| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zum Härten des Stahles und über die Wiederherstellung von verbranntem Schmiedeeisen; von H. Caron. | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XXVIII., S. 181 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber ein neues Verfahren zum Härten des Stahles
                           und über die Wiederherstellung von verbranntem Schmiedeeisen; von H. Caron.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXXVII p. 836; October
                              1873.
                        Caron, neues Verfahren zum Härten des Stahles etc.
                        
                     
                        
                           Stahlhärtung. – Ein aus Stahl angefertigtes Stück
                              wird in der Regel erst gehärtet (abgelöscht) und dann, entsprechend dem Grade von
                              Härte und Elasticität, welchen es erhalten soll, mehr oder weniger stark angelassen.
                              Das trockene Härten (trempe
                                 sèche), wie es gewöhnlich ausgeführt wird, d.h. das Ablöschen des
                              rothglühenden Metalles in kaltem Wasser, hat den großen Nachtheil, daß es sehr
                              häufig zur Entstehung von Härterissen (Hartborsten) und Sprüngen Anlaß gibt, welche
                              die Festigkeit des Materiales benachtheiligen. Durch das auf das Härten folgende
                              Anlassen können diese Fehler nicht beseitigt werden; die im Anfange beinahe oder
                              ganz unsichtbaren Risse werden später nach und nach größer und führen schließlich
                              einen schädlichen Bruch herbei. Man hat bereits anerkannt, daß es, um einer solchen
                              Gefahr theilweise vorzubeugen, vorzuziehen ist, den Stahl etwas weniger stark zu
                              härten, ihn dann aber auch schwächer anzulassen. So besitzt eine zum Rothglühen
                              erhitzte, in kaltem Wasser abgelöschte und durch Abbrennen mit Oel (à l'huile flambante) angelassene Feder denselben
                              Elasticitätsgrad, wie eine eben solche Feder, welche in kaltem Oele abgelöscht (also
                              schwächer, als die erstere, gehärtet) und in bis zum Rauchen erhitztem Oel (à l'huile fumante) getempert (schwächer, als die
                              erstere, angelassen) worden ist; nur ist die letztgedachte Methode insofern
                              vortheilhafter, als man das Entstehen von Härterissen in Folge einer zu raschen
                              Abkühlung des Metalles, weniger zu fürchten hat. Da ich weiter gehen wollte, so
                              stellte ich mir die Frage ob es wirklich nothwendig sey, mit einer übermäßigen
                              Härtung des Stahles anzufangen und dann wieder zurückzugehen und das Metall mittelst
                              einer zweiten Operation anzulassen. Demzufolge suchte ich eine Härteflüssigkeit zu
                              ermitteln, durch deren milde Beschaffenheit das Entstehen von Härterissen möglichst
                              beseitigt und der Stahl dennoch in einer einzigen
                                 Operation gleichzeitig gehärtet und angelassen würde.
                           Dieses Ziel erreichte ich auf sehr einfachem Wege dadurch, daß ich das Wasser, in
                              welchem das rothglühende Metall abgelöscht wird, erhitzte; eine Temperatur von
                              ungefähr 55° C. war hinreichend, um den obenerwähnten Federn (Federn für
                              Zündnadelgewehre) die Elasticität und Dehnbarkeit zu ertheilen, welche der besten,
                              mit einem zweckentsprechenden Anlassen verbundenen Härtung entsprechen.
                           Die Temperatur des Wassers muß nothwendig je nach den Dimensionen des zu härtenden
                              Stückes, sowie der Benutzung, zu welcher dasselbe bestimmt ist, verschieden seyn.
                              Der erforderliche Wärmegrad des Bades läßt sich aber durch vorläufige Versuche
                              unschwer ermitteln.
                           Durch das Härten in heißem, besser noch kochendem Wasser wird weicher Stahl, welcher
                              2 bis 4 Tausendtel Kohlenstoff enthält, in eigenthümlicher Weise verändert; seine
                              Zähigkeit (Dehnbarkeit) und seine Elasticität werden dadurch erhöht, ohne daß seine
                              Müdigkeit merklich beeinträchtigt wird; die Natur des Korns wird eine andere und oft
                              wird der vorher körnige oder krystallinische Bruch sehnig.Dieses Verfahren ist keineswegs neu. Ein z.B. bei
                                    den Härzer Schmieden sehr gebräuchliches Mittel zur Wiederherstellung nicht
                                    allein von verbranntem Stahl (d.h. solchem Stahl,
                                    welcher durch zu langes oder zu heftiges Anwärmen eines Theiles seines
                                    Kohlenstoffgehaltes beraubt, dadurch zu Schmiedeeisen umgewandelt worden
                                    ist, und die Eigenschaft, durch Ablöschen hart zu werden, eingebüßt hat),
                                    sondern auch von überhitztem Stahl (der sich wohl
                                    noch Härten läßt, aber im Bruche grobkörnig krystallinisch, dabei spröde und
                                    bröcklich geworden ist) besteht darin, das Metall in rothwarmem Zustande
                                    unter einem mit Wasser benetzten Hammer abzuhämmern und dann das Härten
                                    vorsichtig zu wiederholen. (Stark verbrannter Stahl läßt sich auf diese
                                    Weise allerdings nicht regeneriren.) Ueberhitzter
                                    Stahl läßt sich nach Rigaud
                                    Bulletin de la Société d'Encouragement,
                                       t, 1842) wieder feinkörnig und brauchbar machen dadurch, daß man
                                    ihn kirschrothwarm erwärmt, in fast kochendes Wasser (von 90 bis 95° C.)
                                    taucht und dieses Verfahren drei- bis viermal wiederholt. –
                                    Nach Malberg (polytechn. Journal, Bd. CXXVIII S. 428) wird verbrannter
                                    Stahl völlig regenerirt durch wiederholtes, drei- bis viermaliges
                                    Ablöschen des zur Rothglühhitze vorsichtig angewärmten Stahles in Wasser von 70 bis
                                    75° R. (87,5 bis 93,75° Cels.), wobei freilich guter Stahl nicht gehärtet wird, sondern seine volle Weiche und Geschmeidigkeit
                                    behält, und durch darauf folgendes vorsichtiges Härten bei Anwendung von
                                    Rothglühhitze und Wasser von 12 bis 15° R. (15 bis 20° Cels.).
                                    Ueber Regeneriren von verbranntem Gußstahl durch
                                    Ablöschen in Quecksilber s. man die oben citirte
                                    Abhandlung von Malberg. Hiernach liegt die
                                    Vermuthung nahe, daß der um das Eisenhüttenwesen so verdiente französische
                                    Artillerie-Major Caron zu Brest jene
                                    älteren Erfahrungen seinem „neuen Härtungsverfahren“ zu
                                    Grunde gelegt hat.H. H.
                           
                           Wiederherstellung von verbranntem Schmiedeeisen. –
                              In einer in den Comptes rendus vom 4. März 1872
                              enthaltenen Mittheilung (polytechn. Journal Bd.
                                 CCIV S. 213) habe ich nachgewiesen, daß die krystallinische Textur auf dem
                              Bruche gewisser Eisenstücke weder von der Einwirkung der Kälte, noch von derjenigen
                              lange anhaltender Schwingungen herrührte, sondern daß das Eisen diese Textur bereits
                              besaß, bevor die aus ihm gefertigten Stücke in Gebrauch genommen wurden. Nach meinen
                              Versuchen wäre diese Texturveränderung die Folge eines unvollständigen
                              Ausschmiedens, wobei das Eisen noch verbrannt, d.h.
                              krystallinisch und spröde, geblieben ist. Außerdem bemerkte ich, daß es möglich sey,
                              dem in solcher Art verdorbenen Eisen seine sehnige Textur oder die Dehnbarkeit zu
                              verleihen, welche es besessen haben würde, wenn das Ausschmieden mit der gehörigen
                              Sorgfalt vorgenommen worden wäre und daß sich dieser Zweck erreichen lasse, ohne,
                              wie es zuweilen geschieht, zu einem nochmaligen Ausschmieden greifen zu müssen,
                              durch welche letztere Operation ein Verlust an Zeit und an Metall, öfters sogar die
                              Nothwendigkeit verursacht wird, das Stück gänzlich auszuschießen.
                           Das Mittel welches ich zur Regenerirung von verbranntem Schmiedeeisen anwende,
                              besteht ebenfalls im Ablöschen des rothglühenden Metalles in einer heißen
                              Flüssigkeit. Ich beschränke mich hier auf die Mittheilung eines einzigen Beispieles,
                              welches hinreichen dürfte, die von mir angegebenen Wirkungen würdigen und bestätigen
                              zu können.
                           Ein 3 Centimeter im Durchmesser haltender Stab von Berri-Eisen, welcher sich in kaltem Zustande ganz zusammenbiegen ließ,
                              ohne zu brechen oder nur einen Riß zu bekommen, wurde verbrannt, d.h. so erhitzt, daß er, in den Schraubstock gespannt, in
                              kaltem Zustande zerbrochen werden konnte, ohne daß er sich
                                 dabei merklich bog. Die Bruchfläche war mit glänzenden Fasetten von
                              mehreren Quadratmillimetern besäet. Andererseits war eine kochende gesättigte Lösung
                              von gewöhnlichem Kochsalz bereitet worden. Ein von dem verbranntem Eisenstabe
                              abgehauenes Stück wurde zur Hellrothgluth erhitzt und darauf so lange in die kochende Salzlösung
                              getaucht, bis das Metall die Temperatur des Bades (etwa 110° C.) angenommen
                              hatte. Es zeigt sich bei diesem Verfahren eine ziemlich merkwürdige Erscheinung;
                              sobald das rothglühende Eisen in die gedachte Flüssigkeit eingetaucht wird,
                              überzieht es sich mit einer Schicht von weißem Salze, welche das Metall von der
                              Flüssigkeit isolirt und sicherlich zur Verzögerung des Erkaltens beiträgt. Das auf
                              solche Weise abgelöschte Eisen ließ sich nach dieser Behandlung in kaltem Zustande
                              vollständig zusammenbiegen, hatte also die Beschaffenheit wieder angenommen, welche
                              der Stab vor dem Verbrennen besessen hatte.Reines, zum Kochen erhitztes Wasser kann zu diesem Zwecke ebenfalls verwendet
                                    werden; seine Wirkungen treten jedoch nicht so deutlich hervor.
                              
                           Sonach ermöglicht das Ablöschen in kochendem, mit Kochsalz gesättigtem Wasser die
                              Wiederherstellung von verbranntem Schmiedeeisen. Die
                              Praktiker werden daher künftig stets gut thun, fertige Schmiedestücke dieser
                              Operation zu unterwerfen; sind sie gut gearbeitet, so schadet ihnen das Ablöschen in
                              keiner Weise; haben sie dagegen zu starke oder zu langdauernde Hitzen ausgehalten,
                              so erhalten sie durch jene Behandlung die Eigenschaften, welche sie in Folge eines
                              guten Ausschmiedens erlangt hätten.
                           Sicherlich existiren noch andere Flüssigkeiten, andere Lösungen, welche, wenn man sie
                              in derselben Weise wie die Kochsalzlösung anwendet, zu denselben Resultaten führen
                              würden; ich habe die letztere nur angeführt, weil sie wohl die billigste und
                              gleichzeitig die am leichtesten zu beschaffende Härtungsflüssigkeit seyn dürfte.