| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. , S. 71 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Deutsches Münzgesetz vom 9. Juli 1873.
                           Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
                              Preußen etc. verordnen im Namen des Deutschen Reiches, nach erfolgter Zustimmung des
                              Bundesrathes und des Reichstages was folgt:
                           Art 1. An die Stelle der in Deutschland geltenden Landeswährungen tritt die
                              Reichsgoldwährung. Ihre Rechnungseinheit bildet die Mark, wie solches durch
                              §. 2 des Gesetzes vom 4. December 1871, betreffend die Ausprägung von
                              Reichsgoldmünzen (Reichsgesetzblatt S. 404), festgestellt worden ist.
                           Der Zeitpunkt an welchem die Reichswährung im gesammten Reichsgebiete in in Kraft
                              treten soll, wird durch eine mit Zustimmung des Bundesrathes zu erlassende,
                              mindestens drei Monate vor dem Eintritt dieses Zeitpunktes zu verkündende Verordnung
                              des Kaisers bestimmt. Die Landesregierungen sind ermächtigt, auch vor diesem
                              Zeitpunkte für ihr Gebiet die Reichsmarkrechnung im Verordnungswege einzuführen.
                           Art. 2. Außer den in dem Gesetze vom 4. December 1871 bezeichneten Reichsgoldmünzen
                              sollen ferner ausgeprägt werden Reichsgoldmünzen zu fünf Mark, von welchen aus einem
                              Pfunde feinen Goldes 279 Stück ausgebracht werden. Die Bestimmungen der
                              §§. 4, 5, 7, 8 und 9 jenes Gesetzes finden auf diese Münzen
                              entsprechende Anwendung, jedoch mit der Maaßgabe, daß bei denselben die Abweichung
                              in Mehr oder Weniger im Gewicht (§. 7) vier Tausendtheile und der Unterschied
                              zwischen dem Normalgewicht und dem Passirgewicht (§. 9) acht Tausendtheile
                              betragen darf.
                           Art. 3. Außer den Reichsgoldzmünzen sollen als Reichsmünzen und zwar:
                           1) als Silbermünzen: Fünfmarkstücke, Zweimarkstücke, Einmarkstücke,
                              Fünfzigpfennigstücke und Zwanzigpfennigstücke;
                           2) als Nickelmünzen: Zehnpfennigstücke und Fünfpfennigstücke;
                           
                           3) als Kupfermünzen: Zweipfennigstücke und Einpfennigstücke nach Maaßgabe folgender
                              Bestimmungen ausgeprägt werden.
                           §. 1. Bei Ausprägung der Silbermünzen wird das Pfund feinen Silbers in 20
                              Fünfmarkstücke, 50 Zweimarkstücke, 100 Einmarkstücke, 200 Fünfzigpfennigstücke und
                              in 500 Zwanzigpfennigstücke ausgebracht.
                           Das Mischungsverhältniß beträgt 900 Theile Silber und 100 Theile Kupfer, so daß 90
                              Mark in Silbermünzen 1 Pfd. wiegen.
                           Das Verfahren bei Ausprägung dieser Münzen wird vom Bundesrath festgestellt. Bei den
                              einzelnen Stücken darf die Abweichung in Mehr oder Weniger im Feingehalt nicht mehr
                              als drei Tausendtheile, im Gewicht, mit Ausnahme der Zwanzigpfennigstücke, nicht
                              mehr als zehn Tausendtheile betragen. In der Masse aber müssen das Normalgewicht und
                              der Normalgehalt bei allen Silbermünzen innegehalten werden.
                           §. 2. Die Silbermünzen über eine Mark tragen auf der einen Seite den
                              Reichsadler mit der Inschrift „Deutsches Reich“ und mit der
                              Angabe des Werthes in Mark, sowie mit der Jahreszahl der Ausprägung, auf der anderen
                              Seite das Bildniß des Landesherrn, beziehungsweise das Hoheitszeichen der freien
                              Städte mit einer entsprechenden Umschrift und dem Münzzeichen. Durchmesser der
                              Münzen, Beschaffenheit und Verzierung der Ränder derselben werden vom Bundesrathe
                              festgestellt.
                           §. 3. Die übrigen Silbermünzen, die Nickel- und Kupfermünzen tragen auf
                              der einen Seite die Werthangabe, die Jahreszahl und die Inschrift
                              „Deutsches Reich,“ auf der anderen Seite den Reichsadler
                              und das Münzzeichen. Die näheren Bestimmungen über Zusammensetzung, Gewicht und
                              Durchmesser dieser Münzen, sowie über die Verzierung der Schriftseite und die
                              Beschaffenheit der Ränder werden vom Bundesrathe festgestellt.
                           §. 4. Die Silber-, Nickel- und Kupfermünzen werden auf den
                              Münzstätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit erklären, ausgeprägt.
                              Die Ausprägung und Ausgabe dieser Münzen unterliegt der Beaufsichtigung des Reiches.
                              Der Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrathes die auszuprägenden
                              Beträge, die Verkeilung dieser Beträge auf die einzelnen Münzgattungen und auf die
                              einzelnen Münzstätten und die den letzteren für die Prägung jeder einzelnen
                              Münzgattung gleichmäßig zu gewährende Vergütung. Die Beschaffung der Münzmetalle für
                              die Münzstätten erfolgt auf Anordnung des Reichskanzlers.
                           Art. 4. Der Gesammtbetrag der Reichssilbermünzen soll bis auf Weiteres zehn Mark für
                              den Kopf der Bevölkerung des Reiches nicht übersteigen.
                           Bei jeder Ausgabe dieser Münzen ist eine dem Werthe nach gleiche Menge der
                              umlaufenden großen Landessilbermünzen und zwar zunächst der nicht dem
                              Dreißigthalerfuße angehörenden einzuziehen. Der Werth wird nach der Vorschrift im
                              Art. 14 §. 2 berechnet.
                           Art. 5. Der Gesammtbetrag der Nickel- und Kupfermünzen soll zwei und eine
                              halbe Mark für den Kopf der Bevölkerung des Reiches nicht übersteigen.
                           Art. 6. Von den Landesscheidemünzen sind:
                           1) die auf andere als Thalerwährung lautenden, mit Ausschluß der bayerischen Heller
                              und der mecklenburgischen nach dem Marksystem ausgeprägten Fünf-,
                              Zwei- und Einpfennigstücke,
                           2) die auf der Zwölftheilung des Groschens beruhenden Scheidemünzen zu 2 und 4
                              Pfennigen,
                           3) die Scheidemünzen der Thalerwährung, welche auf einer anderen Eintheilung des
                              Thalers, als der in 30 Groschen beruhen, mit Ausnahme der Stücke im Werthe von 1/12
                              Thaler, bis zu dem Zeitpunkte des Eintrittes der Reichswährung (Art. 1)
                              einzuziehen.
                           Nach diesem Zeitpunkte ist Niemand verpflichtet, diese Scheidemünzen in Zahlungen zu
                              nehmen, als die mit der Einlösung derselben beauftragten Cassen.
                           Art. 7. Die Ausprägung der Silber-, Nickel- und Kupfermünzen (Art. 3),
                              sowie die vom Reichskanzler anzuordnende Einziehung der Landessilbermünzen und
                              Landesscheidemünzen erfolgt auf Rechnung des Reiches.
                           Art. 8. Die Anordnung der Außercourssetzung von Landesmünzen und Feststellung der für
                              dieselbe erforderlichen Vorschriften erfolgt durch den Bundesrath.
                           Die Bekanntmachung über Außercourssetzung von Landesmünzen und Feststellung der für
                              dieselbe erforderlichen Vorschriften erfolgt durch den Bundesrath.
                           
                           Die Bekanntmachungen über Außercourssetzung von Landesmünzen sind außer in den zu der
                              Veröffentlichung von Landesverordnungen bestimmten Blättern auch durch das
                              Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen.
                           Eine Außercourssetzung darf erst eintreten, wenn eine Einlösungsfrist von mindestens
                              vier Wochen festgesetzt und mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufe durch die
                              vorbezeichneten Blätter bekannt gemacht worden ist.
                           Art. 9. Niemand ist verpflichtet Reichssilbermünzen im Betrage von mehr als zwanzig
                              Mark, und Nickel- und Kupfermünzen im Betrage von mehr als einer Mark in
                              Zahlung zu nehmen.
                           Von den Reichs- und Landescassen werden Reichsmünzen in jedem Betrage in
                              Zahlungen genommen. Der Bundesrath wird diejenigen Cassen bezeichnen, welche
                              Reichsgoldmünzen gegen Einzahlung von Reichssilbermünzen in Beträgen von mindestens
                              200 Mark oder von Nickel- und Kupfermünzen in Beträgen von mindestens 50 Mark
                              auf Verlangen verabfolgen. Derselbe wird zugleich die näheren Bedingungen des
                              Umtausches festsetzen.
                           Art. 10. Die Verpflichtung zur Annahme und zum Umtausch (Art. 9) findet auf
                              durchlöcherte und anders, als durch den gewöhnlichen Umlauf im Gewicht verringerte,
                              ingleichen auf verfälschte Münzstücke keine Anwendung.
                           Reichs-Silber-, Nickel- und Kupfermünzen, welche in Folge
                              längerer Circulation und Abnutzung an Gewicht oder Erkenntlichkeit erheblich
                              eingebüßt haben, werden zwar noch von allen Reichs- und Landescassen
                              angenommen, sind aber auf Rechnung des Reiches einzuziehen.
                           Art. 11. Eine Ausprägung von anderen, als den durch dieses Gesetz eingeführten
                              Silber-, Nickel- und Kupfermünzen findet nicht ferner statt. Die durch
                              die Bestimmung in §. 10 des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von
                              Reichsgoldmünzen, vom 4. December 1871 (Reichsgesetzblatt Seite 404), vorbehaltene
                              Befugniß, Silbermünzen als Denkmünzen auszuprägen, erlischt mit dem 31. December
                              1873.
                           Art. 12. Die Ausprägung von Reichsgoldmünzen geschieht auch ferner nach Maaßgabe der
                              Bestimmung im §. 6 des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von
                              Reichsgoldmünzen, vom 4. December 1871 (Reichsgesetzblatt Seite 404), auf Rechnung
                              des Reiches.
                           Privatpersonen haben das Recht auf denjenigen Münzstätten, welche sich zur Ausprägung
                              aus Reichsrechnung bereit erklärt haben, Zwanzigmarkstücke für ihre Rechnung
                              ausprägen zu lassen, soweit diese Münzstätten nicht für das Reich beschäftigt
                              sind.
                           Die für solche Ausprägungen zu erhebende Gebühr wird vom Reichskanzler mit Zustimmung
                              des Bundesrathes festgestellt, darf aber das Maximum von 7 Mark auf das Pfund fein
                              Gold nicht übersteigen.
                           Die Differenz zwischen dieser Gebühr und der Vergütung, welche die Münzstätte für die
                              Ausprägung in Anspruch nimmt, fließt in die Reichscasse. Die Differenz muß für alle
                              Münzstätten dieselbe seyn.
                           Die Münzstätten dürfen für die Ausprägung keine höhere Vergütung in Anspruch nehmen,
                              als die Reichscasse für die Ausprägung von Zwanzigmarkstücken gewährt.
                           Art. 13. Der Bundesrath ist befugt:
                           1) den Werth zu bestimmen, über welchen hinaus fremde Gold- und Silbermünzen
                              nicht in Zahlungen angeboten und gegeben werden dürfen, sowie den Umlauf fremder
                              Münzen gänzlich zu untersagen;
                           2) zu bestimmen, ob ausländische Münzen von Reichs- oder Landescassen zu einem
                              öffentlich bekannt zu machenden Course im inländischen Verkehr in Zahlungen genommen
                              werden dürfen, auch in solchem Falle den Cours festzusetzen.
                           Gewohnheitsmäßige oder gewerbsmäßige Zuwiderhandlungen gegen die vom Bundesrathe in
                              Gemäßheit der Bestimmungen unter 1 getroffenen Anordnungen werden bestraft mit
                              Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen.
                           Art. 14. Von dem Eintritt der Reichswährung an gelten folgende Vorschriften:
                           §. 1. Alle Zahlungen, welche bis dahin in Münzen einer inländischen Währung
                              oder in landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländischen
                              Münzen zu leisten waren, sind vorbehaltlich der Vorschriften Art. 9, 15 und 16 in
                              Reichsmünzen zu leisten.
                           
                           §. 2. Die Umrechnung solcher Goldmünzen, für welche ein bestimmtes Berhältniß
                              zu Silbermünzen gesetzlich nicht feststeht, erfolgt nach Maaßgabe des Verhältnisses
                              des gesetzlichen Feingehaltes derjenigen Münzen, auf welche die
                              Zahlungsverpflichtung lautet, zu dem gesetzlichen Feingehalte der
                              Reichsgoldmünzen.
                           Bei der Umrechnung anderer Münzen werden
                           der Thaler zum Werthe von 3 Mark,
                           der Gulden süddeutscher Währung zum Werthe von 15/7 Mark,
                           die Mark lübeckischer und hamburgischer Courantwährung zum Werthe
                              von 1 1/5 Mark, die übrigen Münzen derselben Währungen zu entsprechenden Werthen
                              nach ihrem Verhältniß zu den genannten berechnet.
                           Bei der Umrechnung werden Bruchtheile von Pfennigen der Reichswährung zu einem
                              Pfennig berechnet, wenn sie einen halben Pfennig oder mehr betragen, Bruchtheile
                              unter einem halben Pfennig werden nicht gerechnet.
                           §. 3. Werden Zahlungsverpflichtungen nach Eintritt der Reichswährung unter
                              Zugrundelegung vormaliger inländischer Geld- oder Rechnungswährungen
                              begründet, so ist die Zahlung vorbehaltlich der Vorschriften Art. 9, 15 und 16 in
                              Reichsmünzen unter Anwendung der Vorschriften des §. 2 zu leisten.
                           §. 4. In allen gerichtlich oder notariell aufgenommenen Urkunden, welche auf
                              einen Geldbetrag lauten, deßgleichen in allen zu einem Geldbetrag verurtheilenden
                              gerichtlichen Entscheidungen ist dieser Geldbetrag, wenn für denselben ein
                              bestimmtes Verhältnis zur Reichswährung gesetzlich feststeht, in Reichswährung
                              auszudrücken; woneben jedoch dessen gleichzeitige Bezeichnung nach derjenigen
                              Währung, in welcher ursprünglich die Verbindlichkeit begründet war, gestattet
                              bleibt.
                           Art. 15. An Stelle der Reichsmünzen sind bei allen Zahlungen bis zur
                              Außercourssetzung anzunehmen:
                           1) im gesammten Bundesgebiet an Stelle aller Reichsmünzen die Ein- und
                              Zweithalerstücke deutschen Gepräges unter Berechnung des Thalers zu 3 Mark;
                           2) im gesammten Bundesgebiete an Stelle der Reichssilbermünzen, Silbercourantmünzen
                              deutschen Gepräges zu 1/3 und 1/6 Thaler unter Berechnung des 1/3 Thalerstückes zu
                              einer Mark und des 1/6 Thalerstückes zu einer halben Mark;
                           3) in denjenigen Ländern in welchen gegenwärtig die Thalerwährung gilt, an Stelle der
                              Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die nachbezeichneten Münzen der
                              Thalerwährung zu den daneben bezeichneten Werthen:
                           
                              
                                 1/12
                                 Thalerstücke
                                 zum
                                 Werthe
                                 von
                                 25
                                 Pfennig,
                                 
                              
                                 1/15
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 20
                                 „
                                 
                              
                                 1/30
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 10
                                 „
                                 
                              
                                 1/2  
                                 Groschenstücke
                                 „
                                 „
                                 „
                                   5
                                 „
                                 
                              
                                 1/5  
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   2
                                 „
                                 
                              
                                 1/10 und 1/12
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   1
                                 „
                                 
                              
                           4) in denjenigen Ländern, in welchen die Zwölftheilung des Groschens besteht, an
                              Stelle der Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die auf der Zwölftheilung
                              des Groschens beruhenden Dreipfennigstücke zum Werthe von 2 1/2 Pfennig;
                           5) in Bayern an Stelle der Reichskupfermünzen die Hellerstücke zum Werthe von 1/2
                              Pfennig;
                           6) in Mecklenburg an Stelle der Reichskupfermünzen die nach dem Marksystem
                              ausgeprägten Fünfpfennigstücke, Zweipfennigstücke und Einpfennigstücke zum Werthe
                              von 5, 2 und 1 Pfennig.
                           Die sämmtlichen sub. 3 und 4 verzeichneten Münzen sind an
                              allen öffentlichen Cassen des gesammten Bundesgebietes zu den angegebenen Werthen
                              bis zur Außercourssetzung in Zahlung anzunehmen.
                           Art. 16. Deutsche Goldkronen, Landesgoldmünzen und landesgesetzlich den inländischen
                              Münzen gleichgestellte ausländische Goldmünzen, sowie grobe Silbermünzen, welche
                              einer anderen Landeswährung als der Thalerwährung angehören, sind bis zur
                              Außercourssetzung als Zahlung anzunehmen, soweit die Zahlung nach den bisherigen
                              Vorschriften in diesen Münzsorten angenommen werden mußte.
                           Art. 17. Schon vor Eintritt der Reichsgoldwährung können alle Zahlungen, welche
                              gesetzlich in Münzen einer inländischen Währung oder in ausländischen, den
                              inländischen Münzen landesgesetzlich gleichgestellten Münzen geleistet werden
                              dürfen, ganz oder theilweise in Reichsmünzen, vorbehaltlich der Vorschrift Art. 9,
                              dergestalt geleistet werden, daß die Umrechnung nach den Vorschriften Art. 14
                              §. 2 erfolgt.
                           
                           Art. 18. Bis zum 1. Januar 1876 sind sämmtliche nicht auf Reichswährung lautenden
                              Noten der Banken einzuziehen. Von diesem Termin an dürfen nur solche Banknoten,
                              welche auf Reichswährung in Beträgen von nicht weniger als 100 Mark lauten, im
                              Umlauf bleiben oder ausgegeben werden.
                           Dieselben Bestimmungen gelten für die bis jetzt von Corporationen ausgegebenen
                              Scheine.
                           Das von den einzelnen Bundesstaaten ausgegebene Papiergeld ist spätestens bis zum 1.
                              Januar 1876 einzuziehen und spätestens sechs Monate vor diesem Termine öffentlich
                              aufzurufen. Dagegen wird nach Maaßgabe eines zu erlassenden Reichsgesetzes eine
                              Ausgabe von Reichspapiergeld stattfinden. Das Reichsgesetz wird über die Ausgabe und
                              den Umlauf des Reichspapiergeldes, sowie über die den einzelnen Bundesstaaten zum
                              Zweck der Einziehung ihres Papiergeldes zu gewährenden Erleichterungen die näheren
                              Bestimmungen treffen.
                           Urkundlich unter Unserer Höchsteigenen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen
                              Insiegel.
                           Gegeben Bad Ems, den 9. Juli 1873.
                           (L. S.)
                           (gez.) Wilhelm.
                           (gez.) Fürst v. Bismarck.
                           Nachfolgend stellen wir vollständig die in Zukunft im Umfange des deutschen Reiches
                              geltenden Münzen des Marksystemes nebst den betreffenden Umrechnungswerthen
                              zusammen:
                           a) Goldmünzen.
                           
                              
                                 20
                                 Mark
                                 =
                                 6
                                 Thlr.
                                 20
                                 Sgr.
                                 =
                                 11
                                 fl.
                                 40
                                 kr.
                                 
                              
                                 10
                                 Mark
                                 =
                                 3
                                 Thlr.
                                 10
                                 Sgr.
                                 =
                                   5
                                 fl.
                                 50
                                 kr.
                                 
                              
                                   5
                                 Mark
                                 =
                                 1
                                 Thlr.
                                 20
                                 Sgr.
                                 =
                                   2
                                 fl.
                                 55
                                 kr.
                                 
                              
                           b) Silbermünzen.
                           
                              
                                   5
                                 Mark
                                 =
                                 1
                                 Thlr.
                                 20
                                 Sgr.
                                 =
                                 2
                                 fl.
                                 55
                                 kr.
                                 
                              
                                   2
                                 Mark
                                 =
                                 –
                                 Thlr.
                                 20
                                 Sgr.
                                 =
                                 1
                                 fl.
                                 10
                                 kr.
                                 
                              
                                   1
                                 Mark
                                 =
                                 –
                                 Thlr.
                                 10
                                 Sgr.
                                 =
                                 –
                                 fl.
                                 35
                                 kr.
                                 
                              
                                 50
                                 Pfennige
                                 =
                                 –
                                 Thlr.
                                   5
                                 Sgr.
                                 =
                                 –
                                 fl.
                                 17 1/2
                                 kr.
                                 
                              
                                 20
                                 Pfennige
                                 =
                                 –
                                 Thlr.
                                   2
                                 Sgr.
                                 =
                                 –
                                 fl.
                                   7
                                 kr.
                                 
                              
                           c) Nickelmünzen.
                           
                              
                                 10
                                 Pfennige
                                 =
                                 1 Sgr.
                                 =
                                   3 1/2
                                 kr.
                                 
                              
                                   5
                                 Pfennige
                                 =
                                 1/2 Sgr.
                                 =
                                 13/4
                                 kr.
                                 
                              
                           d) Kupfermünzen.
                           
                              
                                 2
                                 Pfennige
                                 =
                                 1/5
                                 Sgr.
                                 =
                                 7/10
                                 kr.
                                 
                              
                                 1
                                 Pfennig
                                 =
                                 1/10
                                 Sgr.
                                 =
                                 7/20
                                 kr.
                                 
                              
                           
                        
                           Ueber Nickel, seine Production und seine Verwendung in der
                              Industrie und im Münzwesen.
                           Das Nickel wurde als eigenthümliches Metall erst 1751 von Cronstedt entdeckt.
                           Seine Farbe liegt zwischen gelblich-weiß und stahlgrau; es ist stark glänzend
                              und bleibt selbst in feuchter Luft blank, hat die Härte des Eisens, ist vollkommen
                              streck- und dehnbar, fast so strengflüssig wie Stabeisen, magnetisch, von 8,8
                              spec. Gewicht.
                           Nickel findet sich nicht gediegen und kommt überhaupt nur selten, meist in Verbindung
                              mit Arsenik, vor.
                           Eigenthümlich ist das anscheinend stete Auftreten desselben im Meteoreisen.
                           Ohne im Uebrigen auf sein mineralogisches Vorkommen einzugehen, mag hier noch erwähnt
                              werden, daß der als Schmuckstein bekannte lauch- oder apfelgrüne Chrysopras
                              (eine Quarzvarietät) seine Farbe dem Nickeloxydul verdankt.
                           Die Nachrichten über die Production des Nickels sind im Ganzen genommen anscheinend
                              sehr dürftig. Im Folgenden sind so ziemlich die sämmtlichen Angaben zusammengefaßt,
                              welche sich in den beiden Jahrgängen der „berg- und
                                 hüttenmännischen Zeitung“ 1871 und 1872 finden.
                           Die Production der preußischen Hüttenwerke an
                              Nickelproducten (Nickel und Nickelfabricaten) betrug im Jahre 1869 8685 Zollcentner
                              zu 388,202 Thalern an
                              Werth; im Jahre 1880 9274 Ctr. zum Werthe von 548,064 Thlrn. Diese Production fand
                              auf 8 Werken statt, welche 689 Arbeiter beschäftigten. Die Gesammtproduction
                              Preußens an Nickelerzen dagegen wird für das Jahr 1870 nur auf 62 Ctr. zum Werthe
                              von 489 Thlrn. angegeben.
                           Sachsen stellte 1870 auf seinen Hütten 1343 Zollcentner
                              Nickel (Rohnickel?), 128,236 Thlr. werth, und Baden 376
                              Zollctr., 18,800 Thlr. werth, her.
                           Oesterreich producirt nur sehr geringe Mengen Nickelerze
                              (im Jahre 1870 Nickel-, Kobalt- und Antimonerze zusammen 2236 Ctr.,
                              werth 4386 Thlr.).
                           Ungarn ist dagegen ein starker Nickelproducent; im Jahre
                              1869 wurden daselbst 8800 Ctr. Kobalt- und Nickelproducte gewonnen mit 44,800
                              Pfund Kobalt und 133,600 Pfund Nickel.
                           In Norwegen wurden in jenem Jahre 1200 Ctr. Nickelstein
                              mit 60,000 Pfd. Nickel, in Schweden 1868 2400 Ctr.
                              Nickelstein mit 120,000 Pfund Nickel gewonnen.
                           Großbritannien hat anscheinend so gut wie gar keine
                              Nickelproduction; für 1870 werden 10 Ctr. Nickelerze zum Werthe von 180 Thalern als
                              gewonnen angegeben.
                           Belgien soll im Jahre 1870 2 1/2 Tonnen Nickelerze zum
                              Werthe von 8667 Thalern gewonnen haben.
                           Ueber die Production anderer Länder ist wenig bekannt.
                           Die größte Nickelgrube der Welt soll sich zu La Motte in
                              Pennsylvanien finden und gleichzeitig Kupfer und Bleierz führen. Eine Lagerstätte
                              von 5 Fuß Mächtigkeit soll sich weithin erstrecken. Die Eisensauen aus den Bleiöfen
                              dasiger Gegend sind sehr nickelreich (Engin. and min. Journ.
                                 New-York 1872. Vol. XIV. Nr. 7 durch „berg- und hüttenmännische
                                 Zeitung“ Nr. 41; 1872.)
                           Die Chinesen haben das Nickel mit Kupfer und Zink schon lange zur Herstellung einer
                              Metalllegirung (Packfong) verwandt; in Europa hat das Nickel erst seit etwa 50
                              Jahrentechnische Wichtigkeit erlangt, seitdem man auch hier die unter dem Namen
                              Neusilber, Argentan etc. bekannten Mischungen von Kupfer, Zink und Nickel
                              herstellt.
                           Die Hauptsitze der Fabrication von Neusilberwaaren (die versilbert
                              Alfénidewaaren genannt werden) in Deutschland sind u.a. Berlin, im Kreise
                              Altena, Iserlohn, Hannover; in Württemberg scheint die Fabrication noch neu zu seyn,
                              eine dort zu Stuttgart gegründete Fabrik ist vor einiger Zeit nach Eßlingen
                              verlegt.
                           Außerhalb Deutschlands dürften Paris, Wien, Birmingham die Hauptsitze dieser
                              Industrie seyn.
                           In Wien werden die betreffenden Artikel Packfongwaaren, versilbert
                              Chinasilber- oder Alpacca-Silberwaaren genannt.
                           Die Franzosen nennen die Legirung aus Kupfer, Zink und Nickel packfong oder cuivre blanc, auch maillechort, nach einem Lyoner Industriellen, Namens Maillet, der im Jahee 1827 ein auf ihre Herstellung
                              bezügliches Patent nahm.
                           Nickel wird übrigens auch als einfaches Metall mehrfach verwandt; interessant ist die
                              bei den in Wien ausgestellten Maschinen wiederholt vorkommende Anwendung von Nickel
                              für Achsen und andere Maschinentheile, wie denn Nickel auch zu chirurgischen
                              Instrumenten, in der Uhrenfabrication etc. verwandt wird.
                           Eine Verwendung des Nickels, die jetzt besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist
                              die zu Münzzwecken.
                           Bekanntlich sollen nach dem Münzgesetze vom 9. Juli 1873 als Nickelmünzen
                              Zehnpfennigstücke und Fünfpfennigstücke ausgeprägt werden; der Gesammtbetrag der
                              Nickel- und Kupfermünzen soll zwei und eine halbe Mark für den Kopf der
                              Bevölkerung des Reiches nicht übersteigen.
                           Die Gründe, weßhalb man als Münzmaterial für die Münzen zu 10 und 5 Pfennigen an die
                              Stelle des geringhaltigen Silbers nach dem Vorgange der Schweiz, Belgiens und der
                              Vereinigten Staaten eine Nickellegirung hat treten lassen, fassen die Motive zu dem
                              Entwurf des Münzgesetzes im Wesentlichen dahin zusammen:
                           Bei Münzen, wie den oben genannten, ist die Wahl des Münzmetalles ohne Rücksicht auf
                              den Werth lediglich nach Gesichtspunkten der äußeren Zweckmäßigkeit zu treffen. Die
                              bisherigen geringhaltigen Silberscheidemünzen lassen, wenn sie einige Zeit im
                              Gebrauch gewesen sind, von ihrem Silbergehalt nur noch eine weiße schwache Spur
                              erscheinen, so daß die Verwendung des Silbers, welches schwer wieder auszuscheiden
                              ist, ihren Zweck verfehlt und daher als Verschwendung erscheint. Eine Metalllegirung
                              aus Kupfer mit Zusatz
                              von Nickel, vielleicht auch etwas Zinn oder Zink, ohne Beimischung von Silber, gibt
                              ein Münzmetall, welches sich durch seine Farbe sowohl von dem Silber, als auch von
                              dem Kupfer nachhaltig unterscheidet, weniger Schmutz annimmt, als das geringhaltige
                              Silber, und der Abnutzung und Oxydation anscheinend besser widersteht als das
                              Münzmetall unserer Groschenstücke. Die Münzen aus diesem Metall können etwas
                              schwerer ausgeprägt werden als die kleinen Silberscheidemünzen, weil ihre Farbe sie
                              von den Silber- und Kupfermünzen leicht unterscheiden läßt. Endlich wird die
                              Wahl dieses Münzmetalles auch eine nicht unwesentliche Kostenersparniß
                              herbeiführen.
                           Das Material der belgischen Nickelmünzen, welche aus 75 Proc. Kupfer und 25 Proc.
                              Nickel bestehen, kommt – wenn auch das Nickel im Preise sehr gestiegen ist
                              und ferner noch steigen wird (1 Pfund kostete im März 1873 etwas über 3 Thlr.)
                              – viel billiger zu stehen als das Material unserer Silberscheidemünzen. Ein
                              Pfund Nickellegirung würde nämlich etwa 1 Thaler kosten, während das Pfund
                              1/12-Thaler-Silber 12 Thaler, das Pfund 1/30- und
                              1/60-Thaler-Silber 7 Thlr. kostet.
                           Bei den geringeren Kosten der Nickellegirung, verglichen mit denen der
                              Silberlegirung, könnte man allerdings fürchten, daß die Nickelmünzen nachgeprägt
                              werden; in Belgien soll man jedoch davon nichts bemerkt haben, vielmehr mit den
                              Nickelmünzen sehr zufrieden seyn. Die nähere Feststellung der zu wählenden
                              Nickellegirung ist im Münzgesetz dem Bundesrathe vorbehalten.
                           Zum Schluß fügen wir noch die nachstehenden Bemerkungen hinzu.
                           Die Preise des Nickels, welche vor nicht langer Zeit durchschnittlich zu 1 Thlr. 10
                              Sgr. für das Pfund angenommen wurden, sind in der neuesten Zeit ganz außerordentlich
                              gestiegen, weit über 3 Thlr. hinaus; wir hören, daß dieselben sich jetzt auf etwa 5
                              Thlr. für das Pfund belaufen.
                           Selbstverständlich ist hierdurch die Neusilberwaaren-Industrie sehr
                              empfindlich betroffen.
                           Die Handelskammer des Kreises Altena zu Lüdenscheid schreibt darüber in ihrem
                              Jahresberichte für 1872: „Für die Fabrication von Neusilber ist gegen Ende
                                 des Jahres 1872 der schwerwiegende Uebelstand eingetreten, daß Nickel, welches
                                 den werthvollsten Bestandtheil dieses Artikels bildet, bis heute um das
                                 Vierfache gestiegen ist, und zwar hauptsächlich wohl in Folge der durch die
                                 Reichsregierung projectirten Ausprägung von Scheidemünzen aus Nickel. Ob diese
                                 Steigerung nur eine vorübergehende, durch die Speculation einstweilen aufrecht
                                 erhaltene, oder aber ob durch diese neue Münzsorte ein andauernder Mangel an
                                 Nickel, dessen Ausbeute überhaupt nur eine beschränkte ist, eintreten könnte,
                                 wird sich erst herausstellen, nachdem das Münzgesetz einige Zeit in Wirkung
                                 getreten seyn wird.
                              
                           
                              Jedenfalls würde ein Verzicht auf diese Münzsorte für die ganze so ausgedehnte
                                 Industrie von Neusilberwaaren außerordentlich wünschenswerth gewesen
                                 seyn.“
                              
                           Auch die Handelskammer des Kreises Iserlohn besorgt von der außerordentlichen
                              Steigerung der Nickelpreise große Gefahr für die Neusilberwaarenbranche.
                              (Hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1873, Nr. 36.)
                           
                        
                           Neue Imprägnir-Methode des Holzes.
                           Bei Lösung der Frage, auf welche Weise Holz am besten gegen die Einflüsse der
                              Witterung oder die des umgebenden Erdreiches geschützt werden könnte, waren stets
                              zwei Punkte in's Auge zu fassen: 1) die passendste Präservativ-Substanz
                              aufzufinden, 2) eine einfache, praktische Methode aufzustellen, mittelst welcher das
                              Holz bis auf's Mark oder doch wenigstens bis auf eine bedeutende Tiefe durchtränkt
                              werden kann. Zwar ist man durch die Methode Boucherie
                              (Gewicht einer bedeutenden Flüssigkeitssäule), sowie durch das Verfahren von Bréaut, Fleury, Peronnet u.a. (Druck in
                              geschlossenem Gefäße) dahin gelangt, das Holz bis zu einem sehr zufriedenstellenden
                              Grade zu imprägniren, allein desto weniger glücklich war man bisher in der Wahl der
                              Imprägnirsubstanz. Einige, welche meinten, das Verfaulen des Holzes müsse der
                              Thätigkeit vegetabilischer und animalischer Parasiten zugeschrieben werden, haben
                              das Holz mit Gift (Zinkchlorid, Kupfervitriol) zu imprägniren versucht. Nur die
                              letztere Substanz ist
                              noch bei einigen Administrationen in Frankreich in Verwendung. Aber alle solche
                              lösliche Salze können nur eine kurze Zeit wirksam bleiben, da sie nothwendiger Weise
                              in Folge der Luft- oder Bodenfeuchtigkeit, des Regens etc. nach einer
                              gewissen Zeit verschwinden.
                           Andere nahmen Patente darauf, das Hol; mineralisch zu imprägniren und zwar durch die
                              successive Wirkung zweier Körper, welche ein unlösliches Salz bilden: phosphorsaures
                              Eisensalz, schwefelsauren Baryt, Eisen-Silicate u.s.w. Allein im Allgemeinen
                              hatten diese Methoden stets den Nachtheil, daß durch die schädliche Wirkung, der bei
                              der Zersetzung und Salzbildung frei werdenden Säuren die Holzfaser in ihrer
                              Zusammensetzung angegriffen wurde; deßhalb ist auch keines dieser Verfahren im
                              Gebrauch geblieben.
                           Später adoptirte man das in England sehr eingebürgerte Imprägniren mit Kreosot.
                              Allerdings wirkte man dadurch der Fäulniß entgegen, allein das Holz zu erhärten war
                              man dadurch nicht im Stande. Außerdem ist dieses Verfahren sehr theuer, die
                              Operation schwierig, die Apparate sehr kostspielig; größte Langsamkeit erforderlich;
                              es muß durch fortwährende Analysen untersucht werden, ob sich die Flüssigkeit noch
                              in dem richtigen Zustande befindet und außerdem ist die große Feuergefährlichkeit
                              eine unangenehme Zugabe.
                           Hr. Hatzfeld, ein Industrieller in Nancy, hatte schon
                              längst sein Augenmerk darauf gerichtet, daß Eichenholz sich vor Allem gut halte:
                              hatte man doch im Jahre 1830 in Rouen Eichenpiloten ausgegraben, welche nachweislich
                              im Jahre 1150 gesetzt worden waren, die nicht nur schwarz wie Ebenholz, sondern auch
                              von einer ganz erstaunlichen Härte waren. Hatzfeld führte
                              diese Eigenschaft des Eichenholzes auf seinen außergewöhnlichen Reichthum an
                              Gerb- und Gallussäure zurück und ist der Ansicht, daß die so reichlich
                              vertretene Gerbsäure auf die Holzfaser eine ganz ähnliche Wirkung hervorbringe, wie
                              die Lohe auf animalische Häute, daß sie nämlich harte, unlösliche und
                              undurchdringliche Zusammensetzungen bilde, welche ohne Aenderung den Einflüssen der
                              Hitze wie der Feuchtigkeit Widerstand leisten können.
                           Die dunkle Färbung hat ja die Chemie längst als Ergebniß der Verbindung der
                              Gallussäure des Holzes mit den in jedem Boden mehr oder weniger vorhandenen
                              Eisenoxyden hingestellt. Und diese gerb- und gallussauren Eisenoxyde hält Hatzfeld für das beste Präservativ gegen Fäulniß.
                           Er schlägt deßhalb vor, das Holz mit Gerbsäure und dann mit einer Lösung von holz
                              essigsaurem Eisensalze zu imprägniren und so gewissermaßen die Hölzer gleich in dem
                              Zustande in die Erde zu setzen, in welchem wir sie andernorts nach Jahrhunderte
                              langem Aufenthalte aus der Erde gezogen haben.
                           Diese Methode hat auch den großen Vortheil der Billigkeit und sind die angewandten
                              Säuren der Holzfaser durchaus nicht schädlich. Die französische
                              Telegraphen-Verwaltung macht in diesem Augenblicke Versuche im Großen mit
                              dieser neuen Methode und zwar auf der Linie Nancy-Vezelise. Die
                              Versuchsstation selbst befindet sich auf den Holzbauplätzen des Hrn. Hatzfeld in Nancy. (Gaz. des Arch.
                                 et du bât. No. 13.) (Aus der Zeitschrift des österr.
                              Ingenieur- und Architektenvereines, 1873 S. 225.)
                           
                        
                           Vorbereitung des Leinengarnes zum Färben mit
                              Anilinfarben.
                           G. und M. Hainisch in Wien ließen sich zum Färben von
                              Anilinfarben auf Leinengarn folgendes Verfahren patentiren, durch welches das Garn
                              das Ansehen der Seide erhält.
                           Die Garne werden abwechselnd durch folgende zwei Bäder geführt: 1) 1 Theil Tannin in 500 Theilen Wasser. 2) 1 Theil Glycerin in 32 Theilen Wasser, welcher Lösung man Ei-Albumin zusetzt. In jedem Bade bleibt der Stoff
                              etwa 10 Minuten liegen. Für zartere Nüancen wird Bad 1 weggelassen. (Reimann's Färberzeitung, 1873 Nr. 27.)
                           
                        
                           
                           Künstliche Kreide.
                           Den Gyps, der bei der Behandlung von Kreide mit Schwefelsäure behufs Gewinnung von
                              Kohlensäure zur Darstellung von Sodawasser gebildet wird, verwendet Nakh in Wien zur Darstellung künstlicher Kreide, indem er
                              ihn mit dem großentheils aus feinzertheiltem kohlensaurem Kalk bestehenden Schlamm
                              mengt, der sich beim Kochen von Soda- oder Potaschenlauge mit Kalkmilch
                              behufs der Darstellung von ätzender Lauge bildet. Durch Schlämmen werden alle
                              gröberen Theile, Sand u.s.w., entfernt; der gleichmäßige, beim Schlämmproceß
                              überdieß gewaschene Brei wird nach dem Abseihen des Wassers zu compacten Klumpen
                              gepreßt, und aus letzteren werden nach dem Trocknen prismatische Stücke geschnitten,
                              welche unter dem Namen „Patentkreide“ die bisher nur aus den
                              reinen Sorten von natürlicher Kreide darstellbare Schreibkreide ersetzen sollen,
                              während das beim Schneiden abfallende „Klein“ als
                              Vergolder-Appretur und als Putzkreide verwendet werden kann.
                           Die in Wien ausgestellten Muster des neuen Schreibmaterials sollen allen
                              Anforderungen entsprechen, die man an eine gute Schreib- oder Zeichenkreide
                              stellen kann. (Deutsche Industriezeitung.)
                           
                        
                           Nachweisung des Solanins in den Kartoffeln.
                           Nach O. Bach Böttger (dessen polytechnisches Notizblatt)
                              ist es bei gekeimten Kartoffeln nur in der Schale und da, wo die Keime sitzen, bis
                              zur Wurzel derselben innerhalb der Knolle anzutreffen.
                           Als das beste Reagens zum Erkennen des Solanins fand er ein Gemisch von gleichen
                              Volumen concentrirter Schwefelsäure und Alkohol, womit eine Spur von Solanin eine
                              schöne rosen- bis kirschrothe Färbung gibt, welche mehrere Stunden
                              anhält.
                           
                        
                           Zur Gewinnung von Ammoniaksalzen aus thierischen
                              Abfällen.
                           Im dießjährigen zweiten Juniheft des polytechnischen Journals (Bd. CCVIII 386) finde
                              ich einen Aussatz von einem meiner hiesigen Collegen, der leicht zu
                              Mißverständnissen führen könnte. Dr. Terne, der Verfasser besagten Artikels, hat gefunden daß
                              das sogenannte Tankwasser, das ist das Abfallwasser
                              welches bei der Abkochung von thierischen Abfällen behufs Fettgewinnung im Papin'schen Topf gewonnen wird, per Liter ungefähr 118 Gramme leimähnlichen Extractivstoff enthält. Er
                              findet ferner, daß sich vermöge dieses Gehaltes an leimähnlichem Extractivstoff aus
                              einem Liter dieses Wassers 8 Gramme Salmiak darstellen lassen, und schließt daraus
                              daß dieses Wasser eine nicht zu unterschätzende Quelle für Ammoniaksalze sey und daß
                              eine Capitalanlage in dieser Richtung sicher u.s.w. seyn würde. Allein wenn es sich
                              hier in Chicago um die Gewinnung von Ammoniaksalzen handelte, so würde man das Gute
                              unnöthigerweise in der Ferne suchen, wollte man dieselben aus sogenanntem Tankwasser
                              darstellen, – indem Blut, welches unter denselben und thatsächlich
                              augenblicklich zur Darstellung von Blutdünger unter viel günstigeren Bedingungen,
                              als die sind unter denen man das Tankwasser haben könnte, von den Schlächtereien
                              geliefert wird, – eine viel ergiebigere Ammoniakquelle abgeben würde. Nach
                              Terne's eigenen Angaben gibt ein Liter Tankwasser
                              ungefähr 8 Gramme Salmiak, was einem Ammoniakgehalt von 2,6 Grm. oder in Procenten
                              ausgedrückt von 0,26 Proc. entspricht, während Blut nicht weniger wie 4 Proc.
                              Ammoniak, also nahezu 15mal mehr als Tankwasser liefern würde.
                           Aber die Darstellung von Ammoniaksalzen aus Tankwasser sowohl als aus Blut würde
                              unter den hier obwaltenden Verhältnissen ein thörichtes Beginnen seyn, indem das
                              Ammoniak in der Form von Dünger verhältnißmäßig viel besser als in der Form von
                              Ammoniaksalzen bezahlt wird. Manchem erscheint dieses vielleicht paradox, allein es
                              ist eine Thatsache daß getrocknetes, theilweise geröstetes Blut, welches hier in
                              ungeheuren Massen
                              gewonnen wird (über 2000 Tonnen jährlich) bei einem 14 Procent Ammoniak
                              entsprechenden Stickstoffgehalt mit 2 1/2 Cents das Pfund bezahlt wird; mit anderen
                              Worten der in dieser Form gelieferte Ammoniakgehalt (und dieser allein bestimmt den
                              Preis dieses Productes) kommt auf ungefähr 18 Cents das Pfund zu stehen. Wenn man
                              nun bedenkt daß dieses Product durch ein einfaches, ziemlich rohes und kurzes
                              Verfahren gewonnen wird, während die Darstellung von Ammoniaksalzen, Kalk, Säuren
                              und andere Chemikalien, sowie kostspielige Einrichtungen und eine umständliche
                              Fabricationsweise erfordern würde, und wenn man ferner bedenkt daß die große Menge
                              der so producirten und in verkäufliche Form gebrachten Ammoniaksalze nicht über
                              9–13 Cents per Pfund einbringen würde, so wird
                              man zugeben müssen daß die Gewinnung von Ammoniaksalzen aus diesen eiweißartigen
                              Abfällen vorläufig noch der Darstellung von getrocknetem Dünger weichen muß.
                           Hr. Terne, welchen ich als einen vorsichtigen und
                              erfahrenen Chemiker kenne, war ohne Zweifel mit diesen Preisverhältnissen nicht
                              vertraut und hat auch die hier sehr hohen Preise für Salzsäure und andere
                              Rohmaterialien nicht genügend berücksichtigt, sonst wäre er gewiß auch zu diesem
                              Resultate gekommen.
                           Wenn hingegen durch die Einrichtung einer großartigen Salzsäure- und
                              Sodafabrik (und ein solches Etablissement welches gewissermaßen die Grundlage aller
                              chemischen Industrie bildet, wäre hier sehr am Platze und würde gute Geschäfte
                              machen) der Preis der Salzsäure, wie es in Deutschland der Fall ist, ein bloß
                              nomineller werden wird, dann dürfte der Vergleich für die Gewinnung von
                              Ammoniaksalzen sich günstiger stellen, aber auch dann nur wenn durch die dann
                              möglich gewordene Darstellung von Blutlaugensalz, Berlinerblau, Blutkohle, Phosphor
                              u.s.w. die Producte und Nebenproducte vollständig ausgenutzt werden.
                           Chicago, im August 1873.
                           Johannes E. Siebet,          technischer
                              und analytischer Chemiker.
                           
                        
                           Kitt für Gasretorten.
                           Auf der Versammlung der Gasfachmänner der Provinz Preußen wurde empfohlen ein Kitt
                              aus Graphit, Lehm und Borax, und weiter ein Kitt aus 5 Raumtheilen Glaspulver, 5
                              Thln. Chamottemehl und 1 Thl. Boraxpulver. Risse am Boden der Retorte werden durch
                              bloßes Bestreuen mit diesem Kitt in Pulverform sofort geschlossen; dünne Stellen der
                              Retorten, mit einigen Lagen davon bedeckt, werden wieder haltbar. Risse und Sprünge
                              der Retorte an Stellen, wo Aufstreuen nicht ausführbar, werden mit diesem Kitt, dem
                              etwas Lehm oder Thon zugesetzt wird, auf die gewöhnliche Art verschmiert. Ist die
                              Arbeit beendet, so wird der Deckel lose vor die Retorte gesetzt und nach einer
                              halben Stunde sind Risse und Sprünge verschmolzen. Die Anwendung dieses Kittes beim
                              Einsetzen von ganzen Stücken geschieht auf dieselbe Weise.