| Titel: | Ueber den Kohlensäuregehalt der Atmosphäre; von P. Truchot. | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XLIX., S. 285 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XLIX.
                        Ueber den Kohlensäuregehalt der Atmosphäre; von
                           P. Truchot.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXXVII p. 673; September
                              1873.
                        Truchot, über den Kohlensäuregehalt der Atmosphäre.
                        
                     
                        
                           Die Ermittelung des Gehaltes an Kohlensäure, Ammoniak und Salpetersäure, welche die
                              atmosphärische Luft, das Regenwasser und der Schnee enthält, hat praktisch für die
                              Agricultur ein großes Interesse, welches den Verf. veranlaßte, die Reihe der
                              hierüber bereits existirenden Analysen durch neue zu erweitern, deren erste
                              Resultate er hiermit vorlegt. Sie beziehen sich auf die Menge Kohlensäure, die in
                              der Atmosphäre unter verschiedenen Bedingungen und in verschiedenen Höhen
                              vorkommt.
                           Die Dosirung ist in der Weise ausgeführt, daß man Luft durch vorher titrirtes
                              Barytwasser streichen und dann das gebildete Carbonat sich absetzen läßt; hierauf
                              titrirt man von Neuem die darüber stehende klare Flüssigkeit, von der man mittelst
                              der Pipette eine gemessene Menge entnimmt.
                           Zu diesem Zwecke wurde ein Woolf'scher Apparat aus vier an
                              einem Ende geschlossenen Röhren von 10 Centimeter Höhe und 2 Centimeter Durchmesser
                              gebildet, die mit einander wie gewöhnlich durch Glasröhren verbunden sind. Jede
                              dieser Röhren enthält 10 Kub. Cent. Barytwasser, das mittelst einer Flüssigkeit
                              titrirt ist, welche im Liter 4,9 Grm. Schwefelsäure enthält. Man läßt dann 10 bis 20
                              Liter Luft durch den Apparat mittelst eines gewöhnlichen Aspirators langsam
                              durchstreichen und erhält eine sehr genaue Angabe des Kohlensäuregehaltes.
                           Bei allen Versuchen war die Flüssigkeit der vierten Röhre, die dem Aspirator am
                              nächsten ist, stets klar geblieben, die dritte bot oft nur eine sehr leichte
                              Trübung. Nachdem die Luft durchgestrichen, ließ man den kohlensauren Baryt absetzen
                              und nahm aus jeder der drei Röhren 5 Kubikcentimeter Flüssigkeit. Diese 15
                              Kubikcentimeter Flüssigkeit wurden in ein Gefäß geschüttet und mit der titrirten
                              Schwefelsäure-Lösung gesättigt. Eine einfache Rechnung gibt dann das
                              Verhältniß der gebundenen Kohlensäure. Die Beobachtung des Thermometers und des
                              Barometers ermöglichte, das Luftvolumen auf 0° und 760 Millimeter Druck zu
                              reduciren.
                           
                              „Fast tägliche Beobachtungen sind in Clermont-Ferrand während der
                                 Monate Juli und August angestellt worden, theils auf einer hohen Terrasse eines Hauses dicht
                                 am Eintritt der Limagne, theils auf dem Lande, einige Kilometer von der Stadt
                                 entfernt.
                              
                           Nachstehendes sind die Mittel der Resultate, die unter verschiedenen Umständen
                              erhalten wurden (die Zahlen drücken die Volume in 10000 Theilen Luft aus):
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 210, S. 286
                              
                           Diese Zahlen zeigen:
                           1) daß die Menge der Kohlensäure etwas größer ist Nachts wie am Tage, was bereits
                              früher besonders durch Theodor de Saussure festgestellt
                              war, der in 10000 Volumen Luft 4 Volumen am Tage und 4,3 Volumen in der Nacht
                              gefunden, und durch Boussingault, der 3,9 Volumen am Tage
                              und 4,2 in der Nacht erhalten.
                           2) Daß das Verhältniß der Kohlensäure nicht merklich höher ist in der Stadt, wie auf
                              dem Lande, fern vom directen Einflusse der Vegetation; es muß jedoch bemerkt werden,
                              daß die Terrasse, auf welcher die Beobachtungen gemacht sind, sich an einem Ende der
                              Stadt befindet, und die analysirte Luft von ihr wenig beeinflußt war; aber
                              bekanntlich hat auch Hr. Boussingault festgestellt, daß
                              die atmosphärische Luft in der Stadt nicht mehr CO² enthält als auf dem Lande.
                           3) Daß in der Nähe der Pflanzen mit grünen Blättern in voller Vegetation die Menge
                              der Kohlensäure beträchtlich schwankt, je nachdem diese grünen Theile von der Sonne
                              beleuchtet, oder im Schatten, oder ganz im Dunkeln sind, was mit bekannten
                              Thatsachen der Pflanzenphysiologie harmonirt.
                           4) Daß als allgemeines Mittel sich 4,09 Volumen auf 10000 Volumtheile Luft ergibt,
                              welche Zahl sehr nahe kommt denen, die erhalten wurden von de
                                 Saussure (4,15), Thenard (4,0), Verver (4,2), Boussingault
                              (4,0); aber sie ist bedeutend höher, als die, welche in jüngster Zeit deutsche
                              Forscher erhielten: Fr. Schulze (2,9) in Rostock und Henneberg (3,2) in Weende.
                           Alle diese Resultate beziehen sich auf Luft an der Oberfläche des Bodens, da, wo die
                              Vegetation, die Gährungen, die Verbrennungen die Kohlensäure abwechselnd erzeugen
                              oder zerstören. Es war nun von Interesse zu wissen, ob das Verhältniß dieses Gases
                              in der Luft mit der Höhe variire. Die Nähe des Puy-de-Dome regte die
                              Idee an, diese Untersuchung anzustellen. Ich habe daher ziemlich gleichzeitig die
                              Kohlensäure dosirt zu
                              Clermont-Ferrand, in einer Höhe von 395 Meter über dem Meeresspiegel, auf dem
                              Gipfel des Puy-de-Dome, der 1446 Meter hoch ist, und auf dem Gipfel
                              des Pic Sancy, der 1884 Meter mißt.
                           Nachstehende Tabelle gibt die erhaltenen Resultate:
                           
                              
                                 Höhe
                                 Temperatur
                                 Barometerstand
                                 Vol. CO² in 10000 Luft
                                 
                              
                                   359 Met.
                                   25°
                                   725 Millimet.
                                 3,13
                                 
                              
                                 1446
                                 21
                                   638
                                 2,03
                                 
                              
                                 1884
                                  6
                                   578
                                 1,72
                                 
                              
                           Das Verhältniß der Kohlensäure nimmt, wie man sieht, ziemlich schnell ab in dem
                              Maaße, als man sich in der Atmosphäre erhebt, und dieses Resultat hat nichts
                              Ueberraschendes, wenn man bedenkt, einerseits, daß die Kohlensäure sich an der
                              Oberfläche des Bodens bildet, andererseits, daß sie bedeutend schwerer ist als die
                              Luft.