| Titel: | Ueber die qualitative und quantitative Untersuchung des chromsauren Bleioxydes auf Verfälschungen; von G. C. Wittstein. | 
| Autor: | G. C. Wittstein | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XLVIII., S. 280 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XLVIII.
                        Ueber die qualitative und quantitative
                           Untersuchung des chromsauren Bleioxydes auf Verfälschungen; von G. C. Wittstein.
                        Wittstein, über Untersuchung des chromsauren Bleioxydes auf
                           Verfälschungen.
                        
                     
                        
                           Die in diesem Journal Bd. CCIX S. 315
                              (zweites Augustheft 1873) enthaltene Mittheilung von Duvillier über die Prüfung des chromsauren Bleioxydes auf schwefelsaures
                              Bleioxyd veranlaßt mich, auf denselben Gegenstand zurückzukommen, weil das
                              empfohlene quantitative Verfahren zu wünschen übrig läßt, indem der Verfasser nach
                              seinem eigenen Geständniß, den wirklichen Gehalt an schwefelsaurem Bleioxyd um fast
                              3 Procent zu niedrig gefunden hat. Ich glaube nämlich, etwas Besseres dafür
                              darbieten zu können, da in meinem Laboratorium häufig Untersuchungen von derlei
                              Farben vorkommen, und dabei Erfahrungen gemacht worden sind, welche zu sicheren und
                              genauen Resultaten geführt haben.
                           
                           Die hauptsächlichsten Verfälschungen des als Chromgelb, Chromorange, Chromroth im
                              Handel vorkommenden chromsauren Bleioxydes bestehen in schwefelsaurem Bleioxyd und
                              schwefelsaurem Baryt; man trifft aber auch schwefelsauren Kalk (Gyps) darin, und
                              selbst kohlensauren Kalk (Kreide). Letzterer Zusatz ist allerdings nicht glücklich
                              gewählt, denn er verräth sich sofort beim Uebergießen der Farbe mit einer Säure
                              durch das entstehende Brausen.
                           Im Nachfolgenden werde ich auf alle vier genannten Verfälschungsmittel Rücksicht
                              nehmen, dagegen auf die in dem Bleichromate hier und da enthaltenen
                              Verunreinigungen, wie Eisenoxyd, Thonerde und Kieselerde, keine Rücksicht nehmen, um
                              den Untersuchungsgang nicht zu verwickelt zu machen, zumal derartige Materien
                              zusammen nie über 1 Procent betragen und daher auch nicht wohl gerügt werden
                              dürfen.
                           
                        
                           I.Qualitative
                                 Untersuchung.
                           a) Man übergießt in einem Glaskölbchen 1 Grm. der Farbe
                              (mehr davon anzuwenden ist nicht nöthig) mit 7 Grm. reiner Salzsäure von 1,12 spec.
                              Gewicht. Ein dadurch entstehendes Brausen zeigt Kohlensäure, resp. kohlensauren Kalk oder Kreide an.
                           b) Man erwärmt hierauf und zwar so lange, bis der etwa
                              verbliebene Satz völlig weiß erscheint und nicht wieder verschwindet. Nun setzt man
                              1 Grm Weingeist von 90 Proc. hinzu, fährt mit dem Erhitzen fort, bis die anfängliche
                              gelbe Farbe der Lösung in eine rein grüne (d.h. bis die Chromsäure vollständig in
                              Chromchlorid) übergegangen ist, fügt dann noch 100 Grm. Wasser hinzu, filtrirt,
                              sammelt den Niederschlag im Filter und wäscht ihn so lange aus, bis die ablaufende
                              Flüssigkeit nicht mehr sauer reagirt, und, wenn sie anfangs durch Baryumchlorid
                              getrübt ward, eine solche Trübung nicht mehr gibt. Der nunmehrige Inhalt des Filters
                              ist schwefelsaurer Baryt oder Schwerspath.
                           c) Hatte das Filtrat eine Reaction auf Schwefelsäure gegeben, so ist diese entweder an Bleioxyd
                              oder an Kalk oder an beide gebunden.
                           d) Man gibt zu dem Filtrate 1 Grm. krystallisirtes
                              schwefelsaures Natron, rührt bis zum Verschwinden desselben um und stellt in die
                              Ruhe. Ein dadurch erzeugter feiner weißer Niederschlag besteht aus schwefelsaurem Bleioxyd.
                           e) Das schwefelsaure Bleioxyd wird abfiltrirt, das
                              Filtrat mit Ammoniak im Ueberschuß versetzt, wodurch alles Chrom als Oxydhydrat herausfällt, und nach
                              Beseitigung desselben Oxalsäure hinzugefügt. Eine dadurch erzeugte Trübung rührt von
                              Kalk her.
                           
                        
                           II.Quantitative
                                 Untersuchung.
                           1) Verfälschung mit schwefelsaurem Baryt. – Man
                              verfährt ganz so, wie I a und b angegeben ist, wägt den schwefelsauren Baryt nach dem Glühen und findet
                              aus dem Verluste die Menge des chromsauren Bleioxydes.
                           Will man zur Controlle auch dieses durch Wägung bestimmen, so fällt man aus der vom
                              schwefelsauren Baryt abfiltrirten Flüssigkeit das Blei durch schwefelsaures Natron,
                              und berechnet aus dem geglühten Niederschlage das Bleioxyd. Ferner fällt man aus der
                              vom schwefelsauren Bleioxyde getrennten Flüssigkeit das Chromoxyd durch Ammoniak und
                              berechnet aus dem geglühten Niederschlage die Chromsäure. 1Cr²O³ =
                              2CrO³.
                           2) Verfälschung mit schwefelsaurem Bleioxyd. – Man
                              erhitzt in einer Porzellanschale 1 Grm. der Farbe und 2 Grm. krystallisirtes
                              kohlensaures Natron mit 50 Grm. Wasser unter Umrühren und zuweiligem Ersetzen des
                              verdunsteten Wassers eine halbe Stunde lang. Dadurch tritt alle Chromsäure und
                              Schwefelsäure an das Natron, und das Bleioxyd scheidet sich aus (anfangs als
                              Carbonat, welches aber bald in schmutzig ziegelrothes wasserfreies Oxyd übergeht),
                              sammelt dieses in einem Filter und wäscht es aus. Es kann als Controll-Object
                              nach dem Trocknen und Erhitzen bis nahe zum Glühen gewogen werden.
                           Die von dem Bleioxyde getrennte alkalische Flüssigkeit wird mit Salzsäure stark
                              übersättigt, die Schwefelsäure durch Baryumchlorid gefällt, und aus dem erhaltenen
                              schwefelsauren Baryt die Schwefelsäure, oder auch gleich das derselben entsprechende
                              schwefelsaure Bleioxyd berechnet. BaO + SO³ = PbO + SO³. – Der
                              nach Abzug des letzteren von 1 Grm. der Farbe übrig bleibende Rest ist chromsaures
                              Bleioxyd.
                           Der hier erhaltene schwefelsaure Baryt hat fast immer einen Stich in's Gelbliche,
                              herrührend von adhärirendem chromsauren Baryt, welcher sich durch Waschen mit Wasser
                              nicht entfernen läßt, aber so äußerst wenig beträgt, daß er bei solchen
                              Untersuchungen vernachlässigt werden kann. Will man ihn indessen ganz weiß haben, so
                              muß er nach dem Auswaschen noch einmal mit Salzsäure heiß behandelt werden.
                           Als zweites Controll-Object kann die von dem schwefelsauren Baryt abfiltrirte
                              Flüssigkeit, welche noch alle Chromsäure enthält, dienen. Man versetzt sie mit einer neuen
                              Portion Baryumchlorid und sättigt hierauf genau mit Ammoniak, wodurch die Chromsäure
                              als chromsaurer Baryt herausfällt. Als Beweis der vollständigen Befreiung der
                              Flüssigkeit von der Chromsäure dient ihre nunmehrige völlige Farblosigkeit; ein noch
                              vorhandener Stich in's Gelbe würde einen weiteren Zusatz von Baryumchlorid nöthig
                              machen. Der chromsaure Baryt wird nach dem Glühen gewogen,
                           3) Verfälschung mit schwefelsaurem Kalk. – Man
                              kocht 1/2 Grm. der Farbe mit 100 Grm. Wasser, unter zuweiligem Ersetzen desselben,
                              1/2 Stunde lang, filtrirt, wäscht den Rückstand aus, bis die ablaufende Flüssigkeit
                              sich mit Baryumchlorid nicht mehr trübt, trocknet, glüht schwach und wägt ihn. Was
                              er weniger wiegt als das in Arbeit genommene Quantum Farbe, ist schwefelsaurer Kalk,
                              der aber als CaO + SO³ + 2HO Rechnung zu bringen ist, da man wohl nie
                              gebrannten, sondern den gewöhnlichen wasserhaltigen Gyps der Farbe zumischen
                              wird.
                           Der Gyps kann natürlich auch eigens in dem Filtrate entweder durch Eindampfen zur
                              Trockne oder durch Ausfällen seiner Schwefelsäure mittelst Baryumchlorid bestimmt
                              werden.
                           4) Verfälschung mit kohlensaurem Kalk. – In einem
                              Kohlensäure-Apparate behandelt man 1 Grm. der Farbe mit 5 Grm. Salzsäure von
                              1,12 spec. Gew., erfährt durch den entstandenen Gewichtsverlust die Menge der
                              vorhandenen Kohlensäure, und berechnet daraus die des kohlensauren Kalkes (der
                              Kreide).
                           5) Verfälschung mit schwefelsaurem Baryt, schwefelsaurem
                                 Bleioxyd, schwefelsaurem Kalk und kohlensaurem Kalk. – Der
                              Vollständigkeit wegen soll nun auch der, indessen wohl nur selten vorkommende Fall
                              einer Fälschung mit allen vier genannten Verbindungen zusammen berücksichtigt
                              werden.
                           Man kocht, wie in Nr. 2, in einer Porzellanschale 1 Grm. der Farbe mit 2 Grm.
                              krystallisirter Soda und 50 Grm. Wasser unter Umrühren und zuweiligem Ersetzen des
                              verdunsteten Wassers eine halbe Stunde lang, filtrirt, sammelt den Absatz im Filter,
                              wäscht ihn vollständig aus, spült ihn in die Schale zurück, löst ihn mit
                              Unterstützung sehr mäßiger Wärme in Essigsäure, fällt aus der, von etwa noch
                              vorhandenem schwefelsauren Baryt (erster schwefelsaurer Baryt) getrennten Lösung das
                              Bleioxyd durch Schwefelwasserstoff, sammelt das entstandene Schwefelblei auf einem
                              tarirten Filter, trocknet es bei 100° C., wägt es und berechnet daraus das
                              ihm entsprechende Bleioxyd: PbS = PbO. Hierauf fällt man durch verdünnte
                              Schwefelsäure den Baryt, und nach Abscheidung des schwefelsauren Baryts (zweiter schwefelsaurer Baryt) den Kalk durch oxalsaures
                              Ammoniak.
                           Die von dem vereinigten Bleioxyd-, Baryt- und Kalk-Niederschlage
                              getrennte alkalische Flüssigkeit, wird abermals, wie in Nr. 2, mit Salzsäure stark
                              übersättigt, die Schwefelsäure durch Baryumchlorid (dritter schwefelsaurer Baryt), und hierauf die Chromsäure durch Abstumpfen
                              mit Ammoniak, nöthigenfalls unter nochmaligem Zusatze von Baryumchlorid,
                              ausgefällt.
                           Die Vertheilung geschieht dann auf folgende Weise: Da der in der Farbe enthaltene
                              Schwerspath schon oben (in einer oder zwei Wägungen – als erster und zweiter
                              schwefelsaurer Baryt) direct ermittelt worden ist, so bleiben nur noch die Mengen
                              der Bleioxyd- und Kalkverbindungen zu berechnen übrig.
                           Zu diesem Zwecke bindet man die als chromsaurer Baryt erhaltene Chromsäure an
                              Bleioxyd zu PbO + CrO³ (Chromgelb) oder 2PbO + CrO³ (Chromroth), den
                              Rest des Bleioxydes an Schwefelsäure zu PbO + CO³ den nach Abzug dieser
                              Schwefelsäure und der Schwefelsäure des zweiten
                              schwefelsauren Baryts von der Schwefelsäure des dritten
                              schwefelsauren Baryts verbliebenen Rest Schwefelsäure an Kalk zu schwefelsaurem Kalk
                              mit Wasser = CaO + SO³ + 2HO, endlich den nach Abzug dieses Kalkes von dem
                              durch die Oxalsäure erhaltenen Gesammtkalk an Kohlensäure zu CaO + CO².
                           6) Obgleich das Bleichromat und die genannten Verfälschungsmittel, mit Ausnahme des
                              Gypses, kein Wasser enthalten, so wird man, auch bei genauester Arbeit, doch
                              gewöhnlich einen Verlust an 1 bis 3 Proc. erleiden, der dann aus hygroskopischem
                              Wasser besteht.
                           Um hierüber keinen Zweifel zu lassen, bestimme man in 1 Grm. der Farbe den beim
                              Erhitzen bis nahe zum Glühen sich ergebenden Gewichtsverlust, und bringe denselben,
                              nach Abzug des, etwa vorhandenem Gypse angehörenden Wasserquantums, als hygroskopisches Wasser in Rechnung.