpfe A und B (Riemenscheiben h und i), ferner durch eine
                              Riemenscheibe k auf der central gelagerten Hauptwelle
                              I, von welcher die Drehung durch ein
                              Schneckengetriebe m auf die stehende Welle des Getriebes
                              e abgeleitet wird.
                           Die zweite Hobelmaschine zum Abhobeln und Nuthen von Parquetleisten (Friesen) hat
                              zwei Sägen zum Säumen der Kanten, je einen rotirenden Nuthhobel rechts und links,
                              und endlich einen sich drehenden Messerkopf zum Abrichten der oberen Fläche der
                              Leisten.
                           Die continuirliche Zu- und Abführung der Parquetleisten erfolgt auf einer endlosen Kette, deren
                              Glieder mit Spitzen besetzt sind, in welche das Holz eingedrückt wird.
                           Ich werde diese, der vorhergehenden Maschine in constructiver Beziehung überlegene
                              Hobelmaschine bei einer anderen Gelegenheit mit Abbildungen näher beschreiben.
                           
                        
                           54. Maschine zum Zurichten von gepreßten
                                 Nieten; von Ch. de Bergue und Comp. in London. (Figur 8 u. 9.)
                           Bei der maschinenmäßigen Fabrication von Nieten kann es nicht immer vermieden werden,
                              daß dieselben am Kopfrande mit einem Bart versehen aus der Nietpresse heraustreten,
                              da man lieber den Bolzen zu lang als zu kurz schneidet, um zuverlässig den Kopf der
                              Niete voll auszudrücken.
                           Für viele Arbeiten wünscht man aber vollkommen reine Nieten und hierfür kann die in
                              Figur 8
                              und 9
                              skizzirte Maschine wegen ihrer zweckmäßigen Einrichtung, geringen Platz- und
                              Raumbeanspruchung, bestens empfohlen werden.
                           Die in eine schwingende Matrizenachse eingesteckte Niete wird durch den auf-
                              und abwärts gehenden Preßstempel vorerst centrirt und darauf durch die Oeffnung der
                              Matrize, richtiger des Lochringes, durchgestoßen und dadurch der Kopfrand dieser
                              Niete vollkommen kreisförmig abgerichtet.
                           A ist die schwingende Matrizenachse mit dem Lochring c, welcher dem Durchmesser des Kopfes der zu
                              vollendenden Nieten entspricht.
                           Wenn der Lochring c nach vorwärts, gegen den Arbeiter
                              gekehrt ist (Stellung in Figur 8), so steckt
                              derselbe die Niete ein; das Weitere besorgt selbstthätig die Maschine. Die
                              Matrizenachse A dreht sich zurück und bietet dem
                              herabrückenden Stempel B den Niettopf dar.
                           Der Stempel besteht aus mehreren, in Figur 9 skizzirten
                              Theilen. Zunächst setzt sich die Büchse a auf den Kopf
                              der Niete und rückt dieselbe centrisch zum Lochringe c.
                              Hierbei schiebt sich die Centrirbüchse a der Feder b entgegen in den Preßkopf B
                              hinein. Ist dieß geschehen, so kommt dann der eigentliche Stempel d zur Wirkung und drückt die Niete durch den Lochring
                              c, wobei der vorstehende Bart vollkommen abgeschert
                              wird.
                           Während des Rückganges des Preßkopfes B wendet sich der
                              Lochring wieder nach außen zur Aufnahme einer frischen Niete.
                           Der Antrieb der Maschine ist aus Figur 8 leicht zu
                              entnehmen. Von der Hauptwelle C geht die Bewegung durch
                              ein Räderpaar auf eine Zwischenwelle, von welcher durch ein Excenter der Stempelkopf
                              B
                              auf- und
                              niedergeschoben und durch ein Stufenrad, Hebel und Zugstange d die Matrizenachse A abwechselnd vorwärts und
                              rückwärts gedreht wird.
                           Die Maschine dient zugleich als Schere, indem am Preßkopf B oben ein Scherblatt e angeschraubt ist,
                              welches an dem, am Gestelle befestigten Blatt i
                              vorbeistreicht. Man kann daher diese Maschine auch zum genauen Justiren der Länge
                              der Nietbolzen benutzen, indem die Auflage o vor dem
                              festen Scherblatt i nach Erforderniß verstellt werden
                              kann.
                           Die vorliegende Maschine ist mit Lochringen und Centrirbüchse für 1/2, 3/8, 3/4, 7/8
                              und 1 zöllige Nieten versehen und kostet loco Manchester
                              68 Pfund Sterling.
                           Die Antriebsscheibe hat 12 1/2 engl. Zoll Durchmesser; der Raumbedarf der Maschine
                              beträgt 1,110 × 0,710 Meter; das Gewicht ist circa 28 Centner.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
